01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020613015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902061301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902061301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-13
- Monat1902-06
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Anzeigen sind stet» an di, Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. 96. Jahrgang. Fürsorge für die Heranwachsende Jugend. —6t. StnS der erfreulichsten Zeichen der Zeit ist die in den weitesten Kreisen wachsende Erkrnntnttz, daß die Heran wachsende, aus der Volksschule entlassene Jugend einer ver stärkten Fürsorge in wirthschaftlicher, nationaler, intellec« tueller, gesundheitlicher und vor Allem in sittlicher Be ziehung bedarf. Man sieht immer allgemeiner ein, daß c» eine unbegreifliche Kurzsichtigkeit ist, wenn man junge Leute, die kaum den Kinderschuhen entwachsen sind, in einer Selbstständigkeit aufwachsen läßt, die fast nothwendig zur Zuchtlosigkeit führen muß, während die gleichalterige Jugend der höher gebildeten BolkSclassen nach wie vor unter der strengen Aufsicht der Schule und de» Elternhauses steht. Bor Allem hat die Erimtnal-Statistik Jedem, der sehen will, gezeigt, wie verderblich eine falsche Freiheit auf einen großen Thetl unserer Jugend wirkt. Denn während die Ctvilbevdlkerung sich vom Jahre 1881 bis 1806 nur um 16,8 o. H. vermehrte, nahm die Zahl der Berurtheilten überhaupt um 88,5, die der jugendlich Ber- urthetlten um 44,1 v. H. zu. Auch bas gtebt zu denken, baß fast jeder fünfte Soldat vor seinem Eintritt inS Militär be reit» bestraft worden ist. Diese und ähnliche Beobach tungen haben bekanntlich zu dem von allen BolkSfreunden begrüßten Fürsorge-ErziehungSgesetz geführt, mit dessen fruchtbarer Berwerthung jetzt die staatlichen, kommunalen und kirchlichen Behörden und zahlreiche Vereine eifrig beschäftigt sind. Namentlich aber ist der im Jahre 1900 gegründete „Deutsche Tentral ver ein zur Fürsorge für die schulentlassene Jugend bemüht, durch Wort und Schrift wie durch praktische Arbeit für die sittliche und wtrthschaftltche Förde rung der minderjährigen Jugend, besonders aber -er schul« entlafsenen Waisen zu sorgen. Hoffentlich gelingt es diesem Verein, im Zusammenhänge mit den Behörden, vor allem die Erkenntniß immer mehr zu verbreiten, daß es sich nicht bloß um die Rettung solcher Kinder und jungen Leute handelt, die bereit» mehr ober minder verwahrlost sind, sondern vor Allem um eine vorbauende und bewahrende Thätigkeit und darum zugleich um eine Fortsetzung der Arbett, zu der in Hau» und Schule der Grund gelegt ist. Daß au» diesem Grunde die allgemeine Durchführung der obligatorischen Fortbildungsschule nur noch eine Frage der Zeit sein kann, steht fest. Aber freilich, mit der bloßen Verbreitung de- Wissens kann der Ber- Milderung der Jugend allein nicht gewehrt werben, sondern dazu bedarf es auch einer nachhaltigen veredelnden Ein wirkung auf Herz und Gcmüth. Und diese wird im vollen Maß nur auf dem Boden der christlichen Lebensanschauung erreicht. Wo aber das Haus und der Lehrmeister dieser Charakterbildung nicht gewachsen sind, da wirb die christ liche Gemeinde und die von ihr geschaffene freie Vereins« thätigkeit eintretcn müssen. Auf Grund dieser Erwägungen kann man den früher viel bespöttelten und oft angefetndeten evangelischen I ün g l tn g sv e r e i n cn für die Zukunft eine hohe Be deutung zuschreibcn. Daß sie etwas Tüchtiges geleistet