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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-08
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189904086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18990408
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18990408
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-08
- Monat1899-04
- Jahr1899
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1899
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56 Die «Ho Uebergangerrrn rächten sich dafür in ihrer Weife »d fetzt« Gerüchte über die geheinmißvolle Gräfin »d ihr« .Hofstaat" in Umlauf, Vie fie die üppigste Schrist- strller-Phautafie kaum rrfinueu kann. Auch auf da» Berg- schloß, dte BnwueckShöhe, draugeu diese Klatschereien, zirar veuiger durch die Dienerschaft, als aus dem Munde der Ltzchcher und Schwiegersöhne. Gar zu gern hätten fie mit der Fremd« angeknüpft, doch diese hatte keine Besuche qe- umcht — nirgends. Wie durfte mau sich da die Taktlosig keit einer Annäherung erlauben! So kam der Ottober herau; rin rauher Nordwind fegte Wer Wald und Stoppelfelder und brachte auch dem armen Barme nme Anfälle und Schmerzen; dazu quält« ihn Sorgen von denen seine Familr keine Ahnung hatte: Sein bester Fn»d uxrr gestorben und seine Erb« hotten die auf der BnumeckShöhe ruheude große Hypothek gekündigt; bis Neu jahr umßte da» Geld zur Stelle sein. Woher »S nehm« ohne irgend welch« Sicherheit biet« zu können? Dm Schwiegersöhne» hätte sich der stolze Baron nicht anvertraut, n» nnd nimmer, znmal fie weder rathm noch helfen konnten. Und feiner ohnehin so schwer gebeugten Gemahlin? Rein, tansachmal nein! Gr machte sich doch wohl bittere Borwürfe über seine Handlungsweise damal» und ertrug daher zum Ei staunen der Sein« rmd de» Arzte» die Log« der Krankheit viel gedul diger, al» die Jahre daher und quälte Frau und Dimerschast diel weniger de» sonst. Dafür hatte er sich sein Schmerzenslager, ein bequemes Ruhebett, « da» bewußte Fruster roll« lassen, und schaute, so oft r» sei, Zustaud erlaubte, durch da» Fernglas hinüber nach Billa Klara. »Aber lieber Eberhardt, ich muß in mein« alten Tagen noch eifersüchtig werd«", scheute seine Gemahlin manchmal, we» er nicht aushörte, La» junge bildschöne Wesen in Schwarz, da drüben über die Gartenwege wandelnd oder über den Fab »uhl.thrrr Mutter gebeugt, zu bewundern. Ach, dk Barouiu war alt uud grau geworden in diesem An« Jahre! Trotz oller heiwlichm Nachforschungen, auch No» Seit« der Schwiegersöhne, hatte man nicht erfahren kämm, wohin Arnold, der letzte Träger de» edl« NommS, der thenre Unvergeßliche, sich gewandt was er treibt, ob er überhaupt »och lebe. Nur daß er dm Dienst quittirt und alle Verbind»-« mit Berlin, dm Kameraden und der Heimatb abgebrochen, wußten fie längst, au» huudertm von Briefe!' der erstaunt«, inmer wieder anfrogmdm Freunde und Bekaurtt«, sowie au» dm verschiedenen Beileidsschreiben seiner Bor gesetzt«, welche den hochbegabten, strebsam« Offizier nicht vergess« könnt«. .Er ist verreist", das war die ein zige Antwort de» Baron» auf oll« zudringlichen Fragen ge wesen. Auf sein« streng« Befehl dmste Arnolds Name im Schlosse uicht mehr geuanut werd«; jede» Bild von ihm hatte entfernt, die Lhmwzimmrr, die n bewohnt, verschlossen werd« müssen. Da» heimlich und hundertmal geküßte, mit heiß« Thränm benetzte Kobin etsbild de» Themen in der Uniform seine» Re- gimatt» — wie fie ihn zuletzt gesehm — blieb der Baronin einiger Trost, fie bewahrte «S in einem Geheimfach« ihre» Schreibtisches und begann uud beschloß keinen Tag, ohne r» hervoiPmourm« uud au ihr Herz gedrückt zu hoben, im tiefen, stromnar Schmerze, «ft heiß« Gebet«. Heute, ganz früh am Morgen, hatte fie die theure Reliquie mit Veilchen, sein« Lirbltugttlumm bekränzt; der Gärtner hatte fie einzig zu diese» Zwecke zücht« müssen, dm» heute, am zehnten Oktober, war de» Fernen dreißigster Geburtätog. Der Tag war im mer so feierlich begangen worden, in Arnolds Knabmjahren mit Spiel und Jagd, später mit Ball und Komödie. Ja, und hmte? Schon im vorigen Herbst war er ja fort gewesm, längst; aber die hoffende