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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-01
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991201012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899120101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899120101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-01
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z. MW M LchM TigeMt M Anzeiger Nr. AI, Keilng, I. Zember WS. (MlM-AuUie.) Erste allgemeine Versammlung des Deutschen Flottenvereins. Letprts, 30. November. Wie Herr Professor vr. Erich MarckS in seiner gestrigrn Ansprache in der Albertballe nachdrücklich betonte, stehen wir unmittelbar unter dem Ein druck einer großen nationalen Bewegung, die vom Meere auSgeht, und so wird eS erklärlich, wenn sich lebhafter denn je die nationalen Empfindungen der Stärkung der deutschen Seemacht zuzuwenden wissen. Solche Empfindungen haben auch den Deutschen Flottenverein ins Leben treten und ihn sofort den Umfang und die Bedeutung gewinnen lassen, in welcher er heute erscheint. Seine Abtheilung Leipzig, welcher gestern Abend eine imposante Bersammlung in der dicht gefüllten Albertballe zu danken war, gehört zu der stärksten und agitationskrästigsten seiner Sektionen. Sie zählte, als sie im Februar dieses IabreS inS Leben gerufen wurde, nur einige Hundert Mitglieder, die von Mund zu Mund ge wonnen worden waren; heute weist sie auf die stattliche Zahl von 2400 Mitgliedern hin und nennt zugleich noch 60 Orts ausschüsse mit über 14 000 Mitgliedern, so daß sie den Haupt- bestandtheil deS etwa 90 000 Mitglieder (abgesehen von den vielen Corporation«») umfassenden HauptvereinS bildet. Die Sympathie für die Bestrebungen deS Deutschen Flottenvereins konnten nicht lebhafter und wärmer auS- gedrückt werden, als eS gestern Abend in der imposanten, weit über 2000 Besucher ausweisenden ersten allge meinen Bersammlung der Abtheilung Leipzig geschah. Ist doch der Deutsche Flottenverein eine Bereinigung aller Vaterlandsfreunde ohne Unterschied der Partei, denen daran gelegen sein muß, daß das deutsche Vaterland groß, mächtig und frei dastehe und sich erhalte. Unter den Erschienenen waren unter Anderen auch der Reichsgerichtspräsident vr. von Oeblschläger, Kreishauptmann vr. v. Ehren stein, Geh. Rath Oberbürgermeister vr. Georgi, General leutnant z. D. Polen, Geh. Kirchenrath 0. Pank und Handelskammerpräsident Zweiniger zu bemerken. Der Festraum selbst erinnerte in seiner maritimen Decoration von Flaggen und Wimpeln an die Bedeutung des Abends. In seiner Begrüßungsansprache konnte der Vorsitzende deS geschäftsführenden Ausschusses, Herr E. von Bressens- dorf, seiner besonderen Freude Ausdruck darüber geben, daß der Gedanke deS Deutschen Flottenvereins gerade in unserem Leipzig einen so freudigen Wiedcrhall und seine Bestrebungen eine so allgemeine Unterstützung selbst von den bescheidensten Kreisen gefunden habe, aber es gelte weiter zu streben und weiter zu werben, um das begonnene schöne Werk kräftig auSzubauen. Der Vorsitzende schloß mit einem von der Bersammlung begeistert aufgenommenen dreifachen Hurrah auf König Albert, den huldvollen Protector des Flotten- Vereins in Sachsen, auf Kaiser Wilhelm, den Schirmherrn des deutschen Reiches. Sodann gaben die nach Hunderten zählenden Mitglieder deS Leipziger Gausängerbundes unter Leitung der Herren BuodeSdirigenten Greifs und Wohlgemuth den Abend mit dem „Deutschen Lied" von Julius Otto, der „Sturmbeschwörung" von Dürrner und dem „Altnieder- ländischen Dankgebet" von Kremser in hervorragend schöner Weise einen erhebende musikalische Weihe. Nunmehr ergriff Herr Corvetten-Capitän a. D. Gercke