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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000919013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900091901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900091901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-09
- Tag1900-09-19
- Monat1900-09
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s.VtilWW LkiHWiÄgeM llitt! ApMRr.4?7, Mttisoch, W.vkMtl lM. -NMSÄsBc.j 78. Versammlung Deutscher Naturforscher und Äerfte. ir. Aachen, 17. September. Bevor die allgemeine Versamm lung der Deutschen Naturforscher und Aerzte in der erwählten Feststadt alljährlich beginnen tann, muß der Vorstand und der wissenschaftliche Ausschuß zu vorberathenden Sitzungen zu sammentreten. Es folgte dies gestern, Sonntag, in den Räumen der hiesigen technischen Hochschule, worauf die Vorstände der natur wissenschaftlichen und medicinischen Hauptgruppen mit den ein führenden Vorsitzenden der Abtheilungen zu einer weiteren Be sprechung zusammentraten. Während nun die Mitglieder deS Vorstandes, naturwissenschaftlichen Ausschusses und der beiden Hauptgruppen ein gemeinsames Mittagsmahl einnahmen, be gannen bereits specielle Berathungen, und zwar sowohl über Schulhygiene, als auch von Seiten der sogenannten abstinenten Aerzte. Die an der Versammlung theilnehmenden Mitglieder fanden sich später in dem großen Saale des Kurhauses ein, um sich an der mit Concert verbundenen Begrüßungsfestlichkeit zu be iheiligen. Der prachtvolle milde Abend gestattete die Benutzung des großen Gartens, der in einer Fülle von Beleuchtungs- decorationsstücken prangte, wie auch solche am Elisenbrunnen in Aachen und in den Curhausanlagen in Burtscheid an diesem Abend zur Ehrung der anwesenden Gäste die Stadtverwaltung hat entzünden lassen. Dieser äußerlichen Begrüßung reihte sich auch eine geistige an in Form von Darbietungen eines reich illustrirten Führers, sowie einer schön ausgestatteten Festschrift, welche von einem be sonderen Ausschuß auf Veranlassung und Kosten der Stadt Aachen verfaßt worden war. In der üblichen Weise wurden die umfangreichen Veranstal tungen der 72. Versammlung Deutscher Natur forscher und Aerzte eingeleitet am Tage, den 17. S e p - t e m b e r, durch die erste allgemeine Sitzung. Sie wurde abgehalten in dem schönen großen Saale des hiesigen Cur- hauses und Vormittags 9^ Uhr von dem diesjährigen ersten Geschäftsführer, Geh. Regierungsrath Prof. Or- A. Wüllner (Aachen) durch eine Begrüßungsansprache eröffnet. Er betonte dabei den Werth deutscher Wissenschaftlichkeit und sprach seine Freude aus, daß nach 53 Jahren die Versammlung wieder einmal nach Aachen gelegt worden sei, wo man 1847 die erste Jubelversammlung abgehalten habe. Damals erschien die grundlegende Arbeit von Helmholtz über Erhaltung der Energie, und Virchow legte die ersten Resultate seiner Forschung vor. Redner streifte die derzeitigen politischen Verhältnisse im Vergleich zu dem Aufschwung deutscher Natur kunde und Heilwissenschaft und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser, dem die Versammlung ein Bcgrüßungstelegramm zu übersenden beschloß. Ober-Regierungsrath Böhme begrüßte im Auf trage des Regierungspräsidenten die Versammlung, auf den hohen Nutzen hinweisend, welchen der Stadt Aachen und dem Bezirk aus den Forschungen der deutschen Naturforscher und Aerzte erwachsen sei. Von dem Oberpräsidenten v. Nasse ge langte hierauf ein Telegramm zur Verlesung, welches in gleichem Maße die Verdienste der Versammlung würdigt. Ober- bürgermeisterVeltmann sprach die Hoffnung aus, daß man nach der hier vor 53 Jahren abgehaltencn Versammlung wohl jetzt werde beobachten können, welche Fortschritte auf tech nischem Gebiete und auch in gesundheitlicher Beziehung die Stadt Aachen gemacht habe, und wünschte guten Verlauf der Versamm lung. Der Rector der technischen Hochschule, von Mangoldt, entbot das Willkommen dieser alten technischen Anstalt, welche sich immer einen frischen Geist bewahrt und rege Thätigkeit entfaltet habe, aber sicher auch von der derzeitigen wichtigen Versammlung manche Anregung und großen Nutzen haben werde. Der erste Vorsitzende der Gesellschaft, Geheim rath Prof. Or. v. Laube (Würzburg), dankte für die freundliche Begrüßung der Versammlung, wie die Aufnahme in Aachen. Er kündete das Bestreben an, durch