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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030731015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903073101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903073101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-31
- Monat1903-07
- Jahr1903
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Dabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertruauaahm« L5 L, («xcl. Porto) Ertra-Beilagen (gefalzt), a»r mit s«r Morgen-AuSgabe, ohne Postbefkrderun, SO.—, mit Postbeförderung ^ll 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Absad-AuSgab«: BormMag» LO Uhr. Morgen-Au-gab«» Nachmittag» 4 Uh«. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Li« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen -«öffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag voa s. Pol» in Leipzig. Str. 38t. Freitag den 31. Juli 1903. 97. Jahrgang. Für Monat August kann das „Leipziger Tageblatt" zum Preise von Mark 1,0V (Mark 1,85 bei freier Zustellung ins Haus) sowohl durch sämtliche Zeitungsspcditeure, wie auch durch die nachstehenden Ausgabestellen bezogen werden. Ausgabestellen des „Leipziger Tageblattes": Im Zentrum. Vrühl SS, C. F. Schubert'» Nachf., Kolonialwarenhdlg. Katharinens» 14. L- Losch«, Cigarrenhdlg. 2S3K Ritters». 4, Linckesche Leihbibliothek und Buchhdlz. Im Norden. Gerbers». 8, H. L. Kröger, Butterhdlq. 8824 Gnetsrnans». 12, B. Ühlich, i. Fa. Ida Hartmann, Papierbdlg. Löhrstr IS, E. Hetzer, Kolonialwarenhdlg. 979 Horts». 32 (Ecke Berliner Straße), F. W. Kietz, Kolonialwarenhdlg. Im Osten. Johannisgaste 8, Hauptexpedition 222 Ostplatz 4, Alfred Elfte, Cigarrenhdlg. Ranstschc Gasse 6, K. Fischer, Kolonialwarenhdlg. Schützens». 5, I. Schümicben, Kolonialwarenhdlg. 1178 Tauchaer Ttr. 13, E. R. Reichel, Drogenhdlg. 834 l Im Lüden. Arudtftr. 35, I. F. Canitz, Kolonialwarenhdlg. 3033 Bayerschc Ttr. 45, H. Ncumeister Nächst., Cigarrenhdlg. 3984 Köntgoplatz 7, L. Lösche, Cigarrenhdlg. 7505 Tternwartenstr. 24, Hans Dahlitzsch, Kolonialwhdl. 2390 Zettzer Ltr. 35, B. Küster, Cigarrenhdlg. Im Westen. Veethovcnstr. 21, Tb. Peter, Kolonialwarenhdlg. 3901 Frankfurter Str. 22 (Ecke Waldstr.), L. Sievers, Kolonialwarenhdlg. RanstäStcr Ttrtnweg 1, O. Engelmann, Kolonialwhvlg. 2151 Waldstr. 39, G. Venerlein, Kolonialwarenhdlg. Westplatz 32, M. Leißner, Cigarrenhdlg. 2402 In den Bor» und Nachbarorten. Anger-Crottendorf, B. Friedel, Cigarrenhdlg., Zwei« naundorser Str. 8, O. Oehler, Bernhardstr. 51 Connewitz, Frau Fischer, Hermanns». 23 - Friy Koch, Pegauer Straße 17 Eutritzsch, Robert Altner, Buchhdlg., Delitzscher Str. 25 820 Gautzsch, Joh. Wolf, Ecke Ring- und Oetzscher Str. GohliS, Robert Altner, Buchhdlg., Lindenth. Str. 8 820 - Paul Schmidt, Brüderstraße 8 Kleinzschocher, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7u in L.-Plagwiy 2586 Leutzsch, Albert Lindner, Wettiner Str. kl in L.-Lindenau Ltndenau, Alb. Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenau Möckern, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.-Gohlis rkl<v»»n Rcustadt, Paul Kuck, Annonc.-Exped., Eisendabnstr. 1 Nruschönrfelv, Paul Kuck, Annoncen-Exp., Eisenbahustr.1 Oetzsch, Carl Scheffel, Ecke Ost- und Mittels». 6475 Plagwitz, G Grützmann, Zschochersche Str. 7a 2586 Probstheida, Reinhard Sachse, Buchbindergeschäft Reudnitz, W. Fugmann, Marschallstr. 1 1516 - O. Schmidt, Koblgartenstr 67 1739 - Bernd. Weber, Gabelsbergerstr. 11 Schleutzig, G. Grützmann, Könner-tzstr. 