und sich in letzter Zeit außerordentlich entwickelt haben, ist nicht zu bezweifeln. Die größte Ausbreitung Haven die Jünglingsvereinc in Nordamerika gefunden, wo in 1476 Vereinen nicht weniger als 268 400 Mitglieder ge zählt werden, und von diesen Vereinen haben nicht weniger als 391 eigene, zum TheU großartige Verein-Häuser. Aber auch in Deutschland sind diese Vereine im letzten Jahrzehnt stark gewachsen. Die zu Bündnissen zusammengeschloflenen 1700 Vereine haben 91 000 Mitglieder, so daß im Ganzen wähl mehr als 100000 Mitglieder evangelischer Jüng- ltngsvereine vorhanden sind. Davon kommen auf den ost - deutschen Jünglingsverein nach dessen vor Kurzem erschienenen Jahrbuche 20 927 Mitglieder, und davon ca. 5000 auf Berlin. Da» sind erfreuliche Zahlen, namentlich wenn man hört, daß die Zahl der Mitglieder sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt hat. Aber freilich wieviel fehlt noch daran, baß jede Stadt und Gemeinde aus reichend mit derartigen Vereinen versehen ist. Und wieviel Tausende von jungen Leuten werden von der erziehlichen und bildenden Thätigkeit, die hier geleistet wird, nicht er reicht. ES fehlt nicht an Stimmen, die noch heute diesen Vereinen pietistische Engherzigkeit vorwerfcn und in dieser den Hauptgrund dafür sehen, daß ihnen nicht noch größere Kreise unserer Jugend zufallen. Und man kann nicht leugnen, daß man hier und da in Bezug auf die Gestaltung bar Vergnügungen noch immer allzu ängstlich ist. Aber freilich, die Leiter solcher Vereine versichern meist, daß Nach, gtebigkeit in dieser Hinsicht auf die Dauer keineswegs günstig auf ihre Entwickelung auch in Bezug auf die Zahl der Mitglieder zu wirken pflege. Denn wer sich nur amü- siren wolle, der komme schließlich in Gesang», Turnvereinen u. s. w. besser auf seine Rechnung) auch muß anerkannt werden, daß in den meisten Vereinen ein durchaus frischer Ton herrscht und daß neben der religiösen Erbauung auch auf frohe Geselligkeit und vor Allem auf die geistige und körperliche Fortbildung durch Borträge, gute Lectüre, die Pflege ber Musik und turnerische Uevungen und Jugend- spiele mit Erfolg Gewicht gelegt wirb. Am meisten wird noch über den Mangel an passenden Räumen für die Ver einszusammenkünfte geklagt, und eS wäre zu wünschen, daß die Gemeinden oder wohlhabende Bürger sich mehr als bisher bereit finden ließen, für solche zu sorgen. Auch fehlt eS vielfach noch an geeigneten Mitarbeitern, namentlich in Bezug auf die Verdrehung belehrender Borträge au» den Gebieten der Geschichte, Literatur, Naturwissenschaft u.s.w. ES wäre sehr zu wünschen, daß die gebildete Welt nach dieser Seite sich mehr verpflichtet fühlte und nicht alle Arbeit den Geistlichen und einzelnen Lehrern überließe. Der Friedensschluß. Man schreibt der „Boss. Ztg." al» Beitrag zu den Mo tiven für die Wasfe»ftreck»«g bet Vvere« aus Amsterdam: Man kann sich hierzulande immer noch nicht in das imeyyartkte Labe de» voerenkrtege» finden und, wie e» nun einmal in der Natur des Menschen liegt, man sucht und findet die Ursache nicht so sehr in dem Swingenden Laufe der Ereignisse, al» in der Schuld gewisser Kreise oder einzelner Personen. Trotzdem ist es merkwürdig, daß von »en zwei hervorragendsten Blättern, dem „Amsterdam. ->andclSblatt" und dem „Nieuwe Rotterdamsche Courant , »er niederländische Ministerpräsident, I)r. Kuyper, zu einem guten Theile für den Friedensschluss mit seinen den Boeren höchst ungünstigen Bestimmungen verant wortlich