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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960218029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896021802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896021802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-02
- Tag1896-02-18
- Monat1896-02
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i!Na de>wn Urtbeil zu vollstrecken er al» seine Aufgabe an erkannt. Da» ist für die Presse nicht wenig schmeichel- baf'1; ob es aber auch schmeichelhaft für das Pr äsidium des Reichstags und die Präsidialparteien ist, mö gen diese beurtheilen. UebrigenS ist noch eine andere Unterlassung aus der Sonnabendsitzung zu erwähnen. Der Her°r Kriegsminister beobachtete — schwerlich in Folge der Autifälle des Abg. Stadthagen — völliges Schweigen über dielsNilitairstrafproceßorduun g. DerAbg.HauSmann halt e, wie man einräuinen mutz, sehr vorsichtig der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der Kriegsministcr bis zur dritten Lesung des Etats oder spätestens in der nächsten Session in der ssaae sein werde, die Vorlage an den Reichstag zu bringen. Der Minister aber begnügte sich mit dem Hinweis auf die erste Lesung des Etats. Als nachher Herr v. Bennigsen auf die Sach e zurückkam und die baldige Vorlegung deS Gesetzes be tonte, schwieg der Kriegsminister. Jedenfalls ist damit die neuli'the Meldung bestätigt, daß, wenn die Vorlage nicht kommt, der Kriegsminister daran unschuldig ist und daß der Reichstag nicht freiwillig auf die Vorlegung in dieser Session verzichtet. Am 1t. December, bei der ersten Lesung des Etats,' hatte der Kriegsminister auf die Frage der Abgg. Fritze« Und Richter erwidert, die Vorlage sei im preußischen StacktSministerium noch nicht ganz erledigt. Ob inzwischen wenigstens dieses Stadium überschritten ist, hätte man gern erfahren; aber der Kriegsminister zog cS vor, die Sache im Dunkeln zu lasten. Unter den Blättern, die mit ganz besonderem Eifer die sächsische Wahlreformvorlage bekämpfen und cö als eine schreiende Ungerechtigkeit bezeichnen, daß künftig sächsische Wähler, die nur 3 Mark Staatssteuer zahlen, nicht genau denselben Einfluß auf die Zusammensetzung der Zweiten sächsischen Kammer haben sollen wie die, die 3000 Mark und mehr zahlen, thua sich besonders die demokratischen Blätter der R e i ch S ha u p t st a d t hervor. Daß es ihnen aber bei diesem Eifer lediglich auf Stimmungs- macherei unter den Arbeitern für die bürgerliche Demokratie und deren Presse, nicht aber auf das Wohl der Arbeiter ankommt, ergiebt sich klar aus der Stellung, welche diese Blätter in der Bewegung der Arbeiter der Kleider- und Wäschefabrikativn cinnebmen. Während die als arbeiterfeindlich verschriene nationalliberale Fraktion deS Reichstags Anregung zur Bekämpfung der in der Wäsche- und ConfectionSbrauche hervorgetretcneu Ucbel- stände auf administrativem und gesetzgeberischem Wege gegeben hat und die nationalliberale Presse ohne Ausnahme den Arbeitgebern ins Gewissen redet, streitet die reichöbaupt- städtische demokratische Presse um die Frage, ob sie überhaupt das Recht habe, sich mit der Nothlagc der Confectionsarbeiter zu befassen oder nicht! Dabei muß es besonders ausfallen, daß gerade diejenigen demokratischen Blätter, die anderen Arbeitöausständen gegenüber diese Zu rückhaltung nicht beobachten zu müssen geglaubt haben, die meiste Lull zur Verneinung der Frage zeigen. So hat z. B. die »Freisinnige Zeitung" während des zweiten rheinisch westfälischen GrubeustreikS für die Arbeiter und gegen die Gicht demokratischen) Arbeitgeber Partei genommen, und das ist doch ausgeschlossen, daß das Berliner Blatt mit den Ver hältnissen der Wäschesabrikation weniger vertraut sei, als mit den Zuständen einer Industrie im entfernten Westen. Die „ Vossischc Zeitung", die wohl als in Fühlung mit den Arbeitgebern der Confection stehend angesehen werden darf, hat ihren Drang, jedwedes Ding, sei es Ereignis oder auch nur Gerücht, allsogleich von den ihr anscheinend lange vor der Entdeckung des Würz burger Professors zu Diensten stehenden unwidersteh lichen Strahlen „an leitender Stelle" durchleuchten zu lösten, gegenüber der brennenden wirtschaftlichen Frage Berlins bis in die letzten Tage bezähmt. Was das Blatt nun saAt, ist befremdend genug. Es läßt zwar, sehr bei läufig, dee Forderung einer Erhöhung der Lohne im Berliner Schneidergewerbe cinfließen, wendet sich aber dann im schroffen Uebergange an die Negierung mit dem Ausdrucke der Er wartung, diese werde tynn, was sie könne. Dieses Verhallen ist um so bedenklicher, als die „Bossische Zeitung" der Regie rung bezw. der Gesetzgebung die Schuld an der üblen Lage der- Confectionsarbeiter beimißt. Der Regierung, werk sic der Ausübung deS CoalitionSrechteS mit übertriebenem Mißtrauen gezenüberstehe, und der deutschen Gesetzgebung, weil sie durch die von ihr begonnene Schutz politik andere Staaten zur Erschwerung der deutschen Ein fuhr an H3eklridungSartikeln gedrängt habe. Der eine Vor halt ist einfach widersinnig und der andere — wir dürfen hier vor, seiner geschichtlichen Unrichtigkeit absehen — in diesem Augenblick jedenfalls nichts weiter als eine Ausflucht. Angesichts von Zuständen, wie sie in der ConfectionSbrauche aufgcdeckt sind, sich damit begnügen, aus Verhältnisse hinzu deuten, die zur Zeit nicht zu andern sind, heißt sich der Pflicht entziehen, mögliche Verbesserungen ins Auge zu fassen. Und der Versuch, B'erbefferungSvorschläge, die in einem anderen Lande durchgeführl sind, ack absuräuw zu führen, indem man sie, wie die „Bossische Zeitung" thut, mit dein Antrag Kanitz und der internationalen Doppelwährung auf eine Stufe stellt, ist ein plumper und zugleich Aergerniß erregender Kniff. Die Regierung wird der Anforderung deS freisinnigen Blattes Alle Befürchtungen, die sich mir aufdrängten, konnten doch nicht vor der Ueberzeuzung Stand halten, daß meine unselige Lage sich verbessern würde, ich war frei geworden von dem Drucke, der mich seither wie mit Ketten festgehalten. So erklärte ich Biedermann, daß ich entschlossen sei, seine Forderung an mich, soweit sie eine berechtigte, zu befriedigen, daß ich aber rückhaltlos jedem weiteren Angriff seinerseits zu begegnen wisten und selbst Vie Oeffentlichkeit nicht scheuen werde, wenn er noch einmal den Versuch machen sollte, durch seine elenden Manipulationen mich nach irgend einer Seite hin zu bedrohen. Ein höhnisches Lachen war seine ganze Antwort. Bereits wenige Tage später sollte ich dieses Lachen verstehen lernen. Ich erhielt eine Vorladung vor den Polizeicommiffar. Noch hatte ich keine Ahnung, was eine derartige Vorladung zu bedeuten habe, ich sollte eS bald erfahren. Man wagte mich wegen Betrugs, verübt an einem Menschen, der mich zu Grunde gerichtet, in Anklagestand zu versetzen. Hauptmann von Greifingen war von seinem Sitz in die Hohe gefahren. Sein Gesicht zeigte geisterhafte Bläffe, eine tödtliche Angst prägte sich in seinen Zügen aus, seine breite Brust hob und senkte sich unter raschen, keuchenden Athem- zügen. Rechtsanwalt Herrenarund blickte mit einem Ausdruck von Verwunderung auf den furchtbar erregten Mann. „9a — warum denn nicht? Der Mann ist nicht vor bestraft — seine Aussage auch eine eidliche gewesen, er hat überdies noch einen Zeugen gehabt." „Einen Zeugen?" „Seine Frau." „Seine Frau", wiederholte Herr von Greisinaen nur. „Sie finden in diesem Verfahren also nicht» Ungewöhnliches, Herr Rechtsanwalt?" „Der Lage der Verhältnisse gegenüber — nein. Verzeihen Sie. Ich muß gleichfalls offen sein. Amtsrichter Börner ist erst vor Kurzem nach hier versetzt. Er kennt weder Bieder mann, noch Sie, noch die hiesigen