auS Berlin zu einem Vortrage über „Deutschland und das Seewesen" das Wort. Nichts stehe still, führte er zu Beginn seiner Rede aus, Alles sei in Bewegung begriffen und unablässig schreite die Weltgeschichte vorwärts; da gelte eS denn auch für uns, zu prüfen und nachzusehen, ob Still stand oder Fortschritt eingetreten. Wir lenken hierbei unsere Betrachtung zur See. Deutschland ist mit mehr als 50 Proc. seines Handels am Seehandel bethciligt und drei Viertel deS GesammthandelS deS deutschen Reiches bewegt sich zur See. Unser Schiffsbau hat seit den letzten sieben Jahren sich vervierfacht, und 8,3 Proc. der gesammten in der Welt verkehrenden Schiffe liefern die deutschen Werften, während unsere Seeschifffahrt wieder 8,6 Procent der ge- sammten Seeschifffahrt der Welt repräsentirt. ES unterliegt keinem Zweifel, daß die deutschen Werften stets das Beste und Solideste bauen; wir stehen im Schiffsbau den Eng länder» nicht nach und leisten quantitativ Vs von dem, was die englischen Werften bauen. Wir besitzen gegenwärtig etwas über 1500 Dampfschiffe und etwas unter 1500 Segelschiffe und sind in Bezug auf die Zahl seit Bestehen deS deutschen Reiches auf daS vierfache des einstigen Bestandes gestiegen. Mit uuserer Handelsflotte stehen wir an zweiter Stelle; mit 45 Proc. der gesammten Seehandelsflotte erscheint Eng land, dann folgen wir, denn der Tonnengehalt der ameri kanischen Handelsflotte ist, wenn mau die amerikanische Binnenschifffahrt abrechnet, niedriger als der unsere. Jeden Tag erweitert sich nun der Kreis unserer Beziehungen zur See, und Deutschland kann im Sinne eine- AuS- sprucheS von Lord Byron, der eines Morgens ge funden, daß er ein berühmter Mann geworden, auch von sich sagen, daß, als e- eines Tages erwachte, nach allen Richtungen über See gegangen sei. Alles ist in Deutschland im Aufsteiger, begriffen, nur eins nicht, daS ist unsere deutsche Flotte. General von Stosch, der ein sehr warmes Herz für die Flotte hatte, erhob e- zum Grundgesetz, daß deutsche Schiffe auf deutschen Werften aus deutschem Material gebaut würden; Caprivi hatte für die Marine nicht so viel übrig wie der erste Chef, da er seine Blicke mehrfach den beiden Fronten Osten und Westen wandte. L^rum wolle» wir nun eine große Flotte? Unser Wohlstand>'Wser Aufschwung erzeugen Neid und Mißgunst, fordern aber zu gleich die Aufrechterhaltung unsere- Ansehens im Auslände. Als vor 30 Jahren daS Reich gegründet wurde, hatten wir wenig Wohlstand auf dem Wasser schwimmen, heute schwimmen 6 bis 8 Milliarden, 75 Proc. unsere- gesammten Handel-, auf dem Wasser. DaS bedarf eine- Schutze-, eine- „maritimen ArnheimS", dazu braucht man eine Flotte. Einen Krieg wird Deutschland niemals anfangen, aber, um den Frieden aufrecht zu erhalten, dazu braucht es eine Flotte. Wenn seine Interessen auf dem Wasser liegen, muß eS auch da sein Recht zu wahren wissen, muß Seemacht und Seegeltuug auSüben und erlangen. Und weiter verlangt seine Ehre eine starke Flotte. Es gilt dem spöttischen Wort von ^Lturäax review" zu begegnen: „wenn England seine Flotte mobil macht, dann liegt die deutsche Kriegs flotte auf dem Grunde deS Meeres". UeberdieS sind alle Staaten, welche an die See grenzen, auch kleine, im Begriff, sich Flotten zu bauen. Unsere Seemacht und unsere Seegewalt können wir zugleich nur dann erreichen, wenn wir verhmdern, daß die Ost- und die Nordsee von irgend welchen Feinden blokirt werden; mit Kreuzern geht eS einfach nicht, die fremden Dampfer zu vernichten und so muffen wir Panzerschiffe haben. Schon nach Friedrich List's Ausspruch ist die Macht, die man braucht, nur durch eine große Schlachtflotte zu erhalten. England besitzt 66 