01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-10
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040210015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904021001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904021001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-10
- Monat1904-02
- Jahr1904
-
-
-
926
-
927
-
928
-
929
-
930
-
931
-
932
-
933
-
934
-
935
-
936
-
937
-
938
-
939
-
940
-
941
-
942
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Bezugs-Preis i« der tzauptexpedition oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährliches.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» e 3.75. Durch die Post bezogen für Deulich- land u. Oesterreich virrtrliäbrltch e 4.50, für die übrigen Länder laut ZettungSpreiSliste. Aedatttau und Srbrbttio«: IohanniSgaste 8. Fernsprecher 153 u. L22. Ktlialer-rdtttanen: Alsredtzahn, Buchhandlg., Unlversitättstr. S (Fernspr. Nr. 4046t, L. Lösche, Katharinen straß« 14 (Fernsprecher Nr LV35> u. König»- Platz 7 lFernsprecher Nr. 7505). Hanpt-Ailiule Dresden: Marienstraße34(Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: EarlDuncker, Herzgl.Bohr.Hofbuchbaiidlg., Lützowstraß« lOlFernlprecherAintVI Nr.46o3.) Morgen-Ausgabe. KWMr.TllgMaü Anzeiger. Amtsblatt -es A-nigkichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und -es Volizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Nr. 73. Mittwoch den 10. Februar 1904. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktion-strich <4 gespalten) 7b «ach den Famtliennach- richten (6 gespalten) dO Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 2Ü Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 80.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluh für Anzetgeu: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig (Inh. l)r. B.,R. L W. Kltakhardt). 98. Jahrgang. Var Mcdtigrte vom rage. * 'Das Kaiserpaar wird voraussichtlich im Früh jahre, anstatt nach dem Lüden zu reisen, längeren Auf enthalt in Homburg v. d. H. nehmen. * Tine Regierungs-Denkschrift über die Witwen- undWaisen-vcrsicherung soll in etwa 14 Tagen erscheinen. * In der B u d g e t k o mm iss i on des Reichs tags erteilte Korreferent Speck (Z e n t r.) den: preu ßischen Kriegsminister ein Vertrauens votum, und der Vorsitzende erklärte, künftig überhaupt keine Berichterstattung über die KommisstonS- sitzungen mehr zuzulassen, menn Mieder falsche Darstellungen in die Presse gelangten. * Minister Budde erklärte in -er Budgetkounnission des preußischen Abgeordnetenhauses, die Regierung beab- üchtige die Erhebung von Abgaben für die Benutzung natürlicher Wasser st raßen mit vertiefter Fahrrinne. * Eine aus amerikanischer Quelle stammende Mel dung, die Japaner hätten Port Arthurin Brand geschossen, dabei aber 11 Kriegsschiffe verloren, wird vom „Reutcrschen Bureau" de mentiert. Vie Lonrlrllalio« Her Mächte «na aer Flieg. WaS sich an latenten Spannungen in den letzten Fahren im fernen Osten angehäuft hatte, das wird sich nun gewaltsam entladen. Im Geschwindschritt geht die Entwickelung der Weltstaaten heute vor sich. Es sind noch nicht zehn Fahre her, daß der Krieg zwischen Japan und China die chinesische Frage aufrolltc. Im Frieden von Lhimonosekt wurde noch einmal den Japanern die Beute aus den Zähnen gerissen. Seitdem haben sic mit be wundernswürdiger Ausdauer und Opfcrwilligkeit ihre Land-' und Seemacht vergrößert und organisiert; beim Bureransstandc fanden sic Gelegenheit, wie auf einem Manöverfehdc zwischen ihren eigenen Leistungen und denen der europäischen Mächte zu vergleichen. Jetzt suhlen sie offenbar ihre Zeit gekommen, um mit Rußland, ihrem schärfsten und bisher vom Erfolg begünstigten Rivalen, gründliche Abrechnung zu halten. Schon seit mehreren Wochen stand cs fest, daß in dem russisch-japanischen Konflikt nur das Schwert die end gültige Entscheidung bringen könne. Wir haben schon vor einiger