Delete Search...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020418013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902041801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902041801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-18
- Monat1902-04
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Bezug-Preis i» der Hauptrxpeditiou oder den im Stadt- beztrk >»d dm Vororten errichtete» In», gavestelle» ebgeholt: vierteljährlich ^>l 4.öO, — zweimaliger täglicher Z» stell»»- in» Hau» ^tl 5.50. Durch di« Post bezöge» für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich^»«, für die übrige» Länder lant ZeitungäpretSltste. Nedartto« «ns LrpeMs«: Iohaimisgaffe 8. Fernsprecher 183 und LL2. FUUUovpediti»»«» r Alfred Hoch«, Luchha»dlg., Universität»str. 8, 8. Lösche, Katharinenstr. 14, u. Käiigspl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Ttrehlenerstraste 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: KöniggrStzerstraße II«. Fernsprecher Amt VI Nr. 3393. Nr. M. Morgen-Ausgabe. MPMLr.TagMM Anzeiger. AmtsvsaLt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nnthes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Areitag den 18. April 1902. Anzeigen-PretS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaction»strich (»gespalten) 78 L,, vor den Famtlirnnach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offrrtenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./t 60.—, mit Postbesörderung ./L 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 88. Jahrgang. Die Hauptversammlung des nattonaUiberalen Landesvereins und das Landtagswahlrecht. Am 8. und 4. Mat wir- -er nationalltverale Lande-» verein für das Königreich Sachsen seine Hauptversamm lung in Leipzig abhalten. Das Programm scheint ja noch nicht en-gtltig festzustehen: in Aussicht genommen ist neben Commers und Diner eine „Festrede", ein Vortrag über -ie sächsischen Landtag-verhanblungen und die Bor bereitung -er ReichStagSwahl. Wir möchten dem Borstande an- Her- legen, noch die allerwichttgste politische Frage Sachsens auf die Tages ordnung zu fetzen, nämlich die Aen-erung des Land tag-wahlrecht S. Im öffentlichen Leben spielt ja die Bogel Gtrauh-PolitN eine sehr große Rolle, aber selbst die rücksichtsvollsten Mitglieder der national liberalen Partei müssen erkennen, -aß ohne die Lösung dieser Frage der sächsische Staat nicht gesunden kann. Die im Jahre 1899 eingcführte „Reform" trägt alle Kenn zeichen -er Zwangslage, in der man sich damals befand, und des übermäßigen Druckes einer Partei, die keinem Berbefserung-vorschlage zugänglich war. Seitdem aber durch da- damals eingeführte Dretclassenwahlsystem diese Partei zur unbedingten Herrschaft gelangt ist, sind die Zustände geradezu unerträglich geworden. Nicht nur die liberalen bürgerlichen Kreise empfinden dies, sondern auch recht conservattve, da- Wohl de» Staate» über den Parteivortheil stellende Männer bekennen «S offen, und Laß die Regierung eS bedauert, nicht mit aller Energie für die Einführung eine- Wahlrecht- eingetreten zu sein, da- nicht nur die Soctaldemokratie zurückdrängte, son dern auch dem liberalen vürgerthum eine seiner geistigen und wtrthschastlichen Bedeutung entsprechende Vertretung wenigstens in der Zweiten Kammer sicherte, geht schon längst au» sicheren Kennzeichen hervor. Wir haben in einem Leitartikel vom 1. Februar (Nr. 