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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-15
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190808155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19080815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19080815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1908
- Monat1908-08
- Tag1908-08-15
- Monat1908-08
- Jahr1908
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1908
- Autor
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Wald kam. Ta er jetzt «immer in die Kirche gehlen und auf der Straße doch auch nicht hervmstehen wollte, trat er 1« daS Gasthaus, um hier das Ende des Segens adzuwarten. «ls er den Bergschietzl sah, gab es ihm unwillkürlich «inen Ruck. Nicht nur, daß es ihm einfiel, die Roser! Wune am Ende, da der Baler hier sei, gar nicht im Segen sein, sondern es war ihm auch so unangenehm, allein mit ihm und dem Hinterleitner im Gasthause zu fein. Aber Fortgehen, das wollte er auch nicht, das ließ fei« Manne-stolz nicht zu. Er wollte schnell ein Glas Sein trinken und dann wieder gehen. Ohne der beiden weiter zu achten, ließ er sich an «tue» Tische nieder uud bestellte ein viertel »ein. Auf den Bergschietzl wirkte die Erscheinung Dmis wie oaS rote Tuch aus den Stier. Tas durch den Alkohol genuß ohnehin schon erhitzte Wut schoß ihm InS Besicht, die Augen begannen zu vollen, und krampfhaft ballten sich die Fäuste. Ter Hinterleitner sah dies, und im nächsten Augenblicke hatte er schon seinen Lortctl wahrgenommen Er wollte den Bergschietzl auf den Toni Hetzen. Kim es zwifcken den beiden zur Rauferei, dann, meinte er, sei es auch mit der Liebschaft zwischen dem Brandebner-Buben und der Roserl vorbei. Ter Bergschirßl trommelte in seiner Erregung schon mit veu Fäusten auf den Tisch, al- ihm der Hinterleitner zuwispert«: „Jetzt hast ihn, jetzt kannst ihm keine Mei nung sagen. Oder traust Tich vielleicht nicht?" Ter letzten berechnenden Worte hätte es gar nicht wehr bedurft, denn schon stand der Burgschießl auf und schritt mit etwas «»sicherem Schritt auf Toni zu, vor den» er sich «un cmfpflanzte. „List Tu nit der Lqpsbnb von der Brandeben?" Ter Toni erhob sich und sagte verächtlich: „Mit einem Besoffenen red' i nix." Tamit wollte er sich der Türe zuwenden. Aber ehe er sich rersah, hatte ihn der Bergschietzl schon am Rocke gepackt und zurückgerissen und im nächsten Augenblicke spürte der Toni eine« Faustscksiag im Gesicht, den die höhnischen Wort« begleiteten: „Lös Bussi schickt Dir aber «tt die Roser!!" Tas war für den Doni zu viel. Flugs hatte er sich »uS den Fäusten des Bergschietzl freigemacht, und nun gab er dem betrunkenen Mann einen derartigen Stoß vor die Brust, daß er zuröcktaumelte, dabei über einen Ast knorren des Fußbodens stolperte und nun rücklings der Länge nach zu Boden schlug. Tabei traf er mit dem Kops auf die Kante der Trittleiste eines Tisches so stark, daß so fort aus einer breiten Rißwunde das Blut quoll „Erschlag' ihn, Hinterleitner, erstich ihn, den Hund!" schrie der Bergschietzl und versuchte mühsam, sich zu erheben. Aber der Hinterleitner hatte keine Lust, den Toni an zugreisen, denn der hatte bereits einen Stuhl erfaßt, um ihn dem ersten Angreifer auf den Kops zu schmettern. „Nur her da," schrie er, „wer haben will, daß ihm der Schädel auseinanoergedrvschen wird! I fürcht Euch alle zwei nit!" In diesem Augenblicke kam der Wirt mit dem Wein in die Stube. „llm Gottes Willen, was gibts denn da?" rief er. Lutbebend schleuderte ihm der Toni entgegen: „Recht nett geht's in Teinem Wirtshaus zu. Kaum ist man herinnen und setzt sich ruhig