Zeit an dieser Stelle darauf hingemiesen, daß die Dinge auf des Messers Schneide ständen. Im merk würdigen Gegensatz zu dieser durch die Tatsachen be stätigten Annahme stand die Haltung der Berliner Regie rung. Man kann es verstehen, daß sie nicht gerade das Beispiel Gretchens befolgte, die so tapfer schmählen und sich im Schwärzen nicht genug tun konnte. Aber was in diesen Wochen in der Wilhclmstraßc an Schönfärberei ge triftet wnrde, das geht doch über die Hutschnur. Stellte es doch die offiziöse „Rordd. Allg. Ztg " noch am Sonntag so dar, als ob die Eventualität eines kriegerischen Zu sammenstoßes in weitem Felde liege. Das war zu einer Zeit, als die Gesandten in Petersburg und Tokio schon längst ihre Pässe erhalten hatten. Wen man mit solcher Rvsenstimmung eigentlich täuschen wollte, ist unerfindlich. Tenn daß man cs nicht besser gewußt habe, braucht hoffentlich nicht angenommen zu werden. Nun wird freilich von den unverbesserlichen Optimisten betont, baß die Abberufung der Gesandten nicht mit einer Kriegserklärung gleichbedeutend sei. Und zur Stunde, zn der diese Zeilen geschrieben werden, ist der Krieg aller dings immer noch nicht in aller Form erklärt worden. Aber das ist doch nur eine Formalität, die ohne jede Be deutung ist. Schon bei den China-„Wirren" erregte es allgemeine Belustigung, mit welcher Sorgfalt alles offiziöse Febervvlk den Ausdruck „Krieg" vermied — was aber die Erschossenen und Zerstückelten nicht wieder lebendig machte. Bei der Lahmheit der „Instanzen" für völkerrechtliche Verhältnisse ist cs auch ganz ausge schlossen, eine Art gesellschaftlicher Korrektheit in solchen Fällen zu erzwingen. Es ist eben modern geworden, die Visitenkarten erst nach dem Beginne der Vülkcrduelle zu tauschen, und die Welt hat sich nun einmal mit diesem un schönen, aber praktischen Branche abznfindcn. Man kann bei der Gelegenheit darauf Hinweisen, daß schon Gesandte abberufen wurden, ohne daß es zum Kriege kam. So war cs nicht bloß zwischen Italien und der neutralen Schweiz, sondern erst noch vor einiger Zeit zwischen Frankreich nnd der Türkei. In letzterem Falle hatte eS mit der harmlose» Demonstration vor Mntilenc sein Be wenden Indessen läßt sich der jetzige russisch-japanische Konflikt mit diesen Vorgängen in keiner Weise vergleichen. Tenn im chinesischen Meere handelt-es sich nicht um kleine Verstimmungen, die mit diplomatischen Mittelchen be- üitigt werden, sondern um Lebensfragen der beiden beteiligten Staaten. Japan kann nicht zurückweichen, venn eS nicht seine Großmachtansprüche für immer in sie Rumpelkammer werfen will, und Rußland kann nicht zurückweichen. wenn e» nicht auf den Zugang »um Indischen Ozean verzichten will. So kann nur vaS Schwert das entscheidende Wort sprechen. Deshalb ist es ja auch so müßig, die Frage beant worten zu wollen, wer das Karnickel war, das angefangen hat. Das Aufwerfen der Frage hat den Zweck, wie der Chinese -sich auSdrückt, das Gesicht zu wahren. Zugleich gibt natürlich auch das Bewußtsein, einer gerechten Sache zu dienen, ein Gefühl der Stärke. Aber der unbefangene Zuschauer braucht sich durch diese subjektiven Meinungen nicht beeinflussen zu lassen. Er würdigt die Tatsachen bester, wenn er sich immer vor Augen hält, daß wir nicht in der besten aller Welten leben, in welcher das Recht und die Güte einer Sache den Ausschlag geben müssen, sondern daß, zumal auf interuationalem Gebiete, sehr häufig Macht vor Recht geht. Deshalb wird man auch die Versicherungen Rußlands von seiner absolut friedlichen Pesinnung mit der ge botenen Reserve aufnchmen. Daß wir an der Friedens liebe deS „FriedcnSzarcn", der er auch noch beim letzten russischen Neujahrsfeste Ausdruck gegeben hat, nicht im geringsten zweifeln, ist von uns schon erklärt worden. Aber diese Friedensliebe hat Rußland nicht gehindert, seine Fangarme immer weiter über die Mandschurei aus zustrecken. Und vollends