57) ausgeftthrt, daß eine Aen-erung -es Landtags wahlrechts geboten sei, 1) weil die Alleinherrschaft einer Partei in zwei Kammern dem Wesen der Volksvertretung widerspreche, wenn im Lande selbst eine mindestens gleich- werthrge zweite Partei vorhanden sei, und 2) weil das Interesse einer starken monarchischen Regierung unver einbar sei mit einer solch unbedingten Herrschaft einer Partei im Landtage. Wir haben diese Gedanken bei der Ministerkrtfis wieher ausgenommen (12. Februar, Nr. 77) und wollen uns heute nicht wiederholen, obgleich das Alles wohl noch öfter gesagt werden muß. Wir wollen heute nur auf einen Artikel der „Grenzboten" (Nr. 8 vom 20. Februar 1903) verweisen, der sich in ähn lichen Gedankengängen bewegt. Dieser Artikel knüpft an die Ministerkrtfis an, fragt nach deren tieferen Gründen, stimmt der Auffassung der Minister zu, die in -em Verfahren der Kammer einen „gefährlichen Vorstoß gegen die Selbstständigkeit der Re gierung gesehen haben und sich um -er Zukunft willen zur Abwehr verpflichtet glaubten", sieht die Erklärung für all das in den Zuständen der sächsischen Volksvertretung und fährt dann fort: „In einem Industrieland«, wo der von der Landwirthschafr lebende Theil der Bevölkerung nur etwa 15 Procent der Ein wohnerschaft beträgt, gilt heute noch der Unterschied zwischen (37) städtischen und (45) ländlichen Wahlkreisen wie vor 70 Jahren, und zwar so, daß diese eine ganz unverhältnißmäßtg große Zahl von Abgeordneten de» Grundbesitzes stellen, die städtisch industriellen Kreise dagegen verhältnißmähig viel zu schtvach vertreten sind. DaS neue Wahlgesetz vom 28. März 1896 hat mit seiner Dreiclassenwahl und der Einführung in direkter Wahlen die starke sächsische Eocialdemokratie — ge radezu mundtodt gemacht und eine conservativ-agrarische Mehr heit in der Zweiten Kammer geschaffen, die diese völlig be herrscht, also Zustände veranlaßt, die mit dem ganz überwiegend städtisch-industriellen Charakter Dachsen» im schroffsten Wider spruch stehen. Dadurch hat sich die Regierung selbst der Stel lung beraubt, die sie der Volksvertretung gegenüber behaupten muß, wenn sic, statt konstitutionell-monarchisch zu sein, nicht par lamentarisch werden will, der Möglichkeit nämlich, über den Parteien zu stehen, unter Umständen die einegegendieandereauSzusptelen und Mehr heiten von verschiedener Zusammensetzung zu schaffen. Tenn in der sächsischen Zweiten Kammer gicbt es jetzt nur zwei Parteien, und von diesen ist die liberale so schwach, daß sie niemals eine Mehrheit bilden kann. Also be herrschen die Conservativen den Landtag unbedingt und üben da durch auf das Ministerium einen solchen Einfluß, daß man dort, wie die Spatzen von den Dächern pfeifen, vor nichts mehr Scheu hat, als vor einem Widerspruch der Kammer. Deshalb hat sich das Ministerium z. B. auch gefallen lassen, daß der verabredeter Matzen von der Kammer zu stellende Antrag auf die längst ver sprochene Gewährung von WohnungSgcld an die Beamten einfach nicht eingebracht wurde. Kurz, Sachsen wird heutzutage viel weniger von der Regierung al» von der konservativ-agrarischen Landtagsmehrheit regiert." ES folgt nun «ine SsttN» der Kinanzgebahrung des Landtags, dann fährt der Artikel fort: „Nun kann man gewitz sagen: das sächsische Volk, so weit eS überhaupt auf dem Boden der heutigen Staatsordnung steht, will durchaus nicht von einer konservativ-agrarischen Oligarchie re