01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040319016
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904031901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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- Monat1904-03
- Tag1904-03-19
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Morgen-Ausgabe. Bezugs-Preis e. I.V. Nr. M 98. Jahrgang. Sonnabend den 19. März 1904. »«I». K1L hatte — in besonderer pk- 10. 1.0. 1.0. )K»a. ) t>«4. )O- 'r.v.S7>- U.L 0.33 o.^ über 200 S7-IL ««zeigen find stet« an dir Expedition z» richte». Di« Trprdition ifi Wochentag» unllnterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von U P»I» tu Leipzig (Inh. vr. » «- LliukhardK ttdl, toev die sonst so selbstgefällig betonte nationale Gesinnung in die Brüche. Der Bund der Landwirte spielt ein gefährliches Spiel I Aber fast muß man fürchten, daß ihm nicht zu raten ist und nicht zu helfen! Er hat in den preislichen Junitagen am eigenen Leibe erfahren müssen, daß die Masse des Volkes — ohne die Schutzbedürftigkeit der Landwirtschaft zu leugnen — von den Forderungen der Intransigenten unter den Agrariern nichts wissen will. Im neuen Reichs tage sind sie tot und nach und von ihnen kräht kein Hahn! Aber ihn plagen weder Skrupel noch Zweifel, und er hat nichts vergessen und nichts hinzugelernt. Was kümmert ihn am Abgeordneten dessen politische Ge sinnung, was dessen Stellung zur Reichseinheit! Er nimmt seine Freunde, in welchen Winkeln er sie findet. In Posen begeistert er sich für Herrn Endell und stört die deutschen Kreise, und in Lüneburg stellt er die Werbetische der Welfenlegion auf und stimmt gegen den nationalen Kandidaten. Er behauptet zwar immer noch, national zu sein, aber er wird uns gütigst verzeihen müssen, wenn wir diese Behauptung nicht glauben. Gewiß, eine wirtschaft liche Vereinigung soll nicht nach der politischen Gesinnung ihrer Freunde schnüffeln, aber wenn sie sich mit dem Ehrentitel „national" schmückt, hat sie auch das nobile okkioium, nationale Politik zu treiben und Bestrebungen, die gegen den Bestand des Reiches gerichtet sind, nicht zu unterstützen. Das Welsentum ist aber antinational, und wenn der Bund der Landwirte es unterstützt und, um materielle Vorteile zu erhaschen, sich zur Welfenlegion formiert, wird er gleichfalls antinational, und mag seine Tätigkeit prüfen, ob sie auch noch der ganzen Nation Nutzen bringt. Das Verhalten des Bundes in Lüneburg darf dieses Prädikat nicht mehr für sich in Anspruch nehmen; es stellt sich vielmehr dar als brutalste Inter essenpolitik. 8. D. riWMrIllMaü Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und -es Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates unb -es Nalizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Vie welfe»legio». In Lüneburg hat einer der agrarischen Führer, Justizrat Freudenstein, erklärt, die Anhänger des BundeSderLandwirte würden in der Stichwahl fürdenWelfen stimmen. Nationale Probleme gebe es jetzt nicht zu lösen, und wirtschaftliche Fragen ständen im Vordergründe. So proklamieren sich die Agrarier als Welfenlegion und unterstützen einen Kandidaten, dessen Wahl die Zahl der Reichsfeinde vermehrt . . . Unter den Grundsätzen der vielgelästerten Miquel- schen Sammelpolitik befand sich als der vornehmste der: Ausgleich aller wirtschaftlichen Gegensätze, deren Ver tretung nie eine Schärfe annehmen dürfe, die das na tionale Leben und die nationale Gemeinschaft bedroht. Davon ist leider — es muß immer wieder darauf hin gewiesen werden, daß die heutigen Formen wirtschaft lichen KämpfenS zum heilkosen Unfug