wirkt es komisch, wenn die „Nowoje Wrcmja" verächtlich von den Japanern sagt: „Die Asiaten zeigen sich als Asiaten." Ist doch Rußland selbst zum mindesten als halbasiatische Macht anzusprechen, mit dem Japan seiner kulturellen Entwickelung nach den Vergleich nicht zu scheuen braucht. Will man -en bevorstehenden Krieg zwischen Rußland und Japan nach einem Erdteile charakterisieren, so wird man ihn als asiatischen Krieg bezeichnen müssen. Wie die Kriegswürfel entscheiden, darüber ist es ge fährlich, zu orakeln. Tie allgemeine Ansicht geht wohl dahin, daß Japans Flotte der russischen Seemacht überlegen ist — eine tteberlegenheit, die noch durch die englische Unterstütznng gesteigert wird. Etwas anderes ist es, ob Japan auch zu Lande den russischen Truppen ge wachsen ist. Nur.so viel läßt sich schon jetzt sagen, daß von beiden Seiten der Krieg mit Einsetzung der vollen Kraft geführt werden wird. Der Boerenkrieg wird gegenüber den Truppcnmassen, die Japan und Rußland aufbieten werden, weit zurücktretcn. Insofern sind die bevorstehenden Kämpfe auch für die unbeteiligten Groß mächte von hohem Interesse. Die Hauptsorgc besteht darin, daß aus dem asiatischen Kriege ein europäischer Krieg werden kann. Die Gefahr ist nicht gering. England ist mit Japan, Frank reich mit Rußland verbündet. Besonders für Frank reich ist die Situation im höchsten Maße fatal. Es hat bis zuletzt dahin gearbeitet, die -Gegensätze in Ostasien aus- zngleichen, und fckwint jetzt noch einen aussichtslosen Ver such der Versöhnung mache» zu wollen. In der Tat rückt die Revanche, die heute wie seit dreißig Jvhren das Leit motiv -er französischen Politik ist, in eine nebelhafte Ferne, wenn Rußland im Osten engagiert ist nnd von England der srangösischcn Flotte die Vernichtung droht. Frankreich dürfte deshalb auch so lange wie nur irgend möglich in einer neutralen Haltung verharren, um sich nur ja nicht an einem anderen Punkte als an der deut schen Grenze engagieren zu wüsten. Es wird aber trotz dem nicht vermeiden können, ungeachtet seines schönen Schiedsgerichtövertrages, in einen immer schärferen Gegensatz zu England zu kommen. England seinerseits macht ans seinen Snmpanhien für Japan kein Hehl. Wenn cs auch nicht direkt dem japa nischen Vorgehen sich anschließen wird, so tut es doch alles, um die russische Situation zu erschweren. Es hat ja mit Rußland noch ein Hh'hnchen zu pflücken, weil dieses während des Boercn'kriegcs sich in Persien fcstsetzte. Jetzt nimmt England Rache in Tibet. Denn es ist sicher kein Zufall, daß der Notenwechsel über die tibetanische Frage, in dem England eine überraschend drohende Sprache führt, gerade jetzt veröffentlicht wirb. Auch die Sperrung des Tuczkanäls durch englische Schiffe ist sicher kein Zufall. Im übrigen läßt England natürlich, seiner Gepflogenheit entsprechend, Japan vorangehen, um im gelegenen Augen blicke seine Rechnung zu präsentieren. , Das deutscheReich ist glücklichevweise verhältnis mäßig weit vom Schuß. Wenn wir strikte Neutralität be obachten und zugleich unser Pulver trocken 'halten, so haben mir alles getan, was zur Stunde von uns erwartet wer den kanu. Dabei werben wir unsere Geschäfte um so bester führen, je weniger wir uns durch leere Sympathien beeinflussen tasten. Rußland mag uns manchmal un bequem werden, aber es ist unser Nachbar, mit dem wir so freundschaftlich wie möglich leben müssen. Es wäre im höchsten Maße unklug, wollten wir in diese Verhältnisse eine Trübung bringen lassen wegen -es Krieges um die Mandschurei, in der wir glücklicherweise nichts zu suchen haben. Der russisch-japanische Arieg. Zuverlässige Nachrichten vom Kriegsschauplätze lagen bis gestern abend nicht vor. Die amerikanische „Associated Preß" meldet allerdings, daß die japanische Flotte den Kampf um Port Arthur gewagt habe. Das aus Petersburg, 9. Februar, nachmittags 2»/, Uhr datierte Telegramm lautete: Nach Mitteilung der