giert werden, sondern von der Regierung seines Königs, es will kein parlamentarisches, sondern ein konstitutionell-monarchisches Regiment. Ein solches wird es aber nur dann haben, wenn da» Landtagswahlgesetz derart umgestaltet wird, dah die Zusammen setzung der Bevölkerung auch in der Zweiten Kammer wirklich zum Ausdruck kommt und dah das Ministerium nicht machtlos einer streng geschloffenen übermächtigen Mehrheit gegcnübersteht. — Auch die Conservativen im Lande, die sich ja für ganz beson ders königstreu halten, mögen es sich überlegen, ob sie ein parla mentarisches oder ein monarchisch-konstitutionelles Regiment wollen, denn so steht heute die Frage. Sie werden doch wohl nicht wünschen, datz in Sachsen die Deputirten regieren und die mächtigsten Leute in ihren Wahlkreisen werden, wie sie es in Frankreich und Italien längst sind, wahrhaftig nicht zum Wohle des Lande». Also krineipiie okstnl" Soweit die „Grenzboten". Der Artikel enthält ähnliche Grundgedanken, wie wir sie am 1- und 12. Februar ausge sprochen haben. Wir haben schon damals aus bestimmten Anzeichen geschlossen, daß die Regierung den Druck der Lage selbst bitter empfinde und auf Abhilfe sinne. Das agrarische Vorgehen der Ersten Kammer in der Steuerreform, das bei anderer Zusammen setzung der Zweiten wohl gemäßigter gewesen wäre, wird wohl diese Empfindung erheblich verstärken. Vielleicht sitzt in der Regierung schon der „starke Mann", den bas Land braucht, der Retter, der kommen muß. Aber Erfolg wird er nur haben können, wenn er getragen wird von -er Kraft der öffentlichen Meinung. Und hier liegt die Aufgabe der national liberalen Partei. Sie muß immer und immer wieder die Gefahren klarlegen, sie muß die bürgerlichen, jetzt einfluß losen Kreise aufrütteln, sie muß den Conservativen klar machen, baß eS sich hier um die höchsten Interessen der Monorchie handelt. Möge der Vorstand der Partei dem, entsprechend Vorgehen und sich davon nicht abhaltcn lassen durch die Erwägung, daß zunächst ein erkennbarer prak tischer Erfolg schwerlich zu erwarten sei. Es ist der beste Ruhm einer Partei, wenn von ihr gesagt werden kann, sie verstehe eS nicht nur, reife Früchte vom Baume zu pflücken, sondern auch den Boden zu bereiten, auf dem dereinst Fruchtbäume gedeihen. Der Krieg in Südafrika. Tic Frirdensverhandlnngen. * London, 17. April. Die FriedenSunterbandlungen scheinen bislang keine befriedigenden Fortschritte gemacht zu haben. Aus dem Umstande, daß der gestrige Minislerraih nur «ine halbe Siunde dauerte, folgern die „Times", daß dem Cabinek ernste Vorschläge nicht vorlagen. Dies sei, so fährt daS Cilyblatt fort, eine höchst entmulhigende Lage. Wenn die Boerrnführer begriffen, daß wir die Sieger, sie die Besiegten seien, wenn sie ferner begriffen, daß wir unter keinen Um ständen die Vortbeile, die wir mit so großen Opfern errungen habe», aufgrben, so würden sie uns schon lange praktische Vorschläge gemacht haben. Was sie uns übermittelt haben, gehört entweder in die Classe der Fühler oder sind gänzlich unannehmbare Vorschläge. „Daily Mail" erfährt, die Lage sei nickt wesentlich geändert, aber die von Miluer gesandten Instructionen würden bald, möglicherweise schon heute, zeigen, ob die FriedenScvnferenz mit der Annahme der britischen Bedingungen Seitens der Beeren enden oder die Unterhandlungen scheitern werden. Drei Punkte bildeten den Gegenstand fast unüberwind licher