01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-08
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960708014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896070801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896070801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-07
- Tag1896-07-08
- Monat1896-07
- Jahr1896
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Di« Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um b Uhr. BezugS-Pret- dl d« Hauptexpedition oder den im Stadt- b«irk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins VauS S.bä Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich S.—. Direkte tägliche Kreuzbandieudung tu» Ausland: monatlich 7.50. Redaktion »nd Expedition: JohanueSgaffe 8. Di«Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ttt« Klemm s Sortim. (Alfred Hahn). Uviversitätsftraße 3 lPaulinum), Louis Lösche. Kathannenstr. 14, pari, und Königsvlatz 7. ^-342. Morgen-Ausgabe. WpMer TagMM Anzeigen'Prai- die S gespaltene Petitzeilr LV Reklamen unter dem RedactionSstrtch (4 ge spalten) 50^, vor den Faizzisiennachrichten (tt gespaste«) 40^. Größere Schriften laut unserem P«is» perzeichuiß. Tab^ltarijcher u>ch Aisserusah mich höherem La«f. Er»m»-Vrf>a,cn (gefalzt), UW» mts der Morgen - Ausgabe, ohne Poftdefördrrnng -K W.---. «'» Postdeföödopuuq . Anzeiger. Äuüsökatt des Königlichen Land- «nd Ämtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Nokizei-Äintes -er Ltadt Leipzig, Mittwoch den 8. Juli 1896. Annahmeschluß far Adrigen, GH(«h,All»Me: PgsWttütz- W Utz» M«rg*a»Ausg«tze: PqchmiNast4 4Utz» voi hart Fjssalen uph AnpahMstöstv ft hasb« Ssunda frsttzs?. Anzeigen find stets au di« Gtztzetitign zu richten. Dryck und Verlag rwq E- P»lh ia Leinzig W. Jahrgang. Was ist unlauterer Wettbewerb und was nicht ? Bon vr. jur. W. Brandts, Berlin )V. Nachdruck verbot«!. II. Nur, wenn über die gestern erwähnten acht Punkte von einem Geschäftsmann unwahre Angaben gemacht sind, macht er sich strafbar, und zwar auch nur dann, wenn er die unwahren Angaben wider besseres Wissen in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots bervorzurufen, gemacht hat. Bei der ersten Zuwiderhandlung wird nur aus Geldstrafe bis zu 1500 erkannt, bei der zweiten Bestrafung kann neben oder statt der Geldstrafe auf Haft oder gar Ge- fängniß bis zu sechs Monaten erkannt werden. Die un wahren Angaben brauchen in allen Fällen nicht in Worten gemacht zu sein, sondern es genügen auch „bildliche Dar stellungen und sonstige Veranstaltungen", die darauf berechnet und geeignet sind, wörtliche Angaben zu ersetzen. Hierher würde zum Beispiel gehören die Abbildung von als vorzüg lich bekannten Arbeitsgeräts»«», die aber bei Herstellung der Waare gar nicht benutzt sind, oder die Abbildung von Fabrik anlagen, während der Geschäfts-Inhaber gar keine Fabrik betreibt, sondern die Waaren fertig kauft, oder di: An bringung eines Fabrikgebäudes mit der Inschrift der Firma eines berühmten Producenten auf den Circularen eines Kaufmannes, der gar nicht von jener berühmten und theuren Firma, sondern aus einer billigeren Quelle seine Waaren bezieht. Der Begriff des unlauteren Wettbewerbs ist aber über jene acht Fälle hinaus, welche die Regierungsvorlage nur ent hielt, vom Reichstage ausgedehnt und zwar auf unwahre lhatsächliche Mitthellungen über alle geschäftlichen Ver hältnisse, insofern dieselben geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots Hervorzurusen. Hierher würden z. B. fallen unwahre Angaben über die Menge der vorhandenen Vorräthe, z. B. 1000 Sommerüberzieher vorräthig, über Vie Größe der Auswahl, z. B. 20 verschiedene Sorten sind auf Lager, über das Gründungsjahr des Geschäfts, über die Ausdehnung, den Umfang und den Absatz eines Geschäftes, über die Zahl der Zweigniederlassungen, den Besitz von Dank- und Empfehlungsschreiben, Aner kennungsattesten, über die Größe der Auflage oder die Verbreitung von Zeitungen oder Druckschriften u. s. w. Falsche Angaben über diese Puncte machen, auch wenn sie wissentlich unwahr und zu wiederholten Malen abgegeben sind, nicht strafbar, sondern verpflichten nur zur Unter lassung und zu Schadenersatz. In den oben besonders auf gezählten acht Fällen der unlauteren Reklame tritt eine Be strafung ein, wenn die Angaben wissentlich unwahr sind. Lag nur ein Irrthum des Geschäftsmannes vor, so kann auch in jenen Fällen nur auf Unterlassung der unwahren An gaben eventuell auf Schadenersatz geklagt werden. Hervor zuheben ist aber, daß er schadenersatzpflichtig niemals wird, wenn er in gutem Glauben gehandelt Hal und ihm nicht vor geworfen werden kann, daß er bei Anwendung der erforder lichen Sorgfalt die wahre Sachlage kennen mußte. Biel gefürchtet ist das Gesetz von den Hanblungsreisenden, aber wohl aus Mißverständlich, denn unwahre Angaben, die der Reisende zur Empfehlung der Waaren den Kunden gegen über macht, fallen nicht unter daö Gesetz, sondern es bleibt bei dem geltenden Recht betreffs Lieferung nicht vertrags mäßiger Waaren. Der Angestellte eines Geschäfts unter ¬ liegt der Haftpflicht und den Strafen des neuen Gesetzes nur dann, wenn er seinerseits bei der öffentlichen Ver breitung der unwahren Angaben, deren Unwahrheit er kannte, oder kennen mußte, mitwirkte. Der Angestellte wird also die Befolgung der Anordnung verweigert, dürfen und zur sofor tigen Aufhebung des Dienstverhältnisses berechtigt sein. Da das Gesetz den unlauteren Wettbewerb nur in den von ihm aufgesührten Erscheinungsformen bekämpft, so leuchtet ein, daß es auf dem Gebiete der unlauteren Reclame immer hin noch Fälle geben wird, welche jenseits des Gesetzes liegen. Ich erinnere z. B. daran, daß die französischen Gerichte auf Schadenersatz wegen coueurrvueo llslo^aw erkannt haben, wenn Jemand in einer Straße gegenüber einem Hotel oder einem Kaufladen ein Haus erwirbt und mit ganz gleichem Anstrich und sonstiger Ausschmückung versieht, wie das gegenüberliegende Haus, in der zweifellosen Absicht, Kauf lustige bezw. Fremde zu täuschen, oder wenn in der Markt halle Jemand den beliebten Verkäufer oder die gewandte Ver käuferin eines Concurrenzgeschäftes durch Anbieten höheren Lohnes diesem abspenstig gemacht hat, um die Kunden durch die Täuschung, sie kauften in dem allen Geschäft, anzulocken. Selbst im Falle wahrer Angaben haben die französischen Gerichte einen unlauteren Wettbewerb angenommen, so z. B. wenn Jemand, der lange Zeit Angestellter eines berühmten Geschäfts gewesen, sich niederläßt und, um die Kunden seines bisherigen Principals anzulocken, in seinen Reklamen als dessen