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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-30
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190310307
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19031030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19031030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-30
- Monat1903-10
- Jahr1903
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1903
- Autor
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17« zrrüü. Mein Bruder Hans wurde alleiniger Erve tcr große» Farm, sollte mir jedoch 900000 Mark als mein Eigentum heranszahtcn, welches Geld ich jedoch nie erhalten habe. Mein Bruder hatte nämlich an einem Aufstand gegen den Präsidenten deS Landes teilge- ncmmen und nmßte fliehen. Doch hatte er noch soviel Zeit, die Farm zu verkaufen, sodaß er mit reichen Geld- Mitteln versehen war. Ich war gerade in dieser Zeit zu einer Erholungsreise nach Mexiko gereist und war nicht wenig erstaunt, als ich von der Flucht meines Bruders — der dort in Amerika ein angesehener und hochgeachteter Mann war — in den Zeitungen las. Sofort kehrte ich nach Hause zurück, um mein Geld, wel ches mir noch nicht ausgezahlt war, zu retten. Ich kam zu spät. Wohin mein Bruder flüchtete, ob er noch lebt — warum er mich so schändlich betrogen — ich weiß es nicht. Alle meine Nachforschungen nach ihm waren vergeblich gewesen. Doch erhielt ich von einem feiner Freunde bald nach seiner Flucht unsere Fa- milienpapierc und wichtigen Dokumente, die er diesem übergeben hatte, ausgeliefcrt, und jetzt erst erfuhr ich, daß ich berechtigt war, mich Graf von Eichfeld-Kraft zu nennen. Doch was nützte mir dieser stolze Titel! Ich besaß nichts, um auch als Graf leben und auf treten zu können. Ich wollte verzweifeln. Endlich raffte ich mich auf. Ich verließ Amerika und ging nach Deutschland zurück. Tie Vergangenheit sollte für mich vergessen sein. Meinen einfachen Namen be hielt ich, ohne jemals jenes Recht in Anspruch ge nommen zu haben. Und mir ist das nie leid geworden. Jetzt näherte ich mich Dir, geliebte Johanna, und wir beide waren glücklich alle Jahre hindurch. Wir litten nie Mangel, denn meine Praxis war groß und Gott legte seinen Segen aus meine Arbeit. Sorg fällig verwahrte ich alle Dokumente, um sie Dir, mein Sohn Helmut, einst hinterlassen zu können. Du magst den stolzen Namen eines Grafen von Eichfeld-Kraft wieder annehmen, es ist Dein vcr LriefteS Recht; doch bedenke auch, Titel und Würden imd Reichtum machen nicht glücklich. Ich bin ani Ende. Vergebt mir, daß ich Euch dies alles ver schwiegen habe. Wir waren alle so glücklich, haben nie nach Reichtum und Ansehen getrachtet — wirst Du aber, mein Sohn Helmut, einst beides besitzen, so bleibe fromm und demütig, denn nur den De mütigen gibt Gott Gnade. — Ich segne Euch! Trauert nicht um mich. Auf Wiedersehen im Himmel! Dr. Erich Kraft." Helmut gab dieses Schreiben seiner Mutter zurück — wortlos. Dann durchflog er den Inhalt der übrigen Papiere, darunter eines mit dem Königlichen Siegel. Welche Gedanken jetzt auf ihn einstürmteu und sein Herz bewegten, — wer wollte das ergründen! Mit Wehmut gedachte er seines Vaters und Tränen rannen au seinen vor Aufregung geröteten Wangen hernieder. Frau Kraft störte ihn nicht; mit Wohlgefallen ruhte ihr Auge auf Helmut. Endlich legte er die Papiere sorgfältig zusammen und reichte sie seiner Mutter. „Behalte sie, Helmut," sagte diese lächelnd, „für mich haben sie ja doch keinen Wert mit Ausnahme der letzten, lieben Zeilen von der Hand Deines Vaters, Welche ich mir aufbewahren will wie ein Heiligtum. Aber Du kannst sie gebrauchen. Dir können sie einst Von großem Nutzen sein." Bald hatte sich der Sturm in seinem Herzen ge legt; er wischte die letzten Tränen von seinen Augen und drückte einen herzinnigen Kuß auf die Lippen seiner Mutter „Ja," sagte er nun, „das ist ein schönes Geheim nis, was wir entdeckt haben. Das beste ist jedoch, wenn wir es vorläufig für uns behielten. Ich werde meinen bisherigen Namen weiter tragen, als Graf von Eichfeld- Kraft kann ich doch unmöglich Hauslehrer bleiben." „So