gemacht wird. Und zwar soll er das durch Form und Ton seiner Anfang Februar d. I. an die eug- ische Regierung gerichteten Note verschuldet haben, durch )te, wie man sich erinnern wird, die Anbahnung von Frtcdcnsverhandluugcn angestrcbt wurde. In jener Note wurde erwähnt, daß die Boeren in Südafrika von der Außenwelt abgeschlossen seien, so daß ihre Vertreter in Europa die Lage in Südafrika ebensowenig kennen, wie die m Felde stehenden Boeren die Verhältnisse in Europa „die Boeren zu Felde müssen sich jedweden Schrittes ent halten, weil sie über die Lage -er Dinge in Europa nicht unterrichtet sind"!. Wenn also die Regierung eines für sie Boeren so wohlwollend gestimmten «taates, wie Hol land, es für ihre Pflicht gehalten hat, die Boeren über den wahren Sachverhalt aufzuklären, so liegt die Vcrmuthung nabe, daß die Note den Zweck hatte, die Boeren von der Hoffnungslosigkeit ihrer Sache zu überzeugen. Und wenn eS baz.n weiter heißt: „UebcrbicS sind die Dclcgtrtcn in Europa durch ihre tm März 1900 unterzeichneten Voll machten derart an die Forderung der Unabhängigkeit der beiden Republiken gebunden, baß eS ihnen selbst nicht ein mal gestattet wäre, auf die Wiederherstellung beS Zu- tanbeS vor Ausbruch des Krieges einzugehen, wenn nicht zugleich die Art und Weise festgesetzt wird, wie später sich erhebende Streitigkeiten beigclcgt werden sollten", so geht die Note offenbar von der Annahme auS, dass von Friedcnsunterhandlungen, deren Ausgangspunct die For derung der Unabhängigkeit ber beiden Republiken wäre, keine Rede sein könne. Eebenso lassen die obigen, tn Pa- ranthese angeführten Worte die Deutung zu, dass die im Felde stehenden Boeren ebenfalls nicht mehr an der For derung der Unabhängigkeit scsthalten würden, wenn sie von ihren Abgesandten in Europa darüber aufgeklärt würden, baß sie weder auf eine Einmischung irgend einer europäischen Macht, noch auf die Nachgiebigkeit der eng lischen Regierung, noch auch auf einen Umschlag der öffent lichen Meinung in England rechnen können. Es soll übrigens hier ausdrücklich festgestcllt werden, daß diese Schlussfolgerungen von den zwei genannten holländischen Blättern bereits tm Februar, und zwar alsbald nach dec Veröffentlichung der Kuyper'schcu Note l4. Februar 1902! gemacht worden sind. Das Handelsblatt konnte damals kaum Worte genug finden, um seine Erbitterung über den Schritt Vr. Kuyper'ö auszudrücken, der nur zum Nachtheil der Boeren ausfallcn musste, da diese jedenfalls, wenn es längst zu spät geworden wäre, von ihrer Vertretern in Europa die wahre uud eigentliche Be deutung beS Auftretens der niederländischen Regierung er fahren würden. Dass die Note von vr. Kuyper Eindruck auf die Führer der Boeren gemacht haben muß, kann keinem Zweifel unter liegen, wenn auch vorderhand über ihren bestimmenden Einfluss auf die Unterhandlungen, so lange nicht die authen tischen Erklärungen der Boerenführer selbst vorlicgen, ein enbgiltiges Urtheil nicht möglich ist. Daß aber vr. Kuyper selbst vollständig in gutem Glauben gehandelt hat, dass er im Ernste überzeugt war, den Boeren einen er sprießlichen Dienst zu leisten, kann als sicher angenommen werden, ebenso wie die von Tag zu Tag sich mehr lichten den Reihen ber sterbenden Boeren und das Elend der Frauen und Kinder in den ConcentrationSlagcrn sicher nicht die letzte Rolle bei dem Entschlüsse der Führer, die Waffen nicderzulegen, gespielt haben werden. Es ist aber eine boshafte Fügung des Schicksals, daß