langjährigen Geschäftsführer rc. bezeichnet. Von Re klamen betreffs der Persönlichkeit des Geschäftsinhabers schweigt das neue Gesetz überhaupt, so daß also auch z. B. die un wahre Angabe „durch langjährigen Aufenthalt an einer be rühmten Productionsstätte mit der Sache genau vertraut zu sein", nicht unter das Gesetz fallen wird. Die nächst der unwahren Reclame wichtigste Gruppe des unlauteren Wettbewerbs im Sinne des Gesetzes ist das Schlechtmachen eines Concurrenten, und zwar nicht nur seiner Person, sondern auch seines Geschäftsbetriebes, seiner Waaren oder Leistungen. Allgemeine Urtheile über ein fremdes Geschäft, z. B.: Die Waaren der Firma N. N. sind nicht prima, sind so lange erlaubt, wie sie nicht Behauptungen thalsächlicher Art enthalten. Die Bedeutung der Neuerung besteht darin, daß, während bisher nur der Geschästscredit, und dieser nur gegen Verleumdung wider besseres Wissen, geschützt war, daö neue Gesetz die gesammte Geschästsehre und zwar gegen jedwede nicht erweislich wahre Behauptung schützt. Wer eine nachtheilige Aeußerung über das Geschäft eines Concurrenten, oder wenn es auch kein eigener Concurrent ist, eine nachtheilige Aeußerung über ein Geschäft zu Gunsten eines Concurrenten macht, ist zu Schadenersatz verpflichtet, wenn er seine Behauptung nicht beweisen kann. Daß er selbst die Behauptung für wahr hielt, befreit ihn nicht. Ge schah die Aeußerung wider besseres Wissen, so tritt Geld-, ev. Gefängnißftrafe ein. Wer ohne geschäftliche Rücksichten, also nicht zum Zwecke deS Wettbewerbs, derartige schädigende Behauptungen aus stellt, unterliegt dem Gesetze nicht. Dies gilt auch von der Auskunftsertheilung, die andernfalls so gefährlich würde, daß Niemand, wenigstens nicht mehr aus Gefällig keit, sich dazu herbeilassen würde. Auch betreffs der geschäfts mäßigen Auskunft bleibt cs bei dem geltenden Recht. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dürfen Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge, auch wenn sie ihnen nicht besonders anvertraut, sondern nur zugänglich geworden sind, anderen Personen nicht zum Zwecke des Wettbewerbs oder in der Absicht, den Geschäftsinhabern zu schaden, mittheilen. Die Pflickt endet mit dem Schluffe des Dienstverbältnisses. Mit- theiluugen, die weder in der einen noch in der anderen Ab sicht geschehen, fallen nicht unter das Gesetz. Strafbar ist auch, wer es unternimmt, einen Angestellten zu solchem Ver- rath zu verleiten, und wer den Verratb des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zum Zwecke deS Wettbewerbs unbefugt verwerthet oder weiter mittheilt. Sehr erwünscht ist die geschehene Ausdehnung des be stehenden Schutzes der Firmen aus Namen, wie sie Kauf geschäfte, Hotels u. s. w. sich beilegen, sowie auch Titel von Druckschriften u. s. w. Die Bezeichnung „Goldene NO" z. B. für einen Verkaussladen, „Zum Deutschen Kaiser" für ein Hotel, wird in Zukunft für die betreffende Stadt geschützt sein, der Titel einer Zeitung oder eines Buches, z. B. „Struwelpeter", „Bädeker", für ganz Deutschland. Hierin wird auch daö Markensckutzgesetz ergänzt, da dieses nur Namen für bestimmte Waaren schützt. Namen, die bereits zu Gattungsbegriffen geworden sind, wie Bazar oder Stehbierhalle, darf natürlich jeder seinem Geschäft beilegen. Schließlich ist noch die Ouantitätsverschleierung zu erwähnen. In diesem Puncte ist das Gesetz nocb unvoll kommen, der Bundesrath muß erst noch bestimmen, welche Waaren nur in einer bestimmten Zahl, Länge, (in Aussicht genommen sind nach den Motiven z. B. Nähnadeln, Bind faden, Zwirn) oder Gewicht (Strickgarne, Seife) oder mit einer auf der Waarr oder ihrer Ausmachung anzubringenden Angabe über Zahl, Länge oder Gewicht, verkauft werden dürfen. Auch ist bis jetzt noch nicht bestimmt, daß im Bier handel die Flaschen oder Krüge mit Angabe des Inhaltes versehen werden müssen. Ueberblicken wir das Ganze, so werden wir sagen müssen, daß eine Antwort auf die Frage, was im einzelnen Falle unlauterer Wettbewerb sei, von den Gerichten vermöge ihrer Stellung zwar ausgesprochen, in Wahrheit aber von den betheiligten gewerblichen Kreisen, und zwar von deren besseren und verständigeren Elementen, gegeben werden wird. Denn ich kalte es für ausgeschlossen, daß die Gerichte ohne Anhören angesehener Vertreter der betreffenden Gewerbe ihre Entscheidung treffen werden, es sei denn ein ganz offen sichtlicher Fall des unlauteren Wettbewerbes. In solcher Weise kann daS Gesetz zum Segen werden, indem eS der ehrlichen Geschäftswelt denjenigen Schutz verschafft, den sie selbst als erforderlich erkennt. Deutsches Reich. K. Berlin, 7. Juli. Vor einigen Monaten war anläß lich eines Aufsatzes des früheren Ministers Herrfurth die Frage lebhaft erörtert worden, ob eine allgemeine Wahl pflicht als Correlat zum allgemeinen Wahlrecht einzu führen sei. Die Frage wurde im Allgemeinen verneint und nicht mit Unrecht, denn neben anderen Gründen kann man auch als Analogon die moderne Strafgesetzgebung ansehen, die Vergehen gegen die eigene Person, wie den Selbstmord, nicht bestraft wissen will. Auch kierbei handelt es sich um den Verzicht ans ein persönliches Recht, durch dessen Nicht ausübung man vor allen Dingen sich selbst eines Vortheils beraubt. Ein Anderes ist es aber mit der Wahlpflicht des Wahlmannes in Staaten mit indirektem Wahlreckt, wie Preußen, Bayern, Baden und nun auch Sachfen. Denn der Wahlmann ist der Beauftragte seiner Wählerschaft; wenn er vo: seinem Mandate, einen Abgeordneten ;n wählen, nicht Gebrauch macht, Zo macht er dadurch eine Anzahl von Stimmen hiw fällig, Stimmen, die für ihn in der Absicht abgegeben worden sind, daß ein gewisses Wahlresnftat erzielt werde. Es liegt also hier ein grober Vertranensmißbranch^ eine arg? Pflicht verletzung vor. Wir werd?» zu dieser Betrachtung angeregt durch di? in der vorigen. Woche stattgehabte Ersatzwahl in dem preußischen Lgndiqgsw-HUreise Pr.-Stgxgard. -Hier ist der polnische Ca.ndidgt mit einer Mehrheit von 4 Glimmen gewählt wordeiz; gefehlt haben 8 deutsche, 2 polnische Wahlmänner. Wären also aste Wahlmänner zur Stell? gewesen, jo hätte der deutsche Bewerber mit einer Mehrheit von 2 Stimmen gesiegt- Es ist also durch die Pflichtvergessenheit der Wahlmänner der Wille der Wählerschast direkt vereitelt worden- Ein noch krasserer Fall ist uns aus den siebziger Jahren bekannt. In einest Wahl kreise der Provinz Posen waren nach vorläufiger Schätzung zwei deutsche Wahlmänner mehr, als polnstche gewählt worden. Ein alter bequemer Gymuasialoberlehxer fuhr nicht zum Wahlorte, weil ja doch noch immer eine deutsche