Nieder, wird man anpackt, als wenn man unter Straßenränder kommen wär'. TaS werd' i den andeni Buben sagen, dann hast mit uns »immer viel zu tunk" „I bitt T ich, Doni, i kann ja nix dafür!" entschuldigte sich der Wirt. „Wenn 1 dagewesen wär', ,hätt t'S sicher ntt gelitten, daß Tir einer von die zwei was antut. Und wir is'S jetzt überhaupt zu dumm! Ihr zwei" — damit wendete er sich scharf gegen den Hinterleitner, der eben Kem Bergschietzl aufgeholse« hatte „schaut'S, daß Itzt weiterkommt, und wann'S mir gar nimmer herein- konimt's,-*is's mir am allerliebsten. Habt mir eh schon ein' Menge Gast' vertrieben, jetzt leid i's nimmer!" „AaS, wegen so einem Lausbuben willst Tu mir das Haus verbieten?" brüllte der Bergschießl. „Wer ist ein Lausbub!" donnerte der Toni und machte Miene, den Bergschietzl anzupacken. Aber der Wirt hielt ihn zurück, wahrend er zugleich die beiden Dauern an herrschte: „Augenblicklich aus meinem Haus, sonst mach ich Euch Füß'. Meine zwei Knecht' sind daheim!" „Aber, Wirt," suchte nun der Hinterleitner zu be sänftigen. „Rix, Wirt. Fort mit Euch, und Du, Lump, gehst zuerst. Augenblicklich oder i schrei meinen Knechten!" „Und wann i nit geh?" schrie der Bergschietzl. Statt jeder Antwort riß der Wirt die Tür auf und rief laut: „Michl! Hansl!" „Tu willst also wirklich —" „Luch hinauswerfen lassen, wann Ihr nit gutwillig geht." Ter Hinterleitner wollte gehen, aber eben als er bei der Tür war, kamen die Knechte, und ohne weiter zu fragen, ob sie auch den Richtigen hätten, packten sie ihn ohne weiteres und stießen ihn unsanft zur Türe hinaus. Tann aber machten sie sich an den Bergschietzl, der eS darauf andsmmen lassen wollte, ob sich der Wirt tatsächlich getraue, ihn vor die Türe M fetzen. Als er sah, daß es ernst sei, setzte er sich zur Wehr, während er mit der Rechten den Bierkrug zum Schlag erhob, suchte er mit der Linken nach dem Messer. Aber er kam weder zum Schlage noch zum Stechen. „Geh, Tschapperl," lachte der Michl gutmütig, „tu Tich nicht so spreizen, hinaus mußt ja doch!" Und im nächsten Augenblicke fühlt« sich der Bergschietzl von seinem Sitz empor- und über die Stube gezerrt, die Mr öffnete sich, und er taumelte aus die Straße. Hätte ihn nicht der Hinterleitner aufgefangen, er wäre nochmals der Länge nach hingefallen. Tas Unglück wollte es, daß Lben ein Trupp junger Burschen gegen das Wirtshaus heranzog, die den Vor gang beobachtet hatten upd nun mit ihrem Spotte nicht zurückhielten. „Ta schaut'S," ries einer, „die Wirtsknecht' tun mit dem Bergschietzl und dem Hinterleitner Ballschupfen!" „Geht's her," meint« ein anderer, „schmeißen wir s wieder hinein, daS ist schöner wie'S Kegelschieben!" Im Bergschietzl kochte eine namenlose Wut, und am liebsten hätte er sich auf die Burschen gestürzt, aber ihre Anzahl hätte ihn nur zu einer neuen Riederlage geführt, und so folgte er dem Trängen des Hinterleitner und lieh sich von diesem fortziehen. Einige Schimpfworte, die er den Burschen zurief, hatten nur ein dröhnendes Ge lächter und einige böse Witzwvrte zur Folge, die wie Wespen um seine Ohren flogen. Vll. Am nächsten Tooe bereute es Doni bitter, daß er, als er den Bergschietzl im.Gasthause sah, nicht gleich umgekehrt war; noch mehr bereute er eS aber, daß er die Roserl allein hatte nach Hause gehen lassen. Er hätte seine Scham über den Vorfall überwinden und ihr selbst sagen sollen, wie sich alles zugetragen hatte. Nun erfuhr sie es sicher von ihrem Bater, und wie es der darstellen würde, das konnte er sich ausmalen. Und. noch dazu sollte er übermorgen wieder auf die Alm, und es war absolut keine Gelegenheit, die Roserl früher nochmals