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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980927025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898092702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898092702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-27
- Monat1898-09
- Jahr1898
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7240 Rüstungen der Völker eia Ziel setzen und sie von dem »Alp« druck des Militarismus" befreien sollte. Das „Reuter'sche Bureau" erfährt: Als General Aitchen er Faschoda erreichte, fand er dort die franzö- sische Flagge wehen und traf Major Marchand im Be sitze des Platzes. Kilchener batte eine Unterredung mit Marchand, in der er ihm mittheilte, als oberster Befehls haber des englischen Heeres habe er die Aufgabe, Faschoda zu besetzen, das innerhalb der Herrschaftsgebiete dcS Khedive liege. Es kam zu keinerlei Unfreundlichkeiten, jedoch weigerte sich Major Marchand standhaft, die französische Flagge ohne Befehle seiner Regierung niederzuholen. Daher wehen jetzt die drili sche, die französische und die egyptiscde Flagge über Fasckoda. Kitschener ließ in Faschoda eine genügende britisch-egyptische Garnison und kehrte nach Omdurman zurück. Gestern hat endlich auch der französische Minister deS Aeußern, DelcassS, die Bestätigung der Ankunft der Mission Marchands in Faschodur erhalten; darnach sind Marchand und seine Begleiter ain 10. Juli bei guter Gesundheit in Faschoda ein getroffen. Die Nachricht wurde dem Minister durch den Vertreter ArankreichS in Kairo übermittelt und durch den englischen Botschafter in Paris bestätigt. In Paris werden nunmehr auch die Verhandlungen über den Besitz von Faschoda geführt werden. Sie werden nicht sehr glatt ver laufen, ja sie können, da hier zum ersten Male die großen afrikanischen Pläne Englands und Frankreichs (der englische Besitz vom Cap bis zur Nilmündung, der französische von isenegambimr bis ans Rothe Meer reichend) aufeinander stoßen, zu ernstem Zerwürfniß führen. In England denkt man nicht daran, uachzugeben und sich zu vergleichen. Wie uns aus London telegraphirt wird, weisen in Be sprechungen der Faschoda - Angelegenheit die Blätter aller Part<:irichtungen auf die Erklärung des früheren ParlamentsuntersecretairS Sir Edward Grey bin, daß eine französische Intervention in oberen Nil einen unfreundlichen Act darstellen würde. Die Blätter be kennen, eine Besatzung FaschodaS durch die Franzosen dürfe nicht zur Basis irgend welchen HandelSzeschästS gemacht werden. Die Verhandlungen müßten unbedingt auf einen Gegenstand beschränkt werden, nämlich auf die Zurückziehung sämmtlicher französischer Streitkräfte aus dem egyptischen Gebiet. Deutsches Reich. Berlin, 28. September. (Freisinn und Polen. Ein Berliner Blatt, das es gern sähe, wenn Nationalliberale und Freisinn ige bei der Landtagswahl Hand in Hand gingen, bat den Rücktritt deS bisherigen Landtagsabgeordneten für Posen, Herrn Jäckel, von der Candidalur als ein Zeichen dafür gedeutet, daß die Freisinnigen jetzt mehr Verständniß für das Nationale zu bekommen schienen. Diesen Irrthum klar zu stellen, läßt sich dir „Freisinnige Zeitung" des Herrn Lkugen Richter mit dankenSwerther Eile angelegen sein. „Nichts berechtigt zu der Annahme", so schreibt das genannte Blatt, „aus dem Verzicht dcS Abgeordneten Jaeckel, welcher lediglich durch persönliche und locale Gründe ver anlaßt ist, .»uf eine Aendcrung in der Haltung der Frei sinnigen BolkSpartei zu schließen. Der an Stelle Iaeckel'S in Vorschlag gebrachte freisinnige Candidat Architekt Kindler hat bei den ReichStagSwahlen für Meseritz- Bomst