02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-15
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990315022
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899031502
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899031502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-15
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578. 981. Uiu. irossa d»rck«n rioto , Llilluitl-Lctiüli 00^5 iLisiso 1 27,-! ttili»eollt I 2, NlUptst. -aren eiurslns 4..>, isr t>pli«dk uul u, itük ^»ckriedt Vi,, zrL«doi»»s. 8p!>ii!'! ruti>8 6oI>Imic»- >.) Ltst^ .Osnti-.-Xcto in, Usrn i'ttciüc! 78 , > krioi-. .okio.Lo . l0o.4: <io. lio. ög,ia 6olilr«lir« icw.'.ü Lrollsor. S7,^ s.Lisod? r r».- cLld.krioi . 80,1V rä. »rukneig rioräo-td .1 roo.n vlliood. 76,N 14! mssi-datm 111.« jjmplon — äiscont 4>« Oelä VI^VUI I0I.7I d.r.UotUa 134.N 1541 ia5, 1S8.50 I.kfsräed. 314 - »ritsselid 84.71, >.8tra-»d. 159,75 lllLtioll 346.5V 321.75 142. - - 7. 8erxv. 137.85 kliöoix 187, - .VVjlUsIill 240,- LIsktr-L 170,25 179 75 iriilsktr. 178,50 148. - lci»«od. 225,10 LUison —— nkli8l-ä so,c,a 132..5 i»b.-8«<> 116,50 354,- ;r Urrib. 530,50 8sren'. 361 I lerrb.-U. in 8Iecd 140 182.K0 320,25 iorn 151. -Inäust. 129,7i> I n>r — l 8erxn-. 251 - 57,40 rre kr. 215,80 le- 213,- »a karr 215,00 !»»» 92,75 tn-Viro r-a-rr. 180,50 sr 247 25 zsnw 100,21 7,8t.-rr. 115,50 itts 22540 196,25 r 184,25 19 >. 114,7'. 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O»t«»>en, ii ?o»t3awps«! >r ^vorei» ' »»cd kte* .orUO. 1-InxO o»ll- »at ä,r <13 L .wpk«r. Bezugs-Preis in der Hauptrxpedilion odrr den im Hiadt« tezirk und de» Vororten errichteten ÄuS- oabestellen ab geholt: vierteljährlich ^>4.50, lii zweimaliger täglicher Zustellung tnS Hous .»t L.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: diertrliälirlich 6.—. Directr tägliche Kreuzbandirndung ins Ausland: monatlich 7,50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/-? Uhr. die Abend-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Filialen: Ltto klemm's Lo.tim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum). Loni» Lösche. Katharinenstr. 14, part. und König-Platz 7. Nedaction und Erpe-ition: JohanniSgaffe 8. Oie Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Abend-Ausgabe. UcipMtl T Mbl alt Anzeiger. Amtsvlnlt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aatßes nnd Noüzei-Ämtes -er Stadt Leipzig. 135. Mittwoch den 15. März 1899. Anzeigenpreis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclamrn unter demRedactiontstkich (-ge spalten) LO^, vor den Familiennachrichten tk gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem PreiS- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. E^ttra-Verlagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung tiO.-, mit Postbeförderung 70.-. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. S3. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 15. März. Bei der zweiten Berathung der Milttärvorlage von 1886/87, desgleichen bei der zweiten Lesung des HerreS- gesetzentwurfS von 1893 war auf dem Kanzlerpnlt die rothe Mappe zu sehen, die die AuflösungSordre enthielt. Gestern fehlte die Mappe und wäre sie sichtbar gewesen, so hätte eS sich nur um eine Menschenfreundlichkeit gegen die Preß- org^ne gebandelt, die, wenig zahlreich, aber sehr laut, die Auflösung angekündigt hatten. An eine solche batte wohl kaum irgend eine verantwortliche Stelle, am