02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960812025
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896081202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-08
- Tag1896-08-12
- Monat1896-08
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MpMer TagMaü Anzeiger. Amtsblatt -es Lömglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die S gespaltene Petitzeile L0 Pfg. Reklamen unter dem R,dacttvn»strich >4ge- fpalten) 50^, vor den Familleauachrichteu (6 gespalten) 40 »L. Gröbere Schriften laut unserem Prei»- verjrichuitz. Tabellarischer und Zifsernsatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug «0.—, mit Postbrsörderung ^l 70.—. Ännahmeschluß fiir Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morge n-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Vei den Filialeu und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. >n»et«e« stad stets au die Expedition zu richten. Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig M. Mittwoch den 12. August 1896. Sv. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzia, 12. August. Gegen den Gouverneur von Kamerun Herrn von Putt- kamcr sind Anklagen wie die jetzigen im „Berl. Tagebl." schon in der NeichslagSsitzung vom 2. Juni d. I. von dem Abg. Beckh erhoben worden. Abg. Beckh sagte damals nach dem stenographischen Bericht: „Es ist bei der früheren Budgetdebatte in diesem Hause bereits darauf hingewiesen worden, daß mit den Mißbräuchen in der Colonialverwaltung, die wir leider erleben mußte», unbedingt aufgeräumt werden müsse, und es hat darauf der Herr Direktor der Colonialabtheilung erklärt, daß er in der Auswahl seiner Beamten von nun ab „sehr vorsichtig" sein werde, und daß er alle Pflichttreue dabei walten lasse. Ja, meine Herren, ich habe damals einige Borkommnisse berührt gehabt, die in unserer Colonie Kamerun vorgekommen waren, und insbesondere auch der Behandlung und beziehungsweise der Fort» ekelung des Herrn Rittmeisters von Stetten aus Kamerun erwähnt. Ich möchte bei dieser Gelegenheit bemerken, daß nach den Ausklärungen, die mir bezüglich der persönlichen Vorkommnisse seitdein geworden sind, der frühere Herr Gouverneur von Zimmerer nicht daran die Schuld trug, daß dec Herr Rittmeister von Stetten damals, wie ich sagte, fortgeekelt wurde, sondern sein Nachfolger, der auch jetzt noch dort ist. Ja, meine Herren, wenn da die Aus wahl eine so vortreffliche gewesen sein sollte, dann habe ich meine größten Bedenken bezüglich der Auswahl für andere Colonien. Es ist in Kamerun nicht der Fall, Laß Herr von Puitkamer, wie er sich rühmte, die Entlassung des Herrn von Stetten herbei geführt hat, sondern Herr von Stetten ist damals selbst gegangen, weil er es einem derartigen Gouverneur gegenüber nicht mehr für verträglich hielt mit seiner Ehre und Würde, zu bleiben. Wenn man also von tauglichen Beamten spricht, dann muß man sich auch sagen lassen, was mir in dieser Richtung erzählt wurde, daß der Herr Gouverneur während der Abwesenheit eines Beamten in dessen Wohnräume ge gangen ist und Alles hat durchstöbern lasten, wohl um etwaige Papiere in die Hand zu bekommen, daß er verschiedene Gegen stände sich dort aneignete, deren Besitz er nachher in Abrede stellte und nur auf zwingende Veranlassung theilweise hcrausgegeben hat. Ich könnte in dieser Beziehung noch mehr Einzelheiten sagen; ich will mich aber darauf beschränken, weil ich eben nur beweisen will, daß die Vorsicht des Herrn Direktor» der Colonialabtheilung zwar vorhanden gewesen sein wird, daß er aber in dieser Beziehung sich abermals etwas getäuscht haben