candidirt und zwar ganz im Sinne der Freisinnigen Volkspartei." — Es gehörte sehr viel absichtsvoller Opti mismus dazu, gerade zetzt an eine Aenderung in der Haltung der Freisinnigen Volkspartei gegenüber den Polen zu glauben. Speculirt doch die „Freisinnige Zeitung" auf die Unter stützung de- Centrums bei den LandtagSwahlen, daS Centrum aber würde den Freisinnigen den nationalen Kitzel, der in einem grundsätzlich geänderten Verhalten zu den Polen an den Tag käme, rücksichtslos auStreiben. Diese Gewißheit bewahrt die Freisinnige Volkspartei noch viel sicherer vor einem „Umfall" in der Polenfrage, als die eigene „Unentwegtbeit". So ausgeschlossen der „Umfall" ist, so erfreulich bleibt der Rücktritt des Herrn Jaeckel auch nach dem Commentar, den die „Freisinnige Ztg." ihm nachträg lich zu theil werden läßt. Denn letzterer bestätigt durchau- die Richtigkeit der Auffassung, die einen Sieg des deutschen Gedanken» in der ProvinzPosen in der Thatsache er blickt, daß Herr Jaeckel nicht den Muth bat, an die Stätte seiner nationalen Heldenthatrn zurückzukehren. Mögen die Grundsätze, nach denen die Freisinnige Volkspartei die polnische Frage behandelt, immerhin dieselben bleiben: der jenige ihrer Stimmführer, der jene Grundsätze mit un erhörter Unterwürfigkeit gegenüber dem Polenthum vertrat, verschwindet auS „persönlichen und localen Gründen", d. h., weil er sich selbst gar zu arg compromittirt bat, von der parlamentarischen Bühne. Bedeutete die Wendung „persön liche und locale Gründe" etwas Anderes, so würden nicht freisinnige Bürger PosenS gemeinsam mit den Nationalliberalen den Iustizrath vr. Lewinski als LandtagScandidaten ausgestellt baben, an Stelle deS Freisinnigen Kindler, der ihnen in der Polenfrage keine genügenden Garantien bietet. * Berlin, 26. September. (Dank des Kaisers Franz Joseph.) Von der österreichisch - ungarischen Botschaft in Berlin erhält daS Wolff'sche Telegraphen-Bureau die nach stehende Zuschrift: „AuS Anlaß des HinscheidenS Ihrer Majestät der Kaiserin von Oesterreich, Königin von Ungarn, sind aus der deutschen Reichs- Hauptstadt, wie auch auS anderen Städten und Ortschaften des Amtsbereichs der K. «nd K. Botschaft überaus zahlreiche Kund gebungen der Theilnahme, sei es direkt, sei eS im Wege der Bot- chaft und der Conlularämter, an Se. Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät gerichtet worden. In den Allerhöchsten Intentionen Sr. Majestät deS Kaisers und lkönig» Franz Joseph ist es gelegen, daß Allen ohne Ausnahme, welche ihr Beileid persönlich, schriftlich oder telegraphisch zum AuS- druck gebracht, oder den auS diesem Anlaß abgehaltenen kirchlichen Trauerfeierlichkeiten beigrwohnt haben, Merhöchstsein wärmster Dank bekannt gegeben werde. Da wegen der überaus großen Anzahl dieser Kundgebungen iS nicht möglich wäre, jede derselben einzeln zu beantworten, so ist die Kaiserliche und Königliche Botschaft Allerhöchst beauftragt, den Dank Sr. Majestät für alle und jegliche Bethätigung treuen Mitgefühl« hiermit zur öffentlichen Kenntniß zu bringen." — Zur Pa lästinafahrt des Kaisers wird der »Voss. Ztg." geschrieben: Die österreichische Regierung batte ihre Zustimmung gegeben, daß die Evangelischen der Monarchie sich an der Feier in Jerusalem betheiligen. Der Wiener evangelische Oberkirchenrath Augsburger und helvetischer Confession hat aber abge lehnt, einen Ver treter zu senden. Doch ist anzunehmen,daß die siebcnbürgische und die ungarischeLandeSkirche solche ernennen werden. Von Holland kommen dieselben beiden Vertreter, wie bei der Einweihung der Willibrordi-Kirche in Wesel. Die schweizer protestantische Kirche hat in