Panzerschiffe, Frankreich 38, Rußland 23,Nordamerika 17 und Deutschland 19 (einschließlich der alten und der im Bau begriffenen Panzer schiffe); da gilt eS, auch für Deutschland eine große Flotte zu schaffen. Nur durch Macht und Ansehen, durch eine starke und große Flotte, wird der Friede erhalten. Ob wir sie bauen, das hängt von unseren Finanzen ab. Aber sie er lauben eS, denn Deutschland ist im Stande, die Zinsen für 800 Millionen Mark aufzubringen. Nur eine unzureichende Flotte ist ein LuxuS. So sehen wir denn auch überall die Sympathie für eine deutsche Flotte, von der Bismarck gesagt, daß sie Deutschland zu Heller Be geisterung entflamme, wachsen, sehen den Flottengedanken an Popularität gewinnen, unter den Armeeofficieren und im Volke, vor Allem in dem Deutschen Flottenverein, der den vom deutschen Kaiser in Hamburg ausgesprochenen Gedanken verwirklichen will und auf seine Fahne schreibt. Dazu sollen alle deutschen Männer mit helfen. An den mit lautem Beifall aufgenvmmenen Vortrag fügte sich die Vorführung einer Reihe von ProjectionS-Lichlbildern aus dem Bereich der Kriegsmarine, welche Herr Corvetten- Capitän a. D. Gercke ausführlich und eingehend erläuterte. ES folgte dann eine packende Ansprache deS Herrn Professor vr. Erich MarckS. Leipzig, so führte der geschätzte Redner aus, habe allen Anlaß, in diese Bewegung zu Gunsten einer deutschen Flotte ein zutreten. -- Eng sind seine Interessen mit dem Welthandel und mit der See verknüpft und deshalb liegt seine Gesinnung für die Flotte so nahe. WaS Deutschland bisher fehlte, war nicht die Tüchtigkeit, sondern die Macht. Die Macht, heute haben wir sie und Deutschland steht gleichberechtigt zwischen den Weltmächten, die vor einem Jahrhundert über uuS emporragteu. WaS uns noch übrig bleibt, daS ist die steigende innere wirthschaftliche Mackit umzusetzen in politische Macht, in Waffenmacht auf dem Meere, die den Frieden, diesen großen Förderer alles mensch lichen Lebens, erhalten will. Daß wir unsere Kraft brauchen, zeigt ein Blick nach außen; wir müssen dafür sorgen, daß deutscher Name und deutsches Wesen nicht von den Weltmächten ausgelöscht und niedergedrückt wird. Wir erwarten jetzt die zweite Flottenvorlage und hoffen, daß die maßgebende» Fak toren darin übereinstimmen, die Bedürfnisse der Nation zu bewilligen, koste eS, was es wolle. Wir sehen, wie jetzt das Nationale in den Vordergrund tritt und die socialen Interessen zurücktreten, wie große nationale Auf gaben emporgewachsen sind, an denen unser Volk ge sunden und sich aufrichten soll. In diesem Kampf um die großen Ziele unseres internationalen Lebens danken wir dem Träger der Kaiserkrone, daß er die Bahn nach aufwärts gewiesen, wir wollen uns auf diesen Kampf verpflichten, wollen uns nicht auS dem Bereiche der Macht ausscheiden lassen. Wir wünschen dem Deutschen Flotten verein den Schwung deS Ideals vereint mit der Stärke der Arbeit, welche den Namen unsere« Vaterlandes in die Welt hinausstrahlen lassen, wir wollen seine Macht und Ehre und wir wollen stolz sein auf unser Vaterland! Einmütbig erhoben sich die Tausende und sangen „Deutsch land, Deutschland über Alles". Ehe sie auseinandergingen, verkündete der Vorsitzende der Versammlung die Absendung der bereits mitgetheilten Telegramme an den deutschen Kaiser und an König Albert. —w. Elektrotechnische Gesellschaft. Die Fortschritte aus dem Gebiete der Elektricität sind so außer ordentlich rasch aufeinander gefolgt, daß man, schon übersättigt von dem Neuen, immer noch mehr der Ueberraschungen erwartet. Dem gegenüber kann auch der menschliche Geist nicht rasten und nicht ruhen; angeregt von den Fortschritten der Technik sucht die Wissen schaft