derselbe Kuyper, der die Schuld an der Ausschließung der beiden Republiken von der Friedenskonferenz auf die Saumseligkeit und Liebedienerei des damaligen liberalen Ministers des Aeußeren, de Beaufort, zu wälzen suchte, jetzt den Vorwurf über sich ergehen lassen muß. für England die Kastanien aus dem Feuer geholt und der Sache der Boeren den schwersten Schaden zugefügt zu haben. Ausruf. Nach iN/sjährigem heldenhaftem Ringen hat das tapfere Boerenvolk -en ihm gebotenen Frieden angenommen. Die ConcentrationSlager können nunmehr aufgelöst werben, die in St. Helena, auf Ceylon, in Indien, auf den Bermuda» und tn Portugal befindlichen Kriegsgefangenen tn ihre Hetmath zurückkehren. Aber was wird mit denDeutschen unter d i e s e n G e f a n g c n e n ? Für sie dürfte es ausgeschlossen sein, ihre frühere bürger liche Thätigkeit in Südafrika wieder aufzunehmen. Ver- muthlich müssen sie zunächst nach Deutschland oder sonst nach Europa zurückkehren. Zwar hat der Reichskanzler auf unser Ansuchen hin weitestgehende Fürsorge sür die baldige Entlastung der deutschen Gefangenen zugcsichert. Aber wohin auch England diese Männer entlassen mag, sie werden von Allem entblösst, erwerbslos und in jahre langer Gefangenschaft geschwächt, fremden oder ihnen fremdgcwordenen Verhältnissen gegenttbcrstchen! Wir werden eS mit einem Nothstande zu thun haben, zu dessen Linderung Reichsmittel voraussichtlich nicht verfügbar sind. Go wie der Alldeutsche Verband vor Jahres frist sich mit Wort und That der aus Südafrika auSgc- wiesenen Volksgenossen erfolgreich angenommen hat, so hält er e» auch jetzt für seine Aufgabe, hier zu helfen und da» deutsche Volk zur Hilfeleistung aufzurufen. Zwar verbleibt dem Alldeutschen Verbände aus seinen bisherigen Sammlungen im Betrage von mehr als einer halben Million Mark noch ein Rest. Jedoch ist dieser dem Willen der Spender nach zum weitaus grössten Theile zu Gunsten ber Boeren selbst, ihrer Wittwen und Waisen fest gelegt, so bass nur eine im Berhältnttz zu den neuen An- sorderungen gänzlich ungenügende Summe für die neue Ausgabe zur Versüguug bleiben würde. Darum müssen neue Mittel aufgebracht werden! Den Männern, welche in die That um gesetzt -rben. was Millionen Herze» tm deutschen Volke empfanden, den Männern, welche Hab undGut, Leib un-Leben, die Freiheit zweier Lebensjahre für die gerechte Sache der Boeren, für die Zukunft deutschen VolkSthumS in Südafrika, in die Schanze geschlagen haben — den Männern zu helfen, ist eine Ehrenpflicht deutscher N ulkst reue. Möge auch diese Treue sich in neuen, reichen Thaten werk« thätigcr Liebe äußern! Wir erbitten also zu diesem Zweck schleunigste Ge- Währung beträchtlichster Mittel für unsere bisherige Sammlung und werben annchmen, daß die Spender uns sachgemäße Verwendung derselben überlassen, soweit sic nicht besondere Bestimmungen treffen. Berlin IV. 36, am 10. Juni 1902. Lützowstraße 85 L. Die Hauptleitung des Alldeutschen Verbandes, vr. Hasse. Gaben sind zu leiten an die Geschäftsstelle des Alldeutschen Verbandes, z. H- des Herrn S. B. Fischer, Berlin IV. 35, Lützowstraße 85 L, oder an die Sammclstcllen der Ortsgruppen des Alldeutschen Ver bandes. Deutsches Reich. 