wärmstem Tone auf die Ein- iadunH erwidert; die belgischen Evangelischen und die englische Hochkirche haben noch keine Antwort gegeben. — Wie die „Kreuzztg." erfäbrt, soll auS Anlaß der Reise in Jaffa ein deutsches Postamt eingerichtet werden. Es soll bereits zum 1. October in Wirksamkeit treten und alle Zweige des Postdienstes umfassen. — Der „Ezypt. Kur." meldet: Zu Ehren des Kaisers werden bekanntlich auch zwei Galavorstellungen in der viceköniglichen Oper zu Kairo gegeben werden. Zu diesem Zwecke werden bedeutende Ausbesserungs arbeiten innerhalb deSTbeatergebäudes in Angriff genommen.Die Festvorstellungen sollen am 20. und 21. November statt finden; gespielt wird „Othello" von Verdi und „La Boheme" von Puccini. Außer zwei Festmahlen soll, wie verlautet, auch der alljährlich stattsindenbe Hofball diesmal während der Anwesenheit des Kaiserpaares gegeben werden. Zu Ehren deS Kaisers werden die diesjährigen Rennen des Alexandria Sporting Club entsprechend verlegt werden, um dem Hoden Besuch die Theilnahme zu ermöglichen. Es ist der Vorschlag gemacht worden, bei der Gelegenheit auch durch tüchtige beduinische Reiter ein Kameelrennen, verbunden mit arabischer Phantasia u. s. w., zu veranstalten. — Die Prinzessin Heinrich von Preußen wird ihre mehrfach erwähnte Reise nach Ostasien zum Besuche ihres Gemahls an Bord des Bremer Pasfagierdampfers „Prinz Heinrich" zurücklegen. Der Dampfer verläßt am 2. November Bremen, wird die für die Besatzung von Kiautschau be stimmten Weihnachtsgeschenke mit sich führen und Mitte November die Prinzessin Heinrich in Genua ausnehmen. Mit dem Dampfer werden übrigens noch einige Officiers- damen die Reise nach dem fernen Osten zum Besuche ihrer Gatten unternehmen. Die Rückkehr der Prinzessin Heinrich nach Deutschland steht nicht vor Ende März nächsten IahreS bevor. — Prinz Albrecht ist wieder nach Kamenz zurück gekehrt. — Die Bundesraths-Ausschüsse haben heute ihre Berathungen wieder ausgenommen. — Mit BiSmarck-Veröffentlichungen wird ein so schmählicher Unfug getrieben, daß auf das Energischste dagegen protestirt werden muß. Die „B. N. N." machen auf Folgendes aufmerksam : Die G. Barnewitz'sche Hof buchhandlung (Otto Kruse) in Neustrelitz versendet folgende Bestellzettel: „BiSmarck-Memoiren. Geschrieben von' jener gewaltigen Hand, die die goldene Feder führte zur Unterzeichnung des Frank furter Friedens. Drei Bände in gr. 8° — ca. ./t 30 — Auf die Anfrage eines LeserS deS genannten Blattes antwortete die genannte Buchhandlung: „daß die BiSmarckschen Memoiren selbstverständlich die Originalarbeit des Reichskanzlers sind". Die Firma wird hierüber weitere Aufklärung geben müssen. — Der Minister für Handel und Gewerbe bat den Handelskammern einen Erlaß zugestellt, der die Beeidigung von Handelschemikern durch die Handelskammer betrifft. — Während die „Nat.-Ztg." versickert, cS sei ihr be stätigt worben, daß zwar die italienische Regierung eine Verständigung über Maßnahmen gegen den Anarchismus bei den europäischen Cabinetten angeregt, aber den Vorschlag einer Confern; bis jetzt noch nicht gemacht babe, wirb der „Kreuzztg." aus Rom gemeldet, die italienische Regierung sei im Besitze der zustimmenden Antworten sämmtlicher Cabinetle auf ihren die Ein berufung einer Conferenz anregenden Vorschlag. Weiter wird dem letzteren Blatte von seinem römischen GewährS- manne geschrieben: „Darüber, wie das Programm beschaffen sein werde, welche» der Conferenz zur Grundlage zu dienen haben wird, gehen die LeS- arten auseinander. Während auf der einen Seite behauptet wird, eS handele sich nur insofern um Vereinbarungen, als eS nothwendig sei, rin