Admiralität sind bei einem Angriff der Japaner auf Port Arthur 11 japanische Kriegsschiffe und ein russisches untergegangen. Sieben (?) Russen sind getötet, viele verwundet. Port Arthur steht in Flammen. Der Mitteilung folgte indessen innerhalb einer Stunde folgendes offiziöse Dementi: * London, 9. Februar. (Tel.) Das „Reutersche Bureau" meldet aus New Jork: Eine Untersuchung über die angeblich offizielle Nachricht der „Ass. Preß" aus Petersburg ergab, daß die selbe auf keiner Grundlage beruht. Auf ähnliche Tartarennachrichten wird man sich im weiteren Verlauf des Krieges gefaßt machen müssen. Wir sprachen schon gestern unsere Bedenken über einen direkten Angriff auf Port Arthur von der Seeseite aus, der ungefähr einem der berüchtigten Frontalangriffe Bullers gleich gekommen wäre. Freilich muß Japan, wenn eS seinen Zweck erreichen will, zunächst die Herrschaft zur See erzwingen. In dieser Hinsicht schreibt Oberst a. D. Gädke im „Verl. Tagebl.": ES ist nicht unbedingt erforderlich, daß wir darum bereits in der nächsten Zeit von großen Seeschlachten hören; die russische Flotte kann ein Interesse daran Haven, dieser Ent scheidung auszuweichen und sich zunächst beobachtend in dem stark befestigten Hafen von Port Arthur zu halten, wo ihre Hauptkrast mit 7 Panzerschiffen, 2 Panzerkreuzern, 5 geschützten Kreuzern und kleineren Schiffen bereits ver sammelt ist. Der Ucbergang des japanischen Heeres über die 190 Kilometer breite Koreastraße nach Fusan, Ma- sompho, Mokpho wird dann freilich freigegeben. Ein unbedingtes Interesse, diesen Uebergang unter allen Um ständen zu Verbindern, hat die rustische Heeresleitung aber nicht; die russische Diplomatie nur dann, wenn ihre Flotte des Sieges in der Schlacht vollkommen sicher ist und somit Japan seine Ohnmacht alsbald zu Beginn des Krieges in überwältigender Weise klar gemacht werden kann. Anderen falls werden die Ergebnisse des Krieges für Rußland unver gleichlich entscheidender und dauernder sein, wenn die japa nische Landmacht auf dem Boden Koreas oder in der Mandschurei niedergeworsen nnd sodann ihr Rückzug auf das Jnselland, wo sie kaum erreichbar ist, gefährdet, im günstig sten Falle verhindert wird. Die japanische Herrschaft zur See hingegen bleibt unsicher und bestritten, solange die russische Flotte nicht vernichtet ist. Wenn ein japanischer Staatsmann in den letzten Tagen ge meint hat, daß ihre Truppen alsdann zu Lande gegen Port Arthur Vorgehen und die russischen Schiffe in die See treiben würden, wie die Nordamerikaner eS zu Santiago in Kuba mit den spanischen gemacht hätten, so sind das Fansaronnaden, weiter nichts. Die Verhältnisse liegen ganz anders. Ehe die Japaner Port Arthur zu Lande emschließen und dann erst unter schwierigen Verhältnissen belagern können, müssen sie das russische Heer entscheidend geschlagen und in das Innere der Mandschurei zuriickgeworfen haben; das will mit anderen Worten besagen, daß vorher ihre Feldarmee in voller Stärke an der Nordgrenze Koreas versammelt sein muß. Darüber werden im günstigsten Falle viele Wochen vergehen, die der Verstärkung deS russischen Heeres uneingeschränkt zn gute kommen. Wenn die Nachricht sich bewahrbeitet, daß die Hanptträste der japanischen Flotte in Weibeiwei vereinigt sind, so haben sie sich damit die denkbar beste Basis für ihr Vorgehen gegen daö russische Geschwader in Port Arthur, dem sie an Zahl, an Tonnengebalt und an Stärke einzelner Schiffe überlegen sind, geschaffen. Freilich würde die Benutzung dieses bisyer in englischen Händen befindlichen KriegshasenS mit dem Völkerrechte kaum in Einklang zu bringen sein; und zwar auch dann nicht, wenn England ihn — wir es vor einiger Zeit hieß — seinerseits anfgegcben haben sollte. Denn dann müßte er in den Besitz des vorläufig gleichfalls noch neutralen China zurückgelangen. * Port Arthur, 8. Februar. (R. H. T. B.) Um 11 Uhr 23 Min. Nachts wurde angesichts der