Delete Search...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-26
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190508266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19050826
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19050826
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-08
- Tag1905-08-26
- Monat1905-08
- Jahr1905
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1905
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
136 - diSkretion gehalten. Max war hastig zum Ofen ge gangen, wo schon ein frühes Herbstfeuer brannte. Er ritz die eiserne Tür auf und warf den zu einem Knäuel geballten Brief in die Flamme^ die gleich bläulich an den Rändern des Papiers' heraussprang. Tann wandte er sich Mr Tür. Sie waren beide schweigsam auf dem kurzen Weg. Heilmann kam ihnen schon entgegen, im verwitterten Jagdrock, den struppigen Wasserhund an der Leine. Seine Augen waren blank und lebhaft, die Weid mannslust packte den alten Menschen imitier so, daß er förmlich fung wurde. „Weidmannsheil, Junge? Ein schlechter Jäger, der warten läßt. Hier, nur gleich rechts ab, wir haben ein gutes Stück zu laufen." Tie Sonne brannte noch hinter einer Wolkenbank heraus, die Luft war bis hoch herauf goldgetränkt. In den Teich fuhr der Wind mit kurtzen, heftigen Stößen, daß das spiegelnde Wasser von tausend kleinen, unruhi gen Bellen zerschnitten wurde, die gegenüber an dein raschelnden Schilfwall mit den braunen Sammetkolben sich verloren. Sie hatten den eingepflockten Kahn losgemacht und fuhren gerade in die blanke Fläche hinein. Ter Teich« eigentlich ein kleiner See, war langgestreckt, mit schmalen Armen Zwischen niedrigem Erlengestrüpp und mit einer buschigen Insel in der Mitte, die der Schlupf winkel der Enten und Kiebitze war. Fortsetzung folgt. Bermifchtes. Körperliche Gebrechen und die Mode. Daß ie nnisten Moten der Eitelkeit höflicher ausgedrückt: dem Verschönerunlgstriebe der Menschen ihr Ent stehen verdanken, ist eine alte Wahrheit. Aber dieser Trieb kann zweierlei, sozusagen positive und negative Gestalt annehmen und sowohl die Erhöhung vorhandener Reize als die Forttäuschung eines entstellenden Gebrechens Mm Zwecke haben. Und in der Tat ist manche noch jetzt der Gunst unserer Frauen sich er freuende Mode auf einen körperlichen Fehler ihres Ur hebers Mrückzufühven, dem sie dazu dienen sollte, die sen Fehler zu verbergen oder auch der Eigenschaft eines Fehlers zu entkleiden. Tas letztere bezweckte .Herzog Philipp der Gutze von Burgund, der, als ihm wah rend einer Krankheit von den Aerzten sein schönes langes Kopfhaar, sein ganzer Stolz, ratzekahl abgeschpren worden war, ein Gesetz erließ, haß jeder Edelmann in. seine» Staaten fortab sich nur noch mit kahlge schorenem Haupte zeigen dürfe. Und alsk dies Gebot nur geringe Beachtung fand, stellte er besondere Beamte an, die die Ungehorsamen, wo sie sie antrafen, mit Ge walt festpacken und mit der Schere bearbeiten mußten. Tie Töchter König Ludwigs des Neunten von Frankreich waren von der Natur mit auffällig großen Gehwerkzeu gen begabt und sollen deshalb die Schlepp kleid er erdacht haben, während, man der Gemahlin Philipps des Tritten, deren Halslänge, nach dem Worte eines ihrer Zeitgenossen», den Neids eines Schwanes zu erwecken ver mocht hätte, die Erfindung des um den Hals gewundenen Schleiertuches, des sogenannten Fichusl zuschreibt. Hein rich Plantagenet von England brachte die vorn hochge bogenen Schnabelschuche auf, um einen häßlichen Aus wuchs an seinen Füßen zu verdecken, und nie wäre die Per rücke von Ludwig XIV. von Frankreich zu der Rolle erhoben Warden, die sie länge« als ein Jahrhundert gespielt hat, wenn sie dem „Sonnenkönig" nicht dazu genutzt hätte, — einen, leichten Höcker auf seinem Rücken profanen Blicken zU entziehen. Eine spanische Infantin, deren Hüften einen bedenklichen