mag. Bei der Auswahl unserer Beamten ist namentlich auch darauf zu sehen, daß die Gewohnheiten, welche in gewissen höheren Kreisen Platz gegriffen haben, besonders auch hier in Berlin, daß man den größeren Thcil der Geselligkeit in die Nächte hineinverlegt und sich bei Spirituosen amusirt, unter den Tropen nicht stattfinden läßt; denn daher kommt es, daß die betreffenden Herren, wenn sie einige Zeit in den Tropen ihrer alten Gewohnheit gehuldigt haben, sofort krank werden und nicht mehr fähig sind, die Verwaltung weiter zu führen. Tann müssen wir es erleben, wie wir es jetzt in den Zeitungen lesen, daß die Herren in den Leustchen Bädern herumkutschiren und die 30 000 welche für den Gouverneur beziehungsweise für den Landeshauptmann ausgeworsen werden, in solcher Weise zur Verwendung gelangen.".. Der Director der Colonialabtheilung Or. Kayser ant wortete hierauf nach dem stenographischen Bericht Folgendes: „Ich habe in Folge einer Störung nicht genau den Aenßerungen des Herrn Vorredner» folgen können, soweit sie sich auf den kaiserlichen Gouverneur von Puttkamer bezogen; ich bin also nicht in der Lage, diejenigen Anschuldigungen, die etwa von Seiten des Herrn Vorredners vorgekommen sein sollten, zu widerlegen." Ob Herr Dr. Kayser im Reichstage oder sonstwo, nachdem er den oben abgedruckten stenographischen Bericht gelesen, die An schuldigungen des Abg. Beckh widerlegt hat, wissen wir nicht. Ist es geschehen, so wäre es erwünscht, wenn er jetzt auf seine Widerlegung verwiese. Ist es nicht geschehen, so wird vr. Kayser das Versäumte wohl nachholen muffen. Denn Anschuldigungen wie die obigen können unmöglich ohne amtliche Zurückweisung bleiben. Würde der preußische Entwurf, betreffend die Organisation des Handwerks, zum Gesetz erhoben, so erhielte, wie die „Nat.-Lib.-Corr." ausführt, die alte Streitfrage: „Was ist Handwerksbetrieb, was ist Fabrikbetrieb?" wieder dauernde Bedeutung. H 82b des Entwurfs entbindet alle diejenigen von der Verpflichtung, der zukünftigen Zwangs- Innung beizutreten, welche ein Gewerbe, für das eine Innung errichtet wird, „fabrikmäßig" betreiben, dagegen setzt tz 82o die Beitrittsberechtigung für diese Personen fest. Eine Legaldefinition des Begriffs „Fabrik" giebt aber die neueste Gewerbeordnungs-Novelle ebensowenig, wie die früheren und der Grundtept der Gewerbeordnung. Die Begründung zu dem jetzigen Gesetzentwurf behauptet im allgemeinen Theü, daß dem Fehlen dieser Begriffsbestimmung eine erheblich: Bedeutung nicht beizumeffen sei, da die zweifelhaften Fälle weder zahlreich noch solcher Natur sein würden, „daß man Bedenken tragen müßte, ihre Entscheidung ohne gesetzliche Be griffsbestimmung der verständigen Beurtheilung der berufenen Behörden zu überlassen". Die Motive sind in dieser Hinsicht ganz nach dem Muster derjenigen zu den Novellen von 1878 und 1887 gearbeitet. Zur Erhärtung der Richtigkeit der in ihnen ver tretenen Anschauung ist das Ergebniß ver vorjährigen Stich- Proben-Erhebung augezogen, wonach in dem den 30. Thcil des Reichsgebiets umfassenden ErhebungSgebiet unter 61199 Fällen nur 58 constatirt wurden, in welchen es — der Erhebungsbehörde zweifelhaft war, ob der anHesprochene Betrieb ein handwerksmäßiger oder ein fabrikmäßiger sei, so daß also auf rund 1000 Betriebe nur 1 Fall kam. Der Verfasser der Motive hat aber ganz übersehen, daß es ein großer Unterschied ist, ob der besagte Zweifel zu be seitigen ist bei einer statistischen Erhebung, bei der es schließlich nur darauf ankommt, einen Fragebogen auszufüllen, oder bei der Zuteilung eines Betriebes zu einer