die zu haltenden vier Vor träge die Fortschritte des 19. Jahrhunderts in der Forschung der Natur- und Heilkunde zu kennzeichnen, möchte aber betonen, daß nur die großen Entwickelungen des 16., 17. und 18. Jahr hunderts das Fundament dafür legten. Prof. Dr. van D'Hoff (Berlin) sprach hierauf über die Entwickelung der exacten Naturwissen schaften im 19. Jahrhundert. Er behandelte die ab- stracten Naturwissenschaften und wies auf die Probleme hin, welche Mathematik und Mechanik gelöst haben, insbesondere durch die Gesetze von Lagrange über Erhaltung der Arbeit. Geh. Medicinalrath Prof. Or. Hartwig (Berlin) sprach über Entwickelung der Biologie in demselben Zeitraum. Die größten Fortschritte erfolgten mit Hilfe der Mikroskopie, wodurch die Begründung der Zcllentheorie erst ermöglicht wurde. Die Erscheinungen der Fäulniß, Gährung, der Krankheiten von Pflanzen und Thieren wurden in den letzten drei Decennien wesentlich geklärt, und dadurch die Biologie wesentlich erweitert. Die Biologie hat festgestellt, daß die Zelle ein Organismus ist, aber leine chemische Einheit bildet, und hat durchgreifende neue Anschauungen über Entwickelung der Organismen herbei geführt. Hierbei sind die Darwinschen Lehren, die von Haeckel und Weismann weiter ausgebildet wurden und ebenso heftige Anhänger wie Anfechter fanden, entstanden mit dem „Kampf um's Dasein", Selectionstheorie (Entwickelungslehre) und anderen neuzeitlichen Schlagwörtern. Die Biologie hängt eng zusammen mit der Physiologie, welche Versuche an Pflanzen und lebenden Thieren (Vivisection) bedingte. Auch auf dem Ge biete der Biochemie und Biophysik hat die Biologie des ver gangenen Jahrhunderts große Fortschritte zu verzeichnen, an- sangend mit der Untersuchung des Harnstoffes durch Wöhler und fortgeschritten bis zur Synthese des Eiweißes. Das neue Jahr hundert wird für die anatomisch-biologische Wissenschaft weitere Ziele stellen, als die materialistisch-mechanische oder chemisch physikalische Richtung ihr bisher zuzuweisen bemüht waren. Physik und Chemie allein sind nicht im Stande, die Aufgaben der Biologie zu lösen, denn man ist gezwungen, nicht blos den Lebe wesen, sondern auch den Zellen, Molekülen und Atomen eine ge wisse Lebensthätigkeit zuzuweisen. Geh. Rath Naunyn (Straßburg) sprach sodann über die Entwickelung der inneren Medicin (einschließlich Hygieine und Bakteriologie). Die Medicin ist sich fast immer be wußt gewesen, daß sie auf einer naturwissenschaftlichen Basis be ruhe, aber auch immer nicht frei gewesen von Speculation, be stehend in dem Wunsche, den Kranken zu heilen und die Lücken des Wissens durch Hypothesen zu überbrücken. Am Ende des 18. Jahrhunderts hatte allerdings diese theoretisirendc Specu lation bedenklich die Oberhand gewonnen, und erst von 1840 bis 1860 war eine erfreuliche Umwandlung in der Entwickelung der deutschenMedicin eingetreten, besonders durch dieEinführungder Phvsiologie in die Naturwissenschaft, wobei das Lehrbuch von Johannes Müller von größtem Einfluß war. Mikroskopie und Chemie förderten die Diagnostik, und das Selbstständigwerden der pathologischen Anatomie gab das Signal zur Gliederung der Heilkunde in die zahlreichen Einzeldisciplinen, in welche sic heute zerfällt. Nirgends mehr als in Deutschland wurden hierfür ge sonderte Institute und Laboratorien eingerichtet. Hierbei müssen die Verdienste Virchow's um Physiologie und pathologische Anatomie besonders hervorgehoben werden. Die Blüthe der klinischen Medicin trat ein, als man die Physiologie umfangreich zur Anwendung brachte, und die Hauptfortschritte erfuhr sie, als man der Bakteriologie sich bewußt wurde, nachdem Pettenkofer den Grund zur Hygieine gelegt hatte. Der Deutsche Schwann, der Franzose Pasteur und der Engländer Lister, später der ver dienstvolle Robert Koch waren grundlegend für Erforschung der Bakteriologie und ihrer Anwendung für den Arzt. Sie ermög licht erst die Diagnose der meisten Krankheiten und wird wesent lich unterstützt durch alle Hilfsmittel, vom Augenspiegel an bis zu den Röntgenstrahlen. Die Chirurgie im Verein mit der Asepsis bat der Medicin gleichfalls wesentliche Dienste geleistet. Die deutsche Heilkunde hat sich analog unserem nationalen Auf schwung im 19. Jahrhundert gewaltig entwickelt. Es ist dies nicht das Verdienst eines einzelnen Mannes oder weniger Männer, sondern