Mangel an Ebenmaß auf- wiesen/ lieh diese unter dem ersten, nach ihren Angaben gefertigten Reif röche, dem Vorläufer der Krino- line, verschwinden. Tie unter dem Namen „la belle Jerronniere" bekannte schöne Geliebte Franz I. von Frankreich schmückte, um eine Brandwunde nicht sehen zu lassen, ihre Stirn mit einem Edelstein, den ein um den Kopf geschlungenes? dünnes Seidenband hielt/ und die unförmlichen Halskrausen/ die sich bis auf - unsere Zeit in einigen Amtstrachten erhalten haben, hatten ur sprünglich nur die Aufgabe/ — d^n Kropf einer ebenso eitlen als in dieser Hinsicht mißgestalteten Prinzessin wcgzueskamotieren. Auch die weiten Puffärmel, die die Mode uns neuerdings alle paar Jahre wicderbringt, bezweckten anfangs lediglich- ungleich gewachsene Schul tern in einer Höhe erscheinen zu lassen, während ander seits Anna von Oesterreichs die Gemahlin Ludwigs XIII., die augenblicklich wieder Mode gewordenen kurzen Aermel ersann, um ihre klassisch geformten Unterarme bewun dern zu lassen. — Wenn man im übrigen aus diesen Bei spielen den Schluß ziehen wollte/ haß nur in längst vergangenen Tagen des früheren und' späteren Mittel alters körperliche Fehler und modische Erfindungen in so enger Wechselwirkung zu einander standen- so sei schließlicb daran erinnert, daß die Kaiserin Josephine, die Gemahlin Napoleons I., die Mode, das Spitzen taschentuch in der Hand zu tragen und häufig an den Mund zu führen, nur deswegen „ereilte", weil ihr da ran lag, nicht ihre häßlichen Zähne zu zeigen, und daß noch jetzt in Italien die Vorliebe der Königin Margherita für vielrcihigen PerlhalsschMuck mit einer Neigung zum Kropfe erklärt wird, an der angeblich die Witwe König Humbertos, wie die meisten Sprossen der savoyischsn Dynastie, leidet. Sprichwörter des Morgenlandes über die Frau veröffentlicht Roda Roda in' der „N. N. Presse". Wir geben einige davon Wiede«: Tie Weiber find doppelt schuldig: sie sagen nicht, was sie denken und bedenken nicht,, was sie sagen. * Männer töten einander, Weibe« begeifern einander. -p Wenn das Gesinde streitet, ist jedes Haus zu klein. Willst du Frieden mit den Nachbarn, mußt du deiner Frau die Zunge abschneiden. Tas gute Herz einer Frau ist mehr wert, als das Geschmeide aller Frauen. O Cs geht das Gerücht: Im Himmel ist Hochzeit — und alle Weiber klimmen hinan. Kluge Frauen reden wenig undf schmücken sich nicht viel. * Tie Frau muß Magd und Herrin zugleich sein. Wehe der Frau, che von ihrer Schwiegermutter be schützt wird. Wenn eine schöne Zähne hat, findet "sie alles lächerlich. Bruck und Lalag vom Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt, Riesa. CrMler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". »r. 34. Riesa, de« 2«. August 1905. 88. Jahr,. '-Das Erbe. Novelle von Lulu'von Strauß und'Torney. . , Fortsetzung. Tret Monate nach Frielings Dod wurde der Kleine geboren. Sie hatte schon vorher gewußt, der mußte anders werden. Ter war ganz losgelöst von all dem Schrecklichen, was sie erlebt hatte. Auch von seinem Vater. Ter war ein Stück neues Leben. Er war auch anders? gewesen, gleich von Anfang an. Ten Kopf voll schwarzer Härchen,, und mit braunen, lachenden Augen. Es war jetzt ganz dunkel. Tie Frau tastete plötz lich aus ihrem Schreibtisch und zündete die niedrige Kerze an. Als sie den Leuchter hob/ fiel der unruhige, gelbliche Schein gerade auf das große Bild, das auf der Schreibtischplatte stand. „Mein Junge!" sagte sie halblaut, als ob sie zu ihm spräche. Ihre Augen hatten einen weichten Ausdruck, der ihr Gesicht veränderte. Morgen würde er kommen. Sie würde ihn hier haben, ihm zuhören, wenn er lachte und erzählte. Es- war, als ob der Gedanke plötzlich alle Bitterkeit vertrieben hatte. Sie dachte nicht mehr an die Ver gangenheit; die war wie ausgelöscht. Sie dächte nur noch an morgen. Max wollte die Nacht durMahren und