Erscheinung des Feindes vor Port Arthur daselbst der Belagerungszustand erklärt. Die Bündnisverträge. Die Frage, unter welchen Boraussetzungen Japan auf die tätige Hülfe Englands zu rechnen hat, beantwortet der englisch-japanische Bündnisvertrag vom 30. Januar 1902. Hier heißt es hinsichtlich der Interessen Englands in China und der Interessen Japans in China und Korea: Artikel H. Wen^ entweder Großbritannien oder Japan in der Verteidigung ihrer bezüglichen, oben beschriebenen Interessen in einen Krieg mit irgend einer andern Macht verwickelt werden sollte, wird der andere Teil strenge Neutralität bewahren und sich bemühen, zu verhindern, daß andere Mächte sich an den Feind seligkeiten gegen seinen Verbündeten beteiligen. Artikel III. Wenn in diesem Falle irgend eine Macht sich den Feindseligkeiten gegen diesen Verbündeten anschlirßt, wird die andere Partei ihm zu Hülfe eilen, den Krieg mit ibm gemeinsam führen und in wechselseitigem Ein vernehmen Frieden schließen. Ueber Frankreich« Verpflichtungen wird uns depeschiert: Paris, 9. Februar. Ter Deputierte Pressens« hatie gestern eine Unterredung mit dem Minister de« Auswärtigen Delcass« über den russisch.japan ischen Konflikt. Ter Minister er klärt« erstens, der Kriegszustand sei noch nicht eingetreten und brauche sogar nicht einmal einz »treten, wenn sich Japan mit einer begrenzten Aktion im Süden von Korea begnügen könne und neuerliche Bemühungen zur Herbeiführung einer friedlichen Lösnng unternehmen werd«. Zweitens erklärte der Minister, n habe ent- sprechend den Interessen Frankreich» und Rußlands, selbst iu dem Staue eia« Versöhnung gewirkt. Rußland hab« der japanischen Regierung bedeutende Zugeständnisse gemacht. Alle Mit glieder der früheren französischen Regierung, ebenso wie die der gegenwärtigen, die von der französisch-russischen Vereinbarung direkt Kenntnis hätten, könnten bekräftigen, daß dieselbe keiuerlei positive Verpflichtung für Frankreich betreffend Ost- asien enthalte; dies beweise mehr als hinreichend der Wort laut der Note, die zwischen beiden Mächten zur Zeit der Ver öffentlichung deS englisch-japanischen Vertrage- au-getauscht worden sei. Ministerpräsident Combes erklärte mehreren Deputierten in bestimmter Weise, daß die französische Regierung, was für Er eignisse auch eintreten könnten, fest entschlossen sei, keinerlei für die Aktionsfreiheit Frankreichs irgendwie verbindliche Schritte zu unternehmen, ohne daß da- Parlament vollste Kenntnis von den Ereignissen hätte und sich über die zu beobachtende Haltung ausgesprochen hätte. Der Deputierte Jaurds, der die Absicht hatte, die Vorlegung eines Gelbbuches zu verlangen, das alle Schriftstücke, die die Verpflichtung Frankreichs gegenüber Rußland, insbesondere die gelegentlich des Abschlusses der Allianz zwischen Alexander III. und dem Präsidenten Carnot ausgetauschten Noten enthalten sollte, hat infolge der Erklärung des Minister präsidenten seine Absicht aufgegeben. DelcassS hat bereits am 25. März 1903 bei Gelegeubeit der Erörterung des französtsch-russiichen Uebereinkommens betreffend Ostasien erklärt: um Frankreich zum tätigen Ein greifen zu veranlassen, müßte der Fall eintreten, daß China angegriffen und seine Integrität verletzt würde und daß die Interessen Frankreichs in Gefahr ge bracht würden. DelcaffS fügte noch hinzu, zur Wahrung der Interessen Frankreichs und Rußlands in China jei es nicht unnützlich, daß darüber keine Zweifel bestehen können, daß sie einen Gegenstand gemeinsamer Sorge beider Staaten bildeten. UebrigenS hätten alle Mächte daS gleiche Interesse, daß China unversehrt, unabhängig und offen für den internationalen Handel bleibe. Diese Erklärung war am 20. Februar l902 eine Note DelcasssS in der „Agence Havas" voraufgegangen, nach der Rußland und Frankreich mit den im englisch-japanischen Vertrag ausgesprochenen Grundsätzen ganz einverstanden seien. „Gleichwohl", hiesi