übereinstimmendes polizeiliches Vorgehen gegen die Anarchisten und «in Jneinandcrgreifen desselben sicherzustellcn, wird von anderer Seite behauptet, eS werde vor Allem auch darum zu thun sein, sich der Mitwirkung der Schweiz zu vergewissern und fetten» der Bundesregierung di, bindend, Uebernahmr der Ver pflichtung zu erlangen, daß dieselbe im Wege der Gesetzgebung di, nöthige Vorsorge treffe, damit den anarchistischen Verbrechern die Möglichkeit benommen werde, auf schweizerischem Boden eine Zufluchtsstätte zu finden. Sollt, diese« Streben den Hauptzweck der Conferenz bilden, so würden sich damit srlbstverständich auch die weiteren Vereinbarungen, die de« Gegenstand der Berathungen zu zu bilden hätten, verbinden lasten." — Der preußische Gesandt, in Darmstadt Graf vor» d,r Goltz hat einen Urlaub angetreten. —Dir UnterstaatSsecrrtaire Mein ecke und Sterneberg sind vom Urlaub zurückgekehrt. * Arnsberg, 25. September. Der vortragende Rath im japanischen Ministerium des Innern, Herr Arimatsu, wird demnächst hier riatreffen, um der Regierung attachirt zu werden. Er ist von seinem Ministerium nach Europa gesandt worden, um die preußische Verwaltung auS eigener An schauung kennen zu lernen. * Hagen, 25. September. Der VerbandStag westdeutscker Handelsgärtner und Blumenhändler erklärte sich für Aushebung deS Schutzzolles auf gärtnerische Erzeugnisse. * BrcSlau, 25. September. Für daS BiSmarck- Denkmal sind bis heute 56874,96 eingegangen. — Der frühere focialdemokratische ReickStagSabgeordnete Bruno Geiser ist hier verstorben. Geiser war der Schwieger sohn Liebknecht's, aber trotzdem traf ibn der große Bann, der ihn aller Parteiämter unwürdig erklärte. Er liebte eS, seine eigenen Wege zu gehen, und darum verfiel er dem Scherbengerichte. Später ist er zwar rebabilitirt worden, aber das Vertrauen der Parteileitung hat sich ihm niemals wieder zugewendet. Man erlaubte ihm Wohl zu candidiren, aber nur dort, wo man sicher war, daß er durchfallen werde. Es war nur natürlich, daß sein Eifer für die socialdemokratische Propaganda nicht groß war. * Neustadt a. H., 25. September. Eine sehr gut besuchte nationalliberale Versammlung auS Stadt und Land beschloß heute die Gründung eines cantonalen nationalliberalen Vereins. Allgemein wurde der Wuusck ausgesprochen, daß von jetzt an ein regerer Gedankenaustausch zwischen städtischen und ländlichen Wählern stallsindeu möge, damit die zwischen ihnen noch bestehenden Gegensätze gemildert und bei den kommenden Wahlen ein geschloffenes Vorgehen ermöglicht werde. * Karlsruhe, 26. September. Der neue Erzbischof von Freiburg i. B., v. Körber, dessen Wahl im Gegensatz zu derjenigen seine« unvermutbet scknell gestorbenen Vorgängers v. Komp sich rasch und glatt vollzogen hat, galt aus diesem Grunde und auch deshalb, weil er bisher per sönlich seines Pfarramtes gewaltet und sich anläßlich seiner Ernennung zum Erzbischof politisch farblos ausgesprochen hatte, als ein künftiger Oberbirte, der den Wacker und Genossen im kirchenpolitischen Kampfe nicht Folge leisten würde. Die klerikale Presse spricht sich jedoch in letzter Zeit hoffnungs voll aus. Anlaß dazu giebt ihr u. A. die schon erwähnte Stelle der Rede, welche der neue Erzbischof beim Abschied von seiner alten Gemeinde gehalten bat und in der er erklärte, er habe ganz besonderen Grund, dem Groß herzog dankbar zu sein, denn er habe authenliscke Beweise, daß der hohe Herr dem jetzigen Resultate der Erzbischofswahl mit dem höchsten und ermulhigendsten Wohlwollen und Zufriedenheit gegenüberstehe. Es fällt eigentlich schwer, diese Worte aus eine, klerikalen Wünschen entgegenkommende