der Ausdruck deutscher Kraft, und es giebt dies die Gewähr, daß neues kräftiges Grün aus den Zweigen der medicinischen Wissenschaft auch in künftigen Zeiten sprießen werde. Hofrath Prof. Dp. Chiari (Prag) behandelte schließlich die Entwickelung der Pathologie mit Berücksichtigung der äußeren Medicin im 19. I a h r h u n d e r t. Im 18. Jahrhundert wurden die Unter suchungen an Leichen fleißig durchgefllhrt, um die Veranlassung der Todesfälle festzustellen, und man hat schon damals Versuche angestellt, die Krankenbehandlung in Folge der pathologisch anatomischen Befunde einzurichten. Das Wesen der meisten pathologischen Proceffe blieb aber noch verschlossen, obschon man Sammlungen anlegte von pathologischen Präparaten von ge sunden und kranken Körperteilen, ohne daß man den Zusammen hang zu erkennen vermochte. Im Anfang des 19. Jahrhunderts, als die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse sich hoben, vermochte man auch die Antiologie mit der Pathologie in Verbindung zu bringen, und es waren zuerst die Franzosen, welche die patho logische Anatomie mit der klinischen Forschung in Einklang setzten. 1879 wurde die erste Lehrkanzel für Pathologie in Straßburg errichtet, 1826 in Paris, bald darauf folgte England, wo Bright, Hauschild, Cooger thätig waren, während man in Deutschland und Oesterreich nur erst schriftstellerisch thätig war und erst eine außerordentliche Professur 1821 in Wien dafür ge gründet hatte, 1849 in Deutschland aber die erste fundirte Lehr kanzel für dieses Fach schuf. In der zweiten Hälfte dieses Jahr hunderts hat sich um so rascher die pathologische Anatomie ent wickelt, besonders durch das Wirken von Notitanski und Skoda, welche die Neuwiener Schule schufen, sowie das verdienstvolle Schaffen von Virchow, dem Nestor der exacten deutschen patho logischen, anatomischen und physiologischen Forschung. Die Hauptresultate und seine Methode, seine Werke und seine segens volle Thätigkeit wurden eingehend von dem Vortragenden ge würdigt. Jetzt sind für dieses Fach in Deutschland 100 Lehr kanzeln errichtet, zahlreich sind die dafür errichteten Institute und Museen. Die neueste Epoche der pathologischen Anatomie, die bakteriologische, begann in den letzten Decennien des ver gangenen Jahrhunderts und veranlaßte wesentliche Aenderung der Forschung wie ihrer Institute. Der Umfang des Dienstes der pathologischen Anatomie hat sich daher wesentlich erweitert und erfordert genaue Kenntniß in allen Zweigen der Wissen schaft. Die äußere Medicin wurde ganz gewaltig dadurch ge fördert, nicht nur die reine Chirurgie, sondern alle Specialsächer der äußeren Medicin, so lange nur Anatom und Kliniker immer in Berührung bleiben. Es steht zu hoffen, daß zum Besten der Leidenden noch weitere Fortschritte erzielt werden möchten. Nach fünfstündiger Dauer schloß der Vorsitzende diese Sitzung, an welcher sich hochbedeutende Naturforscher und Aerzte, an ihrer Spitze der heute mit Recht so viel gefeierte Geheimrath Virchow, betheiligten. Kunst und Wissenschaft, Musik. Altes Theater. Leipzig, 17. September. Unsere Operette hat nunmehr in Herrn Kernreuter aus Graz «inen neuen Operettenkomiker erhalten. Obwohl, wie wir schon hervorgehoben haben, seiner Stimme jöde Ergiebigkeit und Kraft mangelt, ist er unserem Operettenensemble einverleibt worden, und wir werden uns eben lediglich mit seiner Darstellungskunst zufrieden geben müssen. Wir haben ja gelernt, zufrieden zu sein! In Millöcker's „ Gasparone " spielte Herr Kernreuter den Podesta Nasoni, und er bewies in dieser Rolle noch mehr als in den vorhergehen- Dcn, daß er über eine bedeutende vis eomica verfügt. Die Schurkerei des Podesta Nasoni wirkt an sich nicht komisch, wenn es dem Darsteller nicht gelingt, i'hr eine komische Seite abzuge winnen, und wir müssen gestehen, daß Herr Kernreuter diese Aufgabe wacker gelöst hat. Vielleicht war sein Bestreben, der Rolle 'das zu geben, was ihr die Librettisten nicht verliehen haben, der Grund, weshalb er zuweilen über den Strang schlug, und durch allzuviel« komische Mätzchen sein Publicum übersättigt. Ohne Zweifel hat er aber der Rolle durch sein flottes, frisches, nuancenreiches Spiel eine größere Bedeutung verschafft, als sie sonst in tder Operette einnimmt. Daß wir also einen guten Komiker gewonnen haben, steht außer Frage. Damit ist aber