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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.03.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-10
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040310026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904031002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904031002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-10
- Monat1904-03
- Jahr1904
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gramm au» Tschifo, wonach javanische Truppe« i» Fungh- wangtsching und Takuschan angekommen seien, die sich auf diese Weise im Rücken der russischen Stellung in der Mandschurei befände» und die Bahnlinie bedrohten. Der Kommandant de» amerikanischen Kanonenbootes.Helena", da» gegenwärtig in Jsingkan liegt, meldet, daß bei Funghwaug- tsching ein Gefecht stattgefunden habe. Takuschan ist Hafenstadt an der nordöstlichen Küste der Liaotung-Halbinsel, Funghwanatsching liegt nördlich davon, hinter dem Ialu. E» ist nicht klar, ob die russischen Truppen auf dem Seewege dahin gelangt sind oder zu Lande über Antschu und Witschu. Das letztere ist unwahrscheinlich, da südlich de» Ialu in Korea russische Truppen stehen. Unter der von den japanischen Landungstruppen be drohten Bahnlinie kann nur die von Mukden nach Port Arthur gemeint sein. — Folgendes Nähere» wird noch berichtet: * London, 10. März. (Tel.) Daily Telegraph meldet aus Tientsin von gestern: Eine Abteilung Japaner beginnt den Bormarsch vom Jalusluß ans. Die Japaner nahmen Fnngwantsching und schlugen dir Russen in der Nähe des Lakungltngpasse» zurück. Die Japaner befinden sich gegen wärtig etwa 70 englische Meilen von Niutschwang entfernt. 35 000 Russe« sind in Liaujang und Haitschöng (beide an der Linie Jtngkau.Mnkden) stark verschanzt, wo eine Schlacht bevorsteht. Mehrer« klein« Gefechte haben schon stattgefunden, infolge d««u die Russen sich mit Verlusten zurückziehen muhten Demselben Blatt geht au» Jingkau dir Meldung zu, daß die Russen dort ein« Batterie von vierzblligen Geschütze» im alten Fort auf- gestellt hätten. * Au Zusammenstößen zwischen Ruffen und Japanern soll es auch im Norde« «orea» gekommen sein, worüber der Draht berichtet: * London, S. März. Dem „Reuterschen Bureau" ist folgende» Telegramm von heute zugegangen: Dir Russin besetzten beute die koreanische Telegraphenstation Jöngwön. Zwischen Koreanern und Ruffen fand, wie nach Söul berichtet wird, auf der koreanischen Seite deS Tumenfluffe» ein Gefecht statt. Die Japaner scheinen also in der Possietbai, südlich von Wladiwostok tatsächlich keine Truppen gelandet zu haben, da es Koreaner waren, mit denen die Russen in» Gefecht kamen. Di« Mannschaften de» „warjag" «nd „Aorrjetz". * Petersburg, S. März. Der bisherige Kommandant des Kreuzers „Warjag", Kapitän Rudutew, ist zum Flügel adjutanten des Kaisers ernannt worden. * Petersburg, 10. März. (Tel.) Amtlich. Für die Helden- wütige Haltung bei Tschemulpo ist den Kommandeuren des Kreu zers „Warjag" und des Kanonenbootes „Korejetz", sowie den Offizieren und Aerzten beider Schiffe, ersteren der Georgsorden IV. Klasse, letzteren der StanislauSorden II. bezw. Hl. Klasse verliehen worden. Die Mannschaften beider Schiffe erhielten das Eoldatenkreuz des Georgsordens. * London, 9. März. Der Erste Lord der Admiralität erhielt von Offiziers-Müttern und Frauen der Stadt Libau, wohin der russische Kreuzer „Warjag" gehörte, sowie von anderen russischen Frauen Libaus ein Telegramm, in welchem diese ihn bitten, dem Kapitän und der Mannschaft des englischen Kreuzers „Talbot" ihre herzlichste, unbegrenzte Dankbarkeit für die humane Behandlung auszusprechen, die den verwundeten russischen Mann schaften nach dem Angriff