ausarten — in unserem politischen Leben wenig zu spüren. Jeder Stand sucht nur für sich die größten Vorteile herauszuschlagen, ohne zu fragen, ob nicht andere dadurch schwer geschädigt werden — und seitdem Bismarcks Wort, daß in wirt- schaftlichen Dingen auch die „rsobsroke cke I» psternibä" untersagt sein müsse, falsch verstanden wurde, sucht er sich bei solchem Beginnen Bundesgenossen, wo er sie immer findet, selbst in den Reihen seiner natürlichen Gegner. Jeder Stand hält sich für den wichtigsten, für den aus schließlich gesorgt werden müsse; daß in einein Körper alle Glieder in gleicher Weise wert und wichtig sind, ver gißt er, obwohl schon in Sexta von dem Auszüge auf die maus snorn erzählt wird. Und daß das Gedeihen aller Berufszweige für das Gedeihen des Ganzen nötig ist, will ihm nicht einleuchten, obschon ihm unschwer die Selbst- Verständlichkeit klar sein könnte, daß das Kränkeln eines Gliedes den ganzen Organismus in Mitleidenschaft zieht. Er sieht in sich die Kraft und die Bedeutung der ganzen Nation und schilt die andern Stände unproduktiv und bedeutungslos. Diese Methode, die den Vorzug un leugbarer Wirksamkeit durch die Untugend der Eigen sucht verdeckt, hat vor allem der Bund der Landwirte in ein System gebracht, und gerade diejenigen, die der Land wirtschaft zugestehen, daß sie derzeit sich in schwieriger Lage quält, beschleicht mählich ein nagendes Bedenken über die Skrupellosigkeit der agrarischen Politik, die nichts anderes sieht als ihre materiellen Interessen, nnd von ihren Wortführern nach und nach in eine Richtung ge drängt worden ist, die den Widerspruch aller Gutgesinnten herausfordert. Sie nimmt ihre Vertreter und Genossen, wo sie sie kriegen kann, und verzichtet großmütig darauf, sie nach ihrer nationalen Gesinnung zu prüfen, wenn sie nur „voll, ganz nnd unentwegt" agrarisch sind und sich verpflichten, die Melodie mitzubrnmmen, die von den Redaktionsbauern des Landbundes intoniert wird. So scheint nun der Bund auch in Lüneburg Vorgehen zu wollen. Er macht die lahme Ausrede, daß nationale Fragen jetzt nicht zu lösen seien, und fordert seine An- Hänger auf, eine Partei zu unterstützen, die die Reichs- emheit bekämpft und sich stellt, als wären die Jahre 66, 70 und 71 nicht gewesen Es ist ja Optimisten be haupten es wenigstens möglich, daß die national liberale Partei, obwohl sich der Bund der Landwirte als Welfenlegion formiert, den Wahlkreis behauptet; aber daS ändert nichts an der schmählichen Tatsache, daß eine Korporation, die sich sonst der Regierung bei jeder passen den und unpassenden Gelegenheit als eminent national und patriotisch anzubiedern pflegt, einen Kandidaten unterstützt, der eingestandener Weise antinational ist. Wie konnten sonst die Oberagrarier lind Redaktionsbauern des Bundes so wacker schellen? Die lose saß ihnen sonst ihre nationale Gesinnung auf der Zunge, und mit welchem beflissenen Eifer pflegten sie sich sonst als aller- nationalste Partei zu bezeichnen? Vor der rauhen Wirk lichkeit zerstiebt das Phrasentum in nichts, und wenn das lockend« Ziel wmkt, einen Mann zu küren, dir für den Mind»fttzoL uv» geg«n den Giftbaum sich «tns«tzt, gHt «erw »0. 1.0. l.0 10. 10. 1.0. «. 0. e.0. »0. »v. 1. V t. 0. t.0. 1.0. 1.0 t.0. «sst-o. t.0 1. o. «L-t». «»rw t.0. 1.0. ><r. >L ,6. O. a. u.- a. a. s. s. L. a. 1.0. Deutsches Reich. * verltn, 18. Mär,. * Der deutsche Reichst«» nnd der Bischvs vo« Metz. Der Bischof oonMeyhat seinen Willen durchgesetzt: nachdem er über -en Friedhof der Gemeinde Fameck das Interdikt verhängt hatte, «eil ein Protestant auf ihm begraben war, ordnete die weltliche Behörde an, die Her stellung getrennter Friedhöfe fita Katholiken und Pro- tchtauten durchguftzchr«nj Go laut«» die neueste« Nach, tzftra-veü«»»ei» (gefalzt), nur mV de» Marge»-Ausgabe, ohu« Postbefdrderuug 60.—, mit Postbefvederung 70.—. «mentzmeschlntz fbr «azet^u: Haapt-FUtale Dresse«: MarienstraßeS« (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Hautzt-Kütale Berlin: T a r l L » « ck « r, H«rzg'LayrHoftuch»«dlg- Lützowstraße 10(FerusprecherAmtvI Nr.4603.) Der rusftfch-japauischr Krieg. Lin angebliche» -nfanenienftatz „Daily Chronicle" erfährt aus Shanghai vom 17. März: Der amerikanische Kreuzer „Cincinnati" kam heute in Tschifu an und überbrachte die Meldung einen Zusammenstoß zwischen 300 Russen und Javanern unweit Ping fang, wobei die paner völlig ausgerieben wurden. Latzland und die Mächte. Ter Redakteur der „Kopenhagener Hofzeitung" mit einem hervorragenden russischen Diplomaten, wie all- gemein behauptet wird, mit dem Chef der 1. Abteilung des Auswärtigen Amtes, Geheimrat v. Hartwich, eine Unterredung. Der Diplomat sprach sich über die russisch-deutschen Beziehungen wie folgt aus: Ich meine, es unterliegt keinem Zweifel, daß das deutsche Volk begreifen wird, daß die Politik seines Kaisers die einzig richtige ist. Deutschland hat nichts von einem siegreichen Japan zu erwarten, jedenfalls kann es hoffen, von einem siegreichen dankbaren Rußland etwas zu erhalten. Ich glaube nickt, daß man in Europa unsere Beziehungen zu Deutschland richtig beurteilt. Man er- kennt dort nicht, daß diese Beziehungen auch unserseits in erster Linie durch den geschäftlichen Standpunkt be einflußt werden. Slawen und Deutsche sind freilick nickt besonders große Freunde, warum aber sollen wir zum all gemeinen Vorteil nicht zusammengehen? — Der Gedanke der Annäherung an England, welchen bisher nur die „Nowofti" vertrat, hat einen neuen Anhänger gefunden. Die Zeitung „Ruß", welche sick zur Aufgabe gemacht hat, die Aufrichtigkeit der freundschaftlichen Gesinnungen Deutschlands zu Rußland anzuzweifeln, führt aus, die offiziöse deutsche Presse sei angelegentlich bemüht, das Mißtrauen Rußlands in die Zuver lässigkeit derFreundschaft Frankreichs zu er wecken, damit Rußland mit Deutschland ein Bündnis ein gehe. Das Blatt stimmt jedoch mit den französischen Blättern darin überein, daß freundschaftliche Beziehungen zwischen Frankreich und England das französisch-russische Bündnis keineswegs beeinträchtigen. Allerdings müsse Rußland gegen den Verbündeten Japans Vorsichtsmaß regeln treffen, dennoch sei man in Rußland nicht geneigt, in England den Feind zu sehen. Die Interessen beider Staaten in Zentralasien seien nicht dermaßen entgegen gesetzt, daß sie sich nickt versöhnen ließen. An einen Krieg ihretwegen glaube niemand, weder in Rußland noch in England Sonst hätten beide Staaten nirgends gleiche Interessen, und dieser Umstand schaffe Boden für eine enge Annäherung. Allein die Feststellung der Be dingungen dafür durch direkten Gedankenaustausch sei be sonders gegenwärtig fast unmöglich. Das französisch russische Bündnis sei fest und Rußland bereit, durch die Vermittlung Frankreichs seine Beziehungen zu andern Staaten zu festigen. Eine Annäherung zwischen Frank reich und England könne nur zur Eingrenzung des Krieges in Ostasien dienen und müsse daher allen Friedensfreunden sympathisch sein. Anzeigen. Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Neklame» unter de» RcknckttouSprich (»gespalten) 7K 4, »ach den Famkliennach- rtchten (S gespalten) ko -E. Tabellarischer nnd Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühr«, für Nachweisung«, n»d * Bei der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Lüneburg wurden nach amtlicher Zählung im ganzen 22 SIS Stimmen abgegeben; davon entfielen auf vr. Max Janecke (natl.) 7210, auf Freiherr» von Wangenheim (Welfe) 9004, auf Rittergut-Pächter Dobberkau (kons. u. B. d. 8.) 2779, auf Redakteur Fischer (Soz.) 3913 Stimmen, zersplittert Ware» 4 Stimmen. E» hat somit Stichwahl stattzufinden zwischen Freiherrn von Wangenheim und vr. Janecke. * Bei Piuajaaa (Nordkorea) sollen 200 Japaner von den Russe» völlig aufgerieben worden sem. Var wichtig«« vom tag«. * Die Meldung von der Abberufung de» bayerischen Militarbevollmächtigten v. Endres von Berlin wird trotz der offiziöse« Dementi« erneuert. * Aus Nheinl«ntz-Weftf«len. Die polnische sozial demokratische Partei will jetzt auch in den Rhein landen und in Westfalen eine Agitation entfalten. Mit Rücksicht hierauf ist zum 3. April nach Oberhausen eine BezirkSversammlung einberufen worden. Auf der Tadtsord- nung steht u. a. auch ein Bericht über die gegenwärtigen Beziehungen der polnischen Sozialdemokratie zu der deutschen. Ttuttgart, 17. März. Das KönigSpaar begibt sich am Sonnabend nach Frankfurt a M. — Vom Finanz ministerium ist dem Präsidium des LandtagSauSschuffeS der Entwurf eines Nachtrags zum Hauptfinanzetat 1903,04 übergeben worden. Es handelt sich um eine Forderung von 364 407 -E zur Durchführung der Steuerreform; der größere Teil der Summe (230 000 ^k) wird für Bau arbeiter, beansprucht. Der Zusammentritt des Landtag» ist Ende April oder in der ersten Maihälfte zu erwarte«. Die Nachricht einiger Blätter, daß die Absicht einer Früh- jahrStagung aufgegeben worden sei und der Landtag erst im Herbst zusammenkomme, ist nicht richtig. — Dw hiesige Deutsche Partei hat in gestriger Versammlung emstimmrg eine Erklärung zu Gunsten der gesetzlichen Einführung der Magistrat-Verfassung beschlossen; mit 40 geg« 30 Stimmen hat sie sich für Abänderung de» Namen» „Deutsche Partei" in „Nationalliberale Partei" aus gesprochen. * Aus Bayern. Von einer dem General v. Tndre» nahestehenden Seite wird der „Nat.-Ztg." geschrieben: Da» offiziöse Dementi gegenüber der Meldung, daß General v. Endres von Berlin demnächst abberufen werden solle, ist unrichtig. Der Kommandeur de» zweiten Armeekorps, General khlander wird durch General Horn, den Kommandeur der 6. Division in Regensburg ersetzt. Ll» Nachfolger Horn« ist General v. Endre» schon seit Monaten bestimmt. — Die Abgeordneten Ehrhart- Speyer (Soz.) und Genoffen haben in der Kammer der Abgeordneten folgenden Antrag gestellt: „Die Kammer wolle beschließen, die konigl. Staatsregierung zu ersuchen, sie möge Mittel und Wege suchen, damit künjna den Städten der Afalz in gleicher Weise wie den rechtsrheinischen Städten Staatsbeiträge zu den Kosten der Polizei geleistet werden." richten über die Herausforderung, welche der Bischof von Metz durch Verhängung deS Interdikts gegenüber -em gesamten Protestantismus sich erlaubt hat. Gleich zeitig aber wir- gemeldet, daß der Unterstaats sekretär vr. Petri im Namen -er reichSlän-sichen Regierung vor dem L a wd e s a-u sf chu s s e die Er klärung abgegeben habe, -er Bischof von Mey habe in der Angelegenheit -es Famecker Friedhofes den gesetz lichen Boden verlassen, und sein Vorgehen sei auch in kirchlicher Beziehung äußerst bedenklich. Wie stimmt zu dieser Erklärung -ie von verschiedenen Leiten vorliegende Meldung, daß die weltliche Behörde -ie Her- stellung getrennter Friedhöfe angeordnet habe? Der Ltndesausschuß für Elsaß-Lothringcn besitzt (vergl. z. B. G. Meyers ,-Lehrbuch des deutschen Staatsrcchtes") kein allgemeines Recht der Kontrolle über die Berwal- tung, wie «s Ne Landtage der Einzelstaaten haben; ebensowenig ist dem Landesausschusse - ein Inter- pellationsrecht beigelegt, so -aß die Regierung, falls im Landcsausschuß Anfragen an sie gerichtet werden, diese nicht zu beantworten braucht. Mit Rücksicht hierauf und in Erwägung der Tatsache, daß die Verhängung des Interdikts über einen Kirchhof, weil auf ihm ein Pro testant beerdigt wurde, eine Illustration -er Zentrumstoleranz ist, hat der deutsche Reichstag die Pflicht, Aufklärung über das Verhalten der weltlichen Behörden in der Angelegenheit des Famccker Fried- Hofes zu fordern. „Das deutsche Bott sollte mit kleinlichen, gehässigen und elenden konfessionellen Zän kereien verschont bleiben von beiden Seiten", — so sagte in -er Mittwochisitzung des Abgeordnetenhauses Graf v. Bülow. Und in Bezug auf den Bischof von Trier erklärte er seinerzeit,: „Gegen die Intoleranz können und werden wir nicht tolerant se i n." — Das Vorgehen des Bischofs von Metz war ein Akt der krassesten Intoleranz, bedeutete eine vom Zaune gebrochene konfessionelle Zänkerei. Mögeder Herr Reichskanzler vor dem Reichstage be weisen, daß! er die Hoheitsrechte des Staates gegenüber -em Bischof von Metz gewahrt wissen wilT, und möge er nach weisen, -aß die weltlichen Behörden in Elsatz-Lothringen die staatlichen Hoheits rechte im Interesse des konfessionellen Friedens gewahrt haben! * Graf Waldersee über Lsldateuncltzhmidlatrgrn. ^as „Ulmer Tagblatt" ist in der Lage, aus einem ihm zur Ver fügung gestellten Brief des Grafen Waldersee nachfolgende Aeußcrungen desselben über Soldatenmißhandlungen mitzuteilen: „Sie können versichert sein, daß die Angelegenheiten der Sol- datenmißhandlungen die Militärbehörden unausgesetzt beschäftigt und der allerbeste Wille vorhanden, Abhülse zu schaffen, ebenso aber auch, daß eine radikale Abbülfe außerordentlich schwer ist. Armee und Marine bilden eine Gemeinschaft von mehr als 900 000 Köpfen, die naturgemäß und seit der zunehmenden Ver rohung der Jugend zahlreiche schlechte Elemente enthält. iEine große Anzahl von Rekruten, die sechs, zehn und noch mehr Vorstrafen erhallen haben, wegen Landstreichens, Bettelns, allerhand Art der Roheit, kleiner Diebstähle, werden alljährlich eingestellt, und stellen durch Mangel an Ehrgefühl, durch bösen Willen die Geduld des Ausbildungspersonals und in erster Linie der Unteroffiziere auf barte Proben. Mißhandlungen durch Offiziere gehören zu den größten Seltenheiten und wenn sie vorkommen, so handelt eS sich stets um einen Schlag oder Stoß in einem Augenblick der Er regung. Das Schlimme sind die von Unteroffizieren ausaeführten systematischen Quälereien und Roheiten; kier ist es aber geradezu rätselhaft, daß die so Mißhandelten nicht Klage führen. Jeder Soldat wird oft und gründlich darüber belehrt, wie er dies zu tun hat; unterläßt er es, so zeigt er Mangel an Mut, und macht sich mittelbar zum Mitschuldigen, wenn schließlich der Unteroffizier ins Unglück kommt. Daß sie es in heutiger Zeit der Verlogenheit nnd Verhetzung sehr schwer haben, weiß ich voll zu würdigen. Ich bitte, mir zn glauben, daß, wenn alle Soldaten so viel Ehrgefühl hätten, sich nicht schinden zu lasten, die Mißhandlungen ans höchst seltene Fälle zurückgehen würden. Indem ich die Hoffnung aus spreche, daß wir noch Besserungen auf dem so beklagenswerten Gebiete der Soldatenmißhandlungen erleben Hochachtung Graf Waldersee, Feldmarschall." * Die Presse »er Gewerkvereine. Die Presse der Gewerk vereine