Kirchenpolitik der Regierung hinaus zu deuten; gleichwohl wird mit ihnen eine Reise deS Ministers von Brauer nach Italien im Einklang gefunden, die in der Absicht unternommen sei, mehrere Ordensnieder lassungen in Badea in die Wege zu leiten. An dieses Zugeständniß solle die Bedingung geknüpft werden, daß das badische Cenlrum die in der Kammer eingebrachten Anträge zu Gunsten der angeblich „verfassungsmäßigen" Vereins freiheit für die Orden fallen läßt, was vom Centruin im Interesse eines „einstweiligen Ausgleichs" zugestanden werden könnte. Damit wäre der kirchenpolitische Frieden in Baden „eingeleitet", für dessen weitere Pflege der neue Erzbischof die Gewähr liefere. Frankreich. TreyfuS-Revision. * Paris, 26. September. Präsident Faure ist heute Nachmittag aus Rambouillet hier eingetrvffen. Schweiz. Anarchiftenschub. * Lugano, 26. September. Hier passiren per Bahn täg lich lO bis 15 Italiener durch, die theils al-Heimathlose, theils als Anarchisten nach Chiasso befördert und an der dortigen Grenze an die italienische Polizei abgeliefert werden. Heute verhaftete die hiesige Polizei den hier seit acht Jahren ansässigen italienischen Anarchisten Bildhauer Panizza. (Franks. Ztg.) * Rheintck am Bodensee, 26. September. Der König und die Königin von Rumänien reisen heute von Schloß Weinburg nach Rumänien zurück. Großbritannien. Der Eroberer von Khartum. * London, 26. September. Die Königin hat General Kitchener zum Pair de» Vereinigten Königreichs ernannt. Dänemark. * Kopenhagen, 26. September. Der ehemalige Vice präsident des Gemeinderaths und frühere socialistische Ab geordnete des FolkethingS, Peter Holm, der unter der Anschuldigung des Betruges verhaftet wurde, ist heute Nach mittag hier im Gefängniß gestorben. Amerika. «Hile und Argentinien. * London, 26. September. Wie dem „Neuter'schen Bureau" aus Paris gemeldet wird, verlautet auS guter Quelle, daß Chile und Argentinien sofort die schieds richterliche Entscheidung über den südlichen Grenztheil einleiten werden, welcher in dem dieser Tage in Santiago abgeschlossenen Uebereinkommen bezeichnet ist. Der nördliche Grenztheil soll als besondere Frage behandelt werden. * London, 27. September. (Telegramm.) Die „Times" veröffentlichen ein Telegramm auS Buenos Aires, nack dem Chile und Argentinien über ein Abkommen, betreffend Puna und das Atucama-Gebiet, und über eine cndgiltige Regelung der Grenzfrage verbandeln, um ein Schiedsgericht zu vermeiden. Die Verhandlungen nähmen einen günstigen Fortgang. * Valparaiso, 26. September. Präsident Errazuriz erlitt gestern Abend beim Besteigen eines Wagens einen schweren Schlaganfall. DaS Befinden deS Präsidenten hat sich heute gebessert. MiMair und Marine. * Berlin, 26. September. Laut telegraphischer Meldung an daS Obercommando der Marine ist S. M. S. „Habicht", Com- mandant Corvetten-Capitain Schwartzkopsf, am 24. September in Lome (Togo) angekommen und beabsichtigt, am 27. September nach Porto Novo in See zu gehen. U Das Küstenpanzerschiff „Heimdall" stellt am 29. d. M. auf der Werft zu Kiel außer Dienst. U Die Curse der Marineakademie zu Kiel beginnen in diesem Jahre am 4. Lctober. Die Vorlesungen des MililairlrhrerS werden bestehen in: Seekriegslehre, Capitain zur See Freiherr von Maltzahn; Admiralsiabsdienst und Seekriegs geschichte, Capitain zur See Kirchhof; Artillerie, Capitain zur See Ascher; Schiffbau, Schiffbaumeister Wellenkamp; Maschinenkunde, Maschinenbaumeister Klamroth. DaS See kriegspiel wird der Capitain zur See Freiherr von Maltzahn leiten. Die Vorlesungen der Civillehrer werben sein: Mathe- makik, Gehcimrath Professor I)r. Pochhammer; Analytische