willst Tu wieder zurückkehren?" „Ja!" rief Helmut freudig aus. „Ich kehre zurück in das Schloß meiner Ahnen, nach Eichfeld, bas nnserm Geschlecht seinen Namen und seine Entstehung ver dankt und das jetzt einem — anderen gehört. Doch gleichviel — das ehemalige Besitztum unserer Vorfahren kann ich nicht zurückcrobern, aber um ein Mädchen will ich werben, das ich liebe, will kämpfen und rin gen, bis sie mein ist. Vielleicht werde ich von 'meinem neuen Namen und Stand dann Gebrauch machen müssen, denn Frau Horsten, die sehr stolz auf ihren Adel ist, wird gewiß alles tun, nm Fräulein von Kullig zu be wegen, einem einfachen Hauslehrer ihre .Hand nicht zu geben." Frau Kraft war nicht im geringsten erstaunt, als sie von Helmuts Absicht hörte; aus seinen Briefen hatte sie schon längst hcrausgelesen, daß er sic liebte. „Ich weiß," sagte sie lächelnd, „daß Tu ein unwürdi ges Mädchen nicht an Dich ketten wirst; sie wird als Tochter mir willkommen sein. Doch sage: liebt sie Dich auch?'" „Tas, liebste Mutter, weiß ich noch nicht. Wenn sie mich nun auch nicht gerade haßt, so scheine ich ihr doch gleichgültig zu sein. Sie ist so unnahbar, so — so — ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Gleichviel — ich will um sie ringen und kämpfen." Ein Seufzer entstieg seiner Brust, und eine Weile herrschte tiefes Schweigen. „Dem Mutigen gehört die Welt und — die Braut," tröstete ihn Fran Kraft. „Doch nun komm und laß uns essen. Tu wirst hungrig sein." Fortsetzung folgt. Drs Bvlkrs Stimme. Vol Slied aus der Resonnetlontzeit. Jo fiastcer Nacht, da schit-fen wtr, BIS »S begann zu tagen sch'.er; Drr Wächter an der Zlnnr lag, Brrkäedck uns d:n Hillen Tag: „Wacht aus zu Hand, Die Sonne schcknt lnS deutsche Land!" Der Wächter, Martin Luther genannt, Der ward von Gott dem Henn gesandt, Mir hrller Stimm' er rüst und schreit: „Tut Baß', ihr Deutschen, es ist Zstt. O schlaft nicht fast, Am Himmel ficht des Lichtes Glast!' »Des göttlich Wo,t habt nicht im Mund, Sondern allein Im Hcrzerckgrund! B.schlicht «S tief, bewahrt iS fest, Ach daß eS Feucht bci ge zuletzt! Gott will eS ha'n, Daß »2 n'cht leer komm' vor sriaen Thron!' Wach aut, du deutsches Reich, so gut, Die Schalkin nimm dorm Wolf in Hat! Gehorch des H'rtrn Christi Stimm' Und um den Papst dich nicht ar-ninm! DaS rat' ich dir, Dir Ew'gkeit steht vor der Tür! Druck med Verlag vouHLanger t Winterlich, Riesa; für die Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt tn Riesa. ErMler an der Gide. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". Rr. d-» Im Schlöffe der Ahnen.! Origiaal-Roman von^Ltto Körilg-Lielthal. " "kälr. Fortsetzung Am anderen Morgen traf er Fräulein von Kullig allein im Salon. Sie saß am Flügel und spielte, doch hielt sie überrascht inne, als sie ihn bemerkte. Mit lächelndem Gesicht näherte er sich ihr und küßte ihr galant die Hand. „Sie sehen heute wieder entzückend aus"", schmeichelte er und ließ sich dicht vor ihr auf einen Sessel nieder. Beklemmendes Schweigen herrschte eine Weile zwi schen ihnen. Ihm war das Herz zum Zerspringen voll, und eine große, warme Woge echter Empfindung spülte die Leichtfertigkeit für diesen Augenblick, wo er vor dem Mädchen saß, zurück. Er wäre ihr ain liebsten gleich zu Füßen gesunken, doch beherrschte er sich. „Ich freue mich,"" unterbrach er das Schweigen, „Sie allein hier zu finden; schon heute muß ich fort.'" „Warum so schnell?" fragte Fräulein von Kullig. „Es ist doch nichts vorgefallen?" „Vorgefallen? — O nein; ich muß fort, weil ich schon morgen ins Manöver muß. Aber glauben Sie mir gnädiges Fräulein, es wird mir schwer, von Ihnen Abschied nehmen zn müssen. Fräulein Frida, geben Sie mir ein Zeichen, daß ich auch Ihnen nicht gleich gültig bin." Er war aufgestanden und hielt ihre Hand fest. „Lassen Sie es mich nun endlich wissen und ein mal von Ihren Lippen hören, daß Sie mich lieben." Jü ihrem Innern wogte es auf und nieder und unfähig, ein Wort zu sagen, ließ sie es geschehen, daß er immer und intmer wieder ihre Hand küßte. — Plötz lich richtete sie sich auf und entzog ihm, fast unwillig über seine Dreistigkeit, die Rechte. „Ihr