es weiter, „sind sie genötigt, ihrerseits den Fall inS Auge zu faffen, daß eine aggressive Aktion dritter Mächte oder neue Wirren in China zu einer Gefahr für ihre Interessen werden könnten." Jedenfalls würde die Einmischung Frank reicks in den jetzigen Krieg auch England zur Parteinahme zwingen. Und dann könnten mehrere Weltteile in Brand stehen. Es ist auch nicht zu vergessen, daß Amerika ein wesentliches Interesse an der Zukunst Ostastens bat und schwerlich dulden wird, daß Rußland dort übermächtig wird. Das Rote Kreuz. Berlin, 9. Februar. Betreffs Beteiligung des Roten Kreuzes an dem Kriegs-Sanitätsdienste in Ostasien soll bei dem tatsächtichen Ausbruch des Krieges ein Anerbieten an das russische, wie das japanische Rote Kreuz gerichtet werden. Me Vorbereitungen bezügtich der Stellung des Personals und Materials sind eingeleitet. Japan verfügt selbst über ein festorgantsierteS, nach deutschem Muster eingerichtetes Kriegskranken- p f l e g e w e se n. Seine Gründung datiert, wie der „Schles. Ztg." geschrieben wird, zurück auf das zehnte Jahr des Meiji il877 unserer Zeitrechnung), wo die ,Ha- kuaisha" oder Gesellschaft des Samaritertums, welche sich anläßlich der Kampagne gegen die in Empörung befind lichen südwestlichen Provinzen des Kaiserreiches gebildet batte, sich freiwillig dem Sanitätsamt der Arme« zur Ver fügung stellte und bedingungslos der Armeeleitung unter ordnete. Die hierbei im Felde gemaltsten Erfahrungen, sowie der iüzwischen erfolgte Beitritt Japans zur Genfer Konvention veranlaßten nach beendetem Feldzüge die Auf lösung der Hakuaiiha und deren sofortige Umwandlung in die „Japanische Note Kreuz-Gesellschaft" mit von dem Kriegs-, dem Maxine- und -dem Kaiserlichen Hausminrstcr gegcnaezeichnetcn Statuten und der ausgesprochenen Ten denz möglichster Anlehnung an die Schivcstergesellschasteu befreundeter Länder. Die Japanische Rote Kreuz-Gesellschaft hat ihren Sitz i» Tokio, Protektor ist der jeweilige Kaiser des Reiches, sowie die regierende Kaiserin, den Vorsitz hat stets ein Prinz des kaiserlichen Hauses, zur Zeit der Prinz Koto- hito. Ihre Organisation lehnt sich an die unsrige an; ständige Mitglieder des Tokioer „ZentralcomttSS", welches in fortdauernder Fühlung mit dem ObersanitätSamt der Armee entscheidet und arbeitet, sind außer dem Vorsitzen den und den bereits genannten Ministern noch dreißig auf drei Jahre gewählte Beisitzer, welche von dem kaiserlichen Protektor bestätigt werden müssen. Den LokalcomitsS in den einzelnen Provinzen liegt die Durchführung der von oben gegebenen Direktiven und Anordnungen ob Im April jeden Jahres findet eine Generalversammlung statt, welche dem Prvteltor unter anderem auch die Bor chläge bezüglich Tckorationsncrlcihnngen au geeignete Persön lichkeiten unterbreitet, welche sich um das Rote Kreuz ver dient gemacht haben. Es dürfte nicht uninteressant sein, zu verfolgen, wie sich die japanischen SanitätSkolonneu und die freiwilligen Krankenpfleger in -em bevorstehen den Feldzüge bewähren werden. Ihre theoretische Aus bildnng ist ausgezeichnet. Weitere Meldungen. * Petersburg, 9. Februar. (Tel.) Der für heute an gesagte Hofball ist abgesagt worden. Heitte nach mittag findet in der Kirche des Winterpalais in Gegen wart des Kaisers und -er Kaiserin, sowie des Groß fürsten und -er Würdenträger ein Bittgottes dienst um den Lieg statt. — Der „Nowoje Wremja" wird ans Port Arthur telegraphiert: Infolge der den Mächten notifizierten nnd von diesen gebilligten strengen Neutralität Koreas in dem russisch japanischen Konflikte wir- angenommen, Laß Japan, das die Neutralität ohne Anlaß verletzt hat, seine zwölf Ge schütze und Julanteriefompagnicn aus Söul werde zurückziehen muffen. AuS Schuntschu wirb gemeldet, die Bevölkerung set beunruhigt durch Hs« Ankunft japs- nischer Soldaten. Den in Japan weUende» koreanische»
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode