01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000122010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900012201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900012201
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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- Tag1900-01-22
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) l. LeilW zum Lchztza TUblatt M Aiizcher Nr. ZU, MoitG A. Wmr lVK. (MM-WBe) Amtlicher Theil. LLMe FWLFFURLFFIAfSVVF^SLF/ /ek Lebe--rek--re c/ass ro-r ^kb//RbFE EMOFRVIFFEFE^FI^ -r//r§le-e ^- erse Aes^ei/k rLe- c/e-r können ketlanen. Ich fremde Menschen fremd gebaren Wie weh', wie weh' mir da geschah! Doch vor dem Haus, wo uns vor Jahren Die Mutter stets empfing, dort sah oder größeren Trupps zu den Factoreien, erstere um Stoffe auf- zukaufen und sie in dem Hinterlande gegen die Producte des Landes wieder abzusetzen, letztere um ihr Oel und ihre Palmkerne, sowie meistens bei diesen Gelegenheiten auch ihren weit aus Adele hergebrachten Gummi zu verkaufen. In den Höfen der Factoreien ist ein geschäftiges Treiben zu bemerken, überall werden Palm kerne gewogen, Gummi wird mit Seewasser besprengt und prä- parirt, Palmenkerne werden in Schuppen geschaufelt, oder fertig in Säcken zur Verladung auf dem nächsten Dampfer verwogen. Natürlich geht dieses Treiben, wie jede Arbeit bei den Schwarzen, nicht ohne Lärm ab. MM. und Giar<- Handlung knapp, spannend sein und dem Conflicte zuftreben muß und sich nicht in epische Breite verlieren darf, außer, wo es vcr Gang der Ereignisse von selbst erfordert (Berichte, Erzählungen, Schilderungen). Das epische Moment, oas schon die Lyrik unseres Dichters nicht unbedeutend beeinflußt, macht sich auch auf diesem Gebiete allzu sehr geltend und läßt Vie dramatische Behandlung der übrigens meist vorzüglich gewählten Stoffe nicht in gewünschter Weise gelingen. Als Lese dramcn mögen daher Lingg's Tragödien noch immer ein dankbares Publicum finden, das sich, ohne an die Technik des Dramas zu hohe Ansprüche zu stellen, mit einem in ansprechender Form dargestellten Inhalt begnügt; bühnen fähig, zumal auf die Dauer, dürfte sich keines der dramatischen Werke Lingg's erweisen, trotzdem daß sie in ihrer Mehrzahl für im landläufigen Sinne bllhnen- gerecht gelten können. Lingg's Stärke liegt zweifellos auf lyrischem Gebiete, trotz der starten epischen Färbung, die viele seiner bedeutendsten Ge dichte dieser Gattung tragen. Sonach würde neben der Hvmne die reine Ballade das eigenste Schaffensfeld unseres Dichters bilden. Aber dieselbe erfordert einerseits eine rasch und energisch fortschreitende Handlung, andererseits eine sangbare Form. Lingg neigt hingegen zu epischer Breite, und musikalischer Wohl laut geht gerade seinen hervorragendsten Schöpfungen ab. Gleich wohl muß anerkannt werden, daß unter den Vertretern der alten klassischen Richtung, nachdem ihre hervorragendsten Repräsen tanten einer nach dem anderen der Sterblichkeit ihren Tribut ge zollt haben, unser Dichter eine bedeutende Stellung einnimmt. Dies gilt nicht sowohl und ausschließlich von einer bestimmten der von ihm vertretenen Dichtungsgattungen, als vielmehr von ihrer Gesammtheit, sofern Lingg auf allen diesen Gebieten fruchtbar wirkte und auf einzelnen "wirklich Hervorragendes leistete. Und noch eins: als Vertreter