morgens ankommen. Seine Stube war schon den Tag vorher fertig, mit bläulich-weißen, steifen Tüllgardinen und einem Asternstrauß' auf dem Tisch Max fragte zwar nicht viel nach Blumen- aber es gab doch dem ganzen einen netten Anstrich,, fand Frau Frieling. Sie hatte sie selbst hingestellt. Sie wartete schon än, der Haustür, als der Wagen kam. Ein schwaches Not machte ihr langes, strenges Gesicht förmlich jünger aussehend. „Mein altes Mütterchen!" Ter hübsche, brünette Mensch mußte zu ihr auf sehen, er Ivar nicht ganz so groß wie sie. Sie küßte ihn noch aus der Treppe und schob ihn daun mit beiden Armen von sich ab,- um ihm ins Ge sicht zu sehen. „Lieber Junge, Tn siehst schlecht aus! Was fehlt Dir?" Er unterbrach sie mit einem etwas gewaltsam lau ten Lachen. „Dacht' ich's nicht! Du kannst Dich nicht daran ge wöhnen, daß ich nicht mehr der Dreikäsehoch bin! .Am liebsten packtest Du mich ganz in Watte! Nein, nein, mir geht's gut!" Tas Blut war ihnch dabei in die Stirn gestiegen. Seine Mutter dachte auch, sic müßte sich wohl getäuscht haben, als sie ihn wieder ansah. Einen Augenblick vor her schien ihr sein Gesicht so übernächtig und schlaff, aber jetzt war er wie immer ihr frischer, hübscher, lebens voller Junge. Sie ging ihm voran in ihre Wohnstube. „Es war eine nette Ueberraschung, Max. Wie kam es denn, daß Tu jetzt Urlaub bekommen konntest? Wie lange kannst Du bleiben? hoffentlich nicht nur so ein paar Tage." „Hm — ich weiß noch nichft, Mutter. Es ist unbe stimmt." „Wovon hängt es denn ab?" Er zerrte nervös an dem dunklen Schnurrbärtchen. „Bon einer Nachricht, die ichs erwarte. Aber laß doch> ich bin ja eben erst angekommen. — HalVo, Franz, alter Junge, da bist Tu ja auch! Wie geht's, wie steht's?" Er war dem Bruder, der in die Tür kam', hastig ein paar Schritte entgegengegangen und schüttelte ihm derb die Hand. „Nun erzählt erst mal von Euch! Was sangt Ihr au? Was habt Ihr erlebt? Wie immer nichts? Fünfzig Jahre zurück in Eurem braven Krähwinkel?" Franz zögerte einen Augenblick und sah indaS lgckendc Gesicht des anderen, der fast einen Kopf kleiner war. „Doch etwas erlebt haben wir diesmal, Max! Rate, was?" „WaS weiß ich? Will Mutters! alte Stine vielleicht heiraten? Tas wäre allerdings interessant!" Franz lächelte etwas. „Stine nicht, aber jemand anders. Ich habe mich verlobt." . „Tu? Mit wem?" „Kannst Tu Tir das nicht denken? Mit Anna, Annchen Heilmann." Ter Jüngere starrte ihn eine Sekunde an, dann lachte er laut auf. „Du und die Anna'? Bind' mir das nicht auf! Tas ist ja nicht möglich!" „Warum nicht möglich?" Franz Frielings Gesicht wurde auf einmal ver- sckilojsen und herbe. „Jedenfalls ist es Tatsache, wenn es! Tich auch nur zum Sachen reizt." Er zuckte die Schultern. Der Jüngere faßte seine Hand und schüttelte sie heftig. „Nein, nein, verzeih', Franz. Es kam mir nur so überraschend. Ich! freue mich wirklich!'Wie ist es denn gekommen? Warum hast Tu es mir nicht geschrieben?" „Es ist erst seit gestern. Du warst schon unter wegs." Tie alte Stine, die in ihren Schlurrpankoffeln in die Tür kam, unterbrach sie, sie gab^ dem jungen Herrn Max die Hand. Tas Frühstück stand auch auf dem Tisch, er müßte doch einen warmen Löffel im Leib haben nach der langen Reise! — Tas rote Haus war immer wie ausgetauscht, wenn Max da war. Er mußte überall seine Person geltend machen, wenn auch nur durch Larin. Er pfiff laut, wenn er die breiten, blankgebohnten Treppenstufen polternd heruntersprang, er lief in die s Küche und neckte Stine, daß das rote, verrunzelte Ge- I sicht des alten Mädchens förmlich glänZte, er jagte im Garten Trick, den alten fetten Terrier, aus seiner be schaulichen Trägheit aus. Cs war jetzt nichst anders wie immer, düst HauS war plötzlich voll Lärm und Leben. Max war womög lich noch lauter als sonst
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview