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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-24
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991124012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899112401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899112401
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-24
- Monat1899-11
- Jahr1899
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lacoa ipoth. N s SS 4 r. r z e zet leit tsrll s. e» et «SS lle >en els« tca- »att. M, b«v. 0olck- »edmieck, Loire ukirodd. t,7i: 7 all ende» luillter galx der !schtl »«««- «.Dau- «ttertl >S. No« rweitzr I. BeilM zm LkipM TaMlitt M AnzeiM Nr. M, KeitG A. »mbti MS. (MiW-AiiWbe.) Die Beerdigung unseres verstorbenen College», des emeritirten ordentlichen Professors der philosophischen Facultät Herrn Geheimen Hofrath vr. August von Miarkowrki, Ritter pp., findet Sonnabend, den 25. November, Nachmittags, die unmittelbar vorausgehende Trauerfeierlichkeit in der Paulinerkirche um 2'/r Uhr statt. Für diejenigen Herren College», welche sich am Conduct betheiligen wollen, stehen Wagen im Hofe des Mauricianum bereit. Leipzig, am 23. November 1899. Der Rector der Universität. vr. Kirchner. Amtlicher Theil. FkrnsprkchmMllng LkWg-Frllilkstlrt a./M.-Paris. Bekanntlich ist auf einer kürzlich in Berlin ab gehaltenen Postkonferenz auch die Frage einer Fernsprechverbindung Berlin - Frank furt a/M.-Paris erörtert worden. Nachdem eine vertrauliche Umfrage bei einer be schränkten Anzahl Firmen für den Anschluß Leipzigs ein so erhebliches Interesse ergeben hat, daß die Kammer für diesen Anschluß einzntreten Veranlassung nehme» konnte, ergeht hiermit auch an die übrigen Handel-, Jndnstrie- nnd Ge werbetreibenden des Bezirks die Aufforde rung, ihr Interesse an der Angelegenheit unter Mitteilung etwaiger Zweigniederlassungen, ständiger Vertretungen, Zahl der Geschäfts verbindungen und dergl. so schleunig als möglich, spätestens aber bis zum 2L d. M. dem Sekretariate der Handelskammer, Nene Börse, Treppe L I., schriftlich knndzngeben und dadurch zur Beschaffung der erforderlichen Unterlagen für eine näher zu begründende Eingabe beizutragen. Wichtig erscheint die Verbindung mit Paris namentlich anch für die endliche Ausführung der schon lange erstrebten Verbindung mit Frank furt a/M. und dem übrigen westlichen Deutschland, für die ebenfalls um Mitteilung näherer Unterlagen gebeten wird. Die Handelskammer. 2>vejni§er, Vorsitzender. vr. M. enätlanü, S. Gefunden wurde Mitte vorigen Monats ein Betrag von 599 Mark. Zur Ermittelung des Eigenthiimers wird dies hierdurch bekannt gemacht. Leipzig, den 18. November 1899. TaS Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. Pfcrdc-Bcrstcigcrung. Sonnabend, de» 2."». Noncmber 1899, Vormittag 19 Ulir soll im Geböft der unterzeichneten Marstall - Verwaltung Leipzig, Hospitalstraße^Nc. 1, 1 Pferd meistbietend gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Marstall-Bcrwaltnng Leipzig, am 18. November 1899. Eckstein. Oeffentliche Zustellung. Der Hotelier Carl Schade in Leivzig, vertrete» durch den Rechts- anwalt vr. Beier daielbst, klagt im Wechsclprozefse gegen den stuck, cbsm. Julius TnntelSbnhle, zuletzt in Leipzig wohnhaft, jetzt unbekannten Aufenthalts, aus drei Prima-Wechseln mit dein Anträge auf Verurthcilung des Beklagten zur Zahlung von 3811 „/L nebst ü °/<» Zinsen seit dem 18. Oktober 1899, sowie von 13 ./ä 40 Wechselunkosten. Der Kläger ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die erste Kammer für Handelssachen des Königlichen Landgerichts zu Leipzig auf den 16. Januar 1999, Bormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dein genannten Gerichte zugelasscnen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Der verichtSschreiber beim Königlichen Landgerichte Leipzig, am 23. November 1899. Wündisch, Aktuar. Auf Fol. 10581 deS Handelsregisters für den Bezirk des unter- zeichneten Amtsgerichts ist heute die Firma Berliner Corset- Aabrik, W. L (6. Neumann, in Leipzig (Grimmaische Strahe Nr. 24), Zweigniederlassung des in Berlin unter gleicher Firma be stehenden Hauptgeschäfts, und als deren Inhaber Herr William Neu mann in Berlin eingetragen worden. Leipzig, den 21. November 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. 118. Schmidt. Aus dem die Aktiengesellschaft in Firma Leipziger Spritfabrik in Leipzig betreffenden Fol. 8513 des Handelsregisters für den Be- zirk des unterzeichneten Amtsgerichts ist heute eingetragen worden, daß die Gesellschastsstatutrn in den 88 12 und 41 durch Beschluß der außerordentlichen Generalversammlung vom 28. Oktober 1899 abgeändert worden find. Leipzig, den 21. November 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. II8. Schmidt. Auf dem die Firma I. C. V. Mohr (Paul Ctebeck) in Leipzig — Zweigniederlassung Les in Freiburg i./B. unter der gleichen Firma bestehenden Hauptgeschäftes — betr. Fol. 8135 des Handelsregisters für den Bezirk des unterzeichneten Amtsgerichts ist heute eingetragen worden, daß der Sitz der Hauptniederlassung nach Tübingen verlegt worden ist. Leipzig, den 21. November 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. II8. Schmidt. Auf dem die Firma Leipziger Tricotagenfabrik, Aktien gesellschaft, in Leipzig betreffende» Folium 10064 des.Handels registers sür den Bezirk des unterzeichneten Amtsgerichts ist heute eingetragen worden, daß Herr Bruno Berger aus dem Vorstände ausgeschieden ist. Leipzig, den 21. November 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. II8. Schmidt. Auf Fol. 10582 des Handelsregisters für den Bezirk des unter zeichneten Amtsgerichts ist heute die Firma Bruno Berger in Leipzig (Ritterstraße Nr. 9) und als deren Inhaber Herr Bruno Julius Berger daselbst eingetragen worden. Leipzig, den 21. November 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. 118. Schmidt. Für den abwesenden, am 2. September 1816 in Leipzig geborenen Friedrich Anglist Robert Pfeiffer ist Herr Privatmann Adolf Böhme in Leipzig als Vormund in Pflicht genommen worden. Königliches Amtsgericht Leipzig Abth. V, am 18. November 1899. vr. Lessing. Jahn. Konkursverfahrens Das Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns Gustav Adolf Riedel, Inhabers eines unter dem Namen A. Riedel betriebenen Posamenten- und Weißwaarcngejchäfts in Leipzig, Süd straße 9, wird nach Abhaltung Les Schlußtcrmines hierdurch auf gehoben. Leipzig, den 20. November 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. 11^'. Bekannt gemacht durch de» Gerichtsschreiber Sekr. Beck. Montag, den 27. November 1899, von Bormittags 11 Uhr au kommen im Gasthofe „Zum golöncn Helm" zu Eutritzsch ein Contorschrank, 100 Thüren und Thürenbestandtheile, Stutz- nnd Feuerholz, TischlerhandwerkSzeug, 1 Holzschuppen, 2 Ctr. Leim. 10 000 m Kehllcisten, 2 Abrichtcmaschincn, 1 Fraismafchinc, 1 Band säge, 1 vierseitige Kchlleistenmaschiue, I Ilm lange Transmission nebst Wellen, Riemen und Riemenscheiben und verschiedene andere Gegenstände gegen sofortige Baarzahlung zur öffentlichen Ver steigerung. Leipzig, den 23. November 1899. Der Gerichtsvollzieher beim Königl. Amtsgerichte. Versteigerung. Sonnabend, den 25. dss. MlS., Borni. 19 Uhr sollen im Bersleigerungsraume des hiesigen Königl. Amtsgerichts 2 Pianinos, I Musikautomat mit 25 Platten, I Ballen mit 132 Stück ostindischen Hirjchsellen, 1 Ballen mit 15 Stück Rennthierfellen, 1 Regulator, 17 Bände BrockhauS' Lexikon, 1 große Partie Möbel, Bilder u. v. a. G. m. meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 23. November 1899. Der Gerichtsvollzieher beim Königl. Amtsgerichte. Aktuar Kadner. Bckanntuiachuttg, die Aufnahme schulpflichtiger Kinder in die Wcndlersche Frcischnle betreffend. Diejenigen Eltern und Vormünder, welche für Ostern 1900 um Aufnahme ihrer Kinder und Pflegebefohlenen in die Wcndlersche Freischule nachznsuchen gesonnen sind, haben sich S o n » - abend, den 25. November, Nachmittag 2 Uhr, in der Natsfretschnle, Zöllnerstraste 3, persönlich mit den Kindern einzufinden nnd zugleich den Taufschein und die Impfscheine der Kinder vorzulege». Leipzig, 21. November 1899. Das Direktorium der Wendlcrsche» Stiftung. (Fortsetzung aus dem Haupiblatie.) Oesterreich - Ungarn. Tschechische Obstruktion. * Wien, 23. November. (Telegramm.) Die Iungtschechen haben die Obstructiv» beschlossen und sie sofort heute im Ab- grordnetenhaus« mit einem Dringlichkeitsantrag über die Fest stellung der Nationalität bei der Volkszählung begonnen. An der Obstruction beiheiligt sich sonst keine andere Partei. * Wie«, 23. November. Abgeordnetenhaus. In der heutigen Sitzung, die um 11'/« Uhr beginnt, weist der Abgeordnete Dolezan daraus hin, daß er einen Dringlichkeitsantrag über die Fest stellung der Nationalitäts-Verhältnisse bei der im Jahre 1900 vorzunehmenden Volkszählung eingebracht habe. Er verlangt das Wort zur Begründung der Dringlichkeit seines Antrages noch vor dem Uebergange zur Tages- ordnung. Der Präsident erklärt, er lasse die Begründung des Antrags Dolezan zu, da dieser Dringlichkeitsantrag der erste in der Reihenfolge der Dringlichkeitsanträge sei. Dolezan beginnt hierauf eine Rede, die 2'/, Stunden andanert. Hierauf ergreift der Abg. vr. Sileny (Tscheche) das Wort. Frankreich. Ehren-Esterhazy * Paris, 23. November. (Telegramm.) Esterhazy schrieb Clemenceau einen als vertraulich bezeichneten Brief, worin er ihm anbot, ihm Alles, waS er an Geheim nissen und Beweisen besitze, mitzuthcilen, um sich an den Elenden zu rächen, die ihn verlassen hätten. Clömenceau veröffentlicht den Brief, erklärt, er wolle einen Esterhazy nicht zum Mitarbeiter am Werke der Gerechtigkeit haben, schließt aber aus diesem Zwischenfalle, daß die Amnestie nichts beenden würde. (Bvss. Ztg.) Internationale ConstcUationen. ? Paris, 23. November. (Privattelegramm.) In der heutigen Sitzung der Kammer-Gruppe für aus wärtige und Colonialpolitik entwarf ihr Vorsitzender, Etienne, in großen Zügen ein Bild von der Lage in Europa, Asien und Afrika. Bezüglich deS OstenS des Mittelnreeres wies er darauf hin, daß Makedonien und Albanien die Zufluchtsorte der serbischen, bulgarischen und türkischen Agitatoren blieben, die sich bemühten, Gebietserweiterungen für ihre Colonien zu erlangen. Hinsichtlich Oesterreichs warf Redner die Frage auf, was sich beim Tode deS Kaisers FranzJosef, der Leu separatistischen Bestrebungen seiner verschiedenen Staaten Widerstand zu leisten verstünde, ereignen werde. Die Interessen Deutschlands und Rußlands, sagte Etienne weiter, seien so widersprechend, daß man auf gefährliche Verwickelungen gefaßt sein müsse. (?) Redner wies schließlich darauf hin, daß Deutschland in China fick eine vortreffliche Stellung geschaffen habe, die ihm den Besitz der Provinz Schantung sichere. Großbritannien. Besuch des deutschen KaiscrpaareS. * PortSmonth, 23. November. (Telegramm.) Die kaiserliche Aacht „Hohen; ollern" ist mit dem Linienschiffe „Kaiser Friedrich III." und dem Kreuzer „Hcla" heule nach Port Victoria bei Sheerneß in See gegangen. * Windsor, 23. November. (Telegramm.) Kaiser Wilhelm, der Prinz von Wales, Prinz Christian von Schleswig-Holstein, der Herzog von Connaught und der Oberbofinarschall Graf Eulenburg fuhren heute Vormittag auf die Jagd. Nach der Jagd wurde das Frühstück bei dem Prinzen Christian von Schleswig-Holstein in CumberlandLodge eingenommen. — Infolge deS Hinscheidens der Fürstin von Le in in gen wurde die Militärmusik heute abbestellt. Aus demselben Grunde dürfte die Königin bei dem heutigen Mittagsmahle nicht zugegen sein. Auck gestern Abend hatte sie sich noch im letzten Augenbicke mit Rücksicht auf die Todes nachricht dahin entschieden, an dem Festmahle und dem sich daranschließenden Concerte nicht theilzunehmen. Heute Abend findet im engsten Kreise Familientafel statt. Die beiden kaiserlichen Prinzen besichtigten heute die Parlaments gebäude in London. Sie fuhren in einer königlichen Equipage dorthin und wurden von dem Bureaudirector umhergeführt. Salisbury. * Loudon, 23. November. (Telegramm.) In dem Befinden des Premierministers Lord SaliSbury'S ist eine Besserung eingetreten. Asien. Philippinen. * New Uork, 22. November. (Frkf. Ztg.) Aguinaldo ist augenscheinlich entkommen und verfügt über starke Streit kräfte, sowie über viel Munition und Proviant. (Es war also nichts mit der vernichtenden Niederlage, die er erlitten haben sollte. Red. d. „L. T.".) Amerika. Dreibund Bereinigte Staaten, England, Deutschland. * Der Redner, welcher auf dem Bankett der Handelskammer in New Dork eine Allianz zwischen Deutschland, England und der Union befürwortete, Herr Reid, ist Herausgeber der New Docker „Tribüne"; man hat es also mit einer — Privatleistung zu thun. Deutscher Reichstag. Berlin, 23. November. (Privattelegramm.) Zunächst wurde heute die Gesammtabstimmung über die Novelle zum Post gesetz vorgenommen, die wegen der in dritter Lesung beschlossenen Aenderungen am DienStag aus gesetzt worden war. Die Vorlage gelangte gegen die Stimmen der Freisinnigen und eines TheilS des CentrumS zur An nahme. Sodann trat das Haus in die zweite Berathung der Novelle zur Gewerbeordnung ein. Artikel 1, der die Vornahme von Bauausführungen unbeschadet eines chwebenden RecurSverfahrenS auf Gefahr deS Unternehmers vorsieht, sowie Artikel 2, welcher der Landesgesetzgebung die Befugniß zuspricht, Privatschlächtereien an den Orten mit öffentlichen Schlachthäusern zu untersagen, gelangten debatte los zur Annahme. Eine längere Erörterung knüpfte sich edoch an Artikel 3. Hier beantragten die Socialdemokratcn eine neue Bestimmung zu tz 33 der Gewerbeordnung, welcher die Beschränkungen für Gast- und Schankwirthschaften ent hält. Nach diesem Anträge sollen die an einem und dem selben Orte betriebenen Wirthschasten in Bezug auf die Veranstaltung öffentlicher Lustbarkeiten nicht ungleich behandelt werden dürsen. Die Polizeistunde soll für alle Betriebe die gleiche sein. Gegen eine solche schablonenhafte Behandlung der Betriebe, die bei den ganz verschiedenen Verhältnissen derselben thöricht und gefährlich wäre, sprachen sich die Redner fast aller anderen Parteien aus, nur der freisinnige Parteisekretär Müller-Sagan stimmte der socialdemokratischen Forderung bei. Der socialdemokratische Antrag wurde denn auch schließlich gegen die Stimmen der vereinigten Demokraten abgelehnr. Die neue Bestimmung, die das Gewerbe der Stellen vermittler und Gesindevermietber concessionSpflicktig macht, wurde darauf gegen den Widerspruch der Svcialdemo- kraten und Freisinnigen genehmigt, ebenso der Vorschlag der Novelle, die gewerbsmäßige AuSkunftsertheilung von der polizei lichen Concession abhängig zu machen, und auch betr. die Ein schränkung oder Controle der Auctionatoren und Bücher revisoren. Bei all diesen zum Schutze des Publikums gegen den Mißbrauch gewisser Gewerbe zu erlassenden Maßnahmen kämpften die Socialdemokraten und Freisinnigen Schulter au Schulter und traten gemeinsam für die Freiheit des Miß brauchs und der Ausbeutung ein. Die Berathungen werden morgen fortgesetzt. 