der Classicität hat sich unser Dichter doch zugleich auch seine Originalität zu wahren ge wußt, freilich nicht im Sinne unserer „Modernen", sondern in Rücksicht auf die ewig unvergänglichen Kunstideale unserer un sterblichen Meister. Darum ist dem greisen Dichter an seinem heutigen Ehrentage des deutschen Volkes herzlichste Antheilnahme gewiß! vöchentlich tter. !vv" erb. »ikter. n bürgerl. in Postcolli 1 pr. Psd. kostenpreis, nuckseo. erx, iße 43. agers, sowie nd: Sanmwollc , Nähseide, tderborten, een - Varn, wn - Rester, lrttkel , 13, iS L. K»/ /.r er» bst sie, gr., ge. de in sicht unter Gar. , 1 Stamm, stgcflügel, tapaunen, >, 9 Pf. pr. ; Nr. 5. »tter* inculturen, r noch ab- chcrsleben, -eschränkter Mir war, als rief es aus den Wogen: Flieh', flieh', und ohne Wiederkehr! Die Du geliebt, sind fortgezogen Und kehren nimmer, nimmermehr!" Düsteren, schwermüthigen Charakters sind „Passionsblume ,Die Krähen", vor Allem „Erwartung des Weltgerichts": „Wo bleiben nur die Schnitter, wer keltert all den Wein? Die Aehren auf den Feldern verglüh'n im Sonnenschein, Die Trauben in den Gärten, die Birnen in dem Laub, Man pflückt sie nicht, sie fallen von selber in den Staub. str. 4». Wir betraten, erzählt Klose, den Store einer Factorei und fanden dort die Agenten derselben bei der Arbeit an den Büchern vor. In den geräumigen Schuppen lagen in Stapeln die ver schiedensten Baumwollstoffe, sowie allerhand sogenannte Prints (Kattun-)Stoffe, welche zur großen Freude unserer Ankömmlinge meistens das „Made in Germany" trugen. Auch bessere Stoffe, die zur Herstellung der sogenannten Cooerclothes, des haupl sächlichsten Kleidungsstückes der Eingeborenen, der Evhe, verwend?! werden, liegen hier in geschmackvollen, gestreiften und carrirten Mustern aus, wobei die blaue Farbe vorherrschend ist. Auch Seide wird zum Verkauf bereit gehalten, de, die reichen Frauen, besonders die der schwarzen Händler, sich den Luxus gestatten, bei feierlichen Ge legenheiten in Seide zu erscheinen. Neben der be liebten blauen Farbe wird häufig die grüne und die schwarze g- wählt, aber allen diesen wird die gelbe oorgezogen. Und nicht in t Unrecht hat sich der Geschmack dieser Schönen in erster Linie für diese Farbe entschieden, da sie einen schönen Contrast zu ihrer schwarzen Hautfarbe bildet. Auch kleine weiße, rothe und mehr farbige seidene Tücher gelangen hier zum Verkauf und werden als Kopfumhüllung getragen. Glasperlen jeglicher Art blitzen hier dem Beschauer entgegen, bedruckte Taschentücher in den grellsten und buntesten Farben, die das Herz der Schwarzen er freuen, werden feilgeboten. Große Packete mit Roth- und Blau garn liegen in den Fächern aufgespeichert; dies Garn ist ebenfalls einer der wichtigsten Tauschartikel, sowohl für die Europäer, wie für die schwarzen Händler, welche damit gute Geschäfte im Hinter lande machen. Auch Tabak ist zu haben, der häufig, besonders in der trockenen Zeit mit Wasser benetzt wird, um ihm die nöthige Feuchtigkeit zu erhalten. Auf der einen Seite des Schuppens lagert in einer besonderen Abtheilung in Tonnen der Gummi. Den Einkauf dieses wichtigen Handelsartikels besorgt in der Regel der Agent der Factorei in eigener Person. Der Gummi wird hier auf seine Güte und Feuchtigkeit geprüft, auch werden probeweise Bälle angeschnitten, weil die raffinirten Schwarzen öfters Steine und Sand hinein legen, um das Gewicht zu erhöhen und einen höheren Preis zu er zielen. Nach dieser Prüfung wird der Gummi gewogen, und nun beginnt das umständliche Hin- und Herreden über den Preis. Stunden lang sucht der schwarze Verkäufer oder elerlc, wie ihn die europäischen Kaufleute mit Vorliebe nennen, eine Einigung zu erzielen. Häufig gehen die Leute aus einer Factorei in die ander.