Mutterliebe hatte doch nicht an dm bitter» Emst der Wahrheit glaubm könne», hatte geweint, wenigftm» am Feste der Liebe, zu Weihnacht«, müsse er Heimkehrer», ihrem unsagbar schmerzensreichen Snihndmkm, ihren Gebet« könne der Allerbarmer nicht jene» grausame .ouerbittlich" de» Geschicke» entgegensetz«. (Fortsetzung folgt.) Arbeit. Dich preis' ich hoch vor allen Göttinnen, Dich hril'ge Arbeit, Spmderin de» Frieden»! Die ernste Stirn bekränzet mit Cyan«, Die Linke stützend aus die volle Garbe, Senkst du die Sichel in der recht« Hand, Jndrß die jüngere Schwester, die Erholung, Dir lächelnd über deine Schutte« schaut. — Nicht lange trägt der Mensch der Götter Nähe: Sein blöde» Auge blmdrt bald ihr Glanz, Sein irdisch Herz verzehrt die Gluth des Himmels. Die Liebe tödtet, eS berauscht die Freude, Und die Begeisterung zerspreng! die Brust, Die fie zu voll erfüllen: wie ein Festtag, Nur seit« dürsm flüchtig fie unS grüß«. Du aber ward'st unS treue HauSgmosfiu, Hast abgelegt dm Schimmer deS Olympo», Uud deine Glieder, die ambrosischen. Hast du gehüllt in braune Werktagskleider. Du trittst in uris're Thür gleich einer Magd: Erst wenn du scheidest, spürt der Mensch am Segen, Den fie gebracht, daß eine Göttin nah' war. Drei Loose find verthrilt an die Geschlechter: Den Göttern Seligkeit, den Todt« Rühe, Dm Menschen Arbeit! Du schenkest einen Trank au» goldner Schale, Unendlich segensreicher noch als Leche. Dein Trank macht nur das Schmerzliche vergessen, Was freundlich ist, erhält er in Erinn'rung, Und würzt es mit dem köstlichsten Arom: Mit dem Bewußtsein treu erfüllter Pflicht. In deinen Tempel will ich all' mein Lebe», Ein Weihgeschenk deS frommen DankeS, hängen, Und will vor allen Himmlischen lobpreisen Dich, heil'ge Arbeit, Spenderin de» Fried«». Felix Dahn. Denk- und Sinnsprüche. Frühling weckt verzagtes Hoffen, DaS in uns verborg« ruht; Was uns auch für Leid betroffen. Rüstig kehrt der alte Muth. Wenn geschwellte Knospen treiben Unverzagt vor unserm Blick, Kann daS Herz zurück nicht bleib«. Und eS sucht vrrlor'neS Glück. Martin »reif. Venck uud Verlag vo» Sauger ü Winterlich tu Riesa. — Für die Redaktion vrrantwottltch: Hermann Schmidt in Riesa. «r-sa, d« 8. AprU L8GG. EMN an irr LlR. Belletr. «raüSbMage zu« „Riesaer ragedlattt' Rr. »«. Freiwillig arm. Lrtgtnal-Roman von Ida John-Arnstadt. Nachdruck verbot«. (Fortsetzung.) Lori sprang lachend auf. .O Du liebes, herzige» . dumme» Tantchen! DaS ist ja Alle» schon besorgt, punkt zwei Uhr wird ein .Tischlein decke Dich" erschein«, wie e» i im Märchen steht, mit Kuchen und Wein und Brat« und Blumen, und der BahnhofSwirth von der Station wird" den ! Zauberer spiel«, der eS herschafft — freilich wir HSttm uns einen Wagen bestell« und dort speisen können. — Daß ich auch nicht daran gedacht habe!" j Jungfer Holdermann schüttelte dm Kopf. .Nein, über Dich, Kleine! Schön bist Du, da» muß ich sag«, wie eine Fee, aber ich bin doch floh, daß er — wollte sagen Herr von Brunneck Dich nicht so sieht. Der würde sich wundern über die arme, einfache Lori Holdermann! Und — oben- > drein — ob er Dir die seitherige Lüge verzeih« würde? Ja, ja, Kleine, nun erschrickst Du und wirst bleich wie eine ? Kalkwand! ES hat mir nie gefallen, daß Du auch mit ihm Komödie gespielt hast, und ich wollte eS Dir immer sagen, i Kind; spiele nicht mit dem Feuer heißt eS, und wenn die ' Absicht noch so gut ist, Betrug bleibt Betrug. Nur gut, daß Alles so gekommen, und er nun fort ist. Ich glaube, wmn — na, Lorchen, wmn Du ihn hättest haben wollen, um der Lüge will« hätte er Dich nie und nimmer zu seiner Gemah , — Gott im Himmel I Wa» ist Dir denn? Sinkst ja völlig hin. Lorch«! Bist etwa zu fest geschnürt! Nein, diese Eitelkeit! Ach, und ich weiß nicht Bescheid mit so einer Modentaille mit meinen lahmen Händm!" i Lori winkte, blaß und erschreckt am Fensterkreuz lehnend, ' zwar ab, aber Jungfer Holdermann tastete sich doch zu ihr hin, nicht bemerk nd, daß Buch und Brille auf der Diele lagen, und zog die Wankende an sich. j .Laß nur, eS ist schon vorüber", sagte Lori tonlo», ' dann zog sie die alten Hände der Treuen an Herz