wenigsten der Reichskanzler gedacht. Und auch keine namhafte Partei des Reichstags wollte sie, was allerdings nickt aus der gejammten Parteipresse zu ersehen war. Die gestrigen Redner der ehemaligen Cartellparteien erklärten überein slim inend, sich nach der Regierung richten zu wollen, die, wie gesagt, einen Conflict nicht wünschte. Herr v. Kar- vorff setzre noch hinzu, seiner Ansicht nach seien die Abstriche nicht so groß, daß sie nothwendig ni einem Conflict führen müßten. Bei der dritten Lesung aber wird man sich geringeren Abstriche» gegenüber seben. Das bezweifelt Niemand nach den gestrigen Aus führungen deS Herrn Lieber, die am Schlüsse von der Social demokratie und der Volkspartri mit Ziscken gelohnt nnd damit richtig charakterisirt wurden. Der Abg. Lieber ging fürchterlich mit den reichstagSverrätberischen ehemaligen Cartellparteien, weil sie zu Gunsten deS militärischen Sach verständigen in der Regierung „abdanken" wollten, inS Gericht. Noch größer denn als Constitutioneller war der Centrums mann als Volksfreund, der, da mit der finanziellen Mehr belastung selbst bei seiner Dialektik nichts zu machen war, die Einstellung der 7000 Man», um die eS sich bandelt, als eine kaum erträgliche volkSwirtbschaftliche Bedrückung der 52>/r Millionen Deutschen hinstellte. Dann aber erklangen sanftere Töne. Vom KriezSminister war geschickt der Än- baltepunct zur Wendung gegeben worden, indem er recht nachdrücklich seiner Ueberzengnng Ausdruck gegeben batte, das Centruin habe nickt die Absicht gehabt, die Truppe und deren Schlagfertigkeit zu schädigen, er habe nur die Consequcnzen der Streichungen nickt übersehen und, dies eines kleines Sündenbekenntniß deS Herrn v. Goßler, auch nicht übersebe» können. An diesem Nagel band Herr Lieber den Faden fest, den er dann inS Regierungslager warf. Ver trägt die Truppe nnd verträgt namentlich die zweijährige Dienstzeit die Commissionsbeschlüsie nicht, „so werden wir bei einer späteren Gelegenheit durchaus bereit sein re." Die „spätere Gelegenheit", das ist sicher die dritte Lesung. Denn nack den dem Kriegsminister gestern abgegebenen Erklärungen wird sich die Regierung mit den Commissionsbeschlüssen nicht befreunden. CS muß also bis zur dritten Lesung etwa- geschehen, d. h., da sich daS Centrum kaum biS zur Regierungs vorlage fortbewegen wird, eS muß ein Compromiß abgeschlossen werden. Die Bereitwilligkeit dazu ist auf beiden Seiten vorhanden, die Sacke wird sich beute thatsäcklich ent- scheiden. Unfein, aber nicht unrichtig bezeichneten die Social demokraten den heutigen, sitzung-frei gelassenen Tag als den „Mogeltag". Wie das Compromiß auSseben wird, wissen wir nicht. Mehrfach wurde behauptet, man werde in einer Vermei dung der Abcommandirungen den Ausweg suchen, waS aber schon im Hinblick auf die Kürze der zur Verhandlung und Berathung zur Verfügung stehenden Zeit nicht sehr wahrscheinlich ist Wahrscheinlich ist nur, daß Herr Lieber sich verständigen wird und daß die vorauSgesehene, abweichende Haltung der bayerischen Bauernbündler und eine nicht ganz unzweideutig? Erklärung der Antisemiten da- Zustandekommen einer Verein barung nicht gefährden. Auch von den 47 Abgeordneten, die gestern fehlten, droht keine Gefahr. Die RcichSboten werden also wohl am 23. März in friedliche Osterferien und nicht in einen Wahlkampf gehen, wie zu vermuthen war. Die diesjährige EultnSdebatte im preußischen Abgeordnetenhaus« hat das