02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-26
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000426026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900042602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900042602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-04
- Tag1900-04-26
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R«cl,w»u unter »emAeduetioiUlstrich (4 g— spalte«) »0-4, vor de» Fcmeilt—nechrichkrn (Sgespalchu) 40-4 «roher, Schrift«» laut unserem Preis- »erzeichoiß. Tabellarischer und Zifferniap nach höherem Tarif. Egtr»-Vellage» (gefallt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^tl ÜO—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgab«: Bormiltag» 10 Uhr Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Vai den Filialen und Annahmestellen je eia» halb« Stund« früher. Anzeiger« sind stet» an die SxpeStrto» »» richten. Druck und B«rlag von E. Polz kn Leipzig Z 2W. 9Z. Jahrgang. Donnerstag den 26. April 1900. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. April. Die Budgetcommission de» Reichstag» bat gestern die GeneraldiScussion der Klottrnvorlage, der sie vor Ostern mehrere Tage gewidmet, zu Ende geführt. Heute Bormittag begann die Einzelberatbuna. Aber auch diese soll, wie schon berichtet, bindende Beschlüsse nicht zeitigen, sondern nur bi« Grundlage für die wahrscheinlich auch wieder „unverbindliche" Durcbbespreckung der „DeckungSfraae" bilden. E» wird sich beute, spätesten» morgen zeigen, ob da» Eentrum bei seiner Taktik beharrt, Deckung zu fordern, ohne zu sagen, wa» e» für Auslagen bewilligen will. Vorläufig bat der Ab geordnete Müller-Fulda zu tz 1, der den Umfang der Flottenderstärkung begrenzt, wieder einmal „Fragen" gestellt und zwar: ob r» nicht angängig sei, die Geschwader au» seckS statt au» acht Linienschiffen zusammenzusetzen, zweitens, ob e» nöthiz sei, für die Schlachtflotte auch die Aufklärungs kreuzer zu vermebren, endlich: warum die Materialreserve der Flotte gesetzlich festgelegt werden solle. Die gestrige Debatte gestattete Vermutbungen über daS Schicksal der Vorlage nach keiner Richtung, und eS ist eine Finte, wen» Herr Richter in seiner Zeitung der Beratdung, der er angewobnt, die bestimmte Erwartung entnommen zu haben vorgiebt, die Verhandlungen der Commission dürsten sich „noch sehr" in die Länge ziehen und e» sei wenig wah>sch«inlich, daß der Entwurf vor Pfingsten, d. h. binnen etwa vier bi» fünf Wochen, noch an da» Plenum gelange. Nicht» weiter al» berechnete Flaumacherei ist e» auch, wenn Herr Richter gestern gefunden haben will, vorzugsweise von Leitern derronservativenundderuationalliberale »Partei seine vielen Gründe gegen die Flottenvorlaze überbaupt vorgebracht worden und im Ganzen mehr Gegengründe als in irgend einer früheren Sitzung de« Plenum» oder der Commission. Die Wahrheit ist, daß die Eonservativen keinen der zweifelhaften Flotlenfreunde, die sich in ihren Reiben befinden, zum Worte ließen und daß die uativnalliberalrn Redner ohne Ausnahme die übertriebenen landwirthsckaftlichen und sonstigen Bedenken auf da« rechte Maß zurück führten. Nach der positiven, nicht nach der negativen Seite gingen die nationalliberalen CommissionSmitglieder voran, allerdings auch in der Berurtheilung der von oben her ge wählten Form der Flottenagitatioo. Letzteres kann nicht Wunder nehmen, da «» ja auch die nationalliberale Presse gewesen ist, die stet» am nachdrücklichste» vor einer falschen