unserem Operettenenfemble allein noch nicht ge holfen. Herrn. Pilz. Altes Theater. Leipzig, 18. September. In der gestrigen Ausführung der Operette des unglücklichen Carl Zeller: „Der Obersteiger" spielte Herr Kernreuter den Bergdirector Zwack und da er auf dem Zettel bereits in Reib und Glied siebt, ohne das a. G. binter seinem Namen, so darf man aunchmen, daß er von jetzt ab unserem Ensemble fest an- gebört. Seine gestrige Leistung bewies von Neuem, daß er über eine wirksame vis cwmion verfügt, die er aber nicht bloS in allerlei Männchen und Mätzchen auSübt, sondern auch für die Cbarakterzeichnung verwendet. Der auf galante Abenteuer ausgebende Bergdirector war sehr ergötzlich in den Sccnen mit seiner Gattin, aber auch dort, wo er der verführerischen Spitzenklöpplerin Nelly Gchör schenkte. Die Vorbereitungen zn seiner oratorischen Leistung waren mit mancherlei komischen Nüancen ausgestatlet und be lustigten das Publicum; aber den subalternen Beamten wußte er gelegentlich auch den Director zu zeigen — da war Herr Zwack jeder Zoll ein Vorgesetzlcr. Nur eins müssen wir an seiner Leistung aussetzen: die Couplets, sie wurden ja beifällig ausgenommen, doch dieser selbstverständ liche Beifall, der auf alle Couplets der Operette folgt, gehört zu den Erbsünden unseres Publicums. In unmöglichen Versen wird uns da das geschmackloseste und witzloseste Zeug aufgetisckt — und eine mühsam zusammengedrebte Pointe wackelt wie ein Zopf dahinter her. Der musikalische Refrain, auch wenn die Gesangsleistung eine mäßige ist, verhilft denn doch zu einer Schlußwirkung. WaS Herr Kernreuter gestern über die Gefangcnncbniung der Löwen in der Wüste, über Sonne und Mond, über die Uhren der Iohanniskirche sang, das stand unter dem Niveau desjenigen, was von der Bübne berab dem Publicum geboten werden darf. Doch wir wollen den besonderen Fall nicht scharf hervor beben, unsere ganze Coupletsängerei taugt nichts. Die Textbücher geben gleichsam nur den Ton an, auSgesüllt wird das Schema durch die Improvisationen der Darsteller. Daß aber ein komischer Darsteller als ein komischer Dichter sich auszeicknen soll, ist nicht zu verlangen. Jede Bübne bat dramaturgische Kräfte zur Verfügung, welche wenigstens die dichterische Form zu wahren wissen, meistens auch aus reichenden Humor besitzen, um gute Couplctverse zu dickten, der Dramaturg unserer Bübne bat mit seinen humoristische» Leistungen schon schöne Erfolge errungen. Der Komiker mag ja manchen guten Einfall haben, dock er muß in eine schick liche Form gekleidet werden. In Kostümoperetten müßten auch die localen Anspielungen fortfallen, die ja jede Illusion aufheben. Die übrigen Darsteller im .Obersteiger" sind schon früber besprochen worden. Rudolf von Gottschall. * Roßwein, 18. September. Tein Männergesangverein „Lieder kranz" waren in Roßwein hohe musikalische Genüsse zu danken. Etwa 90 Mitglieder Les Leipziger Mannergesangvereins „Concordia", der sich «eit seinem 36 jährigen Bestehen so manche Lorbeeren er« rungeii hat, weilten hier am Sonnabend und Sonntag als Gäste des „Liederkranz". Für Sonnabend Abend "-9 Uhr war im Saale deS „Herkules" »in Concert angeirtzt, das iedr gut bemckt war und dessen Reinertrag dein Fonds zur Errichtung einer Bismarcksäule ans dem Hartenberg zu Gute kommen soll. Tas Concert selbst war, wir heben es » nochmals hervor, eine mustergültige Leistung. Ein vorzüglich ge schulter Masienchor, den sein Dirigent, Herr Geidel, anscheinend mit größter Leichtigkeit beherrschte, ergriff sofort beim Einsetzen des ersten Vortrages alle Zukoier in mächtigster Weise. Die Chöre waren „Graduale" von A. E. Grell (achtstimniig, arrangirt von Ferd. Schultz) und „Waldeinsamkeit" von Joh. Pach«. Reiner Vortrag in der mächtigen Tonsülle bei tiefem Empfinden rissen alle Zuhörer zu stürmischem Beifall hin. Auf diese aus gezeichneten Massenchüre folgten in einer fein gewählten Abwechselung zwei gemischte Quartette von Damen und Herren des „Liederkranzes": „Frühlingsah»ung" von Mendelssohn- Bartholdy und „Wenn zwei sich gut sind" von Engel, unter Direction des Herrn Lehrers Lange. Es legt für diese gemischten Quartette das beste Zeuguiß ab, daß sie mit so vielem Beifall sich auf die vorangegaugeue Meisterleistuug der „Concordia" hören lassen konnten. Großen Reiz erhielt das Concert durch einige Solovor- träge Les Herrn