Stimme mehr vorhanden sei, ein für deutsch gesinnt gehaltener Wahl mann trat zu den Polen über und so wurde» drei Polen in Len Landtag gewählt. Angesichts solcher Eventualitäten ist es eine ernsthaft zu erwägende Frage, ob nicht in Staaten mit indirectem Wahlrecht eine Wahlpflicht der Wahlmänner eingeführt werden soll mit Strafbestimmungen für Wahl männer, die ohne absolut zwingenden Grund fehlen. Denn das Recht der Wähler, ihren durch die Wahl eines Wahl mannes kundgegebenen Willen, an der Gestaltung der Volks vertretung, wenn auch nur auf indirectem Wegs, theilzunehmeu, muß gewahrt werden, wenn man nicht eine Unlust der Wähler, sich am politischen Leben zu betheiligen, Hervorrufen will. Wir haben den Fall in Pr.-Stargard nur zu Liesen staatsrechtlichen Ausführungen benutzen wollen, Leun für das Verfahren deutscher Wahlmänner, die in einem so zweifel haften Wahlkreise ihren Auftrag nicht erfüllen, nach einem parlamentarischen Ausdrucke zu suchen, lohnt nicht die Mühe. * Berlin, 7. Juli. Der pnermüdlich« Vorkämpfer für Erhaltung und Kräftigung des Deutschthum» in den nörd lichen Gebietsthktl-n Schleswig«, Herr Karl Strackerjan, hat soeben eine sehr lefenswerth« Flugschrift „Schleswig, nicht Süd - Iiitlqnd" (Flensburg, Verlag Hollesen) erscheinen lassen, in der die vielverschlungenen Wege der dänischen Agitation in jenen vielumstrittenen Ländern mit einer nichts zu wünschen übrig lastenden, aber auck zugleich mit einer Besorgniß erregenden Klarheit geschildert werden. Die patriotisch überhitzten Dänen, namentlich die Kopenhagener Politiker, sind unermüdlich thätig, um mit allen nur erdenklichen moralischen und mate riellen Mitteln die sogenannte nordschleswigsch« Frage stets offen zu halten. Alle Verlftckungskünst« läßt die dänische Nalionalpartei spielen, um dem Deutschlhum in jenen Gegen den den größtmöglichen Abbruch zu lhun. Creditgcnossen- schaften nicht minder als Lesevereine oder Gesellschaften für Feriencolonien werden sämmtlich in den Dienst der „dänischen Staatsibee" gestellt, damit Pie „Südjüten bereit seien, wenn die Stunde der Befreiung schlägt". Der Verfasser der Schrift betont diesem deutschfeindlichen Treiben der dänischen Agita toren gegenüber mit Recht, daß man mit allen Mitteln dieser Fenilletsn. Harriet Leecher-Stowe -j-. Dem Andenken an die Dichterin von „Onkel Toms Hütte". Von Werner Harth. Nachdruck verbot«!. Die Verfasserin von „Onkel Toms Hütte" ist, wie ge meldet wurde, soeben verschieden. Frau Harriet Beecher- Stowe hat die Augen zum ewigen Schlaf zugethan. Dadurch werden Erinnerungen wachgerufen, die ein Stück Welt geschichte umspannen und eine Zeit berühren, die zu den ereignißschwersten unseres ganzen Jahrhunderts zählt. Man kennt die folgenschweren Umwälzungen jenes Krieges, den die Staaten Nord - Amerikas einst gegen einander führten. Es war ein Culturkampf in des Wortes idealster Bedeutung. Es handelte sich nicht um den Erwerb von Pro vinzen; keme Dynastie führteihn gegen eine andere; dieMenschen- »echte allein kamen in Frage, und das Ziel bestand darin, Millionen von Individuen auS den Banden der Sclaverei loszulösen. Wir wissen Alle, in wie hohem Maße eS geglückt und daß sich zugleich aus diesen Wirren heraus ein mächtiges blühendes Staatswesen entwickelte, in welchem das