56 2586 Sellerhausen, O. Oehler, Anger-Crottendorf, Bern« bardstraße 51, Part. Stünz, O. Oehler, Anger-Crottend., Bernhardstr. 51, p. Thonberg, R. Häntsch, Reitzenhainer Str. 58 BolkmarSvorf, Paul Kuck, Ann.-Expeb., Eisenbahnstr. 1 - Georg Niemann, Konradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.) Wahren, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.-Gohlis Zur Reform des Landtagswahlrechts. Aus höheren Beamtenkreisen wird uns geschrieben: „Di« plötzliche Wandlung der Anschauung derjenigen konserativen Kreise, di« ihre Ansicht im „Vaterland" zum Ausdruck bringen, legt beredtes Zeugnis dafür ab, daß die agrarisch-konservative Parteileitung deS Landtage«, Vie ihre Machtstellung durch den Ansturm gegen das bestehende Lanvtagswablreck» gefäbrdrt sah, auS der geringen Rührig keit der nationalliberalen Partei und der passiven Haltung der Parteileitung gegenüber dem Regierung-Vorschläge, neuen Mut geschöpft hat und zu energischem Angriff gegen die AenderungSbestrrbungen überzugeben sich vorbereitet. Der in der Versammlung von Mitgliedern deS Vorstande« de« nationalliberalen Landesvereins und der nationalliberalrn Fraktion deS Landtages vom 26. Juli gefaßte Beschluß, sich an den von der Regierung in Anregung gebrachten Verhandlungen nicht zu beteiligen, ist daher auf« tiefste zu bedauern, denn den Gewinn von dieser Zurück haltung wird nur die konservative Partei einheimsen, die ihrerseits sich ohne Zweifel sehr lebhaft bei den in Aussicht genommenen Beratungen beteiligen wird, um die ganze Wahlrecht-änderung im Sande verlausen zu lassen. DaS „Vaterland" macht der sächsischen Regierung bezüglich ihres Vorgehens auf dem Gebiete deS Reichstagswahlrechts sehr verfrüht den Vorwurf der Mutlosigkeit in der leicht erkenn baren Absicht, die Erörterung der Frage der uns weit näher berührenden Aenderung deS sächsischen Landtagswahlrechts abzu lenken und hinauSzuschieben und weist dabei mit großem Selbst gefühl auf dir Erfolge der jetzigen Volksvertretung im Landtage hin. Bedenklich muß es bei diesem Hinweise aber doch erscheinen, daß „erst nachdem die sozialdemokratischen Abgeordneten auS der sächsischen Kammer entfernt worden waren", sich in dieser „jene freie, offene und objektive Kritik" zu entwickeln vermochte, von der allein «ine Gesundung der sächsischen wirtschaftlichen Verhältnisse erhofft wurde. Es spricht nicht für daS politische Verständnis der bisherigen konservativen Kammermehrhrit, daß sie trotz ihrer bedeutenden numerischen Ueberlegenheit ihre Hauptaufgabe einzig und allein in der Bekämpfung der Sozialdemokratie und der Eliminierung ihrer Vertreter aus der Kammer erblickt und dabei die finanz politische Behandlung der Staatsangelegenheiten bis zu einem Punkte auS den Augen verloren hat, „der zum Ruin des Lande» führen mußte". Der gegen den Finanzminister v. Watzdorfs in Scene gesetzte Feldzug, der in der Hauptsache ja von der agrarisch- konjervativen Mehrheit eingeleitet und mit wenig Vor nehmheit geführt wurde, suchte durch die Wahl des Angriff« al» besten BertridigungSmittrlS all« Schuld an der total verfahrenen Finanzwirtschaft von den eigenen Schultern auf die der Regierung abzu wälzen. Daß die Verelendung der sächsischen Finanzen vor nehmlich in der von der agrarisch-konservativen LandtagS- mehrheit unterstützten Eisenbahnpolit»! zu suchen ist, wird heute niemand im Ernst mehr in Abrede stellen wollen. Di« Unzahl von Bahnen und Bähnchen, die an CrträgniSlosigkeit mit einander wetteifern und höchstens einer Erhöhung lokalen Grundwertes dienen konnten, sind doch nur mit Unterstützung jener Kammermehrheit zu stände gekommen. Auch