und Lipp« und weinte bitterlich. s Die Leidende hielt den Mädchenkopf so fest und zärtlich an sich gedrückt, als e» die gewaltsam aufrecht erhaltene Stellung bei ihrem Zustande erlaubte. Lori schluchzte: .Ach Tante Adel, Du weißt nicht, wa» Du thust mit Deinen Worten, denn — gestern haben wir unS verlobt, grstern Abend im Walde, und heute wollte er um mich anhalten bei Dir, gerade heute wollte ich ihm Alles sagen, nun kann ich eS nicht mehr! Ich hatte mich so daraus gefreut, aber Du hast recht, er wird mich verachten al» eine Intrigantin, uud Alles, Alles ist au». Da ist »S ja, daS erträumte Glück, welches zu suchen ich auSging wie eine Abenteuerin! Ja, ja, Tantchen, wie Schupp« fällt eS mir von den Augen; rS war die Sehnsucht nach Liebe, nach echter, selbstloser Liebe, die mich hlerhertrieb aus dem Chaos von Schmeicheleien und Falschheit, und nun ich den St rn gesehen, geht er mir unter für immer! In einer Stunde spätestens muß er da sein. Gott, ach Gott, woS soll ich thun? t Soll ich abrrisen und ihm AllcS schreiben, seine Verzeihung f auflrhm? Ich kau» ja ohne ihn nicht leb«! Tautch«, rathe, hilf mir doch!" Die alte Trösteri» machte sich saust au» Lori» festurn- klammernden Armen loS u»d keß sich in ihr« Sessel zurück führ«. .Die Lieb«, Herzchen", sprach fie dabei mit erhob«« doch so matter Stimme, .die Liebe erträgt uud duldet md verzeiht Alle», denn fie ist da» Größte. — Gehe jetzt hinaus in Dein Stübchen, bete zum Henn der Menschenherzen, daß er da» Deine» Verlobt« uicht von Dir abw«de, da» ordne Deinen Putz und kühle di« rothgewriutru Augen. Ich will indessen mit dem Henn Baron rede«, ihm sagen, daß e» nicht Leichfi» und Hoffarth, sondern ein mächtige» Verlangen nach HerzenSglück gewesm ist, wa» Dich hierher getrieben hat au» dem Wohlleben heraus; ich will ihm auch aufdeckm, daß Du Dir den gewohnten Luxu» abdarbst, um die Arm« hin herum heimlich zu unterstützen, daß Deine srtam Fingerchm ost halbe Nächt« lang näh« «nd strick«, so eia arme» Menschenkind zu kleid«. — Me Du mich selbst!»« pflegst und hegst uud den schweren Fahrstuhl lenkst, da» hat er ja täglich gesehen und bewuudert. — Ganz gewiß, Lorch«, e» wird Alle» gut werden! Laß mich nur red« »d Du wirst seh« —" .Ja, Tantchen, thue da»!" lächelte Lori unter Thran«, .e» ist da» Beste. J^tzt hab« wir schon eia Uhr, »d sieh nur, wie draußen Alle» leuchtet »d lacht im Sonnenschein, kein Wölkchen mehr zu seh«. Jetzt kann er jede Minute komm«. Nicht wahr, Du bittest für Deine Lori?" »Aber Kleine, wie Du närrisch frag« kannst! — Natür lich! Und gleb fein Acht, we» ich ihn hinausschlcke, daß er mtt dem recht« Fuße über die Schwelle tritt; da» bedmtet eia glücklich Ehelebm." .Ach, Du abergläubische», drollige» Tautch« Du, »d wmn r» n» fehl geht?" scherzte Lori; .jetzt siehst Du mich zum letztenmal« al» die arme Lori Holdermann, will» Gott. Aus fröhliche» Wiedersehen mit Gräfin Gröben!" Sich tief Verbeugmd, schon wieder heiter und hoffnung-froh, verließ die .Kleine" da» Zimmer und schwebte zur Trepp: hinan in ihr Girb lstübchen. Wie traut war e» hier! Der kleine Raum umfaßte kaum dritthalb Meter Breite zu vielleicht vier Meter Länge, und doch war er Lori lieber, al» daS größte Prunkz'mmer daheim. Eine altväterische Kommode mit blaolblitzenden Mesfingschlöfsern und ebensolchen Beschlägen — die Platte voll Bücher, Mal- und Schreibutensilien — an der ein« die welßverschleierte Lagerstatt und ein ebmso behangener Waschtisch an der ander« Wandseite hob« sich anheimelnd vor dem blauen Anstrich ab, den uur ei» kleiorr Spiegel, zwei von Lori gemalte LandschastSbildchm in Oel »d die Photo graphie« ihrer Ettern — einfach schwarz umrahmt — unter brach«. Unter dem einzigen, von rpheuüberspomenm weiß« Gardinen dufttg verhüllt« Fruster stand eine llelne Estrade mit Stuhl uud Tisch, beide» so einfach wie möglich, aber Lori» LieblingSplätzchm. Dort hatte sie manche Stunde ver träumt in Gedanken an ihn; auch jetzt flüchtete fie dorthin mit ihrem Glück uud Leid, jeden daherführmdea Waldweg konnte fie von hier au» übersehen: Sam er »och nicht?
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