mit 100 000 Mitgliedern ist nur recht notdürftig, und im eigenen Lager siebt mau ein, daß mit der Sozial demokratie teder journalistische Kampf fast unmöglich ist, so lange das Berbandsoraan „Der Gewerkverein" nur einmal wöchentlich erscheint. Der Zentralrat der Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereine hat sich daher entschlossen, vorläufig den „Gewerkverein" dreimal wöchentlich erscheinen ru lassen. Das Richtfest de» Berliner VerbandShauseS der Hirsch-Dnnckerschen Gewerkvereinc hat slattgesunden; eS geht also auch mit den Arbeiterorganisationen vorwärts, die nicht dem „Roten Lappen" folgen. * Das Zentral-nlfscomit« für »ie deutsche» Anfietzler in Deutfch-Sützwestafrikn hat durch Vermittelung der Kolonial abteilung des Auswärtigen Amtes auS den bisher zu Gunsten der geschädigten Ansiedler in Südwestafrika eingegangenen Spenden wertere 20 000 dem Hülf-comitv in Windhuk überwiesen. — Tin Zwischenruf, den Bebel in der gestrigen Sitzung des Reichstags machte, und der die stürmische Heiterkeit des Hauses erregte, ist in der Fassung unseres Reichstagsberichts nicht recht zu verstehen. Als der Bündlcr vr. Wolff sagte: „Auch wir halxn unsere Mitläufer genau so wie die Sozialdemokraten, rief Bebel dazwischen: „Aber so dumme nicht!" Es dauerte eine knrzö Zeit, bi» man im Hause allgemein bemerkte, daß Bebel etwas gesagt hatte, was er nicht beabsichtigte., Dann schallte ein sich immer er- i.euerudes Gelächter durch das Haus, unterbrochen durch den Ruf: Das stimmt, das stimmt! DaS ist die Wahrheit! — Die Berliner Stadtverordnetenversammlung lehnte gestern die Petition des Berliner Lehrervereins um Erhöhung des Grundgehalts und der MietSentschädigung nach längerer Ver Handlung ab Ebenso wurde ein von sozialdemokratffcher Seite ge stellter Antrag aus unentgeltlich» Lieferung der Lehrmittel altzelrhnt. stell« abgeholt: vierteljährlich L—, bei land *. Oesterreich vierteljährlich 4.Ü0, für die übrigen Länder laut Zeitung»prei»Üpe. KeDnttto« «t» Erpetzttio«: JohanniSgafse 8. Fernsprecher 1-8 «. SA. NfliAlt-Dtsttttnuetl: stach, 14 (Fernsprecher Ar. SS«) n. LtwigS- Preußischer Landtag. «hnenrtznetenS«»». . * verlt«, 18. »chz. s Das Haus beriet den Kultusetat weiter. Abg. Frchr. von Zedlitz (freikons.) bemerkt: Zweifellos sei der Bunde»rat den Wünschen des Zentrums entgegengrkommen, aber die Partei, die so energisch ihre Ideale zu erhalten und zu verfolgen vermochte, sei über den Verdacht des Kuhhandels erhaben. Die Freikouser- vativen bemängelten aber, daß indirekt der Zwiespalt zwischen den Konfessionen gestärkt wurde, dazu würden auch die marianischen Kongregationen beitragen. Er vertraue fest auf die Kraft des Protestantismus, aber die weithingehende Erregung sei verständlich, weil der Orden Jesu die Universalisierung der katholischen Kirche anstrebe. Dem gegenüber sollte das Gesetz ein Hort für den inter- konfessionalen Frieden in Deutschland sein. Der moäus vivsnäi, den Bismarck geschaffen habe, sei geändert worden, wohin solle das führen? Wenn er daher mit dem Abg. Heydebrandt rufe: Bis Hierher und nicht weiter, jo entspringe dieser Ruf nicht dem Ver langen nach Kampf, sondern dem Verlangen nach Frieden. Der Ministerpräsident Graf v. Bülow: Ich hatte nicht die Absicht, mich wieder an der Diskussion zu beteiligen, sehe mich aber genötigt, auf die gestrigen Auslassungen deS Abg. v. Eynern zu er widern, nicht auf den lachlichen Teil dieser Auslastungen, wohl aber auf persönliche Angriffe, die v. Eynern gegen mich gerichtet hat. v. Eynern hatte gemeint, ich hätte der nationalen Partei einen schweren moralischen