- und kehren schließlich wieder zur ersten zurück, um dann, nachdem sie sich über die Preislage orientirt haben, dieser ihre Waare zu verkaufen. Der Erlös wird nur selten in baarem Geld: genommen: meistens werden dafür Maaren eingetauscht, welche nach Belieben des Käufers in Tabak, Spiritus, Wollzeugen, Perlen, oder sonst dergleichen bestehen. Ferner sieht man hier sogenannte Daneguns, lange groß.- Steinschloßflinten von meist minderwerthigem Fabrikat; auch findet sich der beliebteste Tauschartikel, das grobe Negerpulver, in kleinen Fässern zum Transport ins Innere verpackt, vor. Ebenso fehlen wohl in keiner Factorei die für den Europäer nicht gerade allzu wohlriechenden Pomaden, die, wie das Lawendelwasser, für die schwarzen Damen des Landes einen besonders schätzenswerten Toilette-Artikel bilden. Um sich an dieser Kosmetik erfreuen zu können, dürfen selbstverständlich die Spiegel nicht fehlen. Kleine weiße Thonpfeifen sind ebenfalls ein sehr begehrenswerter Frauenartikel, denn in Afrika ist es mit dem Rauchen umgekehrt wie bei uns. Dort rauchen die Damen des Landes, und oft sieht man die Frauen auf dem Markte mit Wohlbehagen ihren Knaster aus solchen Pfeifen rauchen. In allen solchen Stores sind auch Bedarfsartikel und Lebens mittel für die Weißen zu haben. Konserven aller Art sind in Büchsen aufgestapelt, daneben Weine, unter denen im Allgemeinen die französischen Bordeaux den Vorzug haben; ferner Batterien von Bier in Flaschen, Mühen, Tropenhelme, Drellstoffe, sowobl für die Europäer wie für die dortige Truppe, die in braunen Karkey-Drell gekleidet ist, rothe Feze, die auch zur Uniformirung dieser Truppe gehören und die Kopfbedeckung der mohamedani scheu Bevölkerung ausmachen. Kleinere Bedarfsartikel, wie Cigarren, Cigarrenspitzen u. s. w., gehören ebenfalls zu den mannigfachen Maaren der Factoreien. Im Osten der Bremerstraße schließt sich der Markt an, ein großer freier, mit Schattenbäumen beflanzter Platz, auf welchem die sogenannten Kernermärkte abgehalten werden. Auf der Ost und Nordseite des Marktes befinden sich die Filialen der großen Factoreien, eine Menge von Läden, etwa 50 an der Zahl. Die Gewohnheit ver Schwarzen hat die Anlage dieser Läden noth wendig gemacht. Der Schwarze will nicht nur Maaren erstehen, sondern er will dabei auch sein Vergnügen haben. Er geht häufig, wie von einer Factorei zur andern, so von einem Laden zum anderen, läßt sich die verschiedenen Waareu zeigen und erwägt deren Preise und Güte, und nicht selten kommt es vor, daß er, nachdem er mehrere Läden abgesucht hat, schließ lich doch in einem der von ihm bereits besuchten Läden seine Ein käufe besorgt. Hier in Lome bildet, im Gegensatz zu Klein-Popo, das Cassageschäft, wie es die Kaufleute nennen, die Haupt einnahme, während in Klein-Popo, unserer zweitgrößten Handels stadt in dem Gebiete, der Engroshandel vorherrscht. Die Läden werden zum größten Theil von schwarzen c-Ierlcs verwaltet, welcbe täglich des Abends ihre Einnahme an die Disponenten der Facto reien abführen. Natürlich machen diese kleinen Filialen dem Kaufmann nicht wenig Schmerzen, da er häufig Stock zu nehmen hat, wie der technische Ausdruck lautet, d. h. durch die Aufnahme der Ladenbestände seine schwarzen Angestellten in steter Control» halten muß. Auf dem Marktplatze befinden sich an bestimmten Markttagen die sogenannten ceatcelror, die schwarzen Angestellten der Facto reien. Fast jede Factorei ist dort durch einen celerlc vertreten, der bei seinen großen Tonnen oder bei einem Berg von Säcken mit der Waare bereit steht, um die zum Kauf angebotenen Waare r an Oel und Kernen in Empfang zu nehmen. Große Karawanen mit Kalabassen und Schalen kommen familienweise aus den um liegenden Dörfern angezogen und bieten ihre Producte an. Früher wurden sie, noch bevor sie auf dem Marktplatz ankamen, von den Catchern abgefangen, welche kein Mittel unversucht ließen, um den unbeholfenen Landbewohnern ihre Waare abzuschwahen. Schließlich griff diese Unsitte so weit um sich, daß der eigentliche Handel sich nicht mehr innerhalb der Stadt, sondern weit vor derselben auf der Landstraße bewegte. Natürlicher Weise kam es dabei nicht selten zu Schlägereien unter den concurren; neidischen Angestellten, sowie zu Gewaltthätigkeiten gegen die Eingeborenen, die ihre Waare nicht zu so niedrigem Preise los schlagen wollten. Mit Recht trat die Regierung diesem Treiben energisch entgegen, so daß nun der Markt an bestimmten Plätzen unter Aufsicht der schwarzen Polizisten stattfindet. Vcrmikthmigen. 1) Kleine Flenckergasse Nr. 27» H.» eine Wohnung zu 525 jährlich, ) Veorgiring Nr. 17 im Hanptrollamtsgebiiude Kellrrräumr, asphallirt, mit Lagerrinrichtung und event. Gasleitung versehen, als Wrinlager passend, für 1500 jährlich. Die unter 1) bezeichnete Wohnung ist sogleich, die unter 2) bez. Kellerräume vom 1. April 1900 ab zu vermiethen. Miethgesuche werden auf dem Rathhause, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 19 entgeqengenommen. Leipzig, den 19. October 1899. Der Rath der Stadt Leipzig. Ör. Tröndlin. Römer. Marktverkehr und Casernenleben bei unseren Schwarzen in Togo. Nachdruck verbot«». Seit die blutigen Wirren auf dem herrlichen Samoa-Archipel, diesem Zankapfel dreier seefahrender Nationen, durch Vertrag in ihrem Keime erstickt sind, und die deutsche Flagge in Apia die Kreuzer und Handelsschiffe aus aller Herren Länder begrüßt, ist auch Togo, unsere fruchtbare, vielversprechende Kolonie an der Sclavenkllste im Westen des schwarzen Erdtheils, wieder mehr in den Vordergrund des Interesses getreten. Haben doch die Ver handlungen unserer Reichsregierung mit England über Samoa zugleich das Ergebniß gehabt, daß das in gewaltigen Dimensionen sich ausdehnende Hinterland von Togo zwischen beiden Nationen aufgeVheilt und die nicht gut länger aufzuschiebende „Zusammen legung der Grundstücke" endlich zur Thatsache geworden ist. Sind auch nicht alle deutschen Wünsche erfüllt, so ist Togo für uns doch bedeutend im Werthe gestiegen; neue deutsche Expeditionen werden von der Küste ins Innere vorwärtsdringen, um feine Schätze zu erschließen, unsere großen Handelsfirmen werden den Togo-Import in wesentlich erweitertem Maße in den Kreis ihrer Calculation ziehen, und im Reichstag, in der Presse, wie in der Unterhaltung deutscher Colonialfreunde wird öfter denn bisher von Togo, seinem Land und seinen Leuten, seinen Sitten und Gebräuchen, seiner wirthschaftlichen, merkantilen und allgemeinen kulturellen Entwickelung die Rede sein. Ueber das, was deutsche Thatkraft und deutscher Unter nehmungsgeist schon bisher in Togoland geschaffen, was sie aus der Kolonie und seinen Bewohnern gemacht, und über die Wege, die sie für die Epoche eines neuen Aufschwunges in rastloser, un verdrossener Arbeit geebnet, giebt in außerordentlich gründlicher, ja grundlegender Weise H e i n r i ch K l o s e, der im März 1894 von der Colonialabtheilung unseres Auswärtigen Amtes nach Westafrika, speciell nach Togo entsandt wurde, in seinem klassi schen, dem Präsidenten der Deutschen Colonialgesellschaft, Herzog Johann Albrecht, Regent des Großherzogthums Mecklenburg- Schwedin, gewidmeten Werke „Togo unter deutscher Flagge" (Verlag von Dietrich Reimer, Berlin 1899) er wünschte Auskunft, und Jeder, der sich mit diesem westafrikani schen Handelsemporium des Weiteren beschäftigen, oder selbst den Schritt nach seinen Palmenwäldern wenden will, wird nicht umhin können, sich mit den ebenso belehrenden wie unterhaltenden Reisebildern und Betrachtungen Klose's, die durch eine sehr große Anzahl Illustrationen nach Originalaufnahmen an Ort und Stelle belebt sind, eingehend vertraut zu machen. Wir greifen das -Eine und Andere von allgemeinem Interesse heraus und lassen uns von dem über Alles und Jedes-in Togo land bis in die kleinsten Details orientirten, mit scharfer Beob achtungsgabe und hervorragendem Darstellertalent ausgezeichneten Verfasser zunächst etwas über den Marktverkehr unserer schwarzen Conpatrioten an der -Küste und im Vorland des Schutzgebietes erzählen. Wer Handel und Wandel in Togo kennen lernen, oder selbst Ge schäfte dort treiben will, der muß sich nach der belebten Kllstenstadt Lome wenden, die in den letzten Jahren eine größere Bedeutung erlangt hat und ihre Existenz der deutschen Kolonie verdankt. Hermann Lingg. Zu des Dichters achtzigsten Geburtstage (22. Januar 1900.) Von Paul Pasig- Ilmenau. Nachdruck verboten. Ist es an sich schon ein denkwürdiges Ereigniß, wenn ein Sterblicher die Altersgrenze erreicht und zu überschreiten im Be griffe ist, die der Psalmist dem menschlichen Leben gezogen hat, wie viel mehr dann, wenn es sich um einen der Erwählten im Reiche der Geister handelt, dessen Schöpfungen dazu angethan sind, ihren Schöpfer zu überdauern. Zu diesen Beneidenswerthen gehört zweifellos H e rm a n n L i n g g, der am 22. Januar sein achtzigstes Lebensjahr vollendet. Zwar ist zuzugeben, daß der Jubilar, wären nicht äußere, fast möchte man sagen, zufällige Umstände bestimmend dazwischen getreten, kaum genügend Muße gefunden hätte, sich mit solcher Ausdauer und solchem Erfolge Dem Dienste der Musen zu widmen. Denn Lingg, der in Lindau am Bodensee geboren wurde, ist Mediciner von Beruf und brachte es bis zum Militärarzt. Aber bald zeigte es sich, daß der Krankenhelfer selbst derart leidend war, daß er sich in den Ruhestand zuückziehen mußte (1851). Die so gewonnene Muße aber glaubte er in Bayerns Hauptstadt nicht besser ausnützen zu können, als durch literarische Thätigkeit, wozu ihn schon in seiner Jugend neben einer ausgesprochenen