Geometrie, sowie nautische Astronomie, Dvctor Wein- holdt; Naturlehre und Elektrotechnik, Professor vr. Rell- stab; Allgemeine Geschichte, Professor vr. Rodenberg; Allgemeine Geographie, Professor vr. Krümmel; Naturgeschichte der Meere, Professor vr. Brandt; Nationalökonomie, Professor vr. Hasbach; Französisch, Englisch, Russisch, Professor vr. Zielte. — Sämmtlicke Vor lesungen find fakultativ. Außer den zu den beiden Cöten der Akademie commandirten Seeofficicren dürfen Hospitanten aus den Kreisen der Osficiere, Aerzte, Ingenieure und Beamten nach vor heriger Meldung beim Jnjpecteur des Bildungswefens an den vorgenannten Vorlesungen theilnehmen. Delegirten-Versammlung des Allgemeinen sächsischen Lehrervereins. ii. A Auerbach, 27. September. Die Gesammtbe- ra t h u n g « n der Delegirten des Allgemeinen sächsischen Lehrer vereins nahmen am Sonntag Abend 8 Uhr in der Aula der Albertschulc ihren Anfang. Nach Eröffnung der Sitzung be grüßte Herr Director Eberth- Dresden in seiner Eigenschaft als erster Vorsitzender des Vereins die Versammlung, und wies darauf hin, daß der Verein in diesem Jahre «das goldene Jubiläum seines Bestehens feiern hätte können, denn er sei am 5. August 1848 gegründet worden. Weiter begrüßten der Ver treter »cs Ortsausschusses Namens 'der Stadt Auerbach und der Vertreter des deutfchen Lehrervereins die Versammlung. Als dann wurde in die Tagesordnung eingetreten, indem Herr Director Eberth den Jahresbericht auf das beendet« Geschäfts jahr gad. In demselben wurde zuerst ehrend des Andenkens der verdienstvollen verstorbenen Vorstandsmitglieder des Vereins Steiner und Lanski gedacht. Aus den Mitteln der Dittes- stiftung konnte im Vorjahre erstmalig ein armer kranker College unterstützt werden. Das Rcgierungsjubiläum Sr. Majestät des Königs wurde durch eine Beisteuer von 1000 an die König- Albert-Stiftung und Absendung »iner Beglückwünschungs deputation gefeiert. Von weiteren Bewilligungen ist zu er wähnen «in Beitrag von 260 an die Comeniusstiftung zum Ankauf der Israel-Bibliothek. Von den an das königl. Mi nisterium des Cultus gerichteten Petitionen hat nur die um Ver minderung des Memorirstoffes einen positiven Erfolg gehabt. Ferner wurde im Jahresbericht erwähnt, daß der Antrag des sächsischen Lehrervereins an den sächsischen Directorenverein, der selbe wolle sich auflösen und mit dem Lehrerverein vereinigen, in der Versammlung des Directorenvcreins in Schwarzenberg gar nicht besprochen wurde. In der Antwort des Directorenvereins wurde der Antrag als „unberechtigtes Ansinnen" bezeichnet, über den zur Tagesordnung Lbergegangen worden sei. Im Vorjahre ist der Verein in den 72 Vereinsbezirken von 8711 Mitgliedern auf 9075 gestiegen, ein Beweis, daß sich auch der junge Nach wuchs der Organisation der Lehrerschaft Sachsens anschließt. Der kleinste Vereinsbezirk ist Oedrran mit 31 und der größte Leipzig - Stadt mit 3650 Mitgliedern. Die Stimmung der Lehrerfchast Sachsens ist allgemein sympathisch für die Ziele der Militairdienstcommission und die Bestrebungen um Erhöhung der Lehrergehälter, über die Bestrebungen zur Besserung der Lehrerbildung und die Schulgesundheitspflege herrfchen jedoch Meinungsverschiedenheiten. Herr Directoc Eberth schloß seinen nun bringe Licht! Mir ist so frei und wohl zu Muthe, als könnte ich ihm entgegengehen, wenn er dort «intreten wird." Als die Schwester mit der brennenden Lampe zurückkam, sagte Henny: „Wenn er kommt, Lotte, laß uns allein!" Sie lag dann still da, nur ihre fieberglänzenden Augen hingen unverwandt am Zifferblatt der Uhr, während auf ihren Lippen ein frohes, erwartungsvolles Lächeln