Centrum wieder in voller Front in Angriff gesehen; aber mit noch dürftigeren Argumenten als in 'den vorangegangenen Jahren, wenn auch um so un gestümer in der Forderung, für die „Verdienste" im Reiche im preußischen Staate auf kirchen- und schulpolitischcm Gebiet be zahlt zu werden. Besonders vorsichtig war man auf dem Ge biete der „Paritätsforderungen". Sie bleiben der klerikalen Presse überlassen, die sie bereits dergestalt betreibt, daß jede Be rufung eines katholischen Beamten auf dem Gewinnconto des Centrums erscheint und jede Bacanz als ein kleines Canossa für den Staat. Auch die Wiederherstellung der katholischen Ab- theilung im Cultusnrinisterium wurde nur verklausulirt ge fordert; mit einem katholischen Unterstaatssekretär im Kultus ministerium, wofern seine Berufung als löbliche Unterwerfung erscheint, wäre man schon zufrieden. Bei der Forderung auf Aushebung des Falk'schen Schulcrlaffes vom Jahre 1876 offen barte sich sogar recht kläglich, wie wenig selbst die Centrums- führung über die einfachsten Vorgänge und die Intentionen des Episcopats unterrichtet war, so daß die Blamage un gewöhnlich groß erschien. Und so konnte in der That mit Fug und Recht als das Facit der ganzen Centrumsbeschwcrden ge zogen werden: daß außer dem Altkatholitengesetz, Len Ordens forderungen und der Einrichtung konfessioneller Friedhöfe keine substanzielle Beschwerde des Centrums übrig geblieben ist und es darum keine Gegenleistungen zu beanspruchen hat, wenn es im Reichstag unerläßlichen Bedürfnissen Les Reiches die Unter stützung nicht verweigert. Es ist bedauerlich im Interesse der Regierung, daß sie es unterließ, diesen Nachweis selbst zu führen, sondern im Gegentheil Len Staat, obwohl tatsächlich in keinem Puncte ein principielles Zugeständniß an den Klerikalismus gemacht werden konnte, in härenem Büßer- gewande vor Len Klerikalismus stellte, als ob man diesem, wer weiß was, abzubitten hätte. Der Cultusminister mußte selbst zugeben, daß die Zugeständnisse des Staates, die dieser vor zehn Jahren machte, „ohne Zweifel die äußerste Grenze desjenigen vorstellen, was der Staat ohne Aufgabe seiner Rechte concediren kann;" daß es der Fried«, nicht der Zu gang zum Frieden fein sollte; und daß er es nicht auf sich nehmen könne, die Initiative zu einer Aenderung dieser Gesetze zu ergreifen. Er selbst mußte erklären, daß Sie iirchenpolitischen Gesetze mit Milde und Gerechtigkeit gehandhabt werden; daß kein Staat und kein Ministerium sich auf eine katholische Abtheilung im Kultusministerium einlassen könne; daß der Staat in erster Linie Herr in der Schule sein müsse und sich nicht mit der Kirche in die Herrschaft theilen könne; schließlich, daß er gar nicht in der Lage fei, den Schulerlaß vom 18. Februar 1876 materiell anders zu gestalten, weil er die Rechte des Staates „nicht preis geben könne, nicht preisgeben wolle". Wenn ein Cultusminister dies sagen muß, und weiter von sich sagen kann, daß er das Recht der Kirche auf die Leitung des Religionsunterrichts gern anerkenne, und sogar, daß der Staat vor Dogmen stille stehen müsse, weil Gewissensfreiheit das größte Kleinod fei, auch wenn es gegen sein Interesse gehe, dann müssen es in der That eigene Gründe sein, wenn man ihm im Centrum trotzdem den „Muth" abspricht und ihm mit dem Hohn dient, daß man einen „christ lichen" Cultusminister wolle. So muß es kommen, wenn ein Vertreter der Staatsregierung, der preußische