auf den „Warjag" und den „Korejetz" bei Tschemulpo an Bord des „Talbot" zu teil geworden. Lord Selborne lieh durch den englischen Bizekonsul in Libau für da- Telegramm danken mit dem Hinzufügen, die englische Flotte freue sich stets, Seeleuten befreundeter Nationen derartige Hülfe erweisen zu können. * Petrrsburg, 9. März. Die Offiziere und Mannschaften des Kreuzers „Warjag" fanden bei ihrer Ankunst in Colombo eine gute Aufnahme und fuhren gestern mit dem Dampfer „Malaia" nach Odessa weiter. Wetter« Naehrtehte«. * Suez, 9. März. (Reuter.) Die Regierung erhebt ernsten Einspruch gegen die Verlängerung des Aufenthalts des russischen Kreuzers „Dmitri Donskoi". Der Kommandant des Kreuzers versichert, die Reparaturen am Schiffe seien noch nicht beendet. * Petersburg, 9. März. Der Zar empfing im Winterpalais eine Deputation der Petersburger Presse, die dem Zaren eine Adresse von 14 Tageszeitungen mit dem Ausdruck ihrer Ergeben heitsgefühle überreichte. Der Zar äußerte sich erstellt, daß die russische Presse in richtiger Weise die Stimmung des Volkes wieder gegeben habe. * Petersburg, 10. März. (Tel.) Amtlich wird gemeldet: Ein kaiserlicher Ukas verbietet die weitere Pferdeausfuhr. Bei der Ausfuhr einzelner Pferde bester Gattung ist in jedem Falle die Genehmigung des obersten Lesters deS Gestütswesens einzuholen. politische Tagesschau. * Leiptia, 10. März. Der Verzicht des Kaiser» von Rußland auf alle Erbrechte an das Großherzoatum Olden burg wird in Deutschland sympathisch begrüßt werden. In erster Reihe kommt diefer Verricht dem oldenburgischen Staate »ugute, dem nunmehr für den Fall des Erlöschens des Mannes- stammeS de« Herzog» Peter Schwierigkeiten in der Thron folge erspart werden. Daß die russischen Erbansprüche aus daS HauS SchleSwig-Holstein-Sonderburg-GluckSburg ubergegangen sind, dürfte sowohl in Oldenburg wie im übrigen Deutschland Befriedigung Hervorrufen. Von allgemein deutschem Interesse aber ist es, fortan die Möglichkeit ausgeschlossen zu sehen, daß ein ausländischer Fürst deutscher BundeS- sürst werde. So viel man weiß, war Oldenburg das einzige deutsche Land, welches mit dieser Möglichkeit zu rechnen batte Man erinnert sich der Empfindungen, die in Deutschland rege wurden, als der Herzog von Edinburg im Jahre 1893 Herzog von Coburg-Gotha wurde. Herzog Alfred hat damals die Würde eines britischen Großadmirals und Mitgliedes deS englischen Geheimen Rates niedergelegt; trotzdem stimmte es verdrießlich, einen ausländischen Prinzen an der Spitze eines deutschen Bundesstaates zu sehen. Der Verzicht des Kaisers Nicolaus für sich und sein Haus be wahrt Oldenburg vor Aehnlichem. Bebel der WahrhcttSsucher. Es ist notwendig, den Schluß der gestrigen Rede deS preußischen Kriegsministers v. Einem hervorzuheben. Der Kriegsminister wies zurück, was Bebel gegen den General leutnant v. Boguslawski angeführt hatte, als gegen einen außerhalb des Hauses stehenden Ehrenmann gerichtet. Er fragte den Aba. Bevel, ob er die gegen Boguslawski aus gesprochenen Verleumdungen zurücknehme. Da Bebel schwieg, sagte Herr v. Einem: „Dann muß ich die Frage an das Haus richten, ob Abg. Bebel der nach Wahrheit und Gerechtigkeit dürstende Mannist, als den er sich hier wiederholt hingestellt hat"! Diesen Worten folgte eine tiefe Bewegung auf den Bänken der Sozialdemokraten herrschte Grabesstille über dies vernichtende Urteil gegen Bebel. Fastenbälle. Der italienische Botschafter Graf Lanza ist von der „Germania" vor kurzem hart angelaffen worden, weil er nach Eintritt der Fastenzeit dem Balle einer italienischen Gesellschaft beigewohnt bat. Das Berliner Zentrumsorgan hielt dem genanntenDiplomaten u. a. vor, daß nach italienischem Staatsrechte die katholische Religion