Organisation, welche persönliche und finanzielle Lasten mit sich bringt, und ob die Lösung des Zweifels lediglich in das friedliche Ermessen des statistischen Amts gestellt wird oder den Gegen stand eines proccssualisckien Verfahrens bilden kann. In Geldsachen hört bekanntlich die Gemüthlichkeit auf, und wir sind überzeugt, Laß die erwähnten 58 Fälle rasch eine Ver vielfältigung erfahren hätten, wenn statt des statistischen Fragebogens ein Zuschlag zur Gewerbesteuer für Jnnungszwecke in Betracht gekommen wäre. Der aus der Slichproben-Enquete hergenommene Satz von 1 pro Mille für die zweifeldaften Fälle ist demnach nicht im Mindesten beweiskräftig. Für die Größe der Schwierigkeiten, die sich aus der Frage, ob Handwerksbetrieb, ob Fabrikbetrieb ergeben, wird der beste Beweis geliefert durch eine andere Stelle in den Motiven. In der Begründung zu dem 8 83e wird die Ueberweisung der Entscheidung dieser Frage an die Verwaltungsbehörden anstatt — wie es der civilrechtlichen Natur der Ansprüche einer Innung auf Bei tragsleistungen entsprechen würde — an die ordentlichen Gerichte mit dem Hinweis auf die „bedenkliche Rechts unsicherheit" motivirt, welche sich aus der "Rechtsprechung hinsichtlich der jetzigen W 100s und 100k ergeben habe. Diese Paragraphen sprechen von der Ausdehnung der Reckte, bezw. Vorrechte der Innungen auf außerhalb der Innung stehende Personen, namentlich von der Heranziehung solcher zu den Kosten der Innung. Hier handelte es sich in der Regel um die versuchte Heranziehung von Fabrikbesitzern, die auf Grund des H 100 m von der Beitragspflicht aus ¬ drücklich auSjzcnommen sind. Ein Dutzend Entscheidungen des Reichsgerichts, in welchen die Feststellung der Merkmale des Fabrikbetriebes eine Rolle spielte, haben es nicht fertig bringen können, daß die Streitfrage: „Handwerk oder Fabrik?" auS der Welt geschafft wurde. Mit Recht be zeichnet daher ein so gewiegter Kenner unserer Gewerbe gesetzgebung wie der jetzige baherische Minister von Land mann die Annahme, daß die Anwendung des Begriffs „Fabrik" in der Praxis keine Zweifel erregen werde, als eine „optimistische Auffassung". Und dabei bandelt es sich bei den 88 100« und 100k nur um ausnahmsweise den Innungen verliehene Befugnisse! Die „Rechtsnnsicherheit" soll jetzt durch die Praxis der Verwaltungöbedörcen beseitigt werden. Wir be zweifeln, daß die dabei Betheiligten von diesem Wechsel erbaut sein werden, denn im Allgemeinen bezeigt das Publicum doch mehr Ver trauen zu dem Ürtheilsspruch eines Gerichts, als zu der Entscheidung einer Verwaltungsbehörde, wenn beide auch in der Hauptsache auf vas Urtheil von Sachverständigen an gewiesen sind. Darüber wird man sich aber keinem Zweifel hingeben dürfen, daß als erste Folge der Errichtung allge meiner ZwangSinnungcn auf der Grenze zwischen Handwerk und Fabrik ein Krieg entbrennen würde, der die bisherigen Streitigkeiten nur als leichtes Geplänkel erscheinen ließe. Zum Besuch des russischen Kaisers in Deutschland und Frankreich schreiben die „Hamb. Nachr": „Die „Voss. Ztg." vertritt in einer Besprechung des russischen Kaiserpaares die Ansicht: bei einem so förmlichen Besuch, wie es der erste eines regierenden Fürsten ist, sei die Platzsrage nicht be langlos und es könne die Reichshauptstadt nicht Lurch eine andere Stadt ersetzt werden. Gerade weil der Zar nach Wien und später nach Paris gehe, dürfe man seinen Besuch auch in Berlin erwarten. Wenn der Zar von Breslau nach Kopenhagen und England reisen wollte, um über Paris nach Darmstadt zu gehen, so würde ihn der Weg nur bequem über Berlin führen. Wenn er Berlin