Kultusminister, den preußischen Staat entschuldigen zu müssen glaubt, wegen eines 15 Jahre lang gehegten Abwehrkrieges, der ihm plan mäßig aufgedrungen war; wenn, wo an der Sache nichts zu rütteln ist, der Vertreterder Regierung formelle Entschuldigungen vorbringt, daß sie seiner Zeit gegen hierarchische Ueberhebung gestritten, wo es keinem Crntrumsmann bisher je brigelommen ist, auch nur ein Wort der Entschuldigung zu verlieren für die vielen Angriffe und Retorsionen, die im Land- und Reichstag der Staat sich hat gefallen lassen müssen. Es ist die Pflicht der Regierung, in einem konstitutionellen Staat, worin die Ver fassung ihr die Führung zuweist, nicht sich auf die Besorgung der ihr gesetzlich obliegenden Geschichte zu beschränken, sondern auch zu sorgen, daß das nationale Pflichtbewusstsein, das Staatsgefühl sich im Volke nicht vermindere; dafür zu sorgen, dass die Regierung in der Wahrung der guten Rechte des Staates als eine im Bewußtsein ihres Rechtes starke und ent schlossene Regierung erscheine. Mit Ludwig Bamberger ist ein begabter Mann dahin gegangen, der im deuischen öffentlicken Leven als Politiker, als Nationalökonom, als Schriftsteller eine ehrenvolle Rolle gespielt hat. Ludwig Bamberger war ein Publicist, in welchem die liebenswürdigsten und glänzendsten Eigenschaften der semitischen Rasse zu einer künstlerischen Entfaltung kamen. Die „Köln. Ztg." urtheilt über ihn: Wir haben nicht selten Anlaß gehabt, zu bedauern, daß ein so kluger Mann politische Wege wandelte, die wir nicht billigen tonnten; wir haben es beklagt, daß ein so vornehmer Geist sich zeitweilig einem Eugen Richter unter ordnen tonnte, der nach Geist und Gemüth dir angeborene Rau heit nicht abzustreifen vermag. Aber trotzdem gehört Bamberger zu den Gestalten, die vor unserer Einblidungskraft aufstrigen, wenn wir an die schwungkräftigen Zeiten des Werdeganges unserer nationalen Einheit zurückdenken; er gehört zu den Physiognomien, die wir in dem großen Rundgemälde deutscher Entwickelung nicht missen möchten. Auch wer den Ansichten, die er entwickelt, nicht überall folgen kann, freute sich doch der weltmännischen Eleganz, mit der Bamberger die spröden Stoffe der Währungspolitik und des Bankwesens zu meistern verstand, indem er stets unsere Phantasie in Bewegung setzt, ohne jemals durch Ueberladung und dem Gegenstand nicht gemäße Bilder pracht aufdringlich zu wirten. Nichts veraltet rascher als das Wort des politischen Schriftstellers, das aus der Stimmung, aus dem Aerger, aus der Begeisterung des Tages geboren wird und das heute die Welt erregt, um nach wenigen Wochen jeder lebendigen Lebenskraft beraubt zu werden. Es wäre zu viel gesagt, wenn man behaupten wollte, daß Bamberger diesem Naturgesetz seinen Zoll hätte nicht entrichten müssen. Aber dec feuilletoniftische Reiz, mit dem er die Erörterung ausgefochtcner Fragen zu umgeben wußte, wirkt auch heute noch anregend nach. Und bei einzelnen Fragen kam ihm allerdings die Thatsache zugute, daß sie auch heute noch die politische Aera mit ihrem Lärm und Streit erfüllen. So wird noch lange Mancher sich willig der Anziehungskraft gefangen geben, die Bamberger's gewandte Feder auch dem schwierigsten Problem zu verleihen wußte. Den Mittelpunkt seiner Ueberzeugungen bildete die Freihandelslehre, die ihn schliesslich durch die Secession 1881 der nationalliberalen Partei entführte. 