Staatsreligion sei. Ein antiklerikales italienisches Blatt, der „Mattino" in Neapel, hat sich seines angegriffenen Landsmannes angenommen und der „Germania" vorgehalten, wie leidenschaftlich in dem katholischen Wien daS ganze Jahr hindurch, ohne einen Unter schied zwischen Karneval und Fastenzeit zu machen, getanzt werde. Dieser Hinweis des „Mattino" hat einen neapoli tanischen Freund des Stuttgarter Zentrumsorgans verleitet, der „Germania" einen wahren Bärendienst zu leisten. Denn der gutkatholische kundige Thebaner wendet sich gegen den „Mattino" mit folgenden Worten: „O Du augenverdrehender ^Schalk . . ! Ist e» vielleicht in Deinem Neapel besser? Tanzt da nicht die ganze gute Gesell schaft gegenwärtig täglich in den gutkatholischen Salons der Fürstin A., der Herzogin B., der Marchese C. und der Gräfin D., des Bankiers F. usw.?" DaS italienische Staatsrecht, welches die katholische Religion zur Staatsreligion erklärt, scheint demnach jenseits der Alpen inbezug auf die Fastenzeit selbst in „gutkatholischen" Kreisen gröblich mißachtet zu werden. Das württembergische Zentrumsorgan ist überaus eifrig für die marianischen Kongregationen eingetreten; vielleicht läßt eS durch seinen neapolitanischen Freund ermitteln, ob etwa gar marranische Soldaten in den gutkatholischen SalonS von Neapel „gegen wärtig täglich" das Tanzbein schwingen. Der Somalifeldzug für dieses Jahr aufgegeben k Die diesjährige englische Somaliexpedition scheint wiederum al» resultatlos betrachtet werden zu müssen. Vor wenigen Tagen wurde gemeldet, daß der Mullah, um sich größere Bewegungsfreiheit zu sichern und um mit feinen Vor räten weiter reichen zu können, seine sämtlichen speer bewaffneten Leute abschiebe und nur die mit Gewehren bewaffneten Schützen behalte. Der Erfolg war natür lich für die Engländer ein keineswegs angenehmer. In derselben Weise, wie die Beweglichkeit der eigent lichen Kampstruppe des Mullah durch dieses Abschieben wert loser HeereSbestandteile wuchs, wurde die Beweglichkeit der englischen Kolonnen durch diese Leute, die sich den Engländern als Ueberläufer anschlossen, erschwert. Auf die energische Er klärung de» englischen General», daß England den Krieg gegen den Mullah erst dann als beendet ansehen werde, wenn der Mullah gefallen sei »der sich unter Ablieferung einer ge- nügendeu Anzahl von Gewehren ergeben habe, hat der Mullah offenbar gar nicht geantwortet. Jetzt wirb gemeldet, daß die indischen Truppen begreiflicherweise Spuren von Ermüdung zeigen. Die Leute hatten unter den größten Strapazen große Wustenmärsche zurückzulegen und diese Anstrengungen machen sicb jetzt fühlbar. Mitte oder Ende April setzt außerdem die Rezeniaison ein und diese würde dem Mullah freie Bewegung im ganzen Lande gestatten, während die englischen Kolonnen, die sich von Transporten nicht frennachen können, notgedrungen während der Regenperiode schwerfälliger werden, da der Boden durch den Regen erfahrungsgemäß so glatt wird, daß die Kamele bedeutend langsamer vom Fleck kommen als in der trockenen Periode. Deutsches Keich. * Lechzt«, 10. März. * Die sächsische Regierung und das Jesuitengesetz. In der sächsischen Presse wird bereits dem „Wunsche aller protestantischen Kreise Sachsens" AuSdrucr gegeben, daß im sächsischen Landtage unverzüglich eine Inter pellation eingebracht werde, um die Regierung zu einer Erklärung darüber zu veranlassen, in welcher Weise sie ihre Vertreter im Bundesrate instruiert habe für die Stellungnahme zum Anträge auf Aufhebung deS §2 deS IesuitengesetzeS. Wie wir aus sicherer Quelle vernehmen, hat die sächsische Regierung im Bundesräte ihre Stimmen gegen die Auf hebung des 8 2 des IesuitengesetzeS abgeben lassen. * Berlin, 10. März. * DaS Jesuitengesetz. DaS Gesetz, betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu vom 4. Juli 1872, hat folgenden Wortlaut: 8 1. Der Orden der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen sind vom Gebiet des Deutschen Reiches ausgeschlossen. Die Errichtung von Niederlassungen derselben ist untersagt. Die zur Zeit bestehenden Niederlassungen sind binnen einer vom Bundesrate zu bestimmenden Frist, welche sechs Monate nicht überschreiten darf, aufzulösen. 