PropagirunzSmetbode gewarnt bat und zwar, wie die Ab geordneten der Partei» im Interesse der Vorlage. Nicht nur der Abg. Paasche und — besonders entschieden — der Abg. Hasse traten den ungeheuerlichen Schilderungen der Ver schärfung der Leutenoth, die die Vorlage verurjacken würde, entgegen, auch der sehr agrarische Abgeordnete Graf Oriola gelangte zu dem Ergebniß, daß der Ardeitrrmanzel auf dem Lande ein Hinderniß für diese Vorlage nicht bilden könne. Auch bei Erörterung der vom Centrum gestellten Frage, ob die Regierungen im Interesse der Landwirthschaft für eine an gemessene Erhöhung der Schutzzölle bei den künftigen Hindel»verträg«u energisch einzutretra gedächten, auch bei diesem, in diesem Zusammenhänge höchst delicaten Thema beschränkte sich der Abgeordnete Paasch« darauf, da» übermäßig diplomatische anfängliche Verhalten des Ttaatssrkretär» Frhr. v. Thi«lmaun zu brdaueru. Schon die Vrrtrrtuug de» BuudeSrathe» durch nur einen «inzigrn Beamten war eia Fehler. Jedenfalls rechtfertigten die Aus lassungen nicht nur der Nationalliberalen, sondern auch die der eonservativen Redner in keiner Weise die von den Herren Bebel und Richter wieder ausgewärmte Ver dächtigung, die Frage der landwirthschaftlichen Zölle sei im Hinblick aus die Deckung angeregt worden. Richter bezog sich dabei wieder auf Herrn Schweinburg, dessen Einfall, wegen der Flotte eine Vermehrung oer Ein nahmen auS den Getreidezöllen anzuftreben, schon vor Monaten im Reichstage von Herrn v. Miquel in seiner Unsinnigkeit gründlich beleuchtet worden ist. Der Zweck einer Schutzzollerböhung ist gerade der entgegengesetzte: die Ein fuhr ausländischer Waaren soll möglichst eingeschränkt und damit natürlich auch daS finanzielle Ergebniß des Zolles tbunlichst hcrabgemindert werden. Im Ganzen war die Debatte eine zerfließende. Herr Müller-Fulda, der überbaupt vielfach mebr gesagt zu baden scheint, als er sagen wollte, erwies dem Abgeordneten Richter den Gefallen, den Satz zu münzen: „die ganze Calamität der Lankwirtbicbafk ist die Folg« der industriellen Schutzzollpoliiik von 1879". Daß in jenem Jahre auch dir landwirihschaftliche Schutz zollpolitik einsetzte und diese die Nachibeile der höheren Eisenzölle — die nach Herrn Müller die traurige Lage der Lanvwirtbschaft verschulden — mehr als ausglich, scheint dem Centrumsabgeordneten erst später eingefallen zu sein. Bekanntlich ist die Schutzzollpolitik von 1879 wie auch die HandelSvertragspolitik von 1892 mit dem Centrum gemacht worden. Bemerkenswerth ist der von Herrn Richter gleich falls begierig aufgegriffene Ausspruch des Abg. Müller- Fulda, die Sammlungspolitik sei stets gegen bas Centrum geführt worden. Unseres wissens ist diese Politik überhaupt noch nicht geführt, sondern es ist über sie nur, wie das der Politischen Mode entspricht, viel geredet und geschwatzt worben. Von der „Deutschen Tagesztz." ist es scharf getadelt worden, daß der Rcichsbankpräsident Vr. Koch zusammen nut Vertretern der Hochfinanz eine Sammlung für die hungernde» Ander ein geleitet bat; ein solcher Schritt sei ausfallend und stehe mit dem Gefühle dcS deutschen Volkes stark in Widerspruch, weil er den Engländern ihre selbstverschuldeten Schwierigkeiten in Indien erleichtere; wäre jener Schritt vollend» nickt ohne die Genehmigung der NeickSregierung gethan, so muffe er in heutiger Zeit die größte Mißdeutung in England erfahren. — Eine Mißdeutung liegt denn auch bereilS im „Daily Telegraph" vor, der die Hilfsaktion