6. v. Berlin, 12. Juni. (Die ausländischen Arbeiterin Deutschland und die Gewerbe- Inspektoren.! Die ausländischen Arbeiter in Deutschland haben naturgemäß die Aufmerksamkeit der Gcwcrbcinspcctorcn auf sich gelenkt und ihnen Anlaß zu interessanten Mitthcilungcn gegeben. In Folge des wirthschaftlichen Niederganges drohten die ausländischen Arbeiter stellenweise eine große Gefahr für unsere heimischen zu werden, man hat die ausländischen Arbeiter daher rechtzeitig abgeschoben. So berichtet Gemcrbc- inspcctor Böhme in Oppeln: Ein Besorgniß er regendes Ucberangebot in Arbeitern hat während des ganzen Berichtsjahres nicht stattgcfundcn: es ist haupt sächlich vermieden durch die rechtzeitige Abschiebung von ausländischen Arbeitern szumetst Galiziern), von denen auch zur Zeit noch eine erhebliche Anzahl beschäftigt wird. In Folge der großen Sorgfalt, mit der die Be hörden die Gesuche der Werk- und Grubenvcrwaltungen um Zulassung von Ausländern prüfen, darf zuversichtlich angenommen werden, daß Oberschlesicn auch fernerhin von erheblicher Arbeitslosigkeit verschont bleiben wird. Nach einem Berichte des Gcwcrbeinspectors für M ü n st e r, Regierungsraths Kiel, wurden in den Textilfabriken, als die Arbeit ausblieb, die fremden Arbeiter entlassen; cs waren meist Holländer, die in ihre Hcimath zurückkehrten. Leider sind die fremdländischen Arbeiter hier und da sehr stark ausgenutzt worden; der Gewerbcinspector für Arnsberg berichtet folgenden krassen Fall: Bei der Besichtigung des Baues einer Thalspcrre, bet welchem au 300 italienische Arbeiter beschäftigt wurden, wurde fest gestellt, daß der Inhaber der Cantine den Arbeitern durch Aushändigung von Wcrthmarkcn Crcdit bis zur Höhe des durchschnittlichen Lohnes gewährte und daß die Arbeiter gezwungen wurden, durch Verausgabung dieser Werthmarken alle ihre Lebensbedürfnisse, Kleider und dergleichen, bei dem Cantinenwirthe zu befriedigen. Letzterer machte am Lohnzahlungstagc seine Forderungen bei dem Bauunternehmer geltend, der seinerseits die Forderungen am Lohne kürzte und den Cantincnwirth befriedigte. Hierbei ist es vorgekommen, daß Arbeiter nach 14tägiger Schicht nur 40—50 Pfg. baar ausbezahlt er hielten. Der Arbeitgeber hat auch trotz mündlicher und schriftlicher Aufforderung des Gcwcrbeinspectors keine Arbeitsordnung erlassen, durch die eine gesetzmässige Art der Lohnzahlung geregelt wurde. Der Gewerbc inspector hat Strafverfolgung beantragt. Nach einem Be richte des Gewerbeinspcctors für Coblenz hat man dort die in den Stcinbrüchen beschäftigten italienischen Arbeiter entlasten. Im Regierungsbezirke Düssel dorf sind in den Ziegeleien belgische Arbeiter beschäftigt; ihre Wohnungsverhältniflc müssen trostlos sein; Gewerbe rath Theobalt schreibt: Vornehmlich wird darüber ge klagt, daß es in den Zieglcrwohnungen, bei belgischen Arbeitern besonders, schwierig sei, ordnungsmäßige Zu stände herbeizuführen. Gegen die Bestimmungen der Be kanntmachung vom 18. October 1898 (betreffend die Be schäftigung jugendlicher Arbeiter in Ziegeleien! sind zahl reiche Verstöße ermittelt und zur Bestrafung gebracht worden. Insbesondere fällt es außerordentlich schwer, die Einhaltung ber zulässigen Arbeitszeit und der regel mäßigen Pausen bei den Leitern der Ziegeleibetriebc zu er reichen. Namentlich imGladbachcr und im WcsclcrAufsichts- bezirke sind zahlreiche Ausweisungen jugendlicher hollän discher und belgischer Arbeiter erfolgt. Der Gewerbe- tnspector zu Wesel berichtet über 17 solche Fälle aus seinem Bezirke. --- Berlin, 12. Juni. (PanslavismuS und Polenthum.) Das Blatt Les F ü r st c n U ch t o m s k i, die „Petersburgskija Wjedomosti", hat unserer Polenpresse ein billiges Vergnügen bereitet. Denn es erblickt in der Gründung einer slawischen Gesellschaft tn Krakau, welche die Polen mit dem Leben, der Geschichte und Literatur der Slawen bekannt machen will, das Wiederaufleben des slawischen Gedankens bei den Polen, der unter Katkoff in Polen seinen moralischen Crcdit ver loren habe. Die „Petersburgskija Wjedomosti" behaupten, dass das Wiederaufleben dieser Idee „zum Theil ein Werk der in Rußland neu erwachenden slawischen Sympathien, in der Hauptsache aber ein Werk der preussischen Haka - tist en und der Unbändigkett -er alldeutschen Idee" sei. Der „Kuryer PoznanSkt" quttttrt dankbar für diesen Hieb auf die Hakatisten, von dem dahingestellt bleiben mag, ob er nicht von einer polnischen Hand geführt wird: sind doch deutsch-feindliche polnische Federn nicht nur in -er russi schen, sondern überall in der -eutsch-fetndltchen Presse überaus thätig. Indessen befleißigt sich der „Kuryer Po»« nanskt" immerhin einer gewissen Zurückhaltung, wenn er schreibt: „Wir wollen nicht untersuchen, inwieweit Fürst Uchtomski in der Schilderung der slawischen Bewegung unter den Polen Oesterreichs übertreibt, jedenfalls ist klar, daß er darauf ausgeht, unter den Russen Sympathien sür die Polen zu wecken im Gegensatz zu der durch die „Mos- kowskija Wicdvmosti" vertretenen Presse, und dafür ge bührt dem Fürsten Uchtomski ohne Zweifel Dank.' — Die „Köln. Bvlksztg." nimmt die vorstehende Auslassung zum Borwane, die Hände über die drohende slawische lÄcfabr zu ringen und die letztere der hakatistischen Politik aufs Conto zu setzen. Achnlichcs ist an derselben Stelle schon früher geschehen, nur mit dem Unterschiede, daß damals polnische Kundgebungen ungleich herausfordernder klangen, als die obige des „Kuryer Poznanski". Indem der „Kuryer" sich jetzt Zurückhaltung auferlegte, erinnerte er sich vermuthlich der Nummer des„Dzicnnik Ber lin s k t" vom 4. Juli 1901, in der ausgeführt wurde, daß das ,Hinseufzen" preussischer Polen zu -en Russen eine „Lüge" sei, bestimmt, die Preußen einzusch Lichtern und sic zu einer milderen Polenpolittk zu nöthtgen. An gesichts dieser offenen Aussprache des „Dzicnnik Berlins!»" liegt der Werth der von der „Köln. Volksztg." geäußerten Beklemmungen und Anklagen auf der Hand. S. Berlin, 12. Juni. Dem internationalen Wohnungscongrcss, der vom 15. bis 19. Juni in Düsseldorf stattfindct, widmet die „Sociale Praxis" eine sympathische Würdigung. Sie knüpft daran an, daß die Düsseldorfer Tagung verspreche, zur Wohnungsreform einen dankenswerthen Beitrag zn liefern. Seinem Ur sprünge nach ist ber internationale Wohnungscongrcss fran- zösisch-belgisch; er hat seit 1889 abwechselnd in Frankreich und tn Belgien getagt, das letzte Mal in Paris, währen des Ausstellungsjahrcs 1900. Die Vorbereitung der Düsseldorfer Tagung lag in den Händen der Ccntralstclle für Arbettcrmohlfahrtseinrichtungen und der Stadr Düsseldorf, zu den Kosten leistet das Reich einen Zuschuß von 6000 Als Hauptberathungsgegenstände des Con- gresses sind folgende drei Themata ausgestellt: 1) Die Ab hängigkeit der Wohnungsmiethen von Bodenprers, Bau kosten und Besteuerung; 2) die Selbsthilfe der Wohnungs bedürftigen auf dem Gebiete des Wohnungswesens; 3) die Förderung des Baues kleiner Wohnungen durch Staat, Gemeinde und öffentliche Körperschaften. Das erste Thema nimmt die im vorigen Jahre von dem Verein für Socialpolitik nicht zu Ende geführte Erörterung über die Frage wieder auf, ob an den Erhöhungen der Micthpreise mehr die steigende Grundrente oder die gestiegenen Mate» rialprcise und Arbeitslöhne schuld sind. Das zweite Thema wird den ausländischen Gästen den Aufschwung des deut schen Baugcnossenschaftswesens vorführcn und damit auf diese Bewegung fördernd zurückwirken. Das dritte Thema behandelt die praktisch wichtigste Seite der Wohnungs reform: der englische Gemeindesocialismus und die kom munalen Hypotheken-, bezw. Baucassen m Düsseldorf und Frankfurt a. M., die Thätigkeit der grossen Staatsspar- cafse in Belgien und der Landcsverficherungsanstalten in Deutschland, die Pläne des hessischen Staates und die Maß nahmen der Rcichsverwaltung sind Dinge, die Stoff genug für eine fruchtbare Erörterung bieten. Für jedes Thema ist ein Hauptberichterstatter bestellt, außerdem liegen über einzelne Seiten der zu behandelnden Fragen eine Reihe gehaltvoller Referate gedruckt vor. Zur Thctlnahme am Congreß sind bereits über 400 Socialpolitiker angemcldet, sowie zahlreiche Vertreter von Reichs- und Staatsbehörden, Eisenbahndirsctioncn u. s. w. (-) Verlin, 12. Juni. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Die Presse beschäftigt sich mit Gerüchten über die angeblich bevorstehende Ab zweigung der Wasserbauverwaltung vom Ministe rium der öffentlichen Arbeiten und mit der Ber einigung des Ministeriums für Landwirthschaft. Diese Gerüchte haben nur insoweit eine thatsächliche Unterlage, als seit geraumer Zeit Verhandlungen über die Zusammen fassung der verschiedenen Zweige der Wasserbauverwaltung in eine Zentralstelle schweben. Daö Ergebniß der Erwägungen läßt sich noch nicht absehen. Der Gedanke, die Wasserbau verwaltung dem Ministerium für Landwirthschaft zu unter stellen, hat dabei aber nicht im Vordergrund gestanden. (-) Berlin, 12. Juni. (Telegramm.) Die Gesetz sammlung veröffentlicht das Gesetz, betreffend die Fürsorge fürBeamte infolge von Betriebsunfällen vom 2. Juni und daS Gesetz gegen die Verunstaltung landschaftlich hervor ragender Gegenden vom 2. Juni. (-) Berlin, 12. Juni. (Telegramm.) Der „Staats anzeiger" widmet dem am 9. Juni in Koblenz verstorbenen früheren UnterstaatSsekrelär des Justizministeriums N e b e- Pflugstaedt einen ausführlichen Nachruf. v. verlin, 12. Juni. (Privattelegramm.) Der gestern noch als ein event. Nachfolger des Minister Thielen genannte Unterstaatssekretär im Finanzministerium Wirkt. Geh. Oberfinanzrath Lehmann ist gestern Abend 9 Uhr gestorben. D Berlin, 12. Juni. (Telegramm.) Das „Armee verordnungsblatt" veröffentlicht eine Allerhöchste Ordre vom 1. Mai, betr. die Verringerung und Neugliederung der ostasiatischen Besatzungsbrigade, der zufolge diese künftig folgende Gliederung erhält: Brigadecommando, 1. und 2. ostasiatisches Infanterie-Regiment zu je drei Bataillonen, zu je drei Compagnien, ostasiatische Cscadron- Jäger zu Pferde, erste ostasiatische (fahrende) Batterie, zweite ostasiatische (GebiraS-) Batterie, ostasiatische Pionier- Compagnie und ostasiatisches Feldlazareth Nr. 1 und 2. Die Übrigen Tbeile der BesatzungSbrizade sind nach Deutsch land zurück,»führen und auirulösen. Nach einer weiteren Ordre vom 3. Juni ist diese Neugliederung nunmehr durch- zufübren. Das dritte Bataillon des ersten ostasiatischen Infanterie-Regiments ist nach Tschingtau zn verlegen, sobald sur die Unterbringung die erforderlichen Vorbereitungen ge troffen ttnd. Der Kneasminister giebt gleichzeitig die künf tigen Standorte der Truppenthrrle der BrsatzungSbrigade
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