Verhältnisse. Nun ist aber — bedenken Sie — Sie geben leichtfertige Anfeindungen zu — Ihr Name gerade in letzter Zeit wieder vielfach ge- nannt worden. Da- Testament Ihres VaterS bat An- regung gegeben, daß Sie nach allen Richtungen yin ver dächtigt worden sind." Ein leise» Stöhnen entrang sich der Brust de» Manne», er schloß die Augen, und der Ausdruck seine» Gesichte» siegelte verstärkt die Qual wieder, welcher er zum Opfer folgen und thun, „was sie thun kann", aber sie hat bereit» erklärt, daß sie für sich allein nur einen Theil der durch die Mißstände in der Confection erwachsenen Aufgabe lösen kann. „Ich darf", so hat der StaatSsecrrtair von Boetticher seine Beantwortung der Interpellation Heyl geschloffen, „ich darf ihre (der verbündeten Regierungen) Ueber- reugung auSsprecheu, daß die volle Beseitigung dieser Miß stände nur dann zu erhoffen ist, wenn auch der Arbeitgeber sich der Pflicht bewußt wird, die er dem Arbeitnehmer gegenüber ru erfüllen hat. Nur bei einer Mitwirkung aller derjenigen Personen, welche Arbeiter in diesen Branchen be schäftigen, läßt sich die Herstellung menschenwürdiger Zu stände erhoffen." Wollte freilich die „Voss. Ztg." der Mahnung sich anschließen, die in diesen Worten liegt, so könnten das die Arbeitgeber Übelnehmen. Deshalb schiebt daö Blatt der Regierung alle Schuld und Verpflichtung zu und benutzt, um ihre dadurch in übles Licht gebrachte „demo kratische" Arbeitersreuudlichkcit in besseres Licht zu rücken, die willkommene Gelegenheit, gegen die „arbeiterfeindliche" sächsische Wahlreformvorlage zu streiten! Schöne Arbeiter freundlichkeit ! Die österreichische Wahlrefvrm fügt bekanntlich zu den vier Wablcurien (Landgemeinden, Städte, Gewerbckammcrn und Großgrundbesitz), auf denen die österreichische Interessen vertretung beruht, eine fünfte mit dem allgemeinen Wahl rechte, in der aber nicht nur die neuen, sondern auch die alten Wähler stimmberechtigt sind, so daß die letzteren ein doppeltes Wahlrecht erlangen. Diese Curie wählt zu den bisherige» Mit gliedern des Abgeordnetenhauses noch 72 hinzu, die sich auf die einzelnen Kronländcr, welche in 72 Wahlbezirke zerfallen, ver- theilen. Auch für die ueuhinzukoinmenden Wähler gilt, daß sie das 24. Lebensjahr überschritten haben und 6 Monate an einem Orte ansässig gewesen sein müssen. Was den Wahl modus anbelangt, so bleibt es in Bezug auf die alten Wäbler- elassen im Allgemeinen dabei, daß die Wahl in den Städten direet, in den Landgemeinden iudircet ist. Tie Entscheidung über die directe oder indirecte Wahl in der neuen Wähler- classe wurde dadurch erschwert, daß in dieser Classe Städte und Landgemeinden in der Regel gemeinsam wählen sollen, weshalb der gegenwärtige Modus (Städte direct, Landgemeinden iudirecl) nicht anwendbar erschien, denn hätte man für die Städte der allgemeinen Wählerclasse die un mittelbare Wahl einsübren wollen, so hätte man auch de» Landgemeinden daS Gleiche zugestchen müssen. „In letzterer Beziehung gehen aber," so beißt es in den Motiven, „die Anschauungen nach Ländern und Parteien noch so weit aus einander, daß cs wohl nicht an der Zeit erscheint, eine radikale Umwälzung deS jetzt verfassungsmäßig in den Landgemeinden bestehenden WahlmoduS zu dccretiren. Anders würde sich sofort die Frage gestalten, wenn in einem Lande landesgesetz lich bestimmt werden sollte, daß die Wahl der Land- tagSabgeordnetcn in den Landgemeinden unmittelbar vor- zunehmcil sei; cS läge dann kein Grund vor, denselben Wahlvorgang bezüglich der NeichSratbswahlcn anSznschüeßen. Damit war für die vorliegende Wahlresorm die Richtschnur gegeben: in der Wählerclasse der Landgemeinden bleibt mittelbare Wahl, aber es wird reichsgesetzlich vvrgesorgt, daß, sobald im Wege der Landesgesetzgebuug unmittelbare Land- tazswablen in der Wählerclasse der Landgemeinden eingefübrt werden, derselbe