Dasjenige, waS für die Praxis noch nicht verwendbar war, so zu vervollkommnen, daß es in den Dienst der Menschheit gestellt werden kann, strebt sie nach immer neuen Entschleierungen der elektrischen Gesetze. In dieser Beziehung hat Marconi mit seiner drahtlose» Telegraphie einen sehr glücklichen Griff gethan; dieser folgte die Lichttelegraphie, über welche sich Herr Pro- sessor W. Biscau aus Teplitz in dem von der Elektrotechnischen Gesellschaft zu Leipzig am Dienstag im „Russischen Hofe" veranstalteten, außerordentlich zahlreich besuchten Vortragsabende in anziehender und lehrreicher Weise mit wissenschaftlicher Gründ lichkeit verbreitete. Diese neue eigenartige Entdeckung ist dem Professor Karl Zickler an der Hochschule für Elektrotechnik in Brünn zu ver- danken. Zickler benutzt nicht mehr die Wirkung der elektrischen Strahlen selbst, sondern die unsichtbaren, die ultravioletten Strahlen, welche mehr oder weniger im Licht der Sonne, der elektrischen Bogenlampe rc. vorhanden sind. Seine Lichttelegraphie ist also himmelweit verschieden von den bisher verwendeten Tele- graphie-Methoden mit Lichtstrahlen, denn hier handelt eS sich nicht um die Wirkung der sichtbaren Lichtstrahlen, sondern einzig und allein um die Wirkung unsichtbarer Strahlen, welche im sicht baren Lichte der Bogenlampe vorhanden sind. Schon bei Gelegen- heft der Röntgen'schcn Entdeckung haben wir uns an die Thatsache gewöhut, daß es eine ganze Reihe von Strahlen giebt, die das mensch liche Auge nicht sehen kann. Wohl wird die Netzhaut unseres Auges von ihnen getroffen, aber in Folg« der hohen Schwingungen dieser Strahlen nicht mehr gereizt. Zum Berständniß der Zicklerischen Experimente ist nun zweierlei in Betracht zu ziehen: ersten-veranlassen die ultravioletten Strahlen eine Entladung deS negativen Pol»; zweiten- gehen sie nicht durch GlaS hindurch. Schon der Heim gegangene berühmte Professor Hertz hat die Entdeckung gemacht, daß ein elektrisches Funke im Hellen leichter überspringen kann wie im Dunkeln. Wenn man beispiel-weise eine» kleinen JnductionSapparat für eine ganz kurze Funkenlänge nimmt uud den Strom so schwach einstellt, daß der Funke nicht mehr überspringt, so wird mau, sobald man die Strahlen einer Bogenlampe auf diese Funkenstrecke fallen läßt, wiederum ein plötzliches Ueberspringea de-Funkens beobachten können. DaS, waS vorher im Dunkeln nicht möglich war, ist eineWirkung der im Bogenlicht in reichlichem Maße vorhandenen ultravioletten Strahlen. Bringt man aber zwischen Bogeulicht und Funkenstrecke eine Glasscheibe, dann kann man sofort wieder «ine Unter brechung des Funkenstroms beobachten: die sichtbaren Lichtstrahlen finden an der Glasscheibe kein Hiuderniß, aber die unsichtbaren Strahlen, welche die Funkenentladung herbeiführeu, finden am GlaS einen großen Widerstand. Wo nun elektrische Funken überspringen, werden auch elektrische Strahlenwirkungen hervorgerufen, welche allerdings keine große Fernwirkung haben, aber immerhin im Stande sind, einen daneben aufgestellten Cohärer eine- Marconijchen Apparates zu beeinflussen. Bekanntlich gehen von einem Funken im Raume Wellen aus, gleich denen vou schwingenden Glocken im Lufträume, und damit wird der Aethtr zum Träger einer eigentbümlichen Bewegung, welche wir als Elektricität bezeichnen. Solche Schwingungen sind es, die auf den Tohärrr, den Wellenempfängrr, einwirkrn. DaS Zickler'sche Instrument, das mau mit einem Marcvuifchea Apparat iu Verbindung zu setzen pflegt, besteht aus einem kleinen JnductionSapparat mit der darüber in eine Glasröhre eingebauten Funkenstrecke. Diele Glasröhre ist bis zu einem gewisse» Grade luftleer oder lustverdünnt und mit Scheiben auS