8 2 (fällt jetzt fort). Die Angehörigen des Ordens der Gesell schaft Jesu oder der ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen Kongregationen können, wenn sie Ausländer sind, aus dem Bundesgebiete ausgewiesen werden; wenn sie Inländer sind, kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden. 8 3. Me zur Ausführung und Sicherung des Vollzugs dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen werden vom Bundesrat er lassen. * Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. Dem Reichstage sind die Ausführungsbestimmungen des Bundes rats zum Gesetze vom 30. Juni 1900, betreffend die Be kämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, zur Kenntnisnahme zugegangem Die Bestimmungen beziehen sich auf Cholera, Pocken, Flecktyphus und Aussatz. Es werden ins einzelne gehende Vorschriften erlassen über die Ueber- wachung dieser Krankheiten und eventuelle Absonderung der Erkrankten, ferner über die Art, wie und mit welchen Mitteln am besten desinfiziert werden kann, und über die Maßnahmen, die im Eisenbahn- und Schiffsverkehr beim Eintritt von Epidemien getroffen werden müssen. Außerdem wird angegeben, wie sich der Einzelne am besten gegen diese Krankheiten schützt. Im Eisenbahnverkehr findet beim Auftreten der genannten Krankheiten eine allgemeine und regelmäßige Untersuchung der Reisenden nicht statt; es werden jedoch dem Eisenbahnpersonale bekannt gegeben: a) die Sta tionen, auf welchen Aerzte sofort erreichbar und zur Ver fügung sind, d) die Stationen, bei welchen geeignete Krankenhäuser zur Unterbringung von Cholerakranken bereitstehen (Krankenübergabestationen). Die Bezeichnung dieser Stationen erfolgt durch die Landes-Zentralbehörde unter Berücksichtigung der Verbreitung der Seuche und der Verkehrsverhältnisse. Die Schaffner haben dem Zugführer von jeder während der Fahrt vorkommenden auffälligen Er krankung sofort Meldung zu machen. Der Schaffner hat sich des Erkrankten nach Kräften anzunehmen; er hat alsdann jedoch jede Berührung mit anderen Personen nach Möglichkeit zu vermeiden. Der Erkrankte ist, falls nicht die Verkehrs ordnung seinen Ausschluß von der Fahrt vorschreibt, an der Weiterfahrt nicht zu verhindern; jedoch ist, sobald dies ohne Unterbrechung der Reise möglich ist, die Feststellung der Krankheit durch einen Arzt herbeizuführen. * Die Errichtung von Jnvalidenhäusern auf Kosten der Versicherungsanstalten schreitet nach wie vor sehr langsam fort. Der Grund hierfür liegt augenscheinlich darin, daß die durch den Aufenthalt eines Pflegt,ngs in einem Invaliden hause erwachsenden Kosten den Betrag der Rente ganz er heblich übersteigen. Bis jetzt sind von den Versicherungs anstalten Braunschweig, Thüringen, Berlin und Hansestädte Invalidenhäuser errichtet worden. * An dcr Novelle zum preußischen Wahlgesetze wird i» Ministerium deS Innern eifrig gearbeitet. Es besteht die Absicht, sie noch in dieser Session, und zwar zeitig, einzu bringen. Denn da insbesondere bei Vermehrung der Ge samtzahl der Abgeordneten eine Verfassungsänderung nicht zu umgehen ist, wird die Verabschiedung dieser Vorlage einen Zeitraum von 3 Monaten beanspruchen. E» wäre im Inter- efse der Beschleunigung im höchsten Grade erwünscht, daß der dem Abgeordnetenhause vorliegende