Aug. Degen, Mitglied des Vereins „Concordia", der durch seinen weichen, dabei jedoch sehr krästigen und wohl- lautenden Tenor sich die Herzen aller Zuhörer eroberte. Herr Degen sang mit Clavierbegleitnng „Der Neugierige" und „Ungeduld" von Fr. Schubert. Zum Vortrag der „Concordia" kamen noch Mannerchöre von Zerlctt (Abschied), von Th. Kojchat (Mei Diandle) von Zehngraf (Si-yerischeS Volkslied), Rietz (Morgenlied), Fr. Hegar (Morgen im Wald), alle gleich schön. Das gemischte Quartett sang darauf „Abschied von den Alpen" von Palme und „Barcarole" von Engel. Darauf folgten noch zwei Liedervorträge des Herrn Degen („In dunkler Nacht" von G. Gast und „Seid einig" von Fr. Rafael) und znm Schluß sang die „Concordia" noch vier herr liche Mannerchöre: „Sehnsucht nach der Jugendzeit" von E. Pfeil, „Grelula" von Rob. Schwad, „Die Spinnerin" von K. Schaust und „Dreierlei" von Altenhofer. An das Concert schloß sich ein Commers. Herzliche Worte von allen Seiten, heitere Commers- lieder und Vorträge humoristischer Act ließen die Wogen der Begeisterung hoch gehen; erst in den früheren Morgenstunden trennte man sich. » Schneeberg, 17. September. Tas gestern hier unter Leitung des Herrn königl. Musikdirectors Dost siattgesundene Hanel- Clanß-Kircheucoucert war von den Musiksreunden hiesiger Gegend austcrvrdentlich zahlreich besucht und bot des Schönen sehr viel. Als Solist war Herr Hosopernjänger Becker aus Altenburg gewonnen worden. Durch den Vortrag der Arie aus „Elias" von Mendelssohn: „So ihr mich von ganzem Herzen suchet ' und der Arie aus einer stimmungsvollen Composttion von Br. Dost: „Wie dec Hirsch schreiet nach frischem Wasser" wußte der Künstler mit seinem prächtigen Tenor wahrhaft zu entzücken. Tas nachfolgende Terzett sangen hiesige Tomen sehr gut. Ter Seminarchor bekundete seine hohe Leiunngssähigkeit wiederum in dem dvppelchücigen 9ö. Psalm von Richter und in der ReformalionSmotelte von Albert Becker. Seine Meisterschaft auf der Orgel zeigte Herr Oberlehrer Freuzcl in der Wiedergabe dec Sonate (vckur) von vr. Facht und in der Elegie von Flügel. Ten Violinpart spielte in letzterer sehr gut Herr Musikdirector Meinet. -o- Pirna, 16. September. Ter Pflege der sogenannten „Sangesbrnderschast" ist man in unserem Bezirke ganz be sonders zugelhan. So empfing kürzlich der hiesige „Sängerkreis" Besuch aus Frankenberg, während der Gesangverein zu Lauen stein mit dein dort eingetrosfencn Dresdner Mannergesangverein frohe Stunden verlebte. Ein Sängercommers im reich geschmückten Saale Les Hotels „Stadt Teplitz" gab dabei Gelegenheit, so manch herrliches Lied ertönen zu lassen. Für den kommenden Monat October stehen drei Concerte der Gesangvereine des Pillnitzer Elbgebirges bevor und zwar in Weistig, Schönfeld und im Gasthaus znm Meix. Zum Vortrag gelangen Massenchöre und Einzellieder und ist ter Ertrag der Veranstaltungen für die deut schen Krieger in China bestimmt, ein Umstand, der für das geplante harmonische Liebeswerk mit Sicherheit einen guten Erfolg er warten läßt. Dresden, 17. September. Die königl. Hosoper, welche nun schon seit einem Monat ihre Thätigkeit wieder ausgenommen hat, wird am Sonnabend ihre erste Neueinstudirung in dieser Saison heransbringen, und zwar Lortzing's „Wildschütz". Je erfreulicher eS ist, daß die Opernleitung diesem Uebenswürdigen Meister zu seinem vollen Rechte verhelfen will, desto lebhafter muß mau wünschen, Last Liese Fürsorge auch auf andere Cvmponislen aus gedehnt wird. Insonderheit wäre es die Pflicht der königl. General« direction, Len Werken Heinrich Marschner's gerecht zu werden, dessen Name auf unserem Operuzettcl nur alle Jubeljahre einmal mit „Hans Helling" vertreten ist, während seine anderen herrlichen Werke bedauerlicher Weise aus dein Repertoire fehlen. Ein Macschner- Cyklus war uns zwar ebenso versprochen wie eine in schneller Folge zu veranstaltende Vorführung dec markantesten Werke Verdi's — aber weder der eine noch der andere Lieser sehr löblichen Pläne ist bisher zur Ausführung gekommen. Dem Hoffen ist also noch imitier ein weites Feld eingcräumt. Bisher waren als bcmerkenswerthe Abende nur diejenige» des demnächst mit der „Götterdämmerung" abschließenden Wagncrcyklus zu bezeichnen. Die Vorstellungen dieies Chklns könnten getrost den Anspruch er heben, nach berühmten Mustern als „Mustervorslellnngen" bezeichnet und Lurch Placate in den Ei'eubahnwagen allen Reisenden an gekündigt zu werden; wenn unser Julendant, den Intentionen des Königs folgend, eine solche Ncclame unterläßt, so ist das um so anerkennenswerlher, je größer der künstlerische Werth dieser Aus führungen ist. Als Hans Sachs in den „Meistersingern" hatten mir Gelegenheit, Herrn Schütz vom Leipziger Stadttheater schätzen zu lernen, dem als Beckmesser Herr Greder-Leipzig bestens secundirte. Ten Mime ,m „Siegfried" sang Herr Lieb au von der Berliner königl. Oper mit sehr starkem und durchaus berechtigtem Erfolg. Im klebrigen waren die Wagneraussührungen nur mit heimischen Künstlern besetzt, an deren Spitze noch immer Frl. Malten als unvergleichliche Isolde und Bcünhilde steht. Herr Forchhammer vertieft seinen Tristan immer inchr, müßte ihn aber noch weit interessanter gestalten, dasselbe gilt von seinem Siegmund, einer Partie, die er zum ersten Male saug. Als Alberich bewährte sich Herr Rübsam, der diese Rolle im „Rheingold" und „Siegfried" zum ersten Male sang, ganz ausgezeichnet. Eine Meisterlefftung bietet Frl. Huhn als Fricka in der „Walküre". Die geniale Künstlerin sollte von den Leitern großer Bühnen gebeten werden, diese Rolle an möglichst vielen Theatern gastirend zu verkörpern: angesichts einer so königlichen Fricka und einer in jeder Einzelheit so vollendeten Kuustleistung dürfte dem Publicum allenthalben die Bedeutung der so oft mißverstandenen „Ehestandsscene" aufgehen. Der „Gesangverein der Staatseiseubahnbeamtcn", eiu unter der Leitung Les Herrn Max Funger stehender und zu unseren stärksten und besten Männerchüren zählender Verein, unternimmt in den Tagen vom 20. bis 23. d. M. eine Sängcrfahrl nach Wien, wo er von dem österreichischen Brubcrvereine und dem Wiener Schubertbunde aufgenommen werden wird. F. A. Geißler. * Professor Leopold von Auer in Petersburg, der berühmte Violin-Virtuos», wurde vom Grostherzog von Baden mit dem Commandeurkcenz 2. Closje des Ordens vom „Zährmgcr Löwen" ausgezeichnet. Seinen vielen Freunden dürste es auch von Interesse sein, daß nach langer Pause demnächst einige neue Compositionen für Violine im Verlage von Jul. Heinr. Zimmermann in Leipzig erscheinen werde». Neue Miinncrchor-Compositionen bringt soeben der Verlag von Conrad Glaser in Leipzig auf den Musikaiienmarkt, von denen die Chöre „Wenn ich wär' der Mondenschein", „Ich hab' im Traum geweint" und „Mein Schatz" von Franz Curti zufolge ihrer köstlichen Melodieniülle und ihres harmonischen ReichSthums au erster Stelle genannt zu werden verdienen. Namentl ch die Vertonung des bekannten Heine'jchen Gedichts ist dem für die Kunst allzu früh Heimgegangenen Loiuponisten ganz unver gleichlich schön gelungen. Ein »ach jeder Hinsicht prächtig durch geführtes Quartett Hai Alban Förster in seinem op. 72 geschaffen: „Hüte dich, Jnugsräulein I" Doch erfordert der Vortrag des be lebten Kehrreims Säuger von Geschmack und Gewandlbeit. Sehr stimmungsvoll und schön empfunden ist auch das „Ständchen" von Reinhold Becker (op. 10), während deS Coburger Liedermeisters Carl Türk „So muß mei Schätz!« sei" (op. 23), ein munteres, flottes Quartett, sich mit Glück jenem Volkston nähert, den Friedrich Silcher zuerst in di« Männerchorliteratur einqesührt hat. Zum Schluß möge noch rin lamoses „Trinklied" („Guckt nicht in Wasserguellen, ihr luftigen Geiellen") von Fr. Pacius, dem Componisten des bekannten Mannerchors „Suomi's Sang", angeführt werden, LaS als eine wadrbast derzerfrischcnde Bereicherung dieser allmählich reckt ver- flockten Liedgattung angeiehen werden darf. Es verdient die weilest» Verbreitung in Männergeiangvereintkreisen. v-8. Literatur und Theater. * Marie von Ebner-Eschrnback sendet folgende Dank- agung zur Veröffentlichung: Allen, dir meiner an meinem 70. Ge- bnclstage gütig gedacht, freudigen, beglückte» Dank! Kein Liebes zeichen, das mir gegeben wurde, kecn warmes Wort, das zu mir gesprochen wurde, ist verloren. In treuem Herzen will ich es bewahren, und wenn ich auch nicht vermag, jeden einzelnen Gruß zu erwidern, als Segen und Woblihat empfinde ich ihn. Dank denn! nochmals und tausendmal Tank! Marie Ebnrr-Eschenbach. Zdißlawitz, 15. September 1900. Dumas' „Denise" verboten. Die öffentliche Ausführung von „Denise", dem Dumas'schen Drama, das in Berlin bereits mehr als hundertmal gegeben wurde, ist, nach dem „Loc.