Or. Koch's auf die Initiative beS KaisrrS und auf den Wunsch zurück- sübrt, mit England auf wirklich freundschaftlichem Fuße zu leben. Eine solche Interpretation eines Actes menschen freundlicher Gesinnung ist vor der Hand durch Tbalsachen nicht 'm Mindesten begründet. Es ist auch unseres Erinnerns vor rtwa zwei Jahren, als in Rußland Sammlungen für die hungernden Inder veranstaltet wurden, keinem englischen Blatte eingefallen, deu Russen ober gar ihrem Zaren die Absicht unttizuschieben, sich die Gunst Englands zu erkaufin. Wenn man jetzt den deutschen Sammlern und dem Ober» baupte deS deutschen Reiches eine solche Absicht zuschreibt, so ist da» eine zu nichts weniger als zur Fortsetzung der Samm lung anreizenbe Probe neuenglischrr Dankbarkeit; eine Probe überdies, nach der eS un» gar nicht befremden würde, wenn wir nächstens in einem anderen englischen Blau« der Be hauptung begegneten, die deutsche Sammlung hätte lediglich den Zweck, England zu beschämen. Es kann daher min destens nicht befremden, wenn man den „Hamb. Nachr." auS Hamburger HandrlSkreisen schreibt: „Noth und Elend in Indien sind nach Allem, wa» man darüber seit Wochen in Len Zeitungen lesen konnte, ohne Zweifel erschreckend groß und Mildthätigkeit ist eine schöne Sache, aber es fragt sich in diesem Falle doch sehr, ob wir Deutsche Veranlassung haben, jetzt in Indien helfend rinzugreifen. Ist eS nicht Sache und Pflicht der englischen Regierung, in ihren indischen Colonien der Noth zu steuern? Niemand wird behaupten können, sie sei nicht dazu im Stande, diese selbe englische Regierung, welche zur Vernichtung des kleinen christlichen BocrenvolkcS Milliarden verausgabt. Unter solchen Umständen sollten wir der in Berlin geplanten Sammlung gegenüber unsere Taschen geschlossen halten. Wir haben keine Veranlassung, für eine Pflichtvernachläjsigung der englischen Regierung mit unserem Leide einzutreten. Die Engländer selbst haben das schöne Sprichwort: „Llmrit^ bexine at Howe". Es ist noch überreichlich Gelegenheit vorhanden, Mildthätigkeit im deutschen Vaterland» zu üben, und es thut an manchrnS teilen daselbst bitter noth." Ueber Ansschrcituugcn gegen anglophile Deutsche iu Australien wirb der „Welt-Corr." aus Melbourne vom 2ü März geschrieben: Daß bier das ewige Predigen über deutsche Jntriguen schließlich Früchte tragen und in der krirgS- trunkenen urtheilslosen Menge eine gereizte Stimmung gegen Andersdenkende erzeugen muß, ist erklärlich. Als Ironie k»S Schicksals darf es jedoch bezeichnet werden, wenn sich die jüngste antideutsche Demonstration gerade gegen Diejenigen richtete, welche — aus Ueberzeugung oder Geschäftsinteresse, sei dahin gestellt — ihre Sympathie für England kuiidzugeben wünschten. Zur Feier der Befreiung von Ladysmith hatten alle Städte festlichen Fahnenschmuck angelegt; so auch Bendigo, der Centralpunct der viciorianischen Goldfelder. Der dortige knutsche Club glaubte milseiern zu müssen und hißte die vaterländische Flagge auf die vor dem Vereinslocal befindliche Maststanze. Dies gab das Zeichen für eine Ansammlung von Menschen auf der belebten Straße; einige unreife Burschen kletterten die Stange hinauf, holten unter Beifall der Menge die Fabne herunter und zerrissen sie in Fetzen. Außerdem wurde der Wirth des LocalS durch ein an sich unschädliches Bombardement von Kniderfeuerwerk so lange geneckt, bis er gezwungen war, die Thür zu schließen unk Polizei zu rcqunire». Der Vorschlag eines urpairio- tischen Radaumachers, die deutsche Kirche zu demoliren, fand glücklicherweise keine Unterstützung. Dieser unlieb same Vorfall brauchte zwar an sich nicht allzu ernst ge nommen zu werden, denn Straßenbuben giebt e» überall, wohl aber muß gereckter Entrüstung darüber Ausdruck ge geben werden, daß die Behörde jener Stadt es nicht für nöthig erachtete, eine Entschuldigung für die der deutschen Flagge gewordene' Insulte sofort bei dem consularischen Neicksvertretcr niederzulegcn. Die Melbourner TageSblätter unterdrückten jede Mittheilung über die Begebenheit und hofften durch Stillschweigen einer SatisfactionSforderung vorbeugen zu können. Diese Hoffnung wurde vereitelt. Auf die Be schwerde des hiesigen deutschen Consuls beim Premier der Eolonie erfolgte eine Instruction an das Polizeiam', Bericht über den Sachverbalt abzustatten. Auf Grund desselben soll seitens vc» Minister» eine Erklärung beim Consulat eingelausen I sein, deren Inhalt nicht befriedigen konnte. Wie verlautet, ist I nunmehr eine direkte Aufforderung um Genugtbuung an den I Gouverneur Sir John Maddeu gerichtet worden. Man darf mit Sicherheit erwarten, daß von jener Seite auS der Verpflich tung internationaler Rücksichtnahme prompt und voll entsprochen wird. ES ist ferner zu hoffen, daß unsere Landsleute in Zukunft davon Abstand nekmen werden, die Niederlagen eines mit Deutschland in Frieden lebenden BolkeS durch Entfaltung der heimischen Farben zu feiern. Der vernüllflige Tbeil de» britischen Publicum- verlangt dies nicht, und von der roden Masse werden, wie Obiges lehrt, derartige Sympatbie-Bezeigungen falsch gedeutet und grmißbraucht. Die Schnüffeleien nach französischen Caricaturen der Königin von England führten vor einigen Tagen zu einer polizeilichen Haussuchung bei einem hiesigen Deutschen. Es wurden ihm die Koffer auSgekramt, die Kleideitaschen untersucht, doch außer einigen absolut harm losen Blättern nichts gefunden, was Ihrer britischen Majestät orer deren superloyalsten Unterthanen daS geringste Aergerniß batte bereiten können. Welches Zetergeschrei die englische Presse wohl erheben würde, träfe einen Bewohner de- Insel- landeS eine ähnliche Behandlung in Berlin oder anderswo Der Krieg in Südafrika. -L«. Die von un» wiederholt angedeutrte Möglichkeit eine« Rückzugs »er Vieren au» dem Gebiete östlich und südöstlich von Bloemfontein ist seit gestern zur Wirklichkeit geworden. Gegen 40 000 Mann konnten sich die dort an verschiedenen Stellen zerstreuten Boerenabtbeilungen selbstverständlich nicht halten, und nach dem Lord Roberts sich einmal entschlossen batte, zwei Drittel seiner Armee gegen sie in die Front zu bringen, konnte e» für die Köoerirten nur noch eia Ziel geben, nämlich sich recht zeitig zurückzuziehen und dem Schicksal, abgeschnitten zu werden, zu entgehen. DaS ist ihnen denn auch bei Dewets- dorp und Wepeuer anscheinend gelungen. Folgende Nach richten liegen un» vor: * London, 2S. April. Feldmarschall Robrrts meldet heute aus Bloemfontein: Gestern Abend traf dir Division unter Polr-Carew ohne Verluste in Roodekop rin. Der Vormarsch der Division wurde durch Cavallerie und reitende Artillerie gedeckt, die deu Feind mit schweren Verlusten zurücktrieb. Heute früh über- fchritttn berittene Truppen bei ValSbank den Modderfluß, um nach meiner dem General Frrnch gegebenen Anweisung quer über der RückzugSliaie de» Feinde» Stellung zu nehmen. Die Boeren gaben jedoch, offenbar durch French's Erscheinen be» unruhigt, ihre