WahlmoduS vc> ipro für die ReichSrathSwahlen gelte." Eine Ausnahme machen die 8 volkreichsten Städte. Wien, Prag und Triest bilden Wahlbezirke, bestehend aus ausschließlich städtischen Gebieten; Lemberg, Graz und Brünn bilden gleichfalls städtische Bezirke, dencu aber zum Behufe der Wahl auS der neuen Curie die angrenzenden Landgemeinden anaeschlosscu werden. Die städtischen Bezirke üben das Wahl recht direct aus. Als ein Zugeständniß an die Klerikalen und Conservativen ist eS zu betrachten, daß daö Cabinet deren Hauptforderung berücksichtigt und abgesehen von den allgemeinen AuSschließungSgründe» der Bescholtenheit, des Mililair- verbandes und der Armenversorgung für die neue Curie noch einen weiteren Ausschließungsgrund festgesetzt hat. Alle Personen, die im Gcsindcverbande stehen und mit dem Dienstherr» in HauSgeuossenschaft leben, bleiben nämlich vom Wahlrechte ausgeschlossen. Diese Bestimmung fällt indeß nicht schwer ins Gewicht, da die Zahl der hiervon betroffenen Personen eine geringe ist und neben der Vermehrung der Wähler von 1 732 257 aus 5 333 481, die durch die Wahl reform eintritt, verschwindet. Die Aufnahme, welche die Reform bei den Parteien findet, ist eine gecheckte, je nachdem die selben zu gewinnen hoffen oder zu verlieren fürchten. Bei den Klerikalen herrscht eine freudige Stimmung, weil dieser Partei der Löwenantheil von den 72 neuen Mandaten zufallen wird. Die Vereinigte deutsche Linke bat höchstens auf 6 Mandate zu rechnen, während die Antisemiten min destens zwölf Sitze zu gewinnen hoffen. Die Socialdemokraten rechnen auf einen Zuwachs von 18 Mandaten. Die Liberalen werden für die Reform stimmen, weil sie diese als noch- wendiges Uebel betrachten, und so dürfte die erforderliche Zweidrittelmajorität zusammenkommen. In Luxemburg bat die demokratische Kammergruppe einen Antrag auf Erweiterung des Kammerwahl- rechtS in dem Sinne eingebracht, daß alle Gemeindewähler auch daS Kammerwahlrecht erhalten sollen. Durch diese gefallen war. Er verstand vollkommen, was Wilhelm Herren grund sagen wollte. „Ja, so ist es. Nichts, da» dazu dienen konnte, mich in den Schmutz zu ziehen, ist unterlassen worden, und dieser Umstand erfüllt mich mit sinnloser Angst. Meine Gegner sind furchtbar thätig gewesen und ibr Vorgehen gegen mich bedingt ein weiteres. Nun muß ich doch sagen, was ich nicht sagen wollte, und einen Verdacht auS- sprechen, der mich selbst beschimpft, denn er ist gegen den eigenen Bruder gerichtet, von dem eine Entartung natürlicher Gefühle schwer zu glauben ist. Ich fürchte, mein Bruder ist im Bunde dieser Elenden. Vielleicht drückt ihn die Schuld, daß er den Sohn dem Vater entfremdet, schwerer als er vorher gesehen, die öffentliche Meinung ist auch hier und da zum Ankläger gegen ihn geworden. Wie aber möchte er sie besser beruhigen, als indem er den Enterbten zum Verbrecher herabsinken läßt?" Und Wilhelm Herrengrund hatte wieder ein Gefühl, das ihn zwingen wollte, den Worten seines Clienten unbedingten Glauben beizumessen. Ihm war der Kern der Sache, von welcher Herr von Greifingen ihm Mittheilung machte, keines wegs fremd, nur ihre Darstellung natürlich eine wesentlich andere, al» sie von Vielen gegeben worden war. Sv konnte er die Ansicht seines Clienten sehr wohl theilen, besonder» erregt wurde er durch dieselbe nicht. Gegen die von Herrn von Greifingen geschilderten Verhältnisse aufzukommen, würde nicht wohl möglich sein. Der bloße Gedanke an ein derartiges Unterfangen ließ einen Augenblick ein sarkastische» Lächeln seinen Mund umspielen. Für ihn würde e» sich also nur darum handeln können, die Sache eine» Clienten nach besten Kräften zu führen, wie sein eigene» Interesse, sein noch zu begründender Ruf al- tüchtiger Vertheidiger e» forderte. Daß dieser Client zufällig der Herr von Greifingen war, mußte ihm insofern angenehm