1884 trat er in die deutschfreisinnige Partei ein, die ihm aber schliesslich durch Eugen Richter verleidet wurde. Er ist ein typischer Vertreter jenes älteren Geschlechts der Liberalen, die trotz aller Welterfahrung und geistigen Feinheit sich den Schulmeinungen, die England für die Verbreitung ins Ausland zubereitet, mehr gefangen gaben, als unseren nationalen Interessen dienlich ist. Auch nach seinem Rücktritt ins Privat leben verfolgte er mit geistiger Frische und gutem Humor die öffentlichen Vorgänge. Dem Fürsten Bismarck, mit dem er so oft die Klinge gekreuzt, galt sein letztes Wort, eine interessante Artikelreih« in der „Nation". Bamberger gehört zu jenen Ge stalten, die in froher, schwungvoller Jugendzeit der deutschen Einheit, dem politischen Leben Farbe und Glanz verliehen haben. Wie Berliner Blätter übereinstimmend berichten, ii'l zwischen dem deutschen Reich und Eeril Rhode» ein Contract über eine Telegraphenlinie abgeschlossen worden. Dieselbe betrifft aber nur Deutsck-Ostafrika, nicht aucb, wie behauptet worden ist, Südwestafrika. Der Contract über die Eisenbahnanlage durch Deutsck-Ostafrika steht ebenfalls vor seinem Abschluß, e- sind nur noch einzelne Detailfragen, namentlich technischer Art, zu regeln. Tie Nachricht, daß Cecil RhodeS abermals vom Kaiser in Audienz empfangen werden solle, ist in dieser Form unrichtig und wohl darauf zurückzuführen, daß der Kaiser gestern einer Einladung zu einer SoirSe beim englischen Botschafter LaScelles Folge leisten wollte, auf der auch Cecil RbodeS erwartet wurde. DaS ist indessen Nebensache. Hauptsache ist, daß RhodeS anscheinend seinen Zweck erreicht bat, und wir können uns bloS nock der Hoffnung bingeben, daß der Nur-Gesckäft-mann Cecil Rhodes Deutschland nicht allzusehr über- Ohr gehauen hat. Das Beste wäre gewesen, mit ihm überhaupt kein Ge schäft zu machen. Aber seit der deutsch-englischen eutents eoräiule, an der nun einmal nicht- mehr zu ändern ist, hatte Rhodes das völlige Recht, bei seinen „guten Freunden", den Deutschen anzuklopfen. Wie haben sich die Zeiten geändert! Als der Kaiser sein Krüger-Telegranim nack Pretoria sandte, war eS für jeden Colonialpolitiker klar, daß Deutsch land, wenn eS überhaupt Colonialpolitik in Afrika betreiben wolle, fick vor Allem auf den Süden Afrikas stützen müsse, wo die Verhältnisse für unS günstiger lagen, als für Eng land, nnd wo cs uns bei zielbewußtem Streben gelingen mußte, die Vorherrschaft zu erlangen. Heute räumen wir einem Cecil RhodeS daS Feld, von dem die „Tägliche Rund schau" folgende treffende Schilderung entwirft: „Cecil RhodeS ist ein smarter Geschäftsmann, rin Mann, dessen Katechismus mit dem Worte Geld beginnt und mit dem Worte Macht aufhört, ein Mensch, der nur einen Gott kennt, den Erfolg, und von dem ein englischer LandSmann, Reginald Statham, der über den Matabelekrieg geschrieben, gesagt hat, er sei auf Wegen, dir mit Betrug besudelt und mit Blut getränkt seien, zu finanziellen Erfolgr i gekommen. Er hat sich ein kolossales Vermögen erworben und setzt an dessen Erhaltung seine ganze große Kraft des Willens und der Intelligenz, wobei er sein Engländerlhum, feinen Machthunger und seine Idee „Ganz Afrika den Engländern vom Cap bis zum Nil' als Einschlag in sein Gewebe benutzt. Er ist zur Zeit Privatmann, sein finanzieller Kredit in Südafrika ist im Sinken begriffen, dos Cap-Parlament ist nicht mehr aus seiner Seite, daS englische Parlament verhält sich skeptisch gegen ihn — da wagt er den