Wahlantrag recht bald an eine Kommission verwiesen und so der Regierung die Ge legenheit geboten würde, Fühlung mit der LandeSvertretung zu nehmen. * Uebcr vcn Rctseplan pes Kaisers verlautet folgendes: Am Sonnabend früh ist die Abfakrt von Bremerhaven, die Ankunft in Vigo erfolgt am 15. März abends oder am 1k. früh. An demselben Tage wird die Fahrt nach Gibraltar fortgesetzt und am 20. von dort nach Port Mahon. Am 22. geht die Fahrt nach Neapel weiter, wo der Kaiser am 24. März eintrifft. Für den weiteren Teil der Reise sind noch keine festen Bestimmungen getroffen worden. — Dem „Vorwärts" wird aus Halle a. S. telegraphiert, daß das Majestätsbeleidigungsveriahren gegen den Redakteur Fette vom „Volksblatt" wegen des Kaiserinsel-Arttkels ein- gestellt ist. — Die preußische Nebenbahnvorlage sieht neue Bahnbautcn mit einem Kostenaufwande von rund 80 Millionen Mark und außerdem 27 Millionen Mark für die mit dem Neubau des Bahn- bofs Hannover zusammenhängenden Bahnstrecken vor. Diese Zahlen zeigen, daß die diesmalige Vorlage weit reicher ausgestattet ist, als dies sonst der Fall war. * In Aachen sprach vor einer, vom Verein der national liberalen Jugend einberufenen und sehr zahlreich be suchten Versammlung Bassermann über die politischen Aufgaben der Gegenwart. Der Redner gab zuerst einen vortrefflichen historischen Ueber- blick über die Entwickelung der einzelnen politischen Parteien und datierte den Rückgang des Liberalismus von der Zeit der achtziger Jahre, als Fürst Bismarck sich genötigt sah, mit Hülfe des Zentrums die Schutzzollpolitik zu inaugurieren. Tas Anwachsen der Sozialdemokratie und ihre skrupellose Agitation, wie die des Bundes der Landwirte, trug zum weiteren Rückgang des Liberalismus bei; mit ihm ist die Verelendung des Parlamentarismus verbunden. Bassermann glaubte früher, das radikale Heilmittel gegen den Niedergang des Parlamen- tarismus in der Gewährung von Diäten erblicken zu müssen; aber auch er ist zu der Ansicht gelangt, daß hierin nicht das Allheil mittel liegt, sondern in der Selbstzucht, welche die Parlamentarier üben müssen. Zur Charakteristik der Sozialdemokratie übergehend, führte Bassermann aus: Eine Partei, welche die Welt regieren wolle, müsse eine sittliche und geistige Reife ausweisen, die er der Sozial demokratie nicht zuerkennen könne. Vorläufig halte Bebels histo rische Autorität noch alle divergierenden Elemente in der sozial demokratischen Partei nieder; der Fall Schippel beweise aber, daß auch in der sozialdemokratischen Fraktion eine nicht geringe Anzahl die schutzzöllnerischen Ansichten Schippels teilen. Zur Sozial politik betonte Bassermann: So unberechtigt die Sozialdemokratie ist, so wenig kann aber die Berechtigung der Arbeiterbewegung ver kannt werden, und deshalb muß die sozialpolitische Gesetzgebung immer weiter ausgebaut werden, aber nicht so, daß der Liberalismus Bundesgenossen in der Sozialdemokratie sucht, wie die Herren Barth, Naumann und v. Gerlach. Wenn aber der Liberalismus energisch zum Ausbau seiner Organisationen Hand anlege, könne und müsse er Fortschritte machen. Als Hülfstruppen für diesen Ausbau erblicke er die nationalliberale Jugend, und hoffentlich werde sie es erleben, wieder glänzende Zeiten für den Liberalismus herauskommen zu scheu. * Jena, 9. März. Sämtlichen acht thüringischen Staats regierungen ist heute ein Protest der Jenenser Studenten schaft gegen die Zulassung der farbentragenden katholischen Verbindungen an der rein evangelischen Universität Jena zu gegangen. — Uebrigcns sind die schroffen Gegensätze, welche im Laufe des vergangenen Semesters zwischen der gesamten färben- tragenden Studentenschaft und der ultramontanen, färben- und waffentragenden „Sugambria" sich gebildet haben, zu schweren Konflikten und schließlich zu der großen Protestversammlung der ganzen Studentenschaft aeaen die genannte Verbindung gesührt hatten, mit dem Semesterschluß nicht verschwunden. So haben die Farben tragenden Korporativen — an ihrer Spitze der v. 6. und der 8. 