sein, al« der Fall ein ganz besondere« Aufsehen in den weitesten Kreisen erregen würde. Dieser letztere Gedanke trat denn auch vollkommen in den Vordergrund, so daß er nun unvermittelt »u der eigentlichen Sache überging, um zu einem Schlich zu gelangen. „Möchten Sie mir jetzt einmal auseinander setzen, Herr von Greifingen, wa» Sie der Anklage entgegen zu halten haben? «sie forderten von Biedermann die ihm verpsändeten Gold- und Silbersachen zurück — nicht wahr? Haben Sie irgend welche Versprechungen daran geknüpft?" „Ja, die dafür geforderte Summe zurückzuerstatten", ent- Wahlreform, die noch ohne Verfassungsänderung vollzogen werden kann, würde sich die Gesammtzabl der luxem burgischen Wähler verdoppeln und in den städtischen Wahl bezirken sogar verdreifachen. Die grvßherzogliche Regierung und der StaatSrath haben sich gegen den demokratischen Wablresormantrag ausgesprochen, weil daö luxemburgische Wahlrecht erst vor ganz kurzer Zeit durch die Herab setzung der Wahlsteuer von 30 auf 15 Francs sehr erheblich erweitert worden ist und neue Versuche in dieser Richtung weiten Kreisen im Großberzogthume als schädlich erscheinen. Die Herabsetzung der Wahlsteuer ist bisher nur den Demokraten und FrauzöSlingen zu Gute gekommen, und die Liberalen würden bei einer neuen Erweiterung deS Wahl rechts wahrscheinlich das Schicksal des belgischen Liberalismus erleiden. Diese Beweggründe werden freilich die luxemburgische Kaiymerinehrheit,die aus Demokraten, FranzöSliugen und Katho liken besteht, nickt abhalten, auch gegen den Willen der Regierung die neueste Wablreformvorlage anznnehiuen. Es ist dies um so wahrscheinlicher, als die drei Mcbrheitöparteien schon lange nach einer passenden Gelegenheit suchen, das ihnen verhaßte liberale Ministerium Eyschen zu stürzen. Die Wahlresorm- debatte wird diese Gelegenheit schaffen, da cS zweifellos ist, daß das Ministerium Eyschen auS der Verwerfung der demo kratischen Wahlreform eine Vertrauens- und Cabinetöfrage machen wird. Es fragt sich nur, ob der Großberzog den Mebrheitspartcien entgegenkommen und nach dem Sturze des langjährigen liberalen Ministeriums etwa einen Demokraten oder gar Franzvseufreund an die Spitze der Regierung berufen wird. Denn die gegenwärtige Opposition besitzt weder ein gemeinsames Programm, noch irgend eine Persönlichkeit, die zur Uebernahme der Regierung geeignet wäre. Wie wir voraussagten, ist der Besuch des Transvaal- Präsidenten Paul Krüger in London sehr fraglich geworden, da die von ihm als Vorbedingung verlangte und nunmehr erfolgte Bekanntgabe dessen, worüber verhandelt werden soll und was man von ihm verlangt, das, was er zuzugestchen geneigt ist und was der BolkSraad billigen würde, weit übersteigt. Chamberlain, heißt eS, ver langt jetzt nichts mehr oder weniger, als was der Johannes burger Neformausschuß von der Transvaal-Regierung ge fordert hatte, oder die Ausscheidung deS Randgebietes, wie er sic in Vorschlag gebracht; er will weiter die ausdrückliche Anerkennung der englischen Suzeränität in Bezug aus die äußeren Angelegenheiten, die in Frage gestellt worden sei. Krüger soll erklärt haben, daß er, ganz abgesehen von seinen persönlichen Anschauungen, seinen Boeren mit solchen Vor schlägen überhaupt und insbesondere nach den jünzstcy Vor kommnissen nicht kommen dürfe, und daß ihm der Volksraad, wenn er es thäte, nicht die Bewilligung zur Reise nach London ertbeilen würde. Auch der Slaatssecretair der Trans vaalrepublik I)r. LeydS, welcher eben von Berlin nach Amster dam abgereist ist, um sich sodann nach London zu begeben, glaubt, wie er sich in Berlin geäußert hat, nicht daran, daß Krüger der Einladung Chamberlain's Folge leisten wird. — Der Berliner Berichterstatter deS „Daily Telegraph" wartet seinem Blatte mit folgender sensationellen Nachricht auf: „Die leitenden Persönlichkeiten in