in der Steuerpolitik hat die konservative Partei in beiden Kammern sich viel zu sehr von Sonder interessen leiten und den Grundsatz des ZuhaltrnS der eigenen Tasche viel zu sehr in den Vordergrund treten lassen, als daß der Wunsch auf Erhaltung der Volksvertretung in ihrer jetzigen Zusammensetzung ein allgemeiner sein könnte. Die Beseitigung des Finanzministers v. Watzdorfs entsprang wohl auch nicht einzig und allein dem Interesse an der Wohlfahrt des Landes, sondern es verbargen sich dahinter noch andere Pläne auf Erweiterung und Festigung der Machtstellung der agrar-konservativen Partei- Leitung. E» kann nach alledem der nationalliberale» Partei leitung nur dringend ans Herz gelegt werden, selbsttätig an der Reform unseres LandtagswahlrechtS mitzuwirken. Eine Wahl nach Berufeklafsen würde jedenfalls als der idealste und gerechteste WahlmoduS zu betrachten und geeignet sein, auch eine Hebung des geistigen Niveaus der Volksvertretung herbeizuführen, die sehr erstrebens wert erscheint. Durch ein energisches Eintreten für die so dringend nötige Reform d«S LandtagswahlrechtS würbe sich die nationalliberale Partei auch zahlreichen Zuzug aus Beamtenkreisen sichern, die sich mit der bisherigen Wahr nehmung ihrer Interessen durch die agrar-konservative Parieivertretung im Landtage nicht einverstanden erklären können." Aufgaben und Sorgen in Transvaal. AuS Johannesburg, 5. Juli, schreibt uns unser Herr Mitarbeiter: Südafrika steht im Zeichen der Parlamente: überall „tagt es". DaS neue Zolltarifabkommen ist von allen be teiligten Parlamenten angenommen worden und dadurch in Kraft getreten. Mit Parlamenten und ähnlichen be ratenden Versammlungen ist die Transvaalkolonie be sonders reichlich gesegnet. Gegenwärtig hat selbst Johannesburg sein Parlament: es setzt sich zusammen aus den Ministern der beiden Kolonien und einigen der nichtamtlichen Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften zu Pretoria und Bloemfontein. Die Be richte über diese Beratungen machen einen seltsamen Ein druck, eine Excellenz beglückwünscht die andere zu den schönen Erfolgen im jeweiligen Wirkungskreise. Doch sind die Beratungen besonders interessant durch die statisti schen Mitteilungen, die dort gemacht werden: die Eisen- bahnvrrwaltung ist durch die nichtamtlichen Mitglieder recht lebhaft kritisiert worden und das eine kann man auch aus Mitteilungen lvnd Beratungen entnehmen, nämlich, dast in der Staatskasse Geldmittel nicht überfließen. In die Verhandlungen zu Pretoria bringen die nichtamtlichen Mitglieder erfreulicherweise öfter einiges Leben, doch wird ihre Neugierde nach Zahlen nicht immer völlig befriedigt. Dem Verbände, welcher sich zum Kampfe gegen die Chinesen einführung gebildet hat — meistens Kaufleute — hat sich ein B e r b a n d aus Kapitalisten. Goldmineninteressenten und Privat leuten gegenübergestellt, welcher es sich zur Auf gabe gestellt hat, die Notwendigkeit asiatischer Arbeits kräfte nachzuweisen. Hie Kaffer, hie Chtnaman! tönt es in den verschiedenen Lagern. Diesem aussichtslosen Kampfe um verschiedene Interessen ein Ende zu machen, hat die Regieruna eine Untersuchungs kommission aus Anhängern beider Parteien eingesetzt, die Beratungen werden in Kürze beginnen und öffentlich sein, so daß man auf interessante Kämpfe rechnen darf. In zwischen wendet sich die öffentliche Meinung wieder der Ansicht zu, daß die Chinesen kommen: ob das Publikum cs will, ob die Regierung will, das kommt nicht in Krage: die Goldminenbesitzer wollen die Chinesen haben und dann kommen sie, so sagt und denkt „der Mann auf der Straße". Eine andere Untersuchungskommtssion ist ernannt worden, welche über die Gründe und Maßnahmen zur Beseitigung der Wohnungsnot und der damit in Verband stehenden Steigerung in den Mietspreisen in Johannesburg berichten soll: auch in dieser Kommission wird es heiße Redeschlachten geben und der Regierung mancher Hieb erteilt werden: denn an den r-vhen Miets preisen hat die Regierung dadurch hervorragend Schuld, daß sie nicht durch Gesetz im letzten Kriegsjahrc in die Regelung der Mietovreise hat eingreifen wollen. Die Regierung hat unterm Krieasrecbte in so manche Privat angelegenheiten durch Gesetz eingegriffen, Saß es auf einen Eingriff mehr nicht angckommen wäre: warum konnte die Regierung nicht bestimmen, dass über die Mietspreise, welche vor dem Kriege bestanden hatten, nicht hinaus gegangen werden dürfte? Allgemein gesprochen gibt es gegenwärtig kein Haus, welches nicht den doppelten Miets ertrag einbringt, in sehr vielen Fällen mehr, bis zum Dreifachen. Der Arme und der Mittelstand leiden am meisten darunter, und die unmittelbare Folge ist Not und Entbehrung in allen Strasten und Winkeln der Stadt, und in Verbindung mit der Arbeitslosigkeit eine geschäft liche Depression, wie die Goldstadt sie noch nicht erlebt hat. Inzwischen werden in den Gerichtshöfen, den bestehenden Gesetzen entsprechend, die rückständigen Mieter durch Urteilsspruch auf die Straße getrieben — svivteck, heißt es in Irland. Der Gesamt handel liegt außerordent lich d a r n i e d e r : die Zahl der Arbeitslosen nimmt von Woche zu Woche zu, da zahlreiche Geschäfte, klein und groß, durch die geringen Umsätze gezwungen sind, ihr Personal zu reduzieren. Neue Unternehmungen treten überall auf, und viele von diesen sind dem sicheren Unter gänge geweiht. Insbesondere machen Neuankömmlinge Feuilleton. Peter Rosegger. Dor wenig Tagen gedachten wir an dieser Stelle des bunvrrtjäbrigen Geburtstage« eine« französischen Schrift steller«, der, wie selten einer, in Deutschland bekannt ge- worden ist. Bei alt und jung, bei hoch und niedrig waren Alexander Duma»' Romane zu finden und wurden mit Heißhunger verschlungen. Es kann nicht« Gegen sätzlichere« geben al« den französischen Nomandicbt» und den steiermärkischen Erzähler Peter Rosegger. Dort ausschweifende Phantasie, spannende, nerven kitzelnde Situationen, gesellschaftliche« Leben, historische Ro mantik, bier innige Naturbetrachtung, einfache Verhältnisse und alltägliche Zustände. Und dsw sind Peter Rosegger« Erzählungen auch in da« deutsche Volk gedrungen und da, wo jene der müßigen Unterhaltung dienten, wo sie den Geist und das eigene Denken narkotisch einschläjerten, erbauten diese Herz und Gemüt, regten den Geist an uno erfüllten die Seele mit einer unbestimmten Sehnsucht nach dem Walve, nach den Bergen. Ja Rosegger fand daö deutsche Volk wieder den Dichter, der se,n« ureigenste Saite erklingen läßt, den Sang von Darben und Hoffen, von Genügen und Erfüllen. Freilich, nicht alle Seelen sind auf diese Note ge stimmt, nvL viele Gemüter sind zu kalt und frostig, um vi« Strahlen Roseggeischer Poesie warm zu empfinden.. Sie stehen noch abseiis von dem Wege, auf dem seine Gestalten wandeln, ihr Herz ist noch steinichl, ihr Sinnen und Trachten zu sehr auf da« äußerliche gerichtet, ihr Geist von der Geschäftig keit, dem Hasten und Jagen zu sehr eingenommen, als daß sie den WaideSzaudrr so recht auf sich riowirken ließen. Solche Menschen wird Rosegger nie für sich gewinnen, aber die, die von brr Sorg« gequält, sich doch noch «in miifühlen- de« Her; bewahrt baden, di« von dem Neid und der Genuß sucht angeekrlt, von der Großstadtluft angewidrrt, sich nach der Natürlichkeit sehnen, werden immer seine dankbare Ge« meinde bilden. Es klingt wie ein« alt« Mär, daß drr unwissende Hirten bub, der armselige Gchaerderjuag, i« Stand« «ar, di« I Herzen ihm so fern stehender Menschen gefangen zu nehmen, Iso innig mit seinem Schicksal zu verknüpfen, daß sie beute an seinem 60. Geburtstage nach der grünen Steiermark schauen und herzliche Gruße in die Berge senden, wo Rosegger und seine Gestalten Hausen, und wen sie auch grüßen, sie grüßen immer wieder den Dichter, der sich so oft selbst geschildert bat, dessen Gestalten sein Leben leben, dessen Empfindungen sich in ihren Worten und Handlungen widerspiegeln. Kein Dichter ist so subjektiv wie er, kein Dichter hat so oft wieder und immer wieder sich selbst gegeben und bat damit so viele Männer und Frauen, Jünglinge und Mädchen aus den verschiedensten Gesellschaft-- und Bildung«, sckichten zu seinen begeisterten Freunden gemacht. Hätte wohl jemals der kleine Junge, da« Kind armer Wald bauer«, mit seinen zerschlissenen Höslein und Röcklein und dem runden grünen Hütlein, geahnt, daß er ein echter deutscher Dichter von GoiteS Gnaden werden würde, hätte wohl diese« Knäblein, da«, weil es zu schwach zum Bauern war, vor die Wahl gestellt wurde, Priester oder Schneider zu werden, geglaubt, daß einst sein Nam« berühmt würde, so weit die deutsche Zunge kling». Und wie hat e« da« Schicksal gütig gelenkt, daß unser Peter nicht in da« Priesterseminar kam, sondern daß er als wandernder Schneider mit seinem Meister Olthofer von Hau« zu Hau«, voa Hof zu Hof zog, um Bauern, öck« zu flicken und tagtäglich um da« liebe Brot zu kämpfen. Vielleicht wäre Peter im Seminar rin tüchtiger Lateiner ge worden, vielleicht hätten ihm die Herzen seiner Land«lrute bei der Primiz zugejauchz», vielleicht hätte er irgendwo in einem wrltverlaffenen Krrchdörflein sein Leden geteilt in die Fürsorge für die körperlich Kranken und dir geistlich Schwachen, und kein« Stimme wäre «wn ihm nach außen gedrungen und hätte von seiner überquellenden Liebe erzählt. Vielleicht wäre er aucb höbrr gestiegen und der violette Mantel umwallte sein« schmächtig« Gestalt und al« rin stark» Bischof hütet« er die Seelen seiner Schäflein, er hütet« st« im Glauben und voller Liebe. So rst aber au« dem Schneidrrlein, nachdem ihm gütige Freunde im zwanzigsten Jahre di« fehlen» Schulbildung ermöglichten, nachdem er eifrig und mit Hingebung gelernt halte, ein Bischof der freiheitlichen Anschauung geworden, ein Hüter der Measchrurecht« Au« dem lustigen Schneider- j vor allem für sich und die Seinen. Ein verhältnismäßiger Verdienst blieb nicht auS. Er konnte sich bei seinem Geburts orte in Krieglach ein Landbauö erwerben, da« er im Sommer bewohnt und wo er nach Herzenslust schreibt und seinen in Nordtentschland noch viel zu wenig bekannten „Heimgarten" redigiert. Im Winter wohnt er in Graz und in ver trauter Stunde ist er in seinem Stammlokale, einer Wein stube, ein trefflicher Gesellschafter. Mit der Gesundheit bat es manchmal gehapert, doch ist er jetzt für sein Alter fest geworden und erfreut hoffentlich noch lange die Welt mit seinen Gaben. Was er alles und wieviel er geschrieben hat, da« ist gewiß ungleichartig. Nicht immer ist seine Feder gleich glücklich gewesen, aber was eS auch sei, immer hat er sein Herzblut gegeben. Es stebt noch nicht an, über Rosegger als Dichter für die Nachwelt rin Urteil zu fällen. Noch weilt er unter uns und noch schlägt sein Herz so freudig wir ehedem, noch ruht seine nimmermüde Hand nicht au« von der Lebensarbeit, aber wie dem auch sei, soviel ist gewiß, eS wird kaum jemals wieder einen Dichter geben, der für sein Volk, für seine engere Heimat soviel war, wie er ist. Ihm verdanken seine Steiermärker nicht nur deu Ruhm, ihn den ihrigen zu nennen, ihm ver danken sie vor allem die Neugeburt auS einer gewissen Dumpfheit, ihm verdanken sie ein frische« fröhliches Urteil und sogar in Glaubenssachen, eine neue freiere Anschauung. Daö gräbt sich tief ein in ein Volk, waö auS dem Volke selbst hervorgegangrn, und wenn in Steiermark die Liebe zum deutschen Volkstum so mächtia emporgelodert ist, so hat er das Feuer grschürt und dir Flammen aus den Bergen entzündet. Und daS dankt ihm auch bas deutsche Volk in der Niederung, daS dankt rS ihm jenseits der Donau und diesseits, Erwerbung und Erhaltung deS Volkstum«. Rosegger ist nicht nur ein deutscher Schriftsteller, er ist auch ein deutscher Mann, und am heutigen Tag feiert man nicht nur den Dichter, man feiert auch den Charakter, die Blume Wunderhold drr Poesie vermischt sich mit dem knorrigen E,ch- stamm in deutschem Kühlen und in deutscher Treue. Georg Hiller. und der Menschenseelen. AuS dem lustigen Schneider-1 bua, der in St. Katbrein und beim Steinbauer seine I g'spaßigen Reime zum Besten gab. der als AllerweliS- vertrauter für dir Dirndeln Liebesbriefe schrieb, der in jungen Iabren in der Not und Sorge seiner Volksgenossen, in dem Schlage ihre« Herzens, im Quellengemurmel und im Waldesrauschen daS Weltratsel erkannte, ist ein Held seiner Heimat, ein Verkünder und Förderer edler Menschenfreund lichkeit geworden. Und sollte er nicht von Menschenfreundlichkeit erfüllt sein, er, der sie so wahr an sich erfahren hat? Einem andern Menschenfreunde hat Rosegger seine Bildung, sein Fort kommen zu verdanken. Im Jabre 1864 gelangte etwas voa dem, wa« er in seinem inneren Drange von seinem 17. Jahre an zu Papier gebracht hatte, an den Redakteur der Grazer Tagespost, vr. Swoboda. Wer da weiß, wie schwer ein Redakteur unter Einsendungen zu leiden bat, mit welchem Mißtraue» er neue Anlömmlinge mustert und wie er die sonst brauchbaren Sachen von Unbekannten wägt, ob er sie aufnrhmen könne, weil er nicht sicher ist, abgeschriebene« abzudrucken, der kann erst da« ganze Verdienst Swoboda« verstehen, al« er sich der Gedichte Rosegger« annabm, al« er ernstlich dir Sachen prüfte und nun den Dichter kommen ließ. Swoboda war über vi« schlichte und ergreifende Art de« Er zählen« und de« leirrnscbastlichrn, auf eine kräftige, dichterische Begabung hinweisenden Ton der Gedichte «rstaunt und widmet» in einem Feuilleton dem steierischen BolkSdichter einer ein gehenden Würdigung. jRosegg» war damals zwei und zwanzig Jahre alt und eS tat not, die Lucken seiner Bildung auSzusiillen. Es wurde ibm der Besuch der Handelsakademie vier Jahre hindurch ermöglich», und im Jahre 1869 wurde ibm vom steierischen Landr«au«schuß ein dreijährige« Stipendium zur Fortsetzung seiner Studien bewilligt. Während jener Zeit war er einmal von Steiermark foit. Er hielt rS jedoch nicht lang« aus. Die grünen Berge seiner Heimat zogen ihn an und er kehrte bald zurück. So ist e« ihm immer gegangen. Im Jahre 1870 reiste er nach Norbdeuiichiand, Holland und die Schweiz, und er warfroh, al« er wieder in Graz war. Hier ließ er sich dauernd nieder. Nach dem Vn lassen der Handelsakademie gab er sein erste« Werlchea »Zither und Hackbrett" heraus, dem bald «adere sol-tru. Fleißig arbeitete Rosegger und sorgte damit
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