Schwierigkeit, nämlich die Amnestie, die VerbannungS-Proclamalion und die Wiederherstellung der Autonomie. Die Regierung sei entschlossen, in diesen Punkten eine feste Haltung zu bewahren. Die Boerenführer beanstanden insbesondere die lange Zwischenzeit zwischen dem Friedens schluß und der Herstellung der Autonomie. Lündenböckt. * L»U-6N, 17. April. (Telegramm.) Heute sind weitere Telegramme über die Affäre vom Spionskop veröffentlicht morden, die bisher nicht bekannt waren. Sie bestehen hauptsächlich in Kritiken des General» Buller überGeneral Warren's Operationen und in Urtheilen Lord Roberts überBeide General Buller betont, daß General Warren Saumseligkeit gezeigt oder die ihm ertheilten Befehle nicht ausgesöhrt habe, und bemerkt, er könne ihm kein selbstständiges Commaudo mehr übertragen. Lord Roberts äußert in einer Besprechung von Buller's Bericht, Buller hätte, als er sah, daß feine Befehle nicht in richtiger Weise zur Ausführung gebracht würden, die Pflicht gehabt, einzugreifen. ES habe sich um eine äußerst wichtige Unternedmung gehandelt; der LberconimandirenLe hätte sich durch nichts davor zurückschrecken lassen sollen, darauf zu befielen, daß di, Unternehmung so auSgesührt werde, wie er rö sür richtig hielt. Deutsches Reich. 6. II. Berlin, 17. April. (Die Währung im rbeinisch- wrstfälischen Kohlenreviere.) Es läßt sich nicht leugnen, daß !m rheinisch-westfälischen Kohlenreviere eine gewisse Währung herrscht, die vielleicht durch die Nachrichten auS Belgien geweckt oder doch gesteigert worden ist. In einer Eingabe, welche der Vorstand des deutschen Bergarbeiler- verdandeS an den Handelsminister Möller gerichtet ha», wird davon geredet, „daß nicht nur im Rnhrgeoiete sich die Ver hältnisse immer mehr zu einem AuSbruch der Leidenschaften znspitzen, sondern in den anderen Grubenbezirken die Dinge nicht besser liegen". Die Mitglieder des Verbandes (41 000) ersucht der Vorstand, Rude zu bewahren und betont, „daß bei der heutigen schlechten Geschäftslage nur die Unternehmer ein Interesse haben, daß die Belegschaften streiken". An einen Streik im Ruhrgebiete ist hiernach nicht zu denken, in seiner Eingabe an de» Minister bemerkt der Verband zu nächst Folgende«: In einer am 7. April stattgefundenen Ver sammlung der Wattenscheiver Bergleute herrschte eine außer ordentliche Erregung über die Maßnahmen der Verwaltung von Zeche „Holland", Schacht III und IV. Sie bat die Zebnslnndenschickt, gegen den Willen der Belegschaft, ein- gefübrt. AIS sich dieskrbalb die Pserdejunge» weigerten, eher, wie bisher Regel, die Pferde auö dem Stall« ru führen, fiel ein Fahrsteiger über die Jungen mit einem Stocke her und schlug einen Pserdejungen dermaßen, daß der Geprügelte in Thränen au-brack. Die erwachsenen Bergleute, unter ihnen die Väter und Geschwister der Jugendlichen, sind darüber in große Erregung gerathen. In der erwähnten Versammlung kam sie derart heftig zum Ausbruch, daß gerufen wurde: „Streiken! Werft die Brocken hin." Dem Vorsitzenden des deutschen Bergarbeiterverbandes, L. Schroeder, gelang es allerdings, die Gemüther zu beruhigen, aber nur mit der Versicherung, der obersten Bergbehörde direkt Kennt»»» von dem Skandal zu geben und dabei um Einschreiten zum Schutz der Arbeiter zu ersuchen. Der Verband theilt in seiner Eingabe weiter mit, daß auch der Streik 1889 in Folge der Mißhandlung eines Pserdejungen seinen Anfang