lag. Dann schlug «S acht Uhr. Sie wurde unruhig und richtete sich halb auf. „Da, jetzt kommt er", sagte sie. „Du irrst Dich, Henny, ich höre nichts!" „Ja. ja, er kommt! Da, jetzt ist er an der Hausthiir, sie geht immer so schwer auf. Laß mich allein, Lottchen, sag' ihm nur, daß ich momentan elend sei hörst Du — rasch! Mache ihm die Thüre auf!" Nun wurde auch schon die Etagenglocke gezogen und Lotte ging schnell hinaus. „Doch nichts Ernstes, Lotte?" hörte Henny Axel's sonore Stimme sagen, und nun stand sie schon auf den Füßen, was sie seit Wochen nicht mehr gekonnt hatte. „Sie ist sehr schwach, Du mußt etwas vorsichtig sein, Axel!" „Axel!" klang es ihm entgegen. Er stand in der Thür und mußte seine Augen erst an dieses durch den Lampenschirm erzeugte Dämmerlicht gewöhnen. „Henny!" rief er, der auf ihn zukommenden weihen Gestalt entgegeneilend. „Axel! Hurrah!" Und dann lag sie an seinem Halse, weinend, schluchzend, lachend, aber er fühlte doch, wie schwer ihre mageren Arme an seinen Schultern zogen. „Ja, Henny, mein Gott! Du bist ja so schwach! Geh', leg' Dich aufs Sopha! Ja, Hurrah! — Henny, Du weißt nicht, wie ich mich gesehnt habe nach diesem Ruf! Wie hat er mich gespornt und getrieben, wenn ich am Gelingen zweifelte, Henny! Henny, so leg' Dich doch so — bist Du denn wirklich so schwach und schriebst mtr nie etwa»!" Sie lag mit geschlossenen Augen, seine Hand mit beiden Händen haltend, und strich nur ab und zu leise darüber hin. „Laß mich, Axel, frage nicht! Du bist ja bei mir!" flüsterte sie. Er beugte sich über sie und fühlte ein Frösteln in den Adern, als er ihre wachsbleiche Gesichtsfarbe und die bläulichen Schatten um den feinen Mund bemerkte. Ganz leise drückte er die Lippen auf ihre Stirn. „Axel! Mein Axel! hauchte sie. „Henny! Ich weiß nicht — soll ich Lotte rufen?" „Nein, nein, Axel! Sei tapfer, hörst Du — bleib' bei mir — ganz — allein ich möchte so gern in Deinen Armen —" Der Athem ging ihr aus und er wagte nicht, sich zu rühren. Er legte den Arm vorsichtig um ihre Schultern; sie wurde immer schwerer. Die Hände hielt sie über der Brust ge kreuzt, und das ETkizige, was noch an ihr zu leben schien, waren die Augen, die großen, brennenden Augen, welche sein Gesicht nicht losließen. „Axel! Du bist ja muthig, nicht wahr? Der Einzige der gesund von — Allen — Du küsse mich — noch einmal, bitte." Er starrte angstvoll, dicht über sie geneigt, in ihr Antlitz. — Ihm war e», als dränge sich noch ein schwacher, kaum hörbare» Hurrah über ihre Lippen. Er sank auf die Knie, drückte den Kopf an die Polster und weinte still vor sich hin. — Der dumpfe Klang von Böllerschüssen klirrte an den Fenster scheiben. Eine große Versammlung von Menschen aller Kreise stand still, schweigend im yestsaal; leise spielte die Musik „Heil Dir im Siegerkranz", und Jung wie Alt, Vornehm wie Gering fühlte, daß mit der Erinnerung an einen großen Todten und an große Ereignisse ein Jahrhundert zur Neige ging und daß die neue Zeit andere Kräfte, andere Wünsche, andere Werthe forderte. — Axel kam vom Friedhof zurück; er war gefaßt, steinernst wie ein Mann, der da» Schwerste ertragen kann und will. Die jenige, die man heute da hinauSgetragen hatte, war ihm da» Liebste im Leben gewesen und mit dem dumpfen Kollern der ersten, hart gefrorenen Erdschollen auf den Sarg hatte er Ab schied genommen von seiner Jugend, von der eigentlichen Lebens freude, von der Hoffnung, seines Lebens Krone je in zwei kleine freundliche Hände legen zu dürfen, aber die Lebenskraft, die war ihm doch geblieben. Er hatte den alten Onkel Tressing abgesehen, der, über daS Grab gebeugt, hoffnungslos