Germanen- thum einen mitbildenden Factor von nicht zu unterschätzender Bedeutung auSmacht. Und nun daS Merkwürdige, daß all diese Umwälzungen mitsammt dem großen Werk, durch welches sie gekrönt find, am letzten Ende durch ein Buch in Be wegung gesetzt wurden, durch etliche Bogen Papier, die mit Lettern bedruckt waren: und daß die Buchstaben, welche zuerst aus der Feder flössen, um dann wie ein brennendes Menetekel in die Welt hinausgeworfen zu werden — daß diese von einer Frau herrühren, von der eben verstorbenen Harriet Beecher-Stowe! Sie ist als Tochter eine- presbyterianischen Geistlichen den 15. Juni 1812 im Staate Connecticut in Nordamerika geboren. Das jüngste Kind dieses wackeren Mannes, der mit ter Feder eine ebenso große Wirkung zu erzielen wußte, wie mit dem gesprochenen Wort, schmiegte sie sich in jeder Hinsicht den Anschauungen desselben an. Schon der Vater hatte von der Kanzel her gegen die Sklavenhalter die ganze Fülle seiner Beredsamkeit aufgeboten. Nirgends aber fanden seine Worte vielleicht einen lebhafteren Widerhall als im Herzen der Tochter, die andächtig im Gotteshause saß, wenn der Vater da- Elend der farbigen Bevölkerung und den Uebermuth und die Zügellosigkeit der Sclavenbarone schildert«. Di«sr Stimmung »in H«rzen deS jungen Mädchens nahm zu, als man nach Cincinnati übersiedelte, also in einen Staat, wo die Sklaverei damals üppig blühte und die kleine Harriet fast jeden Tag Zeuge war von den Rohheiten und Vergewaltigungen, die der Mensch, das Ebenbild Gottes, von seinen Mitmenschen nur deshalb erdulden mußte, weil die Farbentöne seines Teints ein wenig dunkler waren oder der Kreis an den Nägel verrieth, daß einige Tropfen Neger blutes in seinen Adern stossen. Die Erinnerungen aus ' ihrer früheren Heimath vermischte sie nun glück lich mit den Erfahrungen, die sich ihrem scharf beob achtenden Auge darboten. Als sie sich im Jahre 1836 mit Calvin E. Stowe vermählte, der am Seminar zu Cin cinnati Professor der biblischen Literatur war und vom Jahre 1850 an die Professur an einer eben solchen Anstalt im Staate Massachusetts bekleidete, benutzte sie die Muße, welche sie in einer überaus glücklichen Ehe fand, dazu, die Eindrücke, welche sie gewonnen, literarisch zu verwerthen. Sie schrieb Novellen und Skizzen, in denen sie ganz im Sinne des von ihr hochverehrten Vaters das Sclaventhnm auS der Welt geschafft sehen wollte. Die Arbeiten fanden Beifall und trugen jedenfalls dazu bei, die Gemüther fort gesetzt mit dieser Frage zu beschäftigen. Mit jedem kleinen Erfolge, den Frau Harriet Beecher-Stowe davon trug, wurde ihr Interesse lebhafter angeregt. In Begleitung deS Gatten unternahm sie Reisen nach den Südstaaten: nach Louisiana und Virginien, nach Georgien und Tennessee, zumal aber nach den beiden Karolinas. Hier auf den mächtigen Baumwollpflanzungen führten die Sclaven ein besonders elendes Dasein, und der Uebermuth ihrer Herren stand außerhalb jeder Grenze. Die Eindrücke waren von so gewaltiger Art, daß das Frauen- gemüth empört sein mußte. Harriet Beecher-Stowe kehrte heim in das stille Asyl, wo der Gemahl sein ruhiges Gelehrten dasein führte. Inmitten der Pflichten, die sie als Gattin und Mutter erfüllen mußte, griff sie zur Feder, und daS Er- gebniß der Stunden, die sie beim Schein der Lampe oder