Berlin bejähe» überzeugende Beweise, daß Jameson's Einfall thatsächlich außerhalb des Kreises der Charteret» Company angezettelt wurde, Laß Geld die Hauptrolle spielte und die erforderlichen Geldmittel von fechs wohlbekannten Financiers geliefert wurden, die alle deutsche Namen tragen, und die noch vor wenigen Jahren deutsche Unterthanen gewesen seien. Dies werde zweifelsohne zur gehörigen Zeit völlig klargelegt werden." Mit vollem Recht bemerkt die „Voss. Ztg." zu diesem wunderbaren Einfall des ingeniösen Briten: „Es fehlte nur noch, daß auch behauptet würde, die bösen Deutsche» hätten den Einfall Jameson's nur angestiftet, um den guten Engländern Verlegenheiten zu bereiten. Daß unter den Minenspeculanten in Johannesburg und unter den Ver hafteten deS Nationalcouiitös deutsche Namen wie Ioöl und Bettelheim figuriren, mag richtig sein; ob aber diese Herren wie so manche andere wirklich als Deutsche gelten können, möchten wir bezweifeln. Sie selbst haben jedenfalls diese Staatsangehörigkeit nie behauptet, stets als Engländer gegolten und nur in ihrem und im englischen Geldinteresse gearbeitet. Die alte Fabel von der Unschuld der Chartered Company soll jetzt von Berlin auS beglaubigt werden." Deutsches Reich. Berlin, 17. Februar. In Magdeburg fand am Sonnabend eine vom Nationalliberalen Verein dort- selbst veranstaltete Festlichkeit zu Ehren deS früberen Reichs tagsabgeordneten Stadtraths O. Duvigneau statt, der vor nahezu 30 Jahren im Augenblick deS Aufbruchs der preu ßischen Armee den Verein ins Leben gerufen hatte, damit nach dem Kriege Männer und Organe zu finden seien, den Verfassungsstreit zu schlichten. Neben dem Verein in Halle war dies unseres Wissens der einzige im alten Preußen fchon vor dem Kriege begründete nationalliberale Verein, der auch den Parteinamen sich aneignete. Nachdem Stadtrath Duvigneau bis Ende vorigen Jahres den Verein geleitet hatte, legte er den Vorsitz in demselben wie in einer Reihe anderer Vereine seiner Vaterstadt gegncte der Gefragte gepreßt, und indem er mit seinem Taschentusche über die Stirn fuhr, klebte da» braune Haar in nassen Strähnen an seinen Schläfen. „Sie haben dieselbe aber nicht, oder vielmehr, Sie sind nickt in der Lage gewesen, die Summe zurückzu erstatten?" Herr von Greifingen fuhr plötzlich auf. „Herr Rechtsanwalt!" Es lag beinahe etwas Drohende» in diesen beiden Worten. „Sie können glauben?" „Verzeihen Sie, Herr von Greifingen, aber — wenn Sie die Summe zurückerstattet haben, so ist doch zu Be fürchtungen gar keine Veranlaffung oder — haben Sie keine Quittung?" „Die zurückerstattete Summe ist durch den Spar- und Borschußvereiu in meinem Auftrage an Biedermann gezahlt worden." „Nun, so werden wir das im Termin vorbringen — damit erledigt fick ja die Anklage." „Im Termin," wiederholte Herr von Greifingen nur. Also auch diese« Entsetzliche sollte ihm nicht erspart werden. Er — vor Gericht, wegen Betruges. E» wurde ihm dunkel vor den Augen. „Sie fassen die Sache aber wirklich zu ernst auf, Herr von Greifingen," versuchte Wilhelm Herreugrund seinen Clienten zu beruhigen. „Wenn mau Jurist ist, haben der artige Dinge ganz und gar da» Ungewöhnliche verloren. Da kommen andere Geschichten vor unv vollends heutzutage. Sehen Sie bi« in die ersten Kreise. WaS wird da nicht Alle» denuncirt? Die Geschickte hat ja wohl ihr Unange nehme» für Sie — gewiß, aber — nun fassen Sie sich nur einmal ein Herz. Die Hauptgeschichte ist, daß wir glatt hrrauSkommrn. Mich wundert nur, daß Sie sich soweit mit diesem Spitzbuben eingelassen haben. War denn nur kein Mensch da, der Sie mit der jämmerlichen Kleinigkeit, und wären» auch siebentausend Mark gewesen, herauSgerissen batte? Dafür waren Sie doch allemal gut. E« tonnte damals doch noch Niemand wissen, daß Sie enterbt werden würden." Zu jeder anderen Zeit würde Herr von Greifingen