107. Sitzung vom 23. November. Am Tische des Bun des rat Hs: Graf v. Posa- dowsky. Präsident Graf v. Ballestrem eröffnet die Sitzung um 1 Uhr. Die Novelle zum Postgesetz wird endgiltig in Ge sammtabstimmung genehmigt. Es folgt die zweite Berathung der Abänderung der Gewerbe ordnung auf Grund des Berichts der Commission; die Vorlage hat ihrer Erweiterung wegen in der Ueberfchrift den Zusatz „und des Krankenversicherungsgesetzes" er halten. Berichterstatter ist der Abg. vr. Hille. Die von der Commission unverändert nach der Vorlage angenommenen ArtikellundL, betreffend § 19 (vorbehalt lich« Genehmigung unverzüglicher Ausführung von Bauten), 8 21 (Verschwiegenheit von Sachverständigen), 8 23 (Zuständig keit der Landesgesetzgebung für bestimmte gewerblich« Anlagen) werden vom Hause ohne Erörterung genehmigt. Die Abgg. Bebelund Genossen (Soc.) beantragen zu ß 3S der Gewerbe-Ordnung Zusätze, denen zufolge Gast- und Schankwirthe an demselben Orte in Bezug auf die Ver anstaltung von Lustbarkeiten, sowie in Bezug auf Polizeistunde nicht ungleich behandelt werden dürfen. Abg. Pfannkuch (Soc.): Als eine Ungerechtigkeit wird heutzutage die verschiedene polizeiliche Behandlung der Gast- wirthe derselben Stadt empfunden, und zwar vielfach als Chicane, die wegen ungenügenden politischen Wohlverhaltens verhängt wird. Natürlich ist sie meistens gegen die Arbekterlocale gerichtet. Geradezu unerhört ist das Vorgehen mancher Polizeiverwaltungen bei Arbeiterbällen gewesen. Soll daher einmal eine Polizei stunde festgesetzt werden — sie ist eigentlich überflüssig — so muß sie sür alle Wirth« gleichmäßig gelten. Das bezweckt unser Antrag. Abg. vr. Müller- Sagan (Frs. Dp., schwer verständlich): Meine Freunde haben gegen den socialdemokratischen Antrag nichts einzuwenden. Die Klagen Wer die ungleichmäßige Be handlung der Wirthe ist allgemein. Eine völlig einheitliche Rege lung der Polizeistunde dürfte alber ohne Ungerechtigkeit nicht durchführbar sein. Die Bedürfnisse sind doch verschieden. Abg. Jacobskötter (cons.): Der socialdemokratische Antrag und was er bezweckt, ist in der Commission schon aus giebig besprochen. Man hat aber nicht geglaubt, daß etwa be stehende Mißstände auf diesem Wege abgestellt werden können, den die Abgg. Bebel und Genossen Vorschlägen. Abg. Bebel (Soc.): Uns zugegangene Mittheilungen er weisen, daß die jetzt bestehenden Ungleichheiten zu Willkür nament lich untergeordneter Polizeiorgane führen, und der Bestrafung Zugang gewähren. Diese Mißstände wollen wir beseitigen und Gerechtigkeit schaffen. Namentlich in Sachsen sind die Zustände «er Abhilfe dringend bedürftig. Die Concession, die den Gaft- wirihen gewährt werden muß, kann jeder Zeit zurückgezogen werden, wenn das Local der Böllern oder Unfittlichkeit dient. Hier ist namentlich die Bestimmung der Böllern vielfachen Aus legungen zugänglich. Es ist mir nicht begreiflich, warum Herr Jacobsiötter gegen den Antrag stimmen will? Sollie es am Ende daran liegen, daß wir hier absolute Gerechtigkeit einführen wollen? Ich erinnere Sie an den Harmlosen-Proceß, der be weist, wie ungleichmäßig die Polizei die Concessionsbestimmungen durchführt. Abg. Zuberl (Soc.): Wie ungleich wir behandelt werden, davon kann ich selbst ein Lied singen. Mir ist seit zehn Jahren niemals, auch nicht ausnahmsweise, die Polizeistunde verlängert, während es ringsum in der Nachbarschaft geschah, und die Ar beiter dann von mir nicht etwa nach Hause, sondern in das Nachbarrcstaurant gingen. Animirkncipen erhalten lange Polizei stunden, ihre Hauptgäste sind eben nicht Arbeiter. Lruilletsn. Freden Mistral und die Felibrige. i. Unter den französischen Dichtern nimmt Frederi Mistral, der