unter den alten Bäumen ihres Gartens über dem Manuskript verbrachte, war ihr Roman — „Onkel Toms Hütte!" Onkel Tom s Hütte! . . . Die heutige Generation ahnt nicht im Entferntesten, welche Brandfackel damit in die Welt geschleudert wurde! Das Buch ist vortrefflich und man wird es immer wieder gern lesen. Einzelne Episoden sind von bleibendem Werthe, und dir Charaktere weisen meistens eine geradezu köstliche Prägung auf. Der schwarze brave bieder« Tom, wie er von einer Farm zur anderen geschleppt wird, seine gottergebene Frömmigkeit, die hundartige Treue Herren gegenüber, die ihn nicht zu schätzen wissen, die Martern, welche er zu erdulden bat — gewiß, all daS muß den Leser fesseln! Aber damals, wo die ganze gebildete Welt die Vorgänge auf jenem Erdtheil mit Interesse verfolgte und geistigen Anthril nabm an den Ereignissen, die sich abspielten war daö Buch mehr al- eine bloße Lectüre, zu der man greift, um einige müßige Stunden hinzubringen. Es wurde verschlungen, um immer wieder zur Hand genommen zu werden. Man verlangte es weiter, man griff zu neuen Exemplaren, zu wiederholten Auflagen. Die Autorin ahnte Wohl zuerst selbst nicht, welche Wirkung ihr Werk erzielen würde. In „Manhattan", einem amerikanischen Monatshefte, findet sich eine interessante Erinnerung an die erste Veröffentlichung von „Onkel Toms Hütte". Mr. Jewett, der erste Verleger dieses sensationellen Werkes, erzählt einem Interviewer: „Ich erklärte vor Allem meine Bereitwilligkeit, das Buch zu verlegen; sodann sprachen wir über die Bedingungen. Professor Stowe, der Gatte der Verfasserin, der für seine Frau die Verhandlungen führte, wollte das Manuscript ein für allemal für eine gewiffe Summe verkaufen. „Ich habe meiner Frau gesagt," erkärte er mir, „daß sie an» besten tbäte, den Handel abzuschließen, wenn sie ein gutes schwarzes Seidenkleid oder 50 Doll, baar für die Geschichte bekommen könne." Man einigte sich dahin, daß Mr. Jewett Len Roman aus eigene Kosten herauSgebeu und der Verfasserin zehn Procent vom Reinerträge zahlen solle. Mit diesem Contract in der Tasche reiste das Ehegaar ab. Kurze Zeit nach der Veröffentlichung von „Onkel Toms Hütte" war es dem Verleger bereits vergönnt, der begabten Schrift stellerin einen Check auf 10 000 Dollars einzuhändigeu. Und nun ereignete sich ein merkwürdiger Vorfall. Weder der Theologe noch seine Frau hatten je zuvor eineu Check in Händen gehabt, und sie wußten weder, was es damit für eine Bewandtniß habe, noch gar, wie sie ihn zu Gelde machen könnten. Vor Allem begriffen sie nicht, daß das Buch in der Thal eine so hohe Summe abgeworfcu haben könne und glaubten zuerst allen Ernstes, daß Mr. Jewett sich über sie lustig machen wolle. Fragend sahen sie sich au und verließen achselzuckend das Zimmer. „Als ich ihnen den »weiten Check einhäudigte", fügte Mr. Jewett sarkastisch dem Interviewer hinzu, „sand ich, daß sie meiner weiteren Instruction nickt mehr bedurften. Sie wußten sehr genau, wie man ein Guthaben bei einer Bank eröffne und Cbeks auf sie ziehe. Sie waren schon vortrefflich in das Ge- heimniß eingeweiht, wie man Geld erheben und sicher an legen müsse. Sie verlangten von wir mit peinlichster Genauigkeit Abrechnung über jedes Exemplar, welches ich inzwischen verkauft hatte, und hatten sehr gern