Borwurf gemacht, indem ich ihr bei der Abstimmung über dir Aufhebung deS 8 2 eine reservatio mentalis vorgeworsen hätte. Ich hätte es für unmöglich gehatten, daß meinen klaren einfachen Dorten ein falscher Sinn untergelegt werden könne. Ich babe lediglich davon gesprochen, daß nattonalliberale Blätter gegenüber der zutreffenden Be rufung aus die großen Mehrheiten, die sich im Reichstage für die Aushebung des 8 2 ausgesprochen haben, eingewaudt hätten, das bedeute nicht viel, da manche Abgeordnete in der Hoffnung dafür gestimmt hätten, der Bundesrat würde der Aushebung nicht zu stimmen. Es ist mir nicht eingefallen, mir diese Ansicht anzueignen, insbesondere den Abgeordneten Bastermann und Hackenbrrg, der meines Mistens nie dem Reichstage angehört bat, eine solche Ansicht zu imputiercn. Will aber v. Eynern bestreiten, daß solch« liberale Stimmen sich geltend gemacht haben, so empfehle ich Ihnen zum Bei spiel die Lektüre der „Nationalzeitungvom 10. Mörz v. Eynern hat aber weiter auch die große Politik in den Kreis seiner Erörterungen gezogen. Er scheint zu fürchten, daß die Aufhebung de« Artikel« 2 den Dreibund sprengen und das Verhältnis zu Italien erschüttern könne. (Heiterkeit.) Auf diesem Gebiete der auswärtigen Politik, namentlich was die Beziehungen zu Italien angeht, konnte selbst v. Eynern etwas mehr Vertrauen zn mir haben. Ich habe vor zwei Jahren den Dreibund unverändert erneuert und vorher das Reich als Botschafter bei dem König von Italien vertreten, v. Eynern meinte, „wir stehen fest und treu zu Oesterreich und Italien. Solange da- Zentrum nicht einen solchen Einstuß ans die Regierung ausübte, konnte man da« sagen, wenn aber dar Zentrum den römischen Einfluß mehr und medr in den Vordergrund schiebt, kann das die Stellung zu den auswärtigen Staaten berühren." Darauf erwidere ich, daß weder das Zentrum, noch irgend eine andere Partei Einfluß auf den Gang der auswärtigen Politik hat. Ich weise es mit allergrößter Entschiedenheit al« voll' ständig unrichtige, unzutreffende und unberechtigte Behaup tung zurück, daß irgend eine Partei die auswärtige Politik bestimmen könnte Endlich hat o. Eynern gemeint, ich hatte Zuflucht gesucht hinter Bennigsen Daraus erwidere ich ihm, daß eS nicht meine Gewohnheii ist, mich hinter irgend jemand zu verstecken. iBravo.) Ich habe lediglich davon gesvrochen, daß selbst ein Mann von so ausgesprochener nationaler und pro testantischer ltzrsinnung, wie der verewigte Bennigsen, erklärt hat, daß die Bestimmungen des Artikels 2 seit 20ßJahren nicht mehr praktisch geworden seien und in ihrem Inhalt etwa« verletzende» und gehässiges für große Teile des Vaterlandes hätten. Ich habe hinzugefügt, daß ich die Auffassung Bennigsens teile und daß meine Gründe für die Aufhebung des Artikels 2 ungefähr dieselbe« feien, auf welche Bennigsen sich gestützt hat. Ich hotte doch Wohl »in Recht, daran zu erinnern, daß meine valtung gegenüber dem Artikel 2 von allen hervorragenden ReichStagSmitgliedern von Richter bis Bennigsen, von Rickert diS lKvetzow geteilt worden ist, und daß dies, meine Haltung übeveichpttmne mit der Haltung aller Parteien und der überwältigenden Mehrheit he» Reichstages Wenn von Eynern weiter gesagt bat, Bennigsen sei mit feiner Erklärung in seiner Partei isoliert geblieben, so richte ich an ihn di« Frage, ob alle nationalliberalen Abgeordnete«, die für die Aufhebung det § 3 sich «klärt keh«, V«N AM« Hf» M«. L l.v. t. o 6. S. tL a. L t. v. i. 0 I. t>. 1.0. 1. o w.Op.88 w.LpKI t.0. 1.0. r. t.0 l. o. t. V..S0L l . 0.
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