nicht nur die Worte Herrengrund'», sondern auch seine ganze Art und Weise im höchsten Grad« anmaßend gesunden haben, in seiner gegenwärtigen Stimmung hatte er kein Empfinden für die vollkommene Verständnißlostgkeit diese» Manne» in Bezua auf die Gefühle eine» Tiefgebeugten. Er glaubt« nur, daß der leichtfertige Ton, den Wilhelm Herreogrund angeschlagen, nieder, um sich in seinem höheren Lebensalter etwa» zu entlasten. Der Verein ehrte seinen Begründer und Vorsitzenden durch die Ernennung zum Ehrenvorsitzenden. Die Urkunde darüber, in Form emer Adresse mit feinsten, künstlerischem Geschmack von Magdeburger Künstlern ans- geführt, wurde am Sonnabend bei dem hierzu veranstalteten Feste durch den neuen Vorsitzenden, Abg. Stadtrath Reich ardt, übergeben. Der Jubilar selbst durfte bei dieser Gelegenheit zu seinem Stolze wahrnehmen, daß er nicht nur ein Liebling seiner Heimathstadt ist und bleiben wird, son- der» daß er sich auch die freundschaftliche Neigung seiner politischen Freunde und früheren parlamentarischen College» im weiten Reiche erworben und für alle Zeit gesichert hat. * Berlin, 17. Februar. Zur Lage de» Ausstande« in der Consectionsiudustrie wird berichtet: Der General ausstand ist nun thatsächlich bereingebrochen. Die Meister wollen fick so lange mit den Arbeitern solidarisch erklären, bis die Consectionaire einen festen Lohntarif bewilligt baden; auf eine pxocentuale Lohnerhöhung wollen sich die Meister unter keinen Umständen einlassen, denn sie glauben, daß in einem solchen Falle zur nächsten Saison die Preise nvck weiter gedrückt würden, so daß die procentuale Lohn erhöhung hinfällig würde. Heute Abend tagte eine Sitzung der 21er Commission der Schneidermeister, worin die Lage des Ausstandes besprochen wurde; sie wurde allgemein als günstig bezeichnet. Sobald der Tarif zwischen den Meistern und Confectionairen festgestellt sein sollte, wollen die Meister ihren Taris mit den Arbeiterinnen fest legen, der dann in den Werkstuben aufgehängt werden soll. ES sollen Sammlungen in bürgerlichen Kreisen veranstaltet werden, nm auch die mittellosen Schneider in eist er zu unterstützen, damit diese mit in den Ausstand treten können und nicht, durch Noth gezwungen, den Ausstand brechen; auch die beiden Meistervereimgungen beabsichtigen die Schneidermeister zu unterstützen. Die Berliner Confectio- näre haben für die am Mittwoch stattfindenden Einigungs verhandlungen vor dem Gewerbegericht eine Siebener- Commission gewählt, die angeblich beauftragt wurde, nur 10 v. H. Lobnansschlaz zu bewilligen, weck man glaubt, bei höheren Zubilligungen durch die Prvvinzialstädte von dem einheimischen und dem Weltmarkt verdrängt zu werden. (Bekanntlich sind in Erfurt und Breslau 12*/, v. H. Lohn- erböbung bewilligt worden. Red.) — Für di« Streikenden sind beim „Vorwärts" bisher 11 373,95 eingegangrn. — Die Schwierigkeiten, die sich, wie wir meldeten, in der letzten Vorstandssitzung des Reichstages betreffs der Gedenkfeier am 21.März ergeben hatten, sind nach der „Post" dadurch beseitigt worden, daß das Centrum dem Verlangen der ReichSpartei, Conservativen und National liberalen nachgegeben hat, daß beim Bankett ein Trink spruch auf den Fürsten Bismarck auSgebracht wird. — Die Meldung des „Berl. Tagebl.", daß Deutsch land die Anerkennung deS Prinzen Ferdinand bereits in Sofia notificirt habe, ist, der „Deutschen SonntagSpost" zu folge, irrig; cS ist der Antrag hierauf überhaupt erst in den letzten vierundzwanzig Stunden gestellt worden. — Der 80. Geburtstag des Abgeordneten von Benda wurde heute durch ein Festmahl, an welchem etwa 100 Ab geordnete und Freunde, darunter die Minister Miquel und Ho brecht, theilnabmen, gefeiert. — Die Commission des Herrenhauses zur Borberathung deS Gesetzes, betreffend daS Anerhenrecht bei Renten- und Ansiedelungsgütern, beschloß folgende