gleichwohl miede, so müßte diese Thatsache, so wenig sie auch eine Zurücksetzung Deutschlands bedeuten sollte, in Frankreich als solche aufgesaßt und ausgebeutet werden. Diese Ansichten des Vossischen Blattes werden vielfach getheilt werden, um so mehr, als man sich erinnern wird, daß Kaiser Wilhelm es im Jahre 1888, als er kaum einige Wochen zur Regierung gelangt war, für seine Aufgabe Hielt, den ersten Besuch, den er als Kaiser machte, dem russischen Zaren in ganz feier licher Form und in Begleitung Les Prinzen Heinrich in der russischen Residenz abzustatten. Er reifte mit einer Kriegsflotte nach Kronstadt, wo 40 russische Kriegsschiffe in Paradestellung und festlich geschmückt ihn erwarteten. Von dort begab er sich nach erfolgter Begrüßung mit dem Zaren auf der russischen Kaiseryacht nach St. Petersburg, wo er an der Landungsbrücke von der Kaiserin willkommen geheißen wurde. Tags darauf besuchte er das Grab Alexander II„ Abends das Lager von Krasnoje-Sselo. Am folgenden Tage wohnte er einer Parade über 60 Bataillone, 50 Escadrons und 170 Geschütze bei. Bei dem Festmahle am Hofe wurden von den beiden Monarchen die Trinksvrüche auf das gegenseifige Wohl ausgebracht und nachdem Kaiser Wilhelm den Zaren nebst Gemahlin aus der „Hohenzollcrn" bewirthet, sowie mit ihnen eine Umfahrt nm das deutsche Geschwader gemacht hatte, ver abschiedete er sich und segelte unter dem Salut der russischen Flotte und aller Forts wieder ab. Ein Unterschied zwischen dem damaligen deutschen Besuche und der Ansage zu den schlesischen Manövern besteht ohne Frage. Aber daß sich darin eine Zurücksetzung Deutschlands ausdrücken soll, glauben wir nicht; es ist ja überdies noch möglich, daß der Zar auch noch nach Berlin geht." Wenn das Letztere, was auch wir nicht für ausgeschlossen halten mochten, der Fall wäre, so wären alle Bedenken erledigt. Bleibt es aber bei der Zusammenkunft anläßlich der Kaisermanöver in Schlesien und bei dem Besuch in Paris, so wird dies — hierin stimmen unsere gestrigen Ausführungen mit der Auffassung der „Voss. Ztg." vollkommen überein — in Frankreich ohne Zweifel als eine dem treuen Verbündeten jenseits des Rheins zu Liebe inscenirte Zurücksetzung Deutsch lands aufgesaßt und gründlichst fructisicirt werden. Darüber kann man sich doch auch in Petersburg keinerlei Täuschung hingeben. — Die „Köln. Volksztg." warnt vor zu großem Optimismus und erinnert daran, daß der verstorbene Zar nicht zu bewegen war, Frankreich zu besuchen. Wie sie aus bester Quelle wisse, sagte der Verstorbene, wenn ibm solche Pläne angedeutet wurden, mehrmals, „mein Besuch in Paris würde die Ansage des Krieges bedeuten", oder er wäre nur denkbar alH Ratification ganz bestimmter Abmachungen. In letzterem Sinne werde der Zarcnbesuch in Paris aufgefaßt. Die „Köln. Volksztg." versickert ferner, es unterliege keinem Zweifel, daß sich augenblicklich eine leb hafte Bewegung in der deutschen Diplomatie zeige, die ebenso sehr durch die Zarenreise nach Frankreich als durch die Wirren auf Kreta veranlaßt sei. Nachdem England in dcrLrieiitfragc sich von den übrigen Großmäckten abgesondert und, dem von Oesterreich-Ungarn ge machten Plan einer Blockade Kretas gegenüber ablehnend gezeigt hat, ist die Action der Botschafter nach dieser Richtung hin ins Stocken gerathen und sie wird auch nicht so balv wieder in Gang kommen, wenn England nicht noch einlenkt. Darauf ist vorerst nicht zu hoffen. An der Themse setzt man sich aufs hohe Pferd, indem man betont, daß England in Folge seiner überlegenen Machtstellung im Mittelmeere in Bezug auf das Verhalten der Mächte