zu treffen. Er zergrübelte sich den Kopf, wie er der Roserl alles mitteilen könne, aber da er keinem seiner Kameraden den Auftrag geben wollte und auch Mit dem Schreiben nicht gut umzugehen wutzste, mußte er sich schließlich InS Unvermeidliche fügen und seinen Drost In dem Glauben suchen, daß die Roserl von selbst annehmen würde, daß er nicht der schuldtragende Dell sei. Und in diese» Glauben irrte er sich «iM SM Knecht auf dem Bergschietzl-Hofe hatte im Gasthause von dem Streit erfahren und teilte der Roserl alles mit, und sie, sie wußte sofort, auf wen die Schuld falle. Aber daß sich der Geliebte an dem Bater vergriffen hatte, das konnte sie doch nicht überwinden, und es kostete ihr viele Tränen, die jeden Abend, wenn sie allein in ihrer Kam mer lag, aufs neue zu fließen begannen. Zudem stieg auch mit jedem Tage mehr eine unerÄärliche Angst in ihr auf, denn der Bater war seit diesem Sonntage ganz unheim lich still. Er aß beinahe nicksts, er sprach nur das Aller notwendigste, in seinen Augen lag ein irrer Ausdruck, uno er konnte nun viertelstundenlang auf einem Flecke sitzen oder stehen und wie entgeistert vor sich hinstarren. Um sie kümmerte sich der Bater gar.nicht mehr, sie schien für ihn gar nicht vorhanden zu sein. Am nächsten Sonntage ging der Bergschietzl gar nicht aus. Tafür aber kam nachmittags der Hinterleitner zu ihm. Ter begegnete auf dem Wege der Roserl, die eben -um nachmittägigen Segen ging. „Na bist Tu heut allein?" redete sie der Htnter- leitner an. „Wer sollt' denn bei mir sein?" gab sie abweisend zurück. „GH nit, eh nit," erwiderte er begütigend. „Oder soll i ein bißt mit Tir gehen?" „Tank schön, iS nit notwendig, i find' den Weg Mein auch" „Aber wann i gern a Stück! mitging?" So danket i auch schön für die Ehr'!" fuhr es der Roserl heraus, der die Augen vor Verachtung sprühten. „Mit Tir tät i mich aufrichtig schämen." Ter Hinterleitner wurde totenbleich „Also schämen tätst Tich mit mir?" sagte er mit leiser, vor Erregung heiserer Stimme. „Das will i Dir nit antun- I wünsch' Tir nur, daß Du das Wort nie bereust! gar nie, hörst, schöne Roserl? gar nie!" Sie hörte nicht auf ihn, sondern schritt eilig fort. Er aber sah ihr mit einem Blicke nach in dem Haß und Begehren glühten, und murmelte vor sich hin: „I werd' dich Nein und demütig machen, stolze Dirn!" Ter Bergschietzl saß grübelnd auf der Bank an der Haustür, als der Hinterleitner plötzlich vor ihm auftauchte. „Muß doch ein wenig nachschaun, was Tu machst," redete ihn dieser an. „Warum bist denn heut nit ins Törfl hinabkommen?" „Warum nit? Ta fragst Du noch? Ach Gott, i sag Tir, Nachbar, das halt i nit aus. Ein Narr muß i Werden! Mich, den Bergschietzl, haben sie aus dem Wirts haus hinausgewvrsen. Und warum, wegen diesem Brano- «bner-Buben! Ta" — zähneknirschend fatzte er den Hinter leitner am Aermel — „da schau mich an, bin ich noch ein Mensch, oder bin ich ein wildes Vieh, auf das jeder Mensch Jagd machen darf? Mn ich ein Bettler, ein Landstreicher, daß sich jeder Knecht, jeder Lausbub schon an mir die Schuh abputzen darf? Wenn i denk, wie die Buben vor dem Wirtshaus gestanden sind und mich ver spottet haben, ein Narr mutz ich werden, ein Narr! Alle Leut' zeigen mit dem Finger aus mich! den hat der Brand- «bner-Bub g'haut o — v —" Fortsetzung folgt. Was meine Glocken wissen, jb. Bon Valentin Traudt. Nachdruck verboten. Wenn Man so über die dreißig Jahre allsonntäglich »cker wenn es sonst ein Fest zu feiern oder eine Begeben heit einzuläuten galt, im Glockenstuhl gestanden und sich vorher und nachher die Wett so ein bischen von oben herab betrachtete, dann kann man mancherlei