gesehen, wen» der ungeheuere Betrag, welchen ich ibucn auszahlen konnte, womöglich noch eine Steigerung erfahren hätte. Der Roman hat eine Verbreitung erfahren, wie kanw ein anderer innerhalb der gejammten zeitgenössischen Literatur. Er drang in jedes Haus, er wurde über den ganzen Erdball hin verkauft. Allein im ersten Jahre wurden 32O OVO Exemplare, j-deS zu zwei Bäadrn, abgeseyt. Er ist >>- — ' >! !!,>»W» wohl in jede der lebenden Sprachen übersetzt worden und erfährt noch heute immer neue Auflagen. Die Autorin selber aber erreichte damit den Höhepunct ihres schriftstellerischen Schaffens. Was später aus ihrer Feder auf das Papier kam, war bedrntungslos, seicht, und zürn Therl nur eine Wiederholung dessen, was in „Onkel Toms Hütte" enthalten ist. Das farbenprächtige Colorit, die scharfe Prägung der Charaktere fehlten. Hatte Frau Harrirt Beecher-Stowe überhaupt weiter nichts geschrieben als „Onkel Toms Hütte", so würde sie wahrscheinlich am besten gettzan haben. Mit jeder neuen Arbeit rüttelte sie an ihrem Ruhm. Und des Gelderwerbs wegen brauchte sie nicht zur Feder zu greifen, denn „Onkel Toms Hütte" hatte ihr ein so bedeutendes Vermöge»» ein getragen, daß der Nutzen davon sie in die Möglichkeit versetzte, iu geradezu glänzeudeu Verhältnissen zu leben. Auf einer Reise, die Frau Harriet Beecher-Stowe r» späteren Jahren nach Europa unternahm, sand sie überall, zumal in England, die ehrenvollste Aufnahme. Mau bewunderte mit Recht die Frau, welche es verstanden hatte, durch ein literarisches Werk den An stoß zu so bedeutsame« politischen Nmgcstaltungen zu geben. Frau Harriet Beecher-Stowe hat die letzten Jahre ihres Daseins ruhig und glücklich die Lorbeeren getragesi, welch? sie sich in Folge der Verossenllich»urg von ,Wickel Toms Hütte" uiu die Stir» winde» durfte. Nur einmal erregte sie ein ziemlich unliebsames Aufsehen mit einer Streitschrift, durch welche sie das Ansehen Lord Byrons zu verunglimpfen suchte. Unter dem Titele „Die wahre Geschickte vom Leben der Lady Byron" veröffentlichte sie „Ent hüllungen", die besser nie geschrieben worden wären. Ter große britische Poet sollte dadurch in Len Staub gezerrt werden; Erzählungen wurden aufgetischt, die sich als halt loser Klatsch, als schändliche Verleumdung erwiesen haben. Es waren gewagte craffe Mittheilungen, die vor Allem eine Krau nicht einmal vermittelst der Feder unter hie Leute bringen dirrfte. Man wird hoffentlich diese Arbeit ver gessen, wie die übrigen, welche Frau Harriet Beecher-Stowe auf das Papier gebracht hat. Bon all ihren Werken dürfte allein „Onkel Tom'S Hütte" der Nachwelt erhalten bftiben. Und daß mit gutem Recht, da dieser Roman neben seinen großen schriftstellerischen Vorzügen noch durch die Weihe aus- geze»Lmet »st, daß er AulaH zu großen eultuvellen Bestrebungen und zur Errichtung Lines Ltaaten-Bunb«ö gegeben hat, welcher in der pväilrfchc« tHefthickae noch eine höchst bedeutsame Roll? spielen dürfte. Wenn heute Las Sternenbanner der Ver einigten Staaten von Nordamerika so siegrerck in die Well lnnausstrahlt, soll man nicht vergessen, daß es die -schwache Hand einer Frau war, die mit ihren aus das Papier ge worfenen Buchstaben dazu beitragen half, daß eS Überhaupt aufgebißt werden konnte.
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