gegenüber Kreta und Griechenland eine Ausschlag gebende Stimme beanspruchen dürfte, ähnlich wie Rußland mit Bezug auf die kleinasiatischen Provinzen der Türkei infolge der über legenen russischen Machtmittel zu Lande. Diesen Einfluß werde Lord Salisbury in einer zur Hebung des eng lischen Prestige geeigneten Weise im Interesse der Ruhe und des Friedens zu benützen verstehen. Daß aber die Aus übung dieses englischen Einflusses zu Differenzen unter den Mächten oder gar zu separaten Schritten einzelner Mächte führen könnte, gelte für ausgeschlossen, da gewiß keine der Regierungen den Conflict, ver alsdann unvermeidlich wäre, keraufbeschwörcn mochte. Das beißt natürlich nur: wollen die übrigen Großmächte England an ihrer Seite sehen, so mögen sie ihm zur Hebung seines Prestiges irgend einen großen Vortbeil im Mittelmeer, etwa durch die Auslieferung Egyptens oder Kretas selbst, sgewähren; dann wird England auch mit sich reden lassen und mitthun, wie die anderen wollen. Also wieder nur zu einem HandelSgesckäfr, bei welchem es allein den ganzen Vortheil einheimst, ist Eng land bereit; dafür will es Rußland großmiitbig die klein asiatischen Provinzen überlassen, d. h. ibm bei der Ordnung ter dortigen total verworrenen und verfabrenen Verhältnisse die Hände binden, damit cs nicht Zeit findet, seine für Eng land so bedenklichen ostasiatischen Pläne weiter zu verfolgen. Daß Rußland und Frankreich nickt daran denken, England sein „Prestige" auf diese Weise im Mittel meer „heben" zu lassen, ist gewiß, und so müssen schon Mittel und Wege gefunden werden, die Türkei, Kreta und Griechenland auch ohne England zur Raison zu bringen. Mittlerweile gestalten sich die Verhältnisse auf Kreta und in Makedonien immer trostloser. Die griechische Regierung ist außer Stande, die Bewegung in Griechenland zu Gunsten der Aufständischen in Schranken zu halten. Selbst zahlreiche Ofsiciere haben sich nach Kreta begeben, um gegen die Mobamedaner zu fechten. Fällt der eine oder der andere von ihnen in türkische Hände und wird als Rebell standrechtlich Herrrlleton. Zim Pinkerton und ich. Roman von R. L. Stevenson und Lloyd Osbourne. 39j Autorisirte Bearbeitung von B. Kätscher. Nachdruck »erboten. „Ach das arme Ding!" meinte Cartbew. „Wir können eS doch nicht hier verhungern lassen. Es war Eigenthum meines Vorgängers." Er nahm das Tbierchen sammt dem Käsig mit. Außer halb des Felsenriffes lag ein häßliches Ungetbüm von modernem Kriegsschiff, während innerhalb ein großes Weißes Boot daherglitt und immer näher kam. Die Flagge flatterte am Heck. „Noch Eins!" sagte Kirknp. „Sie, Mac, waren ja in China und können daher für sich sprechen. Sie Anderen wollen sich merken, daß ich Sie während unsere- Aufenthaltes in Honkong nickt anS Land steigen ließ. Diese kleine Noth- lüge kann uns unter Umständen zu statten kommen." Nach dem er abermals in die Richtung des Ruderboots geblickt, setzte er leise hinzu: „Glücklicherweise haben sie nur ein Kadettchen hergeschickt." Laut aber rief er: „Heda, Hardy, gehen Sie auf Ihren Platz! Ich kann auf meiner Schanze keinen Teckarbeiter dulden!" Dieser auf das Doot berechnete Tadel feuerte die Leute zum Mulhsaffen an und wirkte belebend wie ein kaltes Gieß bad. AIS das Boot bielt, stieg der jugendliche Ossicier an Bord der „Fliegenden Lerche", wo der Capitain ihn achtungs voll begrüßte. „Befehligen Sie dieses Schiff?" fragte ver junge Mensch. „Ja, mein Herr! Mein Name ist Trent und wir kommen auS Hüll." „Sie scheinen in einer Patsche zu sein!" „Bitte, bemühen Sie sich mit mir nach hinten und ich will Ihnen alles genau