Coup, Deutschland für seine Pläne zu gewinnen und mit der deutschen Erlaubniß zum Eisenbahnbau seine Berthe zu verbessern, die Stimmung Englands und der Capcolonle, die von seiner Presse eifrig bearbeitet wird, für sich zu gewinnen und zugleich den Boeren und Deutschen in Südafrika »inen schweren Schlag zu ver setzen, indem er ihnen den deutschen Rückhalt, der ihnen bisher den Nacken gesteift hat, nimmt. Was er uns dafür bietet, sind Nngen- blicksvortheile, die noch näher zu beleuchten sein werden. Einen dauernden Nutzen für die deutsche Kolonie bietet er, der Eng länder, niemals; denn er ist keine Natur, die Anderen dient und sich vergißt." Fsuilletsn. Wang-Ygan-Ch6. Roman von Sylva Testa (L. Frfr. von Stael-Holstein). Nachdruck vndor-u. „Wem, der Mond über der Höhe des Gräberthales steht", sagte Jo-lu, „wirst Du meine Sänfte an der ehernen Pforte vrs Gartens unter der alten Platane finden. Halte die Zeit, den Zweck und das Ziel Deiner Reise auch vor der vertrautesten Dienerin geheim." Sie nickte, er bestieg seinen Sessel und ließ sich im Lauf schritt in seinen Palast tragen, um alle nöthigen Anordnungen zu treffen. Hong-di, der Kastellan von Tschei-fu-tscheu, erwartete ihn und nahm knieend die Befehl« seines Herrn entgegen. Er war gewöhnt, die ärgsten Grausamkeiten auSzufiihren und haf tete mit seinem Bauch für das Gelingen jedes Anschlages. Erne kaiserliche Frau, die heimlicher Weise den Palast ver läßt, muh sterben, ohne «in Wort zu ihrer Vertheidigung sprechen zu dürfen, und findet man sie in Gesellschaft eines Manne-, so ist er gleichfalls deS Todes. Jo-lu hatte seinem Sclaven erklärt, wie er Wang im Namen de- Kaisers in das oberste Thurmgemach geleiten soll«, ihn all«in, weg«n der geheimen Botschaft, di« er von Dhsia zu empfangen habe. In dem dunklen Labyrinth von Treppen und Gängen wäre es dann ein Seichtes, ihm auf seinem Rückwege an geeig neter Stell« aufzulauern und ihn niederzustoßen. Der blutige Leichnam aber soll« Dhsia vor die Füße geworfen werden. Die ganze Nacht, beim fahlen Schein der Laterne, könnte sie dann da- Antlitz betrachten, da» im Wachen und Träumen ihr Sinnen und Denken beherrschte. Sie sollte ihn haben, ihren Wang. O, wie er ihn Hatzte und sich seiner Rache freut«! Dhsia haßt« er auch. Warum, wenn sie treulos war, schlug ihr Herz nicht dem schönen Prinzen? Bon ihrer Treulosigkeit war er überzeugt. — Wie sollte er nicht? Konnte ein Jo-lu begreifen, daß sie Chen- Tsung treu war und den Helden ihre- Volke» liebte, wie «inen, hoch über allem Menschlichen st«hendrn Göttersohn. Er hätte ihn langsam, ganz langsam zu Tod« martern, sich an d«r Ohnmacht, an den Qualrn de- Stärksten der Starken weiden mögen. Aber er dürft« es nicht wagen, ihn rin Wort reden, einen Feuerblick auf seine Umgebung richten zu lassen; denn er war ein Zauberer, «in Uebermensch, der auch sein, Schergen in blinde Werkzeuge seines Willens verwandeln konnte. Seine Macht war in Jo-lu's Augen eine siebenfach dämonische. Wie hätte er sonst Frauenherzen erobern können, wo das seine gegen Liebe gepanzert schien, wie mit Erz. Er sagte den 'Holden nicht, daß sie schöner seien als die Morgenröthe, süßer als der Weih rauchduft im Tempel des Varuna, lieblicher als die Frühlings blumen im Himmelsgaüten und anmuthiger wie die Libellen im ewigen Svnncnreiche, di« da schweben über dem Urguell des Lichtes. So zart und einschmeichelnd waren di« Worte des Prinzen, den man