-Anz.", dem Lessing-Tleater von der Cenjur verboten worden. Wissenschaft. 0. 8. Camille Saiut-2avn- und -ie neue französische Orthographie. Camille Saint Saöns hat schon durch seine ..kurtruits ot Souvenirs" bewiesen, daß er nicht nur ein großer Componist, sondern auch ein tüchtiger Schriftsteller ist. Man wird sich aber trotzdem wundern, seinen Namen unter einem Zeitungs artikel zu finden, der sich — etwas oberflächlich und mehr vom Standpuncte eines Poeten al- von dem eines Sprachforschers — mit der vor Kurzem von dem sranzösiichen Unterrichtsminister ver fügten Reform der französischen Rechlsjchreibung beschäftigt. Der Artikel, den dec „Figaro" veröffentlicht, führt Len Titel „Einige Worte eines Gläubigen", weil der Verfasser an die französische Sprache, an ihre Schönheit, an ihre „Halb-Güttlichkeil" glaubt. „Ist sie nicht in allen Ländern die Sprache der vornehmen Frauen, die Sprache der Prinzessinnen, der Königinnen und der Kaiserinnen'?" sragt Saint- Saöns. „Andere Sprachen mögen reicher oder sogar vollendeter jein; sie Hai aber ihre sprichwörtliche Klarheit für sich, die Kunst der seinen Nuancen, der unnennbaren Zartheiten, der feinen Töne, die dem Silbergrau gleichen, das die Maler jo sehr lieben. Sie ist das wunderbare Instrument, mit welchem unsere großen Schrift steller drei Jahrhunderte lang die Welt erobert haben; ein solches Instrument darf man nur mit Respect und Vorsicht berühren." Seit einiger Zeit macht sich aber alle Welt damit zu schaffen; es vergeht kein Lag, an welchem man nicht Reformen der Ortho- graphie und noch Schlimmeres predigt. Die Orthographie mag verbesserungsbedürftig sein, aber es kann leicht geschehen, daß die Allheilmittel schlimmer wirken, als das Uebel selbst. Viele Leute wollen, Last man so schreiben soll wie man spricht. Leider ist aber die Aussprache „bei verschiedene» Leuten verschieden". In Paris z. B. verschlingt man die Hälfte der Worte, — soll man deshalb alle stummen „s" unterdrücken und sie durch Apostroph- Zeichen ersetzen? Soll man sich für die Aussprache Les Nordens oder für die des Südens begeistern? Saint-SaönS hat nichts dagegen, daß man in Worten, die aus dem Griechischen kommen, die „Ir" unterdrückt, und beispielsweise „orto^rako", „üiosotis", „törupkutigus" schreibt. Anders verhält es sich mit den doppelten Millaulecn, denen man auch den Krieg erklärt; eS wäre geradezu entsetzlich, wenn man „lotro", „np.uoima" und „oon-non" anstatt „lottre", „npimrenoo" und „oocu-mm" spräche und schriebe. Eine solch schlechte 'Aussprache sollte man den Ungebildeten überlassen. Auch den Bindestrich greift man an; im Deutschen, wo L>e Worte sich aneinander reihen wie Güterzüge, soll er, nach Saint Saöns, nicht existiren, dafür hat die deutsche Sprache andere Schön heiten. Tie französische Sprache aber zählt den Bindestrich zu ihren schönsten Zierden; er schweißt zwei oder drei Worte zusammen und läßt dabei doch jeden einzelnen seine Individualität. Wenn man z. B. „aro en eiel" statt „uro-en-eicü" schriebe, so hätte Las gar keinen Sinn und könnte irgend einen beliebigen Bogen be zeichnen; geradezu fürchterlich wäre „arlreuoiol". ,,'träz bien" wäre ganz etwas Anderes als „rrss-bion"; für solche Feinheiten der Sprach« hat aber nickt jeder das richtige Gefühl. Tie Sprache wird vor allem von Len Kaufleuten verdorben, die in ihren Zuschriften jedes Wort aus lassen Las ihnen unnütz zu sein scheint; sie schreiben „tour luine", „wud soiö",Ija sogar „oousn main", „cou-su maelriro", „en 1d.es la garo". Tas Publicum spricht das nach und findet es zuletzt ganz natürlich. Saint-SaönS möchte auch die unnützen Fremdwörter aus der fran zösischen Sprache ausgemerzt jchcn; „sturtor", „imuclioap", wsÄtro" könnte» ja beibehalten werden, — aber must man wirklich „ticket" für „billst" und „aüoionaäo" für „nmateur" sagen? Die Fran zosen sollten nicht selbst an der Vernichtung ihrer Sprache, an der Abschaffung ihrer Reize und Feinheiten arbeiten, denn die Sprache eines Volkes ist der Spiegel seiner Seele. Jin Uebrigen will sich der philologische Componist vollständig nach den Beschlüssen der Akademie richten, denn die Akademie ist das Höchste auf Erden, — natürlich nur in Frankreich. Gerichtsverhandlungen. Königliches LauSgcricht. Strafkammer III. 6. Leipzig, 18. September. I. Nachdem