Dichter der Provence, eine erste Stelle ein. Die südfranzösische Dialectdichtung ist alt und niemals ist sic ganz vernachlässigt worden. In ununterbrochener Reihe folgen sich in Südfrankreich die Dichter, die in proveimalischer Mundart zu ihrem Volke sprechen. Es sei hier an Bellaud de la Bellaudiöre (1522—<1588) erinnert, an Gondolin von Toulouse (1579 bis 1649), an Francois von Cortete (1586—1647), an Nicolaus Saboly (1614—1675) und auch der in Dialect geschriebenen humoristisch satyrischen Dichtungen Favre's (1718—1788) sei ge dacht. Zu Anfang des Jahrhunderts waren die bedeutendsten Dialectdichter Castil-Blaze (1784—1854), Marquis von Fere- Alais (1791—1846) und Dösanat. Alle übertraf aber an künst lerischer Begabung und dichterischen Ruhm der bekannte Friseur und Perrückenmacher Jausscmin. Sein erstes und bekanntestes Werk, die vapiUotos (Haarwickel) erregte allgemeines Aufsehen und fand den ungetheilten Beifall der größten französischen Dichter und Kritiker. Man sollte nun glauben, daß bei einer so ununterbrochenen Pflege der Dialectdichtung das gesammte sirdfranzösische Nolk seine Volksdichter gekannt und seine Lieder gesungen hätte. Aber das scheint keineswegs der Fall gewesen zu sein, wenigstens dichtete Mistral noch in der französischen Schriftsprache, als er Roumanille kennen lernte, der ihn die Schönheit der prooenqa- lischen Sprache einführte. Aber auch Roumanille, sein väter licher Freund, kannte seine eigenen Vorgänger nicht, und als er, angeekelt von den Reimereien der Gelegenhcits- und Zotendichter, die das Provensalische zur Gassendirne machten, daran ging, seiner Muttersprache gebührende Beachtung zu schenken, da war ihm noch Jausscmin selbst unbekannt. Aber auch Roumanille zahlte dem alten Herkommen noch manchmal seinen Tribut: „er gefällt sich allzu sehr in Schnurren, denen die Mundart einen würzigen Beigeschmack verleiht, die aber sonst jeder Poesie bar sind". Das Lehrhafte überwiegt manchmal den dichterischen Gehalt, und eine gewisse Einförmigkeit und Beschränktheit der künstlerischen Motive wirkt auf die Dauer ermüdend. Aber das Höchste wollte Roumanille auch nicht anstreben. Einen Strauß „Maßliebchen" oder „Salbeiblüthen" bietet er dem Leser und Feldblumen sind es in der That, bescheiden und frisch, doch würzig und gesund. Er wollte nicht die Nachtigall sein, sondern die Grasmücke, die unter freiem Himmel ihr Lied singt, wie die Mutter es sie gelehrt, nicht der Adler, doch der Zaunkönig. Palmen und Eichen mochten Andere pflanzen, ihm genügte es, Veilchen zu ziehen, die am Fuße dieser Baumriesen im Grase blühen. Und was das Wichtigste ist, seinen Zweck hat der Dichter des Margariseto vollkommen erreicht. Er hat bewiesen, daß die Sprache der Provence, die bis dahin blos mit Knechten und Mägden Umgang pflog, ein besseres Geschick verdiente und fähig war, edle und inhaltreiche, sinnige und liebliche Töne an zuschlagen; er verschaffte ihr, wie es Mistral ihm nachrühmte, den Beifall des Landvolkes, er erzwang ihr sieghaften Zutritt in die Säle der Akademien, er ließ sie in den Kirchen unter den Klängen der Orgeln zum Preise des Höchsten singen und jubeln und er entlockte den Reichen der Erde Tchränen, wenn er ihnen in dieser Sprache von der 8anto kauriko, der heiligen Armuth, redete. Dieser Mann, Ions« Roumanille, kam in seinem 27. Jahre an die Lehranstalt, wo der fünjzehnjährige Frederi Mistral über seinen Büchern saß, über deren Seiten hinaus seine Gedanken in die Weite schweiften oder in das Vaterhaus zurückkchrten, zur Mutter, die ihm so oft so schöne Geschichten in ihrer proven- calischen Sprache erzghlt hatte. - - — tz Es ist ein großes Verdienst August Lcrkuch's, die deutsche Literatur mit den meisterhaften Üebersetzungen Mistral'scher