hinunterblickte; er hatte UexhuS ge sehen, in dessen magerem Rassegesicht nicht viel von LebenS- hoffnungen und Lebenszielen zu lesen war. Ihm graute fast. — Würde auch in seinem Leben einstmals eine Stunde kommen, wo man AehnlicheS von seinem Gesicht ablaS? Nein, nein; daS sollte nie sein! Die Todte hatte so viel Muth gehabt, eine Kraft und eine Selbstlosigkeit, deren Größe er erst klar erkannte, als er mit stockendem Herzschlag ihrem letzten Athemzuge lauschte. Nichts mehr erhoffen vom eigenen Leben, nichts mehr bean spruchen von der eigenen — Kraft, so sänge noch ein Nerv sich vom Willen bewegen ließ, kein eigentliches Ziel mehr besitzen, zu welchem die Gedanken mit dem Pendelschlag der Zeit streben, dar war Tod, ein Absterben, bevor man im Grabe lag. — „Sie wollen gleich wieder fort nach München?" fragte Graf UexhuS, der neben ihm den Friedhof verließ. „Ja, waS soll ich länger hier? Mir kann nur di« Arbeit helfen", antwortete Axel und blickte noch einmal zurück. ES lag Schnee, und der lange Zug der Leidtragenden, der hinter ihnen her kam, hob sich schwarz und düster davon ab. „Wie geht e« Ihrer Frau Schwester?" „Gut! Ich habe sie gestern besucht. Im Hause Philipp König'« athmet man Luft, die den Nerven gut thut. Sie konnte nicht zur Beerdigung kommen, weil sie bald ihr erste« Kind er wartet. Hoffentlich schadet ihr die Gemüthlbeweguna nicht«! Die ist geborgen, Herr Graf! Al« ich zu ihr kam, saß sie am Schreibtisch und führte König'» Geschäftsbücher. Sie ist glück lich und weiß, daß sie ihren Platz auSfüllt und au»füllen kann. Geringe Ansprüche und keine Sorgen, da» erhält den Menschen «esmid." Der lange Graf nickte stumm. Im Wagen fuhr der Obersts* Tressing mit seinen beiden Söhnen vorüber. Gebrochen lehnte der alte Herr in den Polstern und starrte vor sich hin. UexhuS meinte: „Der überlebt Henny nicht lange, sie war doch sein LieblingSkind! Ist es nicht zu traurig? Tressing's weinen nicht nur um eine Tochter und Schwester, sondern hinter der Trauer grinst die Sorge, die sie ihnen nur für kurze Zeit ab nehmen konnte! ES war wirklich wieder etwas Schwung in die Familie gekommen, als Mr. Drown gestorben war. Das ist kein schöner Gedanke, aber er ist wahr!" Er schwieg eine Weile und fuhr dann fort: „Sehen Sic, der Rock hier", dabei strich er mit der Hand an den Knöpfen seines Mantels herunter — „der Rock ist gut, e» ist ein Ehrenkleid, aber die Herzen, die darunter schlagen, haben nicht mehr alle denselben einfachen, unbekümmerten Schlag, den ein deutsches Soldatenherz haben sollte. — Wir brauchen Thaten in Deutschland, Sternfeld! ManneSthaten! Glauben Sie eS mir! Ganz Deutschland braucht wieder etwa», wofür eS Hurrah rufen kann! — ES wird viel Bravo geschrien, besonders wenn irgend Einer eine scheinbar neue, großartige Phrase ent-' deckt hat, die von irgend einer Rednerbühne, von der Kanzel oder einem Katheder heruntertönt, und die doch meistens so alt ist, daß die alten Egypter schon ihre Freude oder ihren Aerger daran gehabt hoben." Axel horchte aufmerksam auf die lange Rede des Grafen. DaS Herz war ihm zu voll. — Sie kamen am Exercirplatz vor über; ein Trupp Soldaten griff mit lautem Hurrah einen Stacketenzaun an. „Ja, ja, Tternfeld, da« klingt gar nicht übel, wenn e« dem Zuschauer auch lächerlich erscheinen mag. ES giebt zu wenig Hurrah in dieser Generation, scheint mir! Vielleicht lernt es die nächste wieder, so oder so, man kann e« nicht wissen! Adieu, Eternfeld, lassen Sie eS sich gut gehen; ich muß noch einmal in die Caserne." Di« Männer schüttelten sich die Hand und gingen au», einander. Ende.
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