Bergfrystall abgeschlossen. Ebenso sind die Linsen an dem Zickler'sche» EinpsangSapparat, welche die ultravioletten Strahlen auf einen Punct concentriren und die Linsen des Projektionsapparates welche die Strahlen der Bogenlampe parallel mache», aus reinstem Quarz, weil dieses dem Durchgang der unsichtbaren Strahlen kein Hiuderniß entgegensetzt. Herr Professor Bisca» setzte, mit Experimenten beginnend, unter Hinweis auf diese Erklärungen einen ltrinen Induktionsapparat in Function. Sobald er den Lichtstrahl der elektrischen Bogenlampe auf die kleine, etwa zu 45" geneigte Kathode fallen ließ, sprang so- fort ein Funke über. Nun kam noch ein Marconischer Apparat mit dem Cohärer und einer kleinen Glühlampe als Auslöser hinzu. Sobald er dem Apparat die Lichtstrahlen sandte, leuchtete das Glühlämpchen auf, sobald er aber eine Glasscheibe vor den Pro jektionsapparat hielt, sprach der Cohärer nicht an. Damit war der Beweis gegeben, daß es nicht die sichtbaren Lichtstrahlen sind, welche dies Instrument in Thätigkeit setzen, sondern einzig und allein die unsichtbaren, die ultravioletten. Das ist eine Telegraphie ohirr Draht, welche man in einer ganz bestimmten Richtung wirken lassen kann auch mit Zuhilfenahme eines Morseapparats, und bei welcher ein Mitlesen der auSgejandten Zeichen ausgeschlossen ist. Jetzt tritt die Frage heran: in welcher Entfernung gelingen denn diese Experimente. Da ist zunächst in Betracht zu ziehen, daß es sich hier um eine Erscheinung handelt, welche noch ganz in Len Kinderschuhen steckt. Erprobt ist die Erfindung erst auf 1'/» km. Dazu gehört bereits ein Schein werfer, welcher bei 60 Ampere arbeitet. Immerhin ist ja die Mög lichkeit nicht ausgeschlossen, daß wir durch genügend empfindliche Instrumente in der That immer in der Lage sind, auf weite Ent fernungen hin ohne Drahtverbindung Zeichen zu geben, und zwar mit dem Bvrlheil, daß die Unterbrechung der Strahlen ni e sicht bar wird. Ob man gerade die Zickler'sche Erfindung der Telegraphie ohne Draht der Praxis näher gebracht hat, die Frage kann und will man heute noch nicht entscheiden, ober immerhin handelt es sich hier um ein hochinteressantes physikalisches Phänomen. Es mußte daher die Elektrotechnische Gesellschaft Herrn Professor Biscan ganz besonders dankbar sein, daß er sie mit dem Wejen dieses Phänomens durch seine wissenschaftlichen Erläuterungen und wohlgelungenen Experi mente bekannt machte. Ihren Dank bekundete sie in rauschendem Beisall. —m. Verein junger Drogisten. Der „Verein junger Drogisten" hatte jüngst einen Vortragsabend mit Damen veranstaltet, iu dessen Verlaufe Herr Ruß in Firma Aumann L Co. über „Eine Wanderung durch eine deutsche BiSquitsabrik" sprach. Das Thema, wie auch der Vortrag selbst, waren so recht ge eignet, die Aufmerksamkeit der in beiden Sälen des Rosenthalcasinos zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste zu fessel» und wach zu halten. Redner schilderte in ihren Einzelheiten eingehend die Herstellungsweise des mit Recht so beliebten Gebäcks, hob die leichte Verdaulichkeit, die Freude, die man Kindern damit bereitea könne, hervor und rühmte überhaupt alle Vor- zöge. So erwähnte er, wie die Hausfrau, wenn sie Bisquit im Hause hat, der Verlegenheit bei einem unerwarteten Besuch im Puncte des „Vorsetzens" stets enthoben ist. Darum sei eS sehr zu begrüßen, daß jetzt sowohi im engeren als im weiteren Baterlande sich Bisquitfabriken befänden, während man früher diesen Artikel ausschließlich von England habe beziehen müssen. Der Redner, welcher reichen Beisall erntete, verstand es noch, indem er sich der Mühe einer Ausstellung unterzogen hatte, dadurch, daß man sich von dem guten Geschmack des Gebäcks selbst überzeugen konnte, den Vortrag auch „genußreich" zu gestalten. In den weiteren Stunden des Abends gelangten Musikstücke, rin von Mitgliedern des Vereins gut einstudirter und gewandt ge spielter Schwank: „Ein in Gedanken stehen gebliebener Regen schirm" von A. Schröder, ferner mehrere schön zur Geltung kom mende Gesangsstücke, u. a.: „Untreue" von Silcher, „Heute scheid ich" von Jsemann, „Das einsame RöSlein im Thal" von Hermes, von einem Doppel-Quartett des O. Th. Winck- ler'schen Gesangvereins gesungen, zur Aufführung. Die sämmt- lichen Leistungen waren vortrefflich und wurden durchweg mit reichem Beisall belohnt. Der I. Vorsitzende, Herr Bruno Heimerdinger, dankte allen Mitwirkenden und legte in kurzen Worten die Ziele und Bestrebungen des Verein- dar. Ein flotter Tanz beschloß die schön verlaufene Veranstaltung. In nächster Zeit werden innerhalb des Vereins verschiedene wissenschaftliche Vorträge gehalten; im Januar wird das Geschäfts- Haus einer großen Weinfirma besichtigt werden und jüngst wurden die Mineralöl- und Parasfinfabriken Gerstewitz, sowie die großen Papierfabriken von Dieterich, Weißenfels, besichtigt. Entscheidungen des Reichsgerichts. (Nachdruck verboten.) I-. Lechzis, 30. November. Für Radler wie für Rechts anwälte ist eine Entscheidung von Interesse, welche heute vom Reichsgerichte gefällt wurde. Das Landgericht Frankfurt a. M. hat am 2. October den Wirth Kart Heilig wegen fahrlässiger Tödtung zu einem Jahre Gesängniß verurtheilt. H. fuhr am Abend des 27. August gegen 10V, Uhr auf seinem Rade durch die Straßen und zwar, weil es stark regnete und er möglichst schnell nach Hause kommen wollte, mit ungewöhnlicher Schnelligkeit. Ein Mädchen wollte, und zwar ebenfalls recht schnell, quer über die Straße nach Hause laufen, wurde von Heilig überfahren und starb an den erlittenen Verletzungen. Die Schuld an diesem Unglücks falle wurde dem Angeklagten aufgebürdet und zwar wurde seine Fahrlässigkeit darin erblickt, daß er ohne Laterne gefahren war und keinerlei Signal hatte ertönen lassen. — Gegen das Urtheil hatte der Vertheidiger des Angeklagten, vr. Stutz, Revision eingelegt und zwar rügte er, daß er, der Vertheidiger, zur Hauptverhandlung nicht geladen worden sei. Wie sich aus den Acten ergab, war eine Anzeige, daß vr. St. die Bertheidigung über- nommen habe, nicht erfolgt. Demnach hatte auch eine Ladung des Berthetdigers nicht erfolgen können. Leider hatte nun aber der Vertheidiger eS auch für die Revisionsinstanz unterlassen, eine Voll macht des Angeklagten beizubringen. DaS Reichsgericht verwarf deshalb die Revision als unzulässig und legte dem Beschwerde- führer, d. h. dem Rechtsanwalt vr. Stutz, die Kosten der Revisions instanz auf. Vermischtes. — Hamburg, 30. November. Die zu den Matrosen, Feuerleuten, Steward- rc. gehörigen Mitglieder der Besatzung der „Patria" werden als Anerkennung für ihr muthvolle«, pflichttreues Verhalten bei dem Feuer, dessen Opfer die „Patria" geworden ist, die Heuer für 2 Monate ihrer Ge- haltSclaffe entsprechend als Belohnung erhalten. — Kiel, 29. November. Die Dampfpinasse des großen Kreuzers „Vineta", mit 12 Mann besetzt, collidirtc mit der Ankerboje deS KriegSbafenS und erhielt an der Backbord seite ein Leck. Der Führer setzte daS Fahrzeug auf den Strand, die Mannschaft rettete fick, die Pinaffe aber versank. — Rostock, 29. November. Der lange vermißte WiS- Marsche Segler „Elise" ist gekentert und bei Ljung in Finland angetrieben. Die ganze Besatzung ist um ge kommen. (B. T.) - — lieber bte Retseerlebniffe einer gebratenen Gan- wird aus Tilsit berichtet: Vor einigen Tagen kam ein Lehrling des Bäckermeisters P. in den Läden des Kaufmanns S. und über brachte eine gebratene Gans mit dem Bemerken, der Besitzer werbe sie sich abholen. Die Gans wurde aufbewährt, aber wer nicht erschien, war der Besitzer. Auch am anderen Tage kam er nicht, und es fanden sich bereits Liebhaber eines billigen Gänse bratens, die ihn vertilgen wollten, was aber nicht gestattet werden konnte. Besonders schlaue Kunden meinten auch, die Gans sei von einem „guten Freund" des S. zum Schabernack geschickt worden und enthalte mindestens Strychnin. Nachfragen des S. bei der Polizei, ebenso Inserate in Zeitungen blieben erfolglos; der Eigenthümer meldete sich nicht. Die Gans schickte S. nun der Polizei zu, die den Braten dem Hospital überwies. Gerade als ein Lehrling des S. mit dem Braten dem Hospital zuwandert, erscheint endlich ein auswärtiger Besitzer bei S. und meldet sich als Herr der Gans. Er habe sic auf dem letzten Wochcnmarkt ge kauft, braten lassen und wollte sie in Gesellschaft mehrerer Freunde bei der Heimfahrt verspeisen, habe sie aber in Folge großer Bier- feligkeit vergessen. Von S. über den Verbleib der Gans ver ständigt, eilt er nach dem Hospital, um, wenn möglich, den theuren Braten noch retten zu können. Als er endlich schweiß triefend im Hospital ankommt, ist die Gans bereits zertheilt, und die Hospitaliten rüsten sich eben zum festlichen Mahle. Der Bauer reclamirte seine Gans und zog mit den Bratenstücken ver gnügt von dannen. — Vrefel-, 30. November. Amtlich wird berichtet,: Gestern Abend gegen 11 Uhr ist auf der Kreuzungsstelle Forst haus bei Crefeld der für München-Gladbach bestimmte Güter zug 3112, der behufs Kreuzung halten sollte, infolge Ueber- fahrenS des auf „Halt" stehenden AusfahrtSsingnals, gegen den am Ende stehenden Prellbock gefahren und theilweise entgleist. Der Locomotivführer ist schwer verletzt, der Heizer ist todt. Der Materialschaden ist bedeutend. Die Untersuchung ist eingeleitet worden. ---- Ten Haupteingana zu der Pariser Weltausstellung wird ein architektonisches Riosenthor an der Place de la Con corde bilden, wo hohe Gerüste es noch den Blicken der Neu gierigen verbergen. Drei Bogen von 45 Metern Höhe werden so zu einander gestellt, daß sie ein Dreieck umschließen, welches, von einer ungeheuren Kuppel überdeckt, bei RegeNwetter 2000 Per sonen Schutz gewährt. Diese Kuppel wird in Gold und Purpur- roth strahlen. Zu beiden Seiten des aus Eisen mit einer leichten Mörtelbekleidung gebauten Thores erheben sich schlanke Thürme. Den Hauptlbogen des Thores krönt das Vordertheil des Schiffes aus dem Stadtwappen von Paris, und das Ganze überragt eine allegorische Riesenfigur des Weltfriedens. Der gezackte Rand des bunt bemalten Mauerwerkes wird mit vielfarbigem Glase aus gelegt 'sein, das in tausendfältiger Pracht die Sonnenstrahlen zurückwivft. Im Innern des Gewölbebogens werden Statuen die „Fee Elektricität" darstellen, und zu beiden Seiten ziehen sich Friese von 9 Metern Länge und 2 Metern Breite hin, welche in allegorischen Bildwerken die Arbeit veranschaulichen: Lange Reihen von Arbeitern aus allen Werkstätten menschlicher Thätig keit eilen mit den Erzeugnissen ihres Fleißes der Ausstellung zu. — In sehr geschickter Weise hat der Architekt den Plan verwirk' licht, den zahlreichen Besuchern der Ausstellung einen schleunigen Eintritt und gleichzeitig eine Controle zu er möglichen. Achtundfünfzig Gänge, die im Halbkreise aneinander gereiht sind, lausen auf einen Punct aus, wo ein Controleur die Eintrittskarten abnimmt. Man hat ausgerechnet, daß auf diese Weise gegen 70 000 Besucher durch dieses einzige Thor in einer Stunde Einlaß in die Ausstellung erlangen können, ohne daß eine bedeutende Stockung »im Verkehre daraus