Resolution: „Die Staatsregierung zu ersuchen, Gesetzentwürfe vor- zulegeu, welche für den gesammten landwirthschaftlichen Grundbesitz a) unter Mitwirkung der Rentenbanken oder, soweit diese nicht möglich ist, anderer zu begründenden oder zu erweiternden Institute das Anerbenrecht einführen und auf die Umwandlung der Hypotheken- und Grunbschulden mit AinortisationSzwaug hinwirken, b) der realen Ver schuldung Grenzen ziehen, c) bei Wahrung bestehender Rechte die Bildung, besonders mittlerer Fideicommisse erleichtern." — In der vor einiger Zeit zu Berlin abgehaltenen Sitzung der preußischen Commission für das technische UnterrichtSwcsen ist auf den Wunsch nach Erhöhung der StaatSzuschüssc für Fach-, namentlich Webschulen, von den Regierungsvertretern die Erklärung abgegeben worden, daß von der StaalSregierung höhere Beiträge als die von engeren Kreisen ausgebrachten nach bisherigen Principien nicht gegeben würden. Infolge dessen wurde in der Commission den Interessentenkreisen ans Herz gelegt, mehr al» bisher die Fachschulen durch Legate zu bedenken, wie dies ja schon gegenwärtig mit den höheren Lehranstalten der Fall ist. — In der heutigen Vorstandssitzung jdeS Bundes derLandwirthe wurde, wie die „Post" hört, ein vollständiger Entwurf eines neuen Alters- und Invaliditäts gesetzes vorgclegt und nach eingehender Debatte zur Be- rathung im Plenum gutgebeißen. Den Schluß der Ver handlungen bildete eine Discussion über die Arbeiterfrage. Herrn von Plortz wurde ein Vertrauensvotum für seine Geschästsleitung im letzte» Jahre ausgesprochen. dazu hatte dienen sollen, ihm einige Beruhigung zu gewähren, und wenn diese Absicht auch keineswegs erreicht wurde, so glaubte er sie dock dankbar anerkennen zu müssen. „ES war kein Mensch da, Herr Rechtsanwalt. Verwandte, welche mir hätten helfen können, hatten weder ich noch meine Frau. Freunde? Wären Sie mit den Verhältnissen bekannt, so würden Sie wissen, daß ich keine haben konnte Ich suchte indessen bei einem Geschäftsmann, dem einzigen, an den ich mich hätte wenden mögen, Beistand. Der Vater war mir- freundlich gesinnt und als ein liebenswürdiger, warmfühlender Mensch bekannt gewesen — er würde nnr geholfen habe». Der alte Herr aber war gerade in jener verbängnißvolleu Zeit gestorben, und der Sohn? Er war, leider, nicht in der Lage." Herr von Greifingen hatte sich bei diesen Worten erhoben, um sich zu verabschieden. In demselben Augenblick öffnete sich die Thür und der Bureauvvrsteher blickte in daS Zimmer. „Gleich — gleich!" Die Thür schloß sich wieder. „Gehen Sie nur beruhigt nach Hause, Herr von Greifingen, die Sache wird sich schon machen. Ich komme noch heute mit dem Amtsrichter zusammen, vielleicht gelingt «S mir, venselben Ihnen etwas geneigter zu machen. Ich glaube, er hat so ein bischen von Vorurtheil gegen Sie." Herr von Greifingen entfernte sich mit einer förmlichen Verbeugung. Im Vorzimmer sah er sich von einem halben Dutzend Menschen mit unverschämter Neugierde gemustert. Dann war er draußen. Er athmete in der freien Luft zwar erleichtert auf, aber die graue Sorge wich darum nicht einen Augenblick von seiner Seite — er sah furchtbar klar, und wa- er sah, war nicht geeignet, beruhigend auf ihn zu wirke». Von einer leisen Hoffnung getragen war er gekommen — er ging schweren Herzen«. Rechtsanwalt Herrengrund batte seinen Worten nur bedingten Glauben geschenkt; die Vorbereitungen seiner Gegner waren mit einem Raffinement getroffen, da» voll zu erfassen kaum einem gewöhnlichen Menschen gelingen würde. Wenn — wenn der Anschlag glückte! Herreogrund wollte mit dem Amtsrichter sprechen, ihn mild« ro stimmen, und er mußte dem Manne noch für seinen guten Willen dankbar sein. Eine milde Beurtheilung! Ihn verlangte doch nur nach Gerechtigkeit. (Forts«»»»« folgt.)
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