Dichtungen bekannt gemacht zu haben, und es ist nicht minder ein verdienstliches Wert, wenn uns Nicolaus Welter in einer liebevollen Biographie Mistral's *) die Person des Dichters, und eine Zusammenfassung der neuen vrovenyalischen Dichtung mit zahlreichen Üebersetzungen, eigenen und solcher August Brrtuch's, vorführt. Welter giebt eine ausführliche Analyse der Werke Mistral's und macht uns in ihm eigener blühender Sprache so mit einem Dichter bekannt, dessen glühende und üppige Phantasie, dessen gewaltige Sprache ihn zu einem ersten unter den Dichtern stempeln. Frederi Mistral wurde am 8. September 1830 in der Nähe von Maiano in der Provence geboren. Seine Eltern waren wohl habende Landleutc. Mit neun Jahren kam er auf die Schule nach Avignon, und hier fing er an zu dichten, wie es wohl alle Gymnasiasten machen. Aber er mußte in der Sprache La- martines reden; fiel er einmal in sein proven^alisch zurück, so lachte man ihn aus. Da war es Roumanille, der in die Seele des Knaben die Saat streute, die über kurz so prächtig aufgehen sollte. Im Jahre 1851 machte Mistral in Aix sein Examen als Licentiat der Rechte. Er stand vor der Berufswahl. Eingehend sprach er mit Roumanille, der mittlerweile Buchdruckerejbesitzrr in Avignon geworden war. Seine Lebensaufgabe war ihm klar geworden. Seinen Geist beschäftigte die Sorge um ein hohes Werk, und dem hehren Apostolate, zu dem er sich berufen fühlte, mußten alle anderen Rücksichten weichen. Als ihm daher der Vater nach seiner Rückkehr aus Aix die Wahl eines Berufes freistcllte, zauderte er *) Frederi Mistral, der Dichter der Provence. Von Nicolaus Welter. Mit Mistral's Bildniß. Marburg, N. G. Elwert'sche Verlagsbuchhandlung. 4 -kl. nicht lange. Ans der Stelle hängte er die Advocatentoga an den Nagel und versenkte sich ganz in die Betrachtung dessen, was er so sehr liebte: I'e8plonäour civ la I'iouvönew, der Herrlich keit seiner Provence. Und der Vater war hochherzig genug, den Entschluß seines Sohnes zu billigen und zu segnen. Einige Jahre später, nach dem Tode des Vaters, verließ Frederi den „Mas", wo er geboren war, und zog mit seiner lieben Mutter nach dem nahen Maiano, das er sich zum dauernden Aufenthalte wählte. Hier lebt er inmitten der Felder, die er liebt. Die Hauptwerke Mistral's sind Mireio, Calendau, die Gold inseln, Nerto, die Königin Johanna und das Rhönelied. Sie sind durchaus nicht gleichwerthig und merkbar von außen beeinflußt. Das Lied, das ihn weltberühmt gemacht hat, ist Mireio. Vincön, der stattliche Sohn eines armen Korbflechters aus Valabrego, und die schöne Mireio *), die reiche Erbin vom Zirgel- hofe, sind einander heimlich gut. Eines Morgens, während der Maulveerblätterlese, bei der Vincön dem Mädchen hilft, gesteht dieses ihm zuerst seine Liebe, und der arme Knabe kann die Größe seines Glückes kaum fassen. Drei glänzende Freier, die sich auf dem Zirgelhofe einfinden, werden von Mireio abgewiesen. Einer von ihnen, der Stierbändiger Ourrias, zornig über den ziemlich schnippischen Bescheid, der ihm geworden, begegnet dem be günstigten Vincön und geräth mit ihm in Streit. Die beiden Gegner umfassen sich in heißem Ringkampf, bis endlich der Korb flechter den Riesen zu Boden wirft. Großmüthig will er seinen Bortheil nicht ausnützen, doch der Besiegte greift wüthend zum dreizinkigen Treiberstachcl und stößt ihn dem Wehrlosen in die Brust. Zur Strafe für diese Unthat muß er aber in der folgen den Medaidusnacht beim Uebersetzen über die Rhöne elend er trinken. Vincön wird indessen von drei vorübergehenden Vieh züchtern gefunden und tootwund zum Zirgelhofe getragen. Miröio's Mutter läßt den Armen nach der „Feenhöhle" bringen, *) Kosename für Marie.
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