den Unwiderstehlichen nannte, weil er nie mals unglücklich geliebt hatte, bis Wang kam und den Frauen sagte, daß sie Menschen feien, und die reizende Gao ihn, der nichts für sie empfand, mehr liebte als ihr Leben — ja, den Tod, den gräßlichen kalten, vor dem die Jugend schaudert, er wählte, statt des schönsten der Prinzen. Und nun stand er zwischen ihm und Dhsia! Sein Vermögen, das der Gewaltige ihm raubte, konnte er «her verschmerzen als den Ruhm, der Liebling aller Frauen Dhien-hia» zu sein. In diese Betrachtungen versunken, hatte er, aus seinem Ruhe bette ausgestreckt, den noch immer knieenden Hong-di vergessen, al» dieser zaghaft zu fragen wagte, was mit Dhsia geschehen solle. Der Prinz erhob sich rasch und maß das Zimmer mit großen Schritten, mühsam sein« Erregung bemeisternd. Er tonnte ihr Todesuriheil nicht sprechen, er liebt« sie, so sehr er sie haßte- . „Wenn die ersten Sonnenstrahlen den todten Körper des Wang-hgan-kh« bescheinen, dann bringe sie in die östliche Zelle", befahl er. „Du allein wirst zu ihr gehen und ihr Nahrung bringen. Wang's Haupt wird mir mit einem Boten geschickt, dem Du seimn Bericht «inschärfst. Die entflohene Gemahlin de» Kaiser», sagst Du, habe sich in den wilden Strom gestürzt, der unter den Fenstern des Thurmes hinbraust. So habe sie ihren Frevel selbst gebüßt, als ihr Freund ergriffen wurde und fiel, weil er sich zur Wehr setzte. Wang's Gefolge wird, wäh rend er oben ist, in der großen Burghalle bewirthet. In d«n Reisbranntwein mischst Du den dreifachen Schlaftrunk, und wenn sie bewußtlo» sind, erstichst Du sie mit Hilfe von etlichen Genossen. Du mit den zwei Zuverlässigsten machst die übrigen Gesellen be trunken, dann erschlagt ihr sie ebenfalls. ES heißt, sie und Wang'» G«fährten sei«n gefallen, als der Kampf entbrannte, nachdem letztere den Tod ihre» Gebieter» vernommen. Ihr Drei seid allein übrig. Mit Wunden bedeckt, werdet Ihr vor den Kaiser geführt werden. Wähl« den stummen Kun-li und den alten Nu-Hu!" „Wenn nun aber Wang nicht in die Burg kommt?" fragie Howg-di. „Nicht in di« Burg kommt, wenn 'Dhsia ihm winkt!" Der Prinz lachte. „Gleichviel, nehmen wir es an — dann überfällst Du das Häuflein mit unferer Uebermacht, hast zu diesem Zweck Alles vorbereitet. — Der Bericht bleibt derselbe. Hüte Dich vor einem Mißgriff. Ich laß Dir den Bauch auf schlitzen, so wahr ich rin Sohn der Sonne bin. Hundert Pfund Gold, Gestein und Seidenstoffe, wenn ich zufrieden bin." Hvng-di erhob sich grinsend. Erst Blut, dann Gold, da war er dabei. Der Prinz konnte sich auf ihn verlassen. Dieser zweit- Awschlag auf Wang's Leben sollte besser ausgeführt werden als der erste. ' Fünfundzwanzigfies Capitel. Lange ehe der Mond über den Rand des Gräberthales blickte, hüllte sich Dhsia in ihren blauen Mantel und vertraute ihrer alten Dienerin an, sie wolle einen nächtlichen Gang zum Berge des weißen Schreckens wagen, um sich von der hundertjährigen Zaubersrau, die dort im Geisterwald« hauste, wahrsagen zu lassen. Zwei Tage müsse sie fort bleiben, doch das solle geheim gehalten werden. Die ihr blind ergebene Alte gelobte Ver schwiegenheit, wußte sie doch, daß nie mehr als drei Personen etwas davon erfahren durften, wenn es Zaubertränke brauen oder die Zukunft zu entschleiern galt. Dhsia sprach die Wahrheit: sie wollte allerdings die unweit der Straße gelegene Hütte der Zauberin aufsuchen und die Alte erforschen lassen, welche Gefahren ihrem