erzählen. .Gewiß sieht man nur auf die Tücher und die Menschen kinder erscheinen arg klein; aber man schaut sie doch auch immer nur von hier oben bei etwas ganz Wichtigem Pud dus vergißt sich Hann nicht tzq Reicht. Unk allemal ISl — denke ich bei dem Glockenklang zu einer Hochzeit oder einem Begräbnis zurück — wer war's doch daS letzte Mal? — Ta ist eS nicht verwunderlich, wenn ich die Geschichten unseres Städtchens, alle der kleinen Gassen und Winkel, gut im Gedächtnis habe, manche freudige, manche gar trübe. Am traurigsten wob sich aber doch der blonden Liese, der pinken LürgermeisterStochter, ihr Geschich. -. Ter Bürgermeister War ein wohlhabender und weit und breit angesehener Mann und wünschte sich einen Schwiegersohn, der seiner einzigen Dochter noch einige Lausend mit ins Haus brächte, der dazu auch einmal Aussicht hätte, dem Gemeinwesen vvrzustehen. W:r mag das dem selbstbewußten Krüger verdacht haben? Seiner im Ort, der selbst 'was auf sich hielt, der Kirchearechner Vogt nicht, der Waldmüller nicht, alle die nickt, welche im Gemeinderat saßen oder im Mrchenvorstand Sitz und Stimme hatten. So ein großer fester Hausstand muß noch höher gebracht werden! Aber die Lies dachte anders. Ta war des Semeindehirten JustuS, ein schlanker, frischer Bursch, der beste Tänzer und liederkundigste Sänger aus allen Kirmessen und Fasslichkeiten. Und den hatte sie lieb, dem hatte sie sich heimlich versprochen. Als eS die beiden erst noch Mein wußten, war ihre Seligkeit groß, ihr Leben voller Sonne. Go an den Sonntagabenden im Sommer, da das junge Volk unter der Linde vor dem Torf scherzte und sang oder bei dem Sedantanz im Wald droben. Wie blitzte e- da in ihren Augen, wie jubelte es da auf in ihren Liedern und Worten! Und der Justus würde auch ein tüchtiger Mann werden. Er war anstellig und fleißig und hatte seine Augen in allen Ecken und wnnte schon ein großes Gut verwalten. Wenn das der Bürgermeister nicht gewußt hätte, wäre er nicht so hinter ihm her gewesen, wenn er bei der Ernte Hilfe brauchte oder Holz für den Händler Markus oder Steine für die Staatsstraßen zu fahren hatte. Und da dachte auch die Lies nicht, daß der Bater einmal „nein" sagen würde. Aber er sagte „nein". Es war an einem Sonntag im Mai. „Heut' nachmittag fahren wir nach Hellendorf. Lies, tu' Tein best' Kleid an und die Berstcinkett häng' um. Wir besuchen den Steinhoser". „Ganz wie Tu willst, Vater", sagte die Lies ohne Arg. „Und freundlich bist Tu dort". „Warum auch net?" „Tas ist recht. Lies". Und er rieb sich die starken Hande mit zuversichtlichem Behagen. „Weißt Tu, M Li chen, ich denk', des Steinhofers Wilhelm und Tu „Vater, Vater!" rief sie voller Angst. — „Hör' nur erst, des Steinhosers Wilhelm und Tu, das gibt daS reichste Paar im ganzen Amt- Ter Stein hofer ist ein Mann, wie man keinen noch 'mal findet. Lies. Er hat einen Ho.f, nun. Tu wirst 's ja sehen, »nd sein Wilhelm ist eine stolze Partie". „Do geht das aber nicht. — Ich kenn' den Wilhelm kaum. — Ich hab' gehört, er wär' so ein barscher, händel süchtiger Bursch. — Es ist ja auch noch nicht ausgemacht, ob er mich mag". „Tas ist ausgemacht." „Und ich hab' nichts zu sagen, Vater?" „Mas sollst Tu da groß fügen. Ich bin koch Tein Bater, ich hab' hier zu befehlen und zu ordnen, ich weiß, was gut ist. — Kenn' mich schon aus". „Aber ich hab' einen anderen schon, einen gar lieben und fleißigen Bursch". „So?" „Tu kennst ihn auch gut, Bater". „Meinst gar des Färbers Karl, Mädchen? — Ter mit seinen Zweitausend Taler, geh'! Gefragt hat er schon; aber ich hab' ihn abgewiesen". „Ter nicht".
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