erzählen." „Aber Sie zittern ja heftig, Capitain!" „In der gleichen Lage würden Sie vielleicht ebenfalls zittern", entgegnete der Capitain und begann die Erzählung der ganzen ausgeklügelten Geschichte von dem seichten Wasser stand, der langen Windstillerer Boe aus Nordnordwesthalbwest, den ertrunkenen Matrosen u. s. w. Er sprach ängstlich und hastig, wie eia Verbrecher auf der Anklagebank. ES war genau dieselbe Geschichte, die er kurz darauf.in einem Wirths- baus in San Francisco erzählte und die mich seines äußeren Gehabens wegen mit Verdacht erfüllte. Ter junge Cadett jedoch, der offenbar kein Beobachter war, sagte bloS: „Mein Capitain hat riesige Eile; dennoch beauftragte er mich. Ihnen jede mögliche Hilfe angedeiben zu lasten. Nötigenfalls will er sogar noch ein Boot hersenden. Was kann ich also für Sie thun?" „Uns mitnehmen, und wir werden Sie nickt lange auf halten, da wir so ziemlich fertig sind. Die Truhen, den Chronometer und die Papiere haben wir schon vorbereitet." „Wollen Sie Ihr Schiff denn verlassen? Es scheint mir eine günstige Lage zn haben und wir könnten es Ihnen wahrscheinlich flott machen." „Zweifellos; aber wir könnten eS nicht schwimmend er hallen, denn der Bug ist eingestoßen." Der noch bartlose Ossicier errötbete verlegen. Er wußte, daß er nichts verstehe und fürchtete, sich zu blamiren. Daß der Capitain ihn täuschen wolle, daran dachte er nicht. WarS dem Herrn deS Schiffes recht, dieses im Stich zu lasten, so brauchte gewiß Niemand etwas dagegen zu haben. Demgemäß ersuchte er den vermeintlichen Trent, seine Sieben sachen an Bord schaffen zu lassen. „Herr Goddedaal!" rief der Capitain. „Die Leute sollen die Truhen aufs Boot bringen!" Dieser willkommene Befehl klang wie Sphärenmusik in den Obren der vier Ungeduldigen, die wie auf Nadeln ge sessen batten. Hadden brach sogar in Freudenthränen auS und schluchzte laut bei der Arbeit, die recht schnell vor sich ging. Binnen fünf Minuten waren die Truhen, die Bündel und die Personen im Boot und dieses konnte abgestoßen werden. So weit war man also glücklich gekommen. Da» angebliche Wrack blieb ununtersucht und man entfernte sich lmmer mehr von seinem langen Schatten und seinen gravirenden Beweisen. Allein die Gefahr war noch lange nicht gänzlich beseitigt; daS Kriegsschiff konnte noch immer ein Gefängniß für die Unglücklichen werden, so lange sie nicht wußten, woher r« kam und wohin eS ging. Die Ungewißheit lastete auf ihnen wie ein Alpdruck. Wick'S wollte Sicherheit haben und fragte daher: „Wie heißt Ihr Dampfer, mein Herr?" „Sturm", antwortete daS Officierchen. „Und der Bestimmungsort?" „Wir laufen all die elenden Inseln auf dieser Strecke an, um Schiffbrüchigen zu helfen, hernach wollen wir uns in San Francisco zeigen." „Aha! Sie kommen also aus China, wie wir?" „Hongkong!" erwiderte der Jüngling und spie ins Wasser. Hongkong! Tann waren die Mörder verloren! Voraus sichtlich würden sie an Bord des „Sturm" sofort verhaftet werden. Man würde die „Fliegende Lerche" untersuchen, vielleicht sogar die Lagune baggern und die Leichen als Be lastungszeugen zu Tage fördern. Cartbew nahm sich vor, beim Landen ins Meer zu springen. Es schien ihm unnütz, sich noch länger zu verstellen, noch länger mit der unvermeid lichen Schande zu tändeln. Wicks selbst war todesbleich und seine Stimme hatte sich fast bis zur Unkenntlichkeit verändert. Ein intelligenterer Ossicier hätte starken Verdacht schöpfen müssen. Der Cadett hielt jedoch offenbar Alles nur für Zeichen einer normalen Aufregung. Der Capitaiu spielte, um endlich vollste Gewißheit zu erlangen, einen