Neigung auch ein unverkennbares Talent zu befähigen schien. Aber Talent und Neigung begründen, wenigstens, Gott sei's geklagt, in unserem deutschen Vaterlande, noch lange kein Anrecht auf eine wenigstens einigermaßen auskömmliche Dichterexistenz. Da war es denn der Altmeister der neueren deutschen Lyrik, der im Jahre 1852 von dem kunstsinnigen Könige Maximilian II. von Bayern als Pro fessor der Poetik und Aestbetit nach München berufene Emanuel Geibel, der durch Veranstaltung einer Herausgabe von Lingg's Gedichten (Stuttgart 1853) dem jüngeren Freunde den Weg in die Öffentlichkeit bahnte. Wenn auch nicht im Fluge, wie etwa Heine, sondern schrittweise und allmählich, ganz wie sein Pro tektor Geibel, errang sich Lingg Anerkennung und Beifall zu nächst in der engeren Literaturgemeinde, und als der edle Bayernkönig eine Pension für den unermüdlich schaffenden Dichter, der sich nie von seinem München zu trennen vermochte, auswarf, schienen äußere Sorgen für immer von dessen Schwelle verbannt, und der Genius konnte nun um so freier seine Schwingen regen. In der That ist es geradezu staunenswerth, welche Fülle von dichterischen Erzeugnissen wir der Feder Lingg's verdanken. Als Lyriker, Epiker und Dramatiker begegnen wir ihm, und in dieser Reihenfolge ist zugleich des Dichters Bedeutung ausgedrllckt, die ihn uns vor Allem als Lyriker schätzen läßt. Eine stattliche Reihe Bände von „Gedichten" Lingg's weist der Büchermarkt auf bis zu der im Jahre 1885 erschienenen Sammlung: „Lyrisches, neue Gedichte" und selbst „Zeitgedichte" (1870), ja auch eine Antho logie („Liebesblüthen aus Deutschlands Dichterhain", 1869) fehlt nicht. Was Lingg's Dichtweise vor Allem fehlt, das ist die flüssige, sangbare Form, die Geibel's Dichtungen „auf den Lippen des Deklamators in Musik verwandelt" und die Composition geradezu herausfordert. Lingg schreibt, um mit Gottschall zu reden, jenen echten Lapidarstil, der sich für Oden und Hymnen eignet und einer Epoche Noth thut, die sich der Größe eignet und und einer Epoche Noth thut, die sich der Größe poetischer Anschauungen und Gedanken zu entfremden scheint. Man kann ihn, was Kraft und Anschaulichkeit des Ausdrucks anlangt, mit Freiligrath vergleichen, nur mit dem Unterschiede, daß letzterer bei Weitem reicher ist an originellen, meist exotischen Bildern, während Lingg es liebt, seinen Gedichten eine welt geschichtliche Perspektive zu geben. Dadurch erhalten selbst an sich lyrische Ergüsse gewissermaßen ein episches Gepräge, ein Fehler, der wiederum die Epik des Dichters auf daS lyrische Ge biet hinüberrückt. Eigentümlich ist dem Dichter, der einen ausgesprochenen Sinn für weltgeschichtliche Katastrophen hat, die Vorliebe für das Düstere, Geheimnitzvolle, ja, widerwärtig Grandiose, das sich übrigens gern mit dem Epochemachenden zu paaren pflegt. Zu den herrlichsten Erzeugnissen Lingg'scher Lyrik, in denen das sangbare Element unstreitig zur Herrschaft gelangt ist, gehört wohl unter Anderem „Heimkehr": ,lJn meine Heimath kam ich Widder, Es war die alte Heimath noch. Dieselbe Luft, dieselben Lieder, Und alles war ein And'res doch . . « Sparkasse Liebertwolkwitz. Geschäftszeit: allster Sonnabends jeden Wochentag Vormittag- 8—12 und Nachmittags 2—4 Uhr. Einlagenzinssuß: Wo sind die Menschen alle?" u. s. w. Der Dichter schildert dann die bangen Empfindungen, die die Ahnung des nahenden Gerichtstages in den Herzen erweckt, um die Spannung, die auf das Höchste gesteigert wird, in dem anmuthigen Schlußbilde zu lösen: „Auf Blumen eingebettet in eines Thales Hain Ruh'n, engelsgleich, zwei Kinder in Gottes Schutz allein; Auf ihrer Unschuld Wangen blüht das zarte Himmelslicht, Vorüber rollt der Donner, vorüber das Weltgericht." Ein düsteres Nachtgemälve jener Art, wie wir sie oben an deuteten, in denen der Dichter in der anschaulichen Schilderung des Gräßlichen und Abstoßenden zu schwelgen scheint, ist „Der schwarze Tod": Auktion. Tienstag, Len 2L. d. M., nnd folgende Taae von vor mittags IV Uhr an versteiqere ich iin Locale Markthallen- ltraste Rr. 14 aus einer Konkursmasse stammend 12 Kiste» Waare, bestehend zum größten Theil aus wollenen »nd halb wollenen Kleiderstossen, sowie kattunen, Barchenten, Vardinen, Porttbren,tosten, Tischdecken, Wcihwaaren re. im Gesammlwerth von circa 10000 Die Maaren werden in ganzen Stücken, sowie in kleineren Coupons, einzelnen Kleidern und Resten meistbietend gegen gleich baare Bezahlung öffentlich ver» steigert und lade ich hierzu Händler und Privatleute ein. Itllmliilck, Lokolrichter. „Erzitt're, Welt, ich bin die Pest, ^Zch komm' in alle Lande Und richte mir ein großes Fest, Mein Blick ist Fieber, feuerfest "Und schwarz ist mein Gewände." Besonders glücklich ist Lingg, wenn er den leisen Athem, die verborgenen Regungen des Naturlebens belauscht, und auch ihm ist dann alles Vergängliche nicht selten ein Gleichniß, das ihm höhere Geidanken versinnbildlicht. Es sei hier an „St. Gertrud" erinnert, vielleicht das gelungenste Naturgemälde Lingg's, in dem der Dichter uns die „erste Gärtnerin", die im Schnce- gewande an dem ihr geweihten Tage (17. März) erscheint, als Botin des nahen Lenzes zeigt: „O ruf' ihn doch und rufe wach Die Blumen auf der Haide Und schließ' uns auf den Erdengrund Mit Deinem Himmelsschlüsselbund." Frühlingssehnsucht athmet auch das überaus stimmungs volle „Die weiße Winterrose", unter der die „Niedere Distel" HeUeborus uijxer gemeint ist, die unter'm Schnee erblüht. Von ihr heißt's in der Schlußstrophe: „Doch ist's Zescheh'n, nimmt fühlbar kaum Der Nächte Dunkel ab. Dann sinkt mit einem Hoffnungstraum Auch sie zurück ins Grab. Nun schläft sie gern: sie hat von fern Des Frühlings Gruß vernommen, Unv, o, wie bald wird glanzumwallt Er sie zu wecken kommen." Unter den epischen Dichtungen Lingg's ist Wohl dessen drei bändiges Riesenwerk „Die Völkerwanderung" (1866 bis 1868) am bekanntesten geworden. „Der Dichter hat die ganze, schon für -den Historiker erdrückende Fülle der Thatsachen in den Rahmen feines Werkes gepreßt; tabellarische Uebersichlen der Kronenträger von Rom und Byzanz lösen sich ab, noch rascher die Haupt- und Staatsactionen. Die Handlung springt oft in einer und derselben Strophe von Afrika nach Europa, von Kar thago nach Byzanz, von Rom zu den weitab lagernden Hunnen und Goten" (Gottschall). Stellt sonach der Dichter in Bezug auf die Einheit Des Ortes und der Handlung unerfüllbare An forderungen an feine Leser, indem er -bunte Völkerfluthen chaos artig in ihren -Kämpfen, Festen und Gelagen an ihnen vorüber rauschen läßt, so läßt er zugleich neben der epischen Ruhe auch den eigentlichen epischen Gedanken, den rothen Faden, kurz, die Fabel vermissen, die -das Werk als ein einheitliches Ganzes er scheinen läßt. 