genommen habe, behauptet dann, daß überall Lohn- reduclioiicn und Kündigungen, gleichzeitig aber auch Ein stellungen fremdländischer Arbeiter stattfänden. Die Beamten benähmen sich brutal, beschimpften und mißhandelten die ihnen unterstellten Arbeiter, und das berüchtigte „Nullen" käme in Schwung. Endlich ersucht der Verband den Minister Möller, diesen Mißständen ein Ende zu machen, und versichert, daß er es für seine Pflicht gehalten habe, dem Ministerium von der sehr kritischen Entwickelung der Arbeiterverhältnisse im Bergbau Kenntniß zu geben. Nun ist eS ja bekannt, daß die Leiter des socialdemokratischen Verbandes Grau in Grau zu malen pflegen, immerhin wird Herr Möller angesichts der Vorgänge in Belgien die Verpflichtung fühlen, die Berech tigung der Klagen bald zu untersuchen und cventuell auf Be seitigung von Mißständen, die sich gar leicht in großen Be trieben ohne die Schuld der obersten Leiter einschleichen, zu dringen. Berlin, 17. April. (Zum „Patriotismus" des Eentrums.) Daß der richtige EcntrumSinann sich nicht mit dem deutschen Vaterlande begnügt, sondern sich darüber hinaus, aber doch auf und von dieser Welt, ein zweites, römisches Ferrillstsn. Zwei Vreiermarken. Stv»- »»«, Vxi«smarkk»s«m»el». Bekanntlich hat die Retchspost uns mit einer Serie neuer Briefmarken in den April geschickt. Etwas von der kralb ärgerlichen, halb humoristischen Stimmung dessen, -en man am 1- April „in den April schickt", d. h, mit einen» Scherz hereinfallen läßt, herrschte unter dem erreg ten Hausen Derer, die am 1. April von einem überfüllten Postschalter zum andern eilten, — überall stände»» dte Leute wie an der Theatercasse, überall gingen dte Post- werthzeichen angesichts der großen Nachfrage auS und es mußten die Harrenden noch länger harren, vis neue Vogen besorgt waren. Die vorau-gehenden Feiertage mochten da» Jhre mit dazu beigetragen haben, dah das Publicum nicht schon Ende März genügend sich mit neuen Marken ver sorgt hatte. Wer wird auch sich viel Marken htnlegen, so lange diese nicht gelten? Kurzum, man befand sich meist gekeilt in des Daseins fürchterlichster Enge, und es ist gut, dah -te Retchspostverwaltung nicht Alles gehört hat, wak da gemurmelt wurde. Aber auch dieser Hohen Ver waltung sollte eS nicht erspart werden, selbst „in den April geschickt" zu werden, und -war von Setten -e- Druckfehlerteufel-. Ein kleiner Ritz, da» Absprtnge^ eines Strichlet«» vom Buchstaben « auf der Druck platte, und dqs bereit» berühmte DklI1'86tIL8 KLlOIfl prangte, zunächst noch unerkannt, auf einer Drei-Pfennig» Marke inmitten eine- Pogens von V0 wohlgerathenen Schwestern. Hoffentlich ist das „Futsches Reich" kein Omen. Bet Lebzeiten Todtaesagte sollen ja erst recht langlebig fein. Sobald die Postverwaltung -en Fehler entdeckte, suchte sie möglichst die ausgegebenen Pogen ein- zuziehen, — aber viele waren schon in Prfvathänden, die Händler hatten sich der Sache angenommen und -te Spe kulation der Briefmarkenbörse setzte ein. Jetzt kostet esne solche Rarität schon 1—8 — bald wird der Preis der Drctermarke immer weiter steigen. Es »tsbt übrigen» nicht ganze Bogen solcher verdruckter Marken, sondern «s beftndet sich mir je eine einzeln« inmitten eines sonst rich, tigen BogenS. Die Firma Senfs in der Universitäts straße zu Leipzig hat an ihrem Schaufenster solche Bogen hängen. Auf dem einen befindet sich die Suriofität in der Mitte des