letzten Trumpf auS, indem er fragte: »Hongkong ist ein netter Ort, finden Sie nicht?" „Ich kann's wirklich nicht genau sagen, denn wir hielten unS nur einen Tag dort auf und ich hatte keine Zeit, mich umzutbun." Nun hatten sie die freudige Gewißheit, daß ihnen auf dem Kriegsschiff keine Gefahr drohe. Sie atbmeten tief aus, gaben sich angenehmen Gedanken hin und hofften im Stillen, daß ihnen, wenn sie in San Francisco vorsichtig seien, auch dort nickt» zustoßen werde. Dann könnten sie nach wenigen Tagen Aufenthalt daselbst wieder als Kirkup, Carthew, Hadden und Amalu nach Sydney zurückkehren, waren über jeden Verdacht erhaben, hatten nie von der „Fliegenden Lerche" gehört oder die Midway-Jnsel gesehen. Halbtränmend erreichten sie daS Kriegsschiff mit seinen hervorstehenden Kanonenschlünden und stiegen an Bord, von vielen neugierig gereckten Hälsen umgeben. Halbblind be trachteten sie die schlanken Spieren, die Weißen Verdecke und da» lebhafte Treiben. Halbtaub hörten sie, was die Leute zn ihnen sprachen. Schon nach zwei Minuten legte Jemanv von hinten die Hand auf Chartew'S Schulter und sagt«: „Ei, Du hier, lieber NorriS? Wo hast Du denn so lange gesteckt, alter Junge? Alle Welt hat Dick gesucht. Weißt Du denn nicht, daß Du jetzt MajoratSherr bist?" Der Angesprochene drehte sich nach dem Sprecher um, erkannte in ibm seinen Schulkameraden Sebright, und — fiel vor Schreck in Ohnmacht. Lieutenant Sebright ließ ihn in seine Cajüte bringen, wo der Cchiffsarzt um ihn be schäftigt war, bis er zu sich kani. Als er die Augen öffnete und einem fremden Herrn ins Gesicht sah, sagte er geistes abwesend: „Brown muß ebenfalls dran, jetzt oder nie." Er hielt inne, das Bewußtsein kehrte ihm zurück und er fuhr unruhig fort: „Was habe ick gesagt? Wo bin ich? Der sind Sie?" „Ich bin der Arzt des „Sturm" und Sie befinden sich in der Cajüte deS Lieutenants Sebrigbt. Seien Sie getrost und beruhigt, Ihre Verlegenheiten sind vorbei, Herr Chartew." „Warum nennen Sie mich so? .... O, ick erinnere mich, Sebrigbt kennt mich ja. O, o!" Er stöhnte und bebte. „Bitte, schicken Sie Wicks sofort zu mir; ich muß mit ihm sprechen." „Unter der Bedingung, daß Sie diese Medicin hier ver schlucken, will ich hinausgeben und Ihnen Wicks schicken." Und der Toctor gab dem Patienten ein Opiat, das ihn binnen fünf Minuten cinschlaferte und davor bewahrte, den Verstand zu verlieren. Zunächst begab sich der Arzt zu Mac, um nach dessen Arm zu sehen und ergriff die Gelegenheit, sich die falschen Namen der Geretteten wiederholen zu lassen. Dann wendete er sich an den Capitain, dessen Aussehen durch das Gefühl der Sicherheit, eine tüchtige Mahlzeit und ein GlaS guten GrogS verändert war und dessen Wachsamkeit nachgelassen hatte. „Wann haben Sie sich verletzt?" fragte Or. Urquart. „Vor mehr als einer Woche", antwortete Wicks, dabei lediglich an sein Schiffsjournal denkend. „Oho! Wann? Besinnen Sie sich genauer!" „Ich weiß nicht mehr bestimmt . . . lautete die ge stotterte Entgegnung. Der Verdacht des Arztes vervierfachte sich angesichts dieser für ihn handgreiflichen Lüge. Er ließ sich aber nichts anmerken, sondern fragte nur leichtbin: propos, welcher von Ihren Leuten beißt Wicks?" „WaS bedeutet dies?" rief er jäh erbleichend und nach Luft schnappend. „Sehr einfach, daß ich wissen möchte, wer Wicks ist. DaS ist doch wahrlich eine sehr einfache Frage." Ter arme Capitain starrte den Doctor schweigend an. „Und wer ist Brown?" „Wovon reden Sie? Worauf wollen Sie hinaus?" schrie Wicks in hochgradiger Aufregung
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