0. beschlossen, im Falle die Behörden dem in der bekannten Resolution ausgesprochenen Verlangen der Studentenschaft (Auf lösung der Sugambria oder Verbot des Waffen- und Farben tragens) nicht nachkommen, nur so viel Mitglieder wieder an unsere Universität zu senden, als unbedingt zur notwendigen Aufrechterhaltung der „Couleur" erforder lich sind. Die übrigen werden, so lange die Sugambria unter den bisherigen Formen existiert, andere Hoch schulen aufsuchen, unter Umständen ulso nie mehr zurück kehren. Die Tragweite dieses Vorhabens, daß sich event. — wie die Protestversammlung bewiesen — auch auf die nicht Farben tragenden Korporationen erstrecken könnte, werden Regierung und Senat ebensowenig verkennen, als sie den Ernst und den festen Willen der Studentenschaft Jenas in dieser schwerwiegenden Frage unterschätzen dürfen. Das Bürgertum Jenas stebt natürlich ge schlossen hinter der Studentenschaft, mit welcher sie allzeit Freud wie Leid treulich geteilt hat. Feuilleton. Der Vrrrnneir vor -en ^ärschtenhof. Da hammse vor den Färschtenhof Ae Brunnen hinbesetzt: In Anfang war ich nich derfir, Er macht sich awer jetzt. Zwee Becken dhärmen sich ganz nett Een» iewersch andre uff Un änne brongsne Weibsfigur Steht nackigt oben druff. De Becken sein zur Winterschzeit Mit DannreiS hibsch verbackt, Un nur das arme Luderchen Steht splidderfasernackt. S« steht un nibbelt an ä Ding, Se Drinkgefäß, umher — Ich denke stet», ei Gott, wenn'» doch Se Schälchen „Heeßer" wär! Da »eilich gam ich mal vorbei Un hab se angeschaut. Da stand ä Gerl mit seinem Schatz Un sagte ziemlich laut: „Garlinchen, siech d'r die mal an, Ich sag d'rsch un 'S iS wahr: Wenn die ämal zum Driakea gommt, Hernach wärn mir ä Baar! Lütttotr«. Theater. ch Der Rachlatz »au Warte «eistinger. Marie Seistinaer, die Vielgeliebte und Bielbewunderte und doch schon beinaht Ber- grsten«, wird dieser Tage auf einige Zeit in der Erinnerung der Wiener wieder auierstehen. Alle», was sie mit hauShältrrstchem Sinn in ihrem Leben gesammelt hat, tausend Dinge, denen man onsieht, daß sie ihr Freude gemacht haben, ihre intimsten Schätze, den Schmuck den sie getragen, die echten Spitzen, mit denen sie ihre Toiletten schmückte, Handarbeiten, bei denen sie ihre müden Augen anstrengte, da» Bett, in dem sie geschlafen, die Füllfeder, mit der sie ihre ausgebreitete Korrespondenz geführt, ja sogar einige ihrer Kleider, Schlafröcke, ihr Reisepelz und ihre Sonnenschirme werden acht Tage lang für alle Neugierigen zugänglich und nach dieser Frist für alle Kauflustigen zu haben sein. Im Dorotheum zu Wien find di« tausend Gegenstände, welche den Nachlaß der Geislinger bilden, zur Besichtigung ausgestellt worden. Ein ganzer Saal mußte für ihre Porzellanschätze reserviert werden. Groß ist der Schmuck. Es befinden sich darunter Brillantohrringr, Broschen, Arm bänder, eine Uhr, und der Gesamtwert derselben stellt immer hin 10000 Kronen vor. Auf Bücher scheint die Geislinger nicht viel gegeben zu haben. Ihre gesamte Bibliothek, inklusive MeyerS Konversationslexikon, wird wahrscheinlich um den Ausrusspreis von 200 K. zu haben sein. Dagegen beträgt der Schätzwert ihrer Spitzen 1200 K. Musikinstrumente find im Nachlaße wenige, eine große Dreh orgel mit nur acht Stücken, ein Ebenholzpianino und ein bemaltes Spinett, daS wohl ein Kuriosum ist. Auch einige Bilder von mäßigem Werte sind da, die gewiß ihre Käufer finden werden. Am rührendsten aber