stark» Stellung bei Dewetsdorp während der Nacht auf. General Ehermside besetzte diese darauf heute früh. Berittene Infanterie unter General Hamilton vertrieb, ohne Verluste zu erleiden, den Feind von allen Kopses in der Nähe der Wasserwerke. Die Hochländer.Brigade hatte gestern, um Hamilton zu Hilfe zu eilen, einen Marsch von 24 englischen Meilen ausgcführt. Nachdem Dewetsdorp besetzt ist, ist es nicht wahrscheinlich, daß sich um Weprner herum viel weitere Schwierigkeiten ergeben werden. * London, 2b. April. Di» „Time»" melden aus Masern vom LL. d. M.: Die Boeren zogen sich, oha« verfolgt zu werden, von Weprner aus der Straße nach Ladybrand zurück. Dalgrty'S Gesammtverluste betragen 3S Lobte und 132 Verwundete. FsrröUrtoir. SI Antipoden. Diese beiden jungen Leute raSpekten ja zweifellos Süßholz, und wenn auch Isa. da» Kind, ihr. Marie Charlotten» Kleinod, sich nicht so schnell etwas in den Kopf setzen lasten würde von einem wildfremden jungen Fant, so war dieses angehende Hofmachen immerhin unnütz. Isa war noch zu kindlich, zu harmlos, und hatte ihr noch heute heilig versichert, daß sie ihr Herz nicht verlieren wolle, wes halb also die Ruhe desselben gefährden? Marie Charlotte ärgerte sich, und ihre Gesinnung gegen Tordal tvar von vornherein eine unfreundliche; sie, die sonst so gerecht Denkende, ließ sich diesmal hinreihen in ihren Empfindungen. Auch daß Edi heute Abend so viel Rothwein trank, beunruhigte sie. Sie kannte die Gewohn heiten ihres Bruders — hatte er etwas auf dem Herzen, so pflegte er eifrig dem Glase zuzusprechen. — Sie hob so rasch als thun- lich di« Tafel aus, 'dadurch wurde jeglicher Zwiesprache schnell ein End« bereitet, auch derjenigen Edi'» mit s«inem RoEhweinglase. Nach dam Esten ging man ein Weilchen im Garten umher, und wieder traf S sich, daß Ivar an Jsa'S Seite war. Sie führt« ihn zu ihrem Liedlingsplatz, einer alten Stein bank unter breitästigen Linden, di« eben in Blllthe standen. Aus Herdringen war es nicht Sitte, bis in den späten Abend oder den Beginn der Nacht hinein beisammen auszubleiben, so trennte man sich auch heute bei Zeiten. Ivar Tordal war für diese Nacht in Edi'» Zimmer placirt. Dieser schlief, trotz seiner Schuldenlast und seiner HcrzenS- noth, bald den Schlaf de» Gerechten, während sein Kamerad noch lange wachen Auges dalag. Süßer Blumendust schwebte durch da» Gemach — Jsa'S Strauß stand auf dem Tischchen unter dem Fenster, welches letztere di« warme Sommernacht hindurch offen blieb. Drunten im Garten im Jasminbusch schluchzte die Nachtigall . . . War eS ihr Sang, welch«r den Schlaf von Ivar Tordal'» Lager scheuchte oder waren eS zwei lachende, un- schuldSdolle Mädchenaugen, in w«lche er em Geist unablässig zu schauen wähnte? 717. Tag» darauf wurde diel Musik getrieben. Gleich am Morgen nach dem Kaffer spielte Marie CHarlotte einen Choral, dann hielt der Hausherr eine kurze Andacht, und nun wurde während der Kirchenzeit keine Taste angerührt. Desto mehr aber nachher. Asa und Willmann sangen ein paar Duette von Johann Nepomuk Hummel, dann das Mendelssohn'sch«: „O säh' ich auf der Haide dort" . . . Darauf wurde Tordal gebeten, etwas vorzutragen. Seine Stimme, schon beim Sprechen angenehm, war es noch mehr im Gesang». Er hatte da» schlichte, ergreifende „Bitte" Vie Herdringen's. Novelle von Heddu v. Schmid. SioUtnick v«rt»r«a. Edi Herdringen hatte die Dame vei Bekannten getroffen, und die hübsche, etwas kokett«, »n der Unterhaltung sehr schlagfertige Käte Weltlin hatte einen starken Eindruck aus chn gemacht. Doch an em« «rnstlich« Ltede hatt« «r eigentlich zuerst nicht gedacht — nur an «n bischen Lourmacherri zum Zeitvertreib. Er liebte eS, sich al» Herzensbrecher aufzuspielen und gelegentlich seinen Kameraden gegenüber mit seinen Eroberungen zu prahlen. Heut« nun war er ungehalten auf sich selbst, weil er fühlt«, daß diesmal die Sache doch tiefer ging — und —Kate hatte ihn bei ihrem letzten Zusammensein durch geflissentlich kühle Ab fertigungen zu sehr aufgebracht. — „Ich will ihren Weg nicht mehr kreuzen", beschloß er heroisch. Allerdings hat« er sich dies bereit» unzählige Maü gelobt und war ebenso oft wortbrüchig geworden. Trotz seine» geheimen UnmaitheS war er seinen Kameraden gegenüber der liebenswürdigste Wirth, besonder» herzlich gegen Tordal. Dieser gestand sich, daß er srltrn in seinem Leben so froh- gernutb gewesen, sich so behaglich gefiihlt hatte, wie «Len, wo er an Isa Herdringen'» Seite an der reichbesrtzten gastlichen Tafel saß. Ein gut geschulter Diener und eine frksche, dralle esthnische Stubenmagd brdiersten gewandt und lautlo». Marie Charlotte schien durch Winke, di« sie mit den Augen erkhetlte, All«» zu leiten. Sie verstand r» prächtig, ihre Dienst boten zu drelstren, war überhaupt da» Urbild einer ideal wirth- schafftlichrn Danve. Heut« war st« jedoch zerstreut bei Tisch«; sie üörrwachtr di« Bedienung Nicht so scharf wie sonst, da» machte, sie bwbachtrte Brrnitz und Walburga, welche einander viel zu sagen zu haben schienen. AL und zu flog auch ein forschender Wick Mari» Chawtottrn» zu Isa hinüber. Diese lauschte intrrrfstrt; Ivar Tordal schilderte ihr seine Heemath, «zählte ihr viel von Stockholm, und der sympathische Klang seiner Stimme schmeichelte sich ihr in» Ohr. Mari« Eharlokt« furchte di« Brauen, al» sie ihre beiden Schwestern durch deren Tischherren so präoccupirt sah. All« traditton«ll«n Gastfrwndschast d«r Herdringen zum Hohn wünschte st« heute Derwitz und Tordal mindesten» zu den von Sebastian Bach: „Willst Du Dein Herz mir schenken, so fang' es heimlich an", gewählt. Es war nicht zufällig, daß sein Mick, während er sang, auf Isa ruhte. Ihr Auge hing wie gebannt an dem seinen. Mari« Charlotte war gerade nicht anwesend, sonst hätte dieses Suchen und Finden der Bücke, das ihr nicht entgangen wäre, sie mit Unruhe und Angst erfüllt. Sie war so wie so schon nervös seit gestern Abend, obgleich sie diesen Zustand, hätte man sic darum befragt, selbst nicht d«m Namen nach kannte. In alter Zeit hatten die wenigsten Menschen Nerven. Walburga und Bernitz gaben Marie Charlotten so oi«l zu denken. Befragen mochte sie die Schwester nicht. „Vielleicht weiß sie's noch selbst nicht, wie «8 um ihr Herz bestellt, vielleicht hat sie Letzteres noch nicht entdeckt", calculirt« Marie Charlotte; „Schlafwandelnde, die am Rande eines Abgrundes stehen, muß man nicht anrusen." Hätte sie geahnt, was sich Nachmittags, als sie Kuchen zum Kaffee aus der Speisekammer herausgab, im Garten hinter der Lrataegusheck«, welche Blumen- und Gemüseland von einander schied, ereignete. Dort, im Schatten eines alten Birnbaumes, standen Zwei — sein, Arnold Bernitz', Arm hatte sich fest um die biegsam« Taille Walburga Herdringen's g«legt, seine Lippen suchten die ihr«n. „Hast Du mich lieb, Walburga?" „Lange — lange schon." „Mein Liebling, mein Alles!" „Und setzt willst Du's dem Papa sagen, daß ich Deine Frau w«rd«n soll? Ach. Arnold, wie wird er