entsteht. --- Räuberweseu und Mafia uud ihre Beschützer. In Mai land wird gegenwärtig der vor die dortigen Geschworenen ver wiesene Proceß wegen der Ermordung des früheren Directors der Bank von Sicilien Notarbartolo verhandelt. Aus den Zeugenaussagen ergiebt sich ein starker Verdacht mittelbarer Be theiligung gegen den Abgeordneten Palizzolo, der aus finan ziellen Gründen an der Beseitigung Notarbartolo's ein bosonderes Interesse hatte. Dieser „Fall Palizzolo" veranlaßt das Blatt „Don Marzio", eine Geschichte von einem anderen Abgeordneten zu erzählen, der das Vevbrecherthum in seinen Schutz nahm. Als Nicotera ins Ministerium trat, nahm er sich vor, das Brigantenthum auszurotten. Zu dem Zwecke mußten zunächst zwei Häuptlinge unschädlich gemacht werden, in denen das Un wesen sich gewissermaßen verkörperte: Siinardi in der Sila, jenem großen calabrischen Waldgebirge, und Leone in Palermo. Der Minister berief einen Präfecten Namens Malusardi zu sich, über dem aus irgend einem Grunde das Schwert des DamokleS schwebte, und sagte zu ihm: „Mit Ihrer Laufbahn ist's zu Ende; hier ist die Verfügung, die Sie in den Ruhestand versetzt. Es giöbt für Sie nur ein Mittel, dem zu entgehen." „Und welches?" „Als Präfect nach Calabrien zu gehen und mir den Siinardi zu sangen." „Ich werde es thun." Er ging hin, erließ eine Be kanntmachung von vier bis fünf Zeilen, worin er offen ver kündigte, weshalb er gekommen fei, und in kurzer Zeit war Siinardi gefangen und erschossen. Malusardi wurde wieder zum Minister berufen und erhielt von ihm den Auftrag: „Gut ge macht, aber es genügt mir nicht; jetzt gehen Sie nach Palermo als Präfect und fangen mir den Leone!" Malusardi trat seine neues Amt an; als aber längere Zeit verstrich, ohne daß er einen Erfolg zu melden hatte, wurde Nicotera ungeduldig. „Ich kann ihn nicht fassen!" sagte Malusardi. „Warum denn nicht?" „Ja, in Calabrien gab es keine Mafia, wohl aber in Sicilien." „Sie müssen mir den Leone fassen, trotz der Mafia!" „Ich kann's nicht, weil Leone die Wahlen macht für den Abgeordneten seiner Gegend." „Wer ist dieser Abgeordnete?" „Der ehrenwerthe Torina." Nicotera ließ diesen Herrn zu sich kommen und sagte ihm: „Ueberlassen Sie mir den Leone oder ich mache Ihnen einen Scandal!" „Machen Sie den Scandal, wie Sie wollen; ich überliefere Ihnen Niemand." „Nun gut, in einigen Tagen werden wir schon sehen." Und in einigen Tagen wurde die Kammer aufgelöst, und da hiermit zugleich die parlamentarische Unantastbarkeit aufhört«, wurde der ehrenwerthe Herr Torina vor Gericht gestellt und nicht mehr zum Abgeordneten gewählt. Als bald gelang cs dem Präfecten, den Leon« zu fassen und zu tödten. Aber lange dauerte es auch nicht, so war Nicotera nicht mehr Minister, und gleich darauf war Malusardi in den Ruhestand versetzt. Eine andere sehr kennzeichnende Thatsache für die Mafia erzählt die „Provincia di Brescia". Etwa ein Jähr vor der Uebersicdelüng der Regierung nach Rom kam aus Palermo der General Medici, der damals in Sicilien gewissermaßen die Diktatur führte, nach Florenz. Eines Abends, in einer größeren Gesellschaft, fragte ihn Giuseppe Guerzoni, sein Wassengefährte aus den Jahren 1859 und 1860 und sein vertrauter Freund: „Du mußt doch besser als irgend Einer jene Mafia kennen, von der alle Welt redet; wie steht cs eigentlich damit?" Giacomo Medici gab darauf eine ausführliche Beschreibung dieser geheimen soliktentv Arbeit, imte8 Meriai, mit u. okns loilstts-Lmriektunx luMril nlkkti knM. ru allen kreisen. RLnigl. SRvti». tfir disder unerreicht« ^ollkowweudelt 1» 4er kndrvrntlou ' seins,' u. pnLklkoffsp l.vijsnnkU'sn u. koffvf.
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