wirken die von der Künstlerin selbst verfertigten Hand arbeiten, von denen der Katalog mehr alS sechzig aufzählt, und die ihr ein Zeuqnis in den Augen der Frauenwelt ausstrllrn, das nur noch übertroffen wird durch die ganz unvergleichliche reizende KüchenauSstattung, welche dir Geislinger tu der Rolle de» HauS» mütterchens erscheinen läßt. ** Japanische Kinder als Schauspieler. An einem der Haupttheater von Tokio sind die Schauspieler durchweg Kin der, und zwar sollen sie, wie berichtet wird, alle ihren schwierigen Rollen vollständig genügen. Die Kinder stehen im Alter von 8 bis 13 Jahren: sie lernen ihre Rollen, die oft einen höchst tragischen Charakter haben, mit einem Verständnis und einer Genauigkeit, die ganz wunderbar ist. Auch die öffentlichen Tanzaufführungen werden meist von Kindern auSgeführt; sie müssen sich schon von sehr zartem Alter an einer sehr strengen Schulung unterwerfen, darunter auch gymnastischen Hebungen, um Biegsamkeit und Beweglichkeit zu erlangen. Die kleinen Finger werden künstlich gestärkt, um das Tambourin schlagen zu können, was eine ibrer Hauvtobliegenheiten ist. Sie kom men nur wenig zum Schlaf und müssen sich früh an Tempera turunterschiede gewöhnen; so ist denn das Lo» der japanischen kleinen Schauspieler nicht beneidenswert. g. Tas Muftertheater in Weimar wird, wie wir au« sonst zuverlässiger Quelle erfahren, nicht gebaut werden. Gegenüber den immer noch auftretendrn Gerüchten, die an der Möglichkeit de» Baue» festhalten, sei die« hiermit definitiv festgestellt. 51 I« Marie See»«» Sttft z» L>rt»«r sind sieben neue Aret- stelken zu besetzen Ta« ..-tim' bezweck!, durch Gewädruna freier Molimina »nd dollllSndiger Pervslegong einscdlietzltcb der Heizung und de« Lichte« feinen Insassen »inen möglichst sorgenfreien Leden-abend zu bereiten. In da« Heim können ohne Rücklicht aus da« ReltgionHbekennt- ni« Schauspielerinnen und Schauspieler sowie Sängerinnen und Glinger ausgenommen werden, tn der Regel jedoch nur dann, wenn sie der Pensionsanstalt der Genossenschaft deutscher BühnenangehSrtger als Pen sionäre angehören. Die Neuaufnahmen erfolgen zum 1. April 1904 oder später. Gesuche sind der Verwaltungsdirektton der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger zu Berlin einzureichen. Wissenschaft. * Preisausschreiben ber Fürstlich Jablonowsktschen Ge sellschaft. Für die Jahre 1904—1907 sind von der Gesellschaft folgende Preisaufgaben gestellt worden: I. (Historisch-nationalökono mische Sektion) für 1904: „Eine Darstellung der Formen des öffent lichen Kredits in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis zum XU Jahrhundert." Preis 1000 Für 1905: „Eine Darstellung des griechischen Finanzwesens, die auf die literarischen und besonders die inschriftlichen Quellen zu gründen und wenigstens bis auf die Zeit der römischen Herrschaft herabzuführen ist." Preis 1000 Für 1906: „Erörterung der Frage nach Dialekt- bildung und Dialektbegrenzung auf Grund direkter persön- licher Aufnahme eine» beliebigen deutschen Dialektgebiets". Preis: 1000 Für 1907: „Eine Darstellung der Entwicklung der deutschen Kulturgeschichtschreibung von dem Einwirken der Romantik bis auf den Ausgang von Freytag, Riehl und Burckhardt". Preis: 1000 Die mathematisch-naturwissenschaftliche Sektion setzt für 1904 einen Preis von IllOO aus und wünscht eine „Kritische Erörterung über die bisherigen Versuche, die Vorgänge bei der chemischen Differenzierung der GesteinSmagmen zu erklären, sowie weitere Untersuchungen, welch« geeignet sind, unter Berücksichtigung der natürlichen Vorkommnisse die mannigfachen auf diesem Gebiete noch offen stehenden Fragen ihrer Lösung näher zu führen." Für 1905 wird „eine kritische Untersuchung über die Ursachen, die Mechanik und die Bedeutung der PlaSmaströmungin den Pflanzen- zellen" gewünscht. Preis 1000 Für 1906: „Eine Untersuchung der den Bernoullischen Zahlen analogen Zahlen, namentlich im Gebiete der elliptischen Funktionen vor, welche die komplexe Mul tiplikation zulasten." Preis 1000 Für 1907: „ES sollen ein- gehend« und einwandfreie experimentelle Untersuchungen anaestellt werden, die einen wesentlichen Beitrag zur Feststellung der Gesetze der lichtelektrischen Ströme liefern." Preis 1000 ^l ** Aerztltche Statistik. Im Prüfungsjahre 1902/03 wurden im Deutschen Reiche inSgrfamt 1606 Aerzte approbiert. Die meisten Approbationen fanden tn Preußen statt, und zwar 770 ldavon 8 Frauen). E» folgen Bayern mit 362 Approbationen, Sachsen (Königreich) mit 111, Baden mit 126, Eliah-Lothringen mit 60, Württemberg mit 53, Großderzogtum Sachsen und dir tächsi- scheu Herzogtümer mit 43, Hessen mit 42 und Mecklenbura-Schwerin mit 39. Zahnärzte wurden 163 approbiert Davon entfallen: 89 auf Preußen. 37 aus Bayern, 16 aus Baven, 9 auf Sachsen, 8 aus Elsaß»Lothringen, 2 auf daS Großherzogtum Sachsen und die sächsischen Herzogtümer und je 1 ans Hessen und Mecklenburg. Schwerin. Tierärztliche Approbationen wurden 329 erteilt, und zwar: 194 Preußen, 40 Bayern, 46 Hessen, 27 Sachsen und 22 Württemberger. Die Zahl der approbierten Apotheker beträgt 596. Schließlich wurden 47 Nahrungsmittelchemiker für befähigt erklärt. D. Eine Darwtn-AuSstellung. Die Baulichkeiten der alt- berühmten Universität Cambridge haben einen Zuwachs erhalten, der botanischen Untersuchungen geweiht sein soll. In dem neuen Gebäude ist auch ein großes Museum und Herbarium untergebracht, das die von früheren Professoren seit Begründung des botanischen Lehrstuhls an der Hochschule 1724 und durch zahlreiche Reisende gemachten Sammlungen umfaßt. Bon besonderem Interesse darin ist eine Sammlung von Pflanzen, die Charles Darwin von feiner epochemachenden Weltreise aus den Galapagos-Jnseln und anderen Teilen von Amerika heimgebracht hat. IV Geheimer Archtvrat Otto von Alberti ist im Alter von 69 Jahren in Stuttgart gestorben. Sein Spezialgebiet war die Wappenkunde, sein Hauptwerk das große württembergische Adels- und Wappenbuch. Kteratirr. Programm ber Don Lutrote-Hnndertjahrseter tn Madrid. Im Frühling 1905 soll in Madrid die dritte Hundert jahrfeier des Erscheinens von „Don Quixote" durch große National- feste begangen werden, für die nach dem „GauloiS" folgendes Pro gramm geplant ist: Es sollen Cerpantes-Denkmäler in den Städten errichtet werden, wo er gewohnt hat; seine Büste soll in allen Schulen Spaniens errichtet werden, eine nationale GedächtniSaus- aabe seines Meisterwerkes soll veranstaltet werden. Man wird Festzüge veranstalten, in denen alle Personen aus dem „Don Quixote" vertreten sein werden, ferner Ausstellungen und Theater vorstellungen. Um diesen spanischen Festen einen allgemeinen Charakter zu geben, beabsichtigen die Veranstalter, diejenigen auS- ländischen. Peffönlichkeiten einzuladen, die sich mit dem großen spanischen Dichter beschäftigt haben. L. Die größte bekannte plattdeutsche Bibliothek befindet sich seit einiger Zeit im Besitz der Stadt Hannover. Sie gehörte dem im Jahre 1867 mit 16 Jahren nach Amerika au-gewanderten und im Februar 1903 zu Hannover verstorbenen Maler Martin BvrSmann und wurde svon 1874 ab unter ständigem Beirat KlauS Groths gesammelt, mit dem der Besitzer jahrelang in Briefwechsel stand. Bet Bür-mannS Tode umfaßte die Sammlung über 8000 Nummern. — Eine neue Ehrengabe an Ltltencron. Der Provinzial landtag von Schleswig-Holstein hat Detlev von Lilien- cron rin Ehrengeschenk von 3000 Mark bewilligt.
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