Geständnis, Herr von Schwabenstein,"" sagte sie mit zitternder Stimme, „kommt mir so überrascht, daß ich Ihnen heute keine Antwort auf Ihre Frage zu geben vermag. Reisen Sie ab und lassen Sie mir Zeit zur reiflichen Ueberlegung, damit es in mir klar werde, ob ich Ihre Liebe, die Sie für mich nach Ihren Worten haben, erwidern kann." Doch Schwabenstein war mit dieser Erklärung nicht zufrieden. „Geben Sie mir das, ivas Sie mir später doch geben werden, Fräulein Frida, geben Sie mir Ihre Liebe, ohne die ich nicht zu leben vermag, schon heute, jetzt —" Er zog sie an sich, um ihre Lippen zu küssen; doch stieß sie ihn zurück, so daß er betroffen zu ihr aufsah. „Gehen Sie," bat sie flehentlich, ihr Gesicht mit beiden Händen bedeckend. „Verlangen Sie heute keine Entscheidung von mir, nichts — was ich Ihnen noch nicht geben darf und kann. Gehen Sie!" Aus den Augen des Offiziers funkelte ihr ein Dä mon entgegen und mit flüchtigem Händedruck, ohne da rauf zu achten, daß er nicht erwidert wurde, ging er an Fräulein von Kullig vorüber uud verließ deu Salon. Er traf Frau Horsten. Sie wußte, woher erkam, denu sie hatte die ganze Unterredung im Nebenzimmer mit cmgehört. „Nun?" »1 Oktober KV. AchiH. „Ich habe mein Ziel nur halb erreicht," seufzte er. Sie erbat sich eine Bedenkzeit aus." „Verzweifeln Sie nicht, lieber Herr von Schwaben stein," tröstete sie ihn. „Ihre Werbung kam ihr gewiß zu überraschend. Kommen Sie nur nach dem Manöver wieder, und dann werden Sie Ihr Ziel ganz erreichen." „Ich hoffe es zuversichtlich, gnädige Frau," ent gegnete der Offizieck, obwohl er wußte, daß es für ihn hier nichts mehr zu hoffen gab. „Doch nun gestatten Sie mir, daß ich mich von Ihnen gleich verabschiede. Ihr Herr Gemahl ist wohl in seinem Zimmer?" „Jawohl. Und nun leben Sie wohl." Sie hatte ihm die Hand gereicht, die Schwabenstein, sich verbeugend, ehrerbietig küßte. — Bald darauf rollte ein Wagen, in welchem Herr von Schwabeusieiu saß, nach dem Bahnhof. Während Helmut am heutigen Vormittag seine Stun den gab, saß Herr Horsten nachdenklich in seinem Zim mer vor dem Schreibtisch. Er hatte in der Nacht wenig Schlaf finden können, infolgedessen zeigten seine Gesichtszüge einen müden Ausdruck. Aber dennoch be schäftigte sich sein reger Geist. Er dachte an Herrn Kraft, den er schon längst recht lieb gewonnen hatte. Sein gerader, männlicher Sinn gefiel ihm, seinen Mut bewunderte er. Da kam nun Herr von Schwabenstein mit seiner Mitteilung, die den guten Eindruck, den Horsten von Helmut hatte, vollständig zu vernichten schien. Nachdenkend blies er den Rauch seiner Zigarre weit von sich; bald erhob er sich und wanderte im Zimmer auf und nieder. Sollte er ihn entlassen? Oder aber, sollte er über das Gehörte schweigen? Nein, keins von beiden schien ihm recht zu sein. Er Knute und durfte nicht verdammen, ohne auch ihn, den schwer Beschuldigten, gehört zn haben. „Ich kann cs nicht glauben," murmelte er, in seiner Wanderung innehaltend; „ich muß Klarheit haben und zwar sogleich." Schon wollte er Herrn Kraft zu sich kommen lassen, da öffnete sich die Tür und Frau Horsten trat ein. Auch sie hatte sich in ihren Gedanken mit Herrn Kraft beschäftigt, das bewies ihre Frage. „Nun, wie denkst Tn über das, was uns Herr von Schwabenstein mitgeteilt hat?" Horsten antwortete nicht sogleich. „Ich will es Dir sagen," fuhr Frau Horsten erregt fort, „was geschehen muß. Er muß seine sieben Sachen sofort packen und unser Haus verlassen. Das ist meine Meinung. Uud wenn auch Du Dir die Sache überlegt hast, kannst auch Du zu keinem anderen Entschluß kommen." „Aber ich bin doch zu einem anderen Entschluß gekommen, Ella," erwiderte Herr Horsten. „Das, was Du verlangst, geht nicht so ohne weiteres. Ist denn seine Schuld schon erwiesen?" Fran Horsten sprang erregt vom Stuhl auf. „Alex, Herr von Schwabenstein hat es Euch doch erzählt!"" „Ja, wenn auch. Wie mancher Ndensch schon wurde angeklagt und hernach stellte sich seine Unschuld heraus. Jeder gemeine Verbrecher wird bei unS hier zu Lande nicht verurteilt, ohne sich verteidigen zu können. Und
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