Pogen», auf dem anderen in der rechten un teren Ecke. Eine besondere Seltenheit werden diese Ptarken einst im abgestemvelten Zustand sein, d. h. mit dem Stackwet» der postalischen Verwendung nach dem 1. April, dem Einführungstermtn der neuen Marke. Wir sehen da auch da» Couvert eine» eingeschriebenen Briefes ausgestellt, der mit 10 Dretermarken freigemacht ist, unter denen sich ein Exemplar mit Fehldruck findet. Wer «s abwarten kann und «s erlebt, der wird sehen, daß etwa in 50 Jahren diese Marke ebenso ein Capital repräsenttrt, wie heutigen Tag» die vor 50 Jahren aus gegebene sächsische rothe Dretermarke. Eine einfache Werthztffer im Quadrat, Name oben, „Franco" unten, auSgeäeben für 8 Pfennig (oder wie man damals fälsch licher Weise »ruckte: Pfennige) — und jetzt selbst in gutem Zustande für «inen respektablen „vlauflügel* mit der Aufschrift» „Hundert Mark" kaum zu haben. Sine kleine Banknote im Sourswerthe von 80—120 uck Und dabei ist dies« Mark« seiner Zeit, wie nachgewtesen, thatsächlich in einer Auflage von 498 000 Stück in den Postverkehr gekommen! Im heutigen Sourswerthe würden diese Marken allo in tadellosem Zustand« dte stattliche Summe von etwa fünfzig Millionen Mark reprälfenttren. Frei lich extsttrt nur ein« kleinere Anzahl noch. Kenn man bedenkt, sah nicht bloS solch« Banknoten noch unverztnst da und dort in alten Papieren auf -em lvberboden heim lich «eraflhen, — nein, daß auch Millianenwerthe seiner Zeit uno«achtet mit altem Briefpapier in den Vfen gesteckt worden find, — das Herz «ines echten Philatelisten zieht sich grauskud zusammen vor Jammer. Philatelist? Ja, da» ist der stolze Name Derer, die da» Priefmarkensammkln wlMschaftlich betreiben Philatelie, Schon gevtl-et ist -er Name ja nicht. Er kommt au» d«m Griechischen: Philos -- -,r Freund, und Utrleia — Freiheit letgentUch Steuerfreihejt), -. h. hier picht die „Freiheit, die ich meine"sondern die -er Samm ler rnVnsr -ab Freimache» de» Pries,- mit der „Frei". Marke, Die Briefmarke»!»«-« ist immer mehr zu einer wissenschaftlich ausgearbeitet und ein bedeutender Han delszweig ist entstanden. Ob es nun freilich richtig ist, der Briefmarkcnkunde eine derartige Bedeutung als einer geschichtlichen Hilfswissenschaft zuzuschreiben, wie z. B. der Münzkunde, lassen wir dahingestellt. Man sammelt ja heutzutage viel. Der Eine Liebig-Bilder, der Andere Wcinetiletten, wieder Einer Straßenbahnfahrkarten, noch Einer Deckel der Tändstikors, — das Alles wird wieder schwinden, es ist Lache von Einzelnen. Das Briefmarkcn- fammeln wird nicht wieder vergehen, es ist bereits Sache der Allgemeinheit — man spricht ironisch von dem Brief- markenbacilluS mit seiner ansteckenden Kraft. Es wohnt aber dieser Art von Sammeln entschieden auch ein höherer Werth inne. Es hat schon für den Knaben einen pädagogischen Werth. Er lernt auf kleinen Anfängen konsequent weitcrbauen und das Ganze syste matisch anordnen. Er bekommt einen kurzen gcographi- chen Uebcrblick über die politisch selbstständigen Länder >e» Erdkreises, lernt ihre Münzsorten, in den Marken- üldcrn oft ihre wichtigsten landschaftlichen und wirth- chaftltchen Eigenheiten kennen, vvr Allem aber ihre pan ische Geschichte, wenn auch nur in den letzten 5t) bis 60 Jahren. Es giebt ja noch ältere Einzelheiten. Sv gab man -- B. schon 1953 in Frankreich auf Veranlassung der schönen Krau von Longueville eigenartige Postwerth- zetchen