Helden drohten. In nächtlichem Dunkel schritt sie unter den Riesenbäumen des kaiserlichen Parkes dahin. An dem mit dem Prinzen ver abredeten Orte harrte ihrer bereits die Sanfte, und lautlos, ini Laufschritt, ging es auf gewundenem Wakdpfavc bergauf, bergab bis an die steile Bergwand deS weißen Schreckens. Hier gebot sie ihren flinken Trägern zu halten und stieg aus der Sänfte. Wie wohl war ihr in der kühlen Nachtlvft in Waldeit- stille und Freiheit! Hier kannte sie Wege und Stege: den Felsen umgehend, gelangte sie an einen kleinen Waldsee, an dessen Ufer sie so oft mit ihrem Vater das Schilf zu den Matten geschnitten hatte. Vater und Mutter hatten es jetzt gut, sie wohnten in eigener Hütte an der Mauer der großen Stadt und sängen nicht mehr das krüb« Sied: „Es klingt des ganzen Leben» Zeit Das alte Lied von unflrem Leid. Es klingt, und wird allein nicht müd', Don uns'rem Leid, da» alte Lied." Weiße» Brvd Bananen und Rei»branntwein fehlten nie mehr auf ihrem Tische; aber Dhsia, Vie frohe Dhsia fehlte, deren Lachen ihnen einst das kärgliche Mahl so wohlschmeckend er scheinen ließ. Der Mond warf sein zitterndes Silberlicht durch das dichic Laubdach auf ihren Pfad, und bald gewahrte Dhsia einen röthlichen Schein. Er wies ihr den Weg zur elenden Wohnstätte der Hexe. Als sie in Vie Thür trat, sand sie das unheimliche Weib vor einem flackernden Feuer kauernd, über dem ein Kessel mir schwarzer Flüssigkeit siedete und brodelte. Die Alte warf unter fortwährendem Gemurmel Kräuter, Wurzeln, Maulivurfs- eingeweide, Flcdermausflügel, Krötenköpfe, Eidechsenschwänze und einen weißen Hundeschädel hinein. Die ekelhafte Brühe mit einem Dreizack eifrig rührend, nickke sie ihrer Besucherin zu als habe sie sie längst erwartet und sagte, ihren breiten, zahnlosen Mund zu einem scheußlichen Grinsen verziehend: „Ha, ha, Schönste der Schönen, Du willst wohl wissen, wie es dem einzig Einen ergehen wird? Im Dampf können wir das erkennen, sobald er sich gestaltet; dazu brauche ich Blut, rothes, warmes Mensckenblut!" Dhsia strich sich den seidenen Aermel auf und hielt ihr den weißen Arm hin. Die Hexe umklammerte ihr mit ihren dürren Fingern, ritzte die Haut mit einem Scherben utto fing das hcrvorquellende Blut in einer Muschelschale auf, die sie dann sammt ihrem kostbaren Inhalte in den Kessel warf. Aber sie ließ den Arm noch nicht los. Ihre Blicke hafteten gierig an dem schweren, mit Edelsteinen besetzten Goldreifen, der das feine Handgelenk umschloß. „Gold und Steine", zischelte die Alte, „Gold und Steine, dann wird das Bild klar und glänzend." Dhsia streifte die Spange ab und warf sie in den Kessel. Die Alte schürte Vas Feuer unablässig. Balo wogte rin dicker weißer Dampf über der Brühe. Dhsia sah nichts als gewöhnlichen Dampf. Die Hexe jedoch schien ein deutliches Bild wahrzunchmen, denn sie starrte mit wechselndem Ausdruck und offenbarem Staunen in den Qualm. „Was siehst Du?" fragte Dhsia gespannt. „Ich sehe ihn", sprach die Greisin, langsam und feierlich mit erhobenen Knochenhänven auf die weißen Dampfwolken deutend, „sehr ihn ftrigen, steigrn — schwanken — erblassen — sinken — sterben." Dhsia berührte angstvoll die magere Schulter der furchtbaren Akten, zog aber hie Hand gleich wieder erschreckt zurück, denn e- war kein menschlicher Körper, drn sie berührte, nur ein Geripp. „Wann? Me wird er sterben?" haucht« ff« bebend.
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