'In einzelnen Episoden scheint es, als wolle sich der Dichter zu dieser Höhe des wahren -Epikers aufraffen, z. B. in „Maximus und Eudoxia" -(zweites Buch, fünfter Gesang), wo Einheit herrscht und der beherrschende Gedanke, die Schilderung der Plünderung Roms durch die Wandalen, für di« der Dichter übrigens eine Art schwärmerischer Vorliebe hegt, in Las Ge- scrmmtbild hineinverwebt ist. Auch die Gestalt der Sage auf den katalaunkschen Feldern, die Meerfahrt der Wandalen nach der Plünderung Roms, die Auswanderung der altdeutschen Götter nach des Merowingerkönigs -Chlodwig Taufe und andere Epi soden heben sich auf das Vortheilhafteste aus dem dahinfluthenven Chaos des ganzen Gedichtes heraus, lieblichen Eilanden gleich, auf denen die Muse, "bald in feierlichem Hymnenschwunge, bald in sanfteren Accorden, ihre hehren Weisen erklingen läßt. Wir können gleichwohl die -Völkerwanderung Liugg's nicht als ein ge lungenes Epos bezeichnen und schließen uns dem Urtheile Gott- schall's an: „Hätte uns Lingg statt einer dreibändigen Reim chronik eine kürzere Gedankensymphonie, „die Völkerwanderung", geschrieben, in der in großen Zügen der Kampf der alten und der neuen Mächte im -Himmel und auf Erden ausgeführt worden l Noch zu Nachtigal's Zeit, im Jahre 1884, war es ein elendes wäre, er hätte vielleicht unsere -Literatur mit dauerndem Werke kleines Fischerdorf, welches aus wenigen Negerhütten bestand; bereichert." Denn auch die übrigen epischen Dichtungen, zu denen heute ist es eine Stadt von ungefähr 3000 Einwohnern, darunter wir die zahlreichen Balladen und Romanzen rechnen (vergl. 60 Weiße mit «twa 13 europäischen und einigen von Eingeborenen „Vaterländische Balladen und Gesänge", „Skaldenklänge", geleiteten Factoreien. -Hier findet man den Sitz der kaiserlichen Balladenbuch, mit Gräfin E. v. Ballestrem herausgegeben, sowie Regierung und die Niederlassungen der Missionen. die Novellen Lingg's „Byzantinische Novellen", „Furchen" u. A.) t Haussaleute (Angehörige des großen, hauptsächlich Handel können keinen Anspruch auf höhere Würdigung erheben, als ' treibenden Negervolkes in Nordafrika, deren Sprache im ganzen eben etwa 'den Durchschnittserzeugnissen der Alltagsliteratur mittleren Sudan als Handelssprache im Gebrauche ist) und echte zukommt. - Buschleute, nur dürftig bekleidet, und alle mit Lasten beladen, die Als Dramatiker endlich ist Lingg überaus fruchtbar gewesen, sie -in der üblichen Weise auf dem Kopfe tragen, eilen in kleineren Wir haben zahlreiche Dramen von ihm, wie „Catilina" (1864), „Die Walküren" (1865), „Diolante" (1871), „Berthold Schwarz" (1874), „Sicilianische Vesper" (1876), „Macalda" (1877), „Högni's letzte Heerfahrt" (1884), „Die Frauen Salonas" (1887), letzteres mit Chor nach dem Vorbilde der Alten und Schiller's „Braut von Messina", „Die Bregenzer Klause" u. A. m. In einigen -derselben puksirt echt dramatisches Leben, und auch die Charakterschilderung ist vielfach vortrefflich, wenn gleich -sie zuweilen allzu sehr in die Breite geht und den Gesammt- eindruck zu verwischen droht. In letzterem liegt zugleich Lingg's Hauptfehler als Dramatiker: er vergißt, daß die dramatische isch, l>0 M straße 9. ch. 35.
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