e» aufnehmrn, unser Ler- löbniß. Ach, und ich fürchte mich so vor Mari« Charlotte." „Aber, kleiner, furchtsamer Schatz." „Ja, weißt Du, Marie Charlotte ist so gegen alle» Heirathen, aus Princip, wie sie sagt." „Na, sie wäre nicht di« Erste, welche ihren Principien schließ lich untreu würde", meinte Arnold Bernitz lächelnd; „Dich aber, meine kleine, süße Braut, können mir alle Marie Charlotten der Welt nicht entreißen, Du bist mein und bleibst mein! Dein Vater wird uns seinen Segen nicht vorenthalt«n, ich weiß es." „Oh, wenn doch meine Mutter jetzt aus dem Himmel aus unS brrabsehen könnte", sagte Walburga, und ihre hübschen Augen standen voller Thränen, Thränen des Glückes, dessenungeachtet, daß der Gedanke an die todte Mutter sie hervorgerufen. Arnold Bernitz küßt« die Tropfen von den dunklen Wimpern. Hinter der TrataeguShecke raschelte etwas — es war Isa, welche auS einem ihr bisher unbekannten Triebe in die Garten- einsamekit geflüchtet und nun unfreiwillige Zeugin der ersten bräutlichen Seligkeit ihrer Schwester wurde. Ihr« Wangen glühten, ihr Herz pochle stürmisch, als sie dann auf Umwegen dem Hause zuslog. In dem dämmerigem, mir Steinflicsen gepflasterten Aorflur des letzteren prallte sie Plötzlich gegen Jemand, als sic, hastig die Thür aufstoßend, atheml-os ein trat — sie stolperte und wäre gefallen, wenn nicht zwei Arme sie aufgefangen hätten. „Bitte tausendmal um Entschuldigung, gnädiges Fräulein . . ." Das war an und für sich «in« banale Phrase, aber der Ton, in welchem sie gesprochen ward, bebte von mühsam unterdrückter Leidenschaft. Verwirrt, zitternd lag Isa einen Moment lang an Ivar Tordal's Brust, dann gab er sie frei uns trat respektvoll einen Schritt zurück. Sie bebte an allen Gliedern und erglühte vor Scham, und doch entsann sie sich keines Augenblickes in ihrem bisherigen Leben, der an Wonne diesem hier gleichgekommen wirre. „Oh", stammelte st«, „wie ungeschickt von mir, so — so rasch zu laufen." Dann huschte sie an dem finden Officier vorüber nach oben auf ihr Zimmer, wo sie wie betäuibt still stand, uns als sie gleich darauf Walburga ebenfalls die Treppe herauf kommen hörte, eilte sie in das Zimmer der Schwester und warf sich dieser an die Brust. „Ich weiß Alles, Walburga — ach, und ich bin so glücklich, weil Du glücklich bist." Sich eng umschlungen haltens, strömten beide Schwestern ihr hochwogendeS Empfinden in Thränen aus. Dann blickten sie einander lächelnd in di« Augen. Walburga fand rasch ihren ge wohnten Uebermuth wieder. „Schau, Isa- so fleht eine Braut aus, eine überglücklich.-. Ganz in aller Stille habe ich mich verlobt. Und nun gehe und mache mir'S nach, Isa." Papa Herdringen war sehr erstaunt, als Arnold v. Bernitz um die Hand feinet -weiten Tochter anhielt, er khat wenigstens sehr überrasch^ aber sein« Einwilligung gab «r ohne Weiteres. Was bätte er auch gegen diesen Schwiegersohn einwenden können? Bernitz stammt« aus guter alter Fomili«, und seine Bermögensverhältniss« waren derart, daß er «ine Frau d«qu«m ernähren tonnte. Auch ein halbes Dutzend Kinder dazu, wenn der Storch ihm solche bringen sollt«. Dir Herdringen'schen Töchter hatten einmal auch etwas zu «r warten, viel war'» freilich nicht: denn das Gut hatte sich von den Zeiten des tollen Hein, Herdringen Nur schwer erholen können. Aber eine anständige Aussteuer hatte jede Tochter zu erwarten' und ein jährliches Nadelgeld obendrein. (Fortsetzung folgt.)
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