aus. Die Anfänge des Bricfmarkensammelns aber fallen mit dem Entstehen unserer modernen Frei marke im Jahre 1840 zusammen. Damals entstanden dte ersten englischen Briefmarken. Die berühmten und jetzt vielgesuchtcn Couverts mit der großen Vignette von W. Mulreadtz, Britannia, nach allen vier Winden Him- mel-boten anssendend, wovon drei Seiten des Couverts eingenommen werden, am unteren Rande „?ost»8v" und Wertangabe, Gleichzeitig erschienen die ersten eigent lichen Freimarken mit dem Bilde der Königin Victoria, l Pcnnv schwarz und 2 Pence blau, — übrigens nach den neuesten Forschungen nicht von Str Rowland Hill, son dern von einem schottischen VcrlagSbuchhändler Namens James ChalmerS erfunden- Einzelne englische Colonien folgten, 1848 Frankreich, 1850 fast sämwtliche europäische Staaten, Und nun ging das Sammeln los. Die Marken gehen nns ein deutliches Spiegelbild der politische,» Ent- Wickelung, So zeigen z. v. -te spanischen Marken von 1850 Isabella II., 1869—70 die Republik, 1872 König AmadenS I., 1873 die Republik, 1875 Alphons XII., da neben 1874—75 Don Carlos für die von ihm besetzten Provinzen, auf den neueren Marten den Kindcrkops Al- Phons' XIII., dann den Knaben in Uniform. Frankreich: 1848 »topf der FretheitSgöttin, l852 Napoleon als Präsi dent, 1853 Kaiser Napoleon III., 1863 derselbe mit Lor- becrkranz (mexikanische Expedition), von 1870 ab die Re publik in verschiedenen Darstellungen. Besonders interessant für uns ist ein Ucberblick über die verschiedenen deutschen Briefmarken. Da sehen wir zunächst die heute thciliveise sehr seltenen Marken der Cinzelstaaten vor dem Jahre 1866, geschmückt theUmeise mit den Bildern der Landesherren, thcilweise mit den Landeswappen: der preußische Aar, der mecklenburger Ochsenkopf, der Lübecker Doppeladler, der Bremer Schlüssel, die Hamburger Thür,ne, das Braunschweiger Roß, die bäuerischen Löwen, die badischen Greisen, Han nover mit Löwe und Einhorn, Württemberg mit Löwe und Hirsch. Welche Erinnerung an die Geschichte bieten da z. B. schon die Marken Schleswig-Holsteins. Erst ge meinsame provisorische Regierung, Marke mit dem Reichs adler <1850), dann, nach langer Panse, 1865 für Lchlesivig- Holsttin gemeinsame Marken des preußisch-österreichischen Regiments, — 1864 getrennte Marken für Holstein, sowie solche für Schleswig lBnndescommifs.), 1805 andere für Holstein <österreichisches Gonvernenwnt) und für Schles wig lprenßisckes Gouvernement). Die ältesten dieser Mar ken erzählen non dem ersten vergeblichen Kampfe der meeruinschlnngenen Lande 1850, die späteren von der Zeit der Befreiung, zugleich aber auch von der Spannung vor 1806. Daneben lvrichten von der alten „Reichs"-Post- lnrrlichkeit für diejenigen Lande, die nicht eigene Post betrieben, die Marken de» Thnrn- und TaxiS'schen Post gebietes, für den nördlichen Theil mit Lilbergroschen, für den südlichen Theil mit Kreuzern bezeichnet. Vom Jahre 1896 und der Besetzung süddeutscher Lande durch Preußen erzählen preußische Marken mit dem Adler, aber in Krcuzerwährung. Dann folgen die Marken des Nord deutschen Bundes in zweierlei Währung. Die Anfangs zeit dcS Norddeutschen Bundes brachte noch verschiedene, jetzt gesuchte Eigenheiten. Da noch eine große Anzahl von preußischen, sächsischen, bxannschweistischen, wecklenburgi»
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview
First Page
Back 10 Pages
Previous Page