Überwältigende Anklagen die „Erschießung“ (die in dritter Fassung äußerste Konzentration erreicht hat!) oder der „Würger“, der die Mutter vom Kinde reißt. Im einzelnen für Schönheitssucher grobe Formen — Vorwürfe, die erhoben worden sind! — aber darin die nackte Ehrlichkeit des Wahrheit sudlers, das Grausam-Wahre, das Unentrinnbare. Mitten darin eine Abfolge althergebrachter Totentanz-Szenen, Typen aus der mensdilichen Gesellschaft, denen der Tod die Maske herunterfegt, einmal lehrhaft, einmal satirisch und mit leicht wechselnder Sicherheit geformt. Untereinander eng verbunden sind die beiden Blätter vom Krieg. Dem wuchtigen „Trommler“ geht eine ältere Federzeichnung voraus, in der der Lärm noch lauter geschlagen wird — das endet in lähmender Stille, die Welt ein Leichenfeld, des Todes Niemandsland. Die leßten Blätter legen sich Dissonanzen auflösend wie schüßend über die vorherigen: Saat und Kind und das Geheimnis ewigen Werdens und Erlöstwerdens treiben den Trommler aus den Ruinen. Im übrigen ist es des Künstlers Wunsch, daß man seine Radierungen nicht mit mehr gedanklichem Inhalt belaste als sie vertragen können! . I • Die graphische Handschrift ist in einem Jahr fester geworden, bleibt aber bei den vielen modellierenden Strichlagen, den schroffen Helldunkel-Gegen- säßen und den prallen Formen seiner traumhaft phantastisch aus dem sicht bar Wirklichen herausgesteigerten Figuren. Auch neben und nach dieser Abfolge entstehen Einzelblätter, die mehr Studien als Abgerundetes sein wollen und Landschaften, Situationen und — bezeichnenderweise — auch Heiteres mehr in Form von Marginalien geben. Vermutlich vollzieht sich Helmut Langs graphisches Schaffen in rhythmischen Abständen. Es darf im Augenblick nicht verschwiegen werden, daß er sich eben jeßt mit der -Farbe als Maler auseinanderseßt, wenn er auch diese neuesten Arbeiten, zu denen er in einer Stunde plößlichen Erkennens vorgestoßen ist, noch nicht der gegenwärtigen Ausstellung änschließen will. Er steht mitten im Werden, und die Schau seiner bisherigen Arbeiten ist ein Rechenschaftsbericht vor Publikum und Kritik, den sich der Künstler leisten darf, weil er in der Generation der Jüngsten steht und mit ihr Träger des zukünftigen deut schen Kunstschaffens sein wird. — Sein klares umsichtiges Urteil über eigenes und anderer künstlerisches Gestalten, sein offener und anscheinend unkom plizierter Charakter verbergen ein unergründliches Wesen, reich an Formen und Themen — Jugend in des Wortes tiefstem Sinn — einen Menschen von menschlich besten Eigenschaf ten, dem eine Brief stelle Schillers gelten könnte, die da lautet: „Wie lebhaft habe ich erfahren, daß das Vortreffliche eine Macht ist . . ., daß es dem Vortrefflichen gegenüber keine Freiheit gibt als die Liebe“ (1796). Dr. Rudloff -Hille