der jetzt 58 Jahre alte frühere Lehrer Theodor Friedrich Karl M. aus Krimmen in Mecklenburg zum ersten Mal mit dem Strafgesetz in Conflict ge- rathen und deshalb auch von seiner Stelle als Lehrer entfernt worden war, bat er sich wiederholt wegen Widerstands, Sachbeschä digung, Diebstahls, Betrugs, Bettelns, SiltlichkeiiSverbrechens, Legilimativnsjäljchung re. strafbar gemacht. Als sein Strafregister 19 Nummern bereits aufwles, nahm M. fick vor, ein anderer Mensch zu werden und er hat sich auch nach Verbüßung einer ihm wegen Diebstahls im Jahre 1884 in Berlin znerkannten dreijährigen Zuchthausstrafe bis zum Frühjahr 1900 straflos gehalten. Im April dieses Jahres wurde er aber wieder vom Schöffengericht in Grimma wegen Diebstahls bestraft, jo daß bei dem von ihm am 9. August in Borna verübten Diebstahl die Rück- saUsbesiininiuiigen Anwendung zu finden haben. Er halte am genannten Tage in Borna gebettelt und dabei namentlich seine früheren College» heimgejucht. Bei dieser Gelegenheit hatte er auch der SchankwirthSehcsrau Sch. einen silbernen Klemmer sammt Futteral im Wertbe von 5 ./i gestohlen. Da die den Rückfall be dingende Strafe bis 1884 zurückliegt, billigte der Gerichtshof dem Angeklagten mildernde Umstände zu und setzte die Strafe auf fünf Monate Geiängnist fest. Wegen Bettelns wurden dem M. zwei Wochen Haft zudictirt, die aber als durch die erlittene Untersuchungshaft verbüßt erachtet wurden. II. Wegen Verbrechens gegen 8 176 Ziffer 2 des Reichs-Strafgesetz- buchs und Beleidigung wurde der 17 Jahre alte Fleischerlchiling H. aus Stadt Sulza auf Grund einer unter Ausschluß der Leffentlich- keit geführten Hauptverhandlung unter Zubilligung inilderitter Um stände und Anrechnung eines Monats der erlittenen Untersuchungs haft zu neun Monaten Gefängnist verurlheilt. III. Bei dem Referendar vr. S. erschien am 20. Juli der 23 Jahre alte Kellner Einil Julius Pt. aus Psorzheiin, und legte ihm eine Empfehlung des diesigen Professors N. vor, welcher schrieb, daß er die Eltern des Bittstellers, die gestorben seien, als achtbare und ehrenwerthe Lenke gekannt habe, der Mann sei durchs Examen gefallen und befände sich in schlimmer Lage, er sei der Unter stützung dringend bedürftig, vr. S. ersah indessen aus der Fassung der Empfehlung, daß dieselbe gefälscht sein müsse, hieß den Suppli kanten warten und übergab ihn dann einem inzwischen herbeigehollen Schutzmann. Man hatte es anscheinend mit einem sehr geriebenen Betrüger zn thnn, denn eS wurden bei ihm eine große Anzahl ge- säljchter Legitimalionspapiere, sowie Visitenkarten kiesiger hoch angesehener Personen vorgesunden. Auch wurde sestgestellt, daß er sich aui 29. Juni dem Dienstmädchen eines Rechtsanwalts gegenüber unter dem Namen Vr. Parts-, als Cassirer des Vereins Deutscher Arbeiterinnen ausgegeben und um den Beitrag von 2 50 /H, den ihr Dienstherr zu zahlen habe, gebeten hatte. TaS Dieusimädchen war aber auf den Vorschlag des Mannes, das Geldeinsiweilen zn ver legen, nicht eingegangen, sondern hatte de» angeblichen Cassirer ihrer Dienstherrin gemeldet. M. hatte aber unterdessen eine der Frau von Pt. gehörende goldene Uhr nebst Kette gestohlen. Bei dem Graveur G. führte sich M. am 13. Juli durch eine Visitenkarte als Architekt Prazzi Karoli aus Pest ein und verkaufte ihm ein Reiß zeug, das er jedenfalls auch durch Diebstahl erlangt hatte, ent« wendete aber bei dieser Gelegenheit eine G. gehörende silberne Uhr nebst Kette. Im klebrigen wird M. auch noch wegen Diebstahl» im Rückfalle von der Staatsanwaltschaft in Bremen verfolgt. Der Gerichtshof billigte M. bezüglich der beiden Diebstähle nochmals mildernde Umstände zu und erkannte wegen dieser und wegen Betrugs auf eine Gesammtftrase von einem Jahre sech- Monaten Gesang niß, sowie drei Jahren Ehrenrechtsverlust, wegen Führung gesälichter Legitimationspapiere erhielt er eine vier« wöchige Ha st st rase zudictirt, dir aber als durch dir erlittene Untersuchungshaft verbüßt erachtet wurde. IV. Unter der Anklage der Freiheitsberaubung bez. Anstiftung zu diesem Vergehen halten sich der 56 Jahr« alte Maurer Friedrich Hermann S. auS Pausckwitz und dessen Sohn der 30 Jahre alte Malermeister Friedrich Hermann S. ebendaher zu verantworten. Nach dec Anklage soll S. ssn. am 12. Februar seiner Schwieger-
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