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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040402028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904040202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904040202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-02
- Monat1904-04
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di« Federn wachsen fühle». Schauerlich! „V'ist zum Katholisch werden l" Wir drucken diese Schimpfereien mit Vergnügen ab, um empfindsamen evangelischen Seelen, die das Wort „Tolerieren" mit „Erdulden" übersetzen, Gelegenheit zur Bereicherung ihrer Kenntnisse und Korrektur ihrer Ansichten zu geben. Unsere australische Station. Den Ausschreitungen der Eingeborenen auf den Admira litätsinseln und auf der Ducour-Jnsel im Norden von Kaiser Wilhelmsland ist nicht viel Bedeutung beizumessen, unsere maritime Kraft in Australien, das Spezialjchiff „Moewe" und der „Eondor", welcher die Bestrafung der Schuldigen vornehmen' soll, reicht nach jeder Richtung bin aus. Der kleine Kreuzer „Eondor", welcher am 23. Februar l892 vom Stapel lief und von Blohm L Voß in Hamburg gebaut wurde, bat 165 Mann an Bord, darunter 5 Seeoffiziere, l Marine-Ingenieur, 1 Sanitätsoffizier, ein Zahlmeister, 7 Deckofsiziere und 1l4 Unteroffiziere und Mann schaften. Der „Coudor" hat ein Deplazement von 1630 t und läuft 15—16 Knoten. Er steht unter dem Kommando deS Korvetten-Kapitäns Kirchhoff; der Stab ist nach den Frühjahrskommandierungen verändert worden; 1 Offizier ist Kapitänleutuant Freiherr von Bülow (Friedrich); cS kommen dann die Oberleutnants Niemeyer Landgraf (Otto), Albrecht ^ri^^Schirmacher, Marine-Ingenieur Voß, Stabsarzt Au die falsche Adresse. Gelegentlich der Besprechung eines Vorschlags, pol nische Soldaten, die -er deutschen Sprache nicht mächtig sind, länger dienen zu lassen, hält es die „Köln. Volks- -eitung" für richtig, die Lei st ungen der deutschen Schule in der Ostmark anzuzweiseln. Sie sagt: „Allerhand Pädagogen versichern uns, daß der deutsche Unterricht für die polnischen Kinder sich vollständig bewähre . . . Wenn dem so ist, dann ist es aber doch eine reine Unmöglich keit, daß die jungen Burschen beim Eintritt in die Armee, also mit 20 Jahren, das Deutsche schon ganz und gar wieder vergessen haben . . . Wenn man einem Kinde eine französische Bonne hält, die nur französisch mit ihm spricht, so vergißt ein solches Kind das Französische sein Leben lang nicht wieder . . . Sind also in der letzten Zeit aus der Armee wiederholt Klagen gekommen, daß die polnischen Soldaten sich in deutscher Sprache nicht verständlich machen können, so bleibt keine andere Er klärung übrig, als daß die optimistischen Darstellungen über die Leistungen der deutschen Schule in der Ostmark einfach nicht den Tatsachen entsprechen. Wenn ein zwanzigjähriger Soldat, der acht Jahre lang eine deutsche Schule besucht hat, überhaupt nickst deutsch sprechen kann, so kann er das Deutsche nur nach Papa geienart, d. h. ohne Verständnis, gesprochen haben." Diese gegen die Methode des deutschen BoUsschul- unterrich-ts in 'der Ostmark gerichteten Borwürfe sind durchaus haltlos. Der Schreiber dieser Zeilen kann das von -er „K-ln. Bobksztg." angeführte Beispiel, daß Kin-er, die mit einer französischen Bonne nur französisch gesprochen haben, zeitlebens das Französische nicht ver lernen, aus eigener Erfahrung als unzutreffend be zeichnen. Er und seine Geschwister haben im Eltern hause jahrelang französische Bonnen gehabt, aber einige Jahre, nachdem eine Bonne nicht mehr angcstellt war, das Französisch bis auf einige Brocken vergessen und erst in der Schule von neuem erlernt. Mit den Sprachkennt nissen geht es ähnlich wie mit dem Klavierspiel: wenn man nicht in der Uebung bleibt, verlernt man wieder, was man vorher beherrscht hat. Wir wollen den Redak teuren -er ,^köln. Volksztg." nicht zu nahe treten, aber w«nn sie heute einen lateinischen Aufsatz oder ein grie chisches Extemporale schreiben sollten, so würden sic wahr scheinlich kaum mit Obersekunüanern konkurrieren können, weil eben die Uebung fehlt. Und darum hätte sich der Borwurf der ,^köln. BolkSztg." nicht gegen die deutsche Schule zu richten, sondern gegen dievonihren geliebten Polen systematisch verfolgte Taktik. Die jungen Burschen werden, sobald sie die Schule verlassen haben, ja geradezu darauf gedrillt, sich mit einander, mit ihren Eltern und mit ihrer Guts- und Dienstherrschaft — sofern diese polnisch ist — nur in pol nischer Sprache zu unterhalten. Bon der Lektüre deut scher Zeitungen und deutscher Bücher ist selbstverständlicki gar nicht die Rede. In der Kirche hört der junge M:»sch die polnische Predigt; mit den Behörden hat ein unselbst ständiger junger Mann zwischen 14 und 20 Jahren ja so gut wie nichts zu tun. Wenn nun jemaird sechs Jähre hindurch eine Sprache, die nicht seine Muttersprache ist, niemals spricht, niemals hört und niemals lie't, so kann er diese Sprache schon gründlich verlernen, selbst wenn sic ihm aus der Schule gut beigebracht worden ist. Und er iRrd sie um so eher verlernen, wenn ihm dies ge radezu zur nationalen Pflicht gemacht wird. Die „Köln. BolkSztg." sollte sich also lieber an den polnischen Fanatikern rekben, als an den deutschen Lehrern. von» Haager Schiedsgericht. Die unter des Depeschen der heutigen Morgenausgabe gemeldete Aeußerung Murawiews über Zweck und Aufgaben deS Haager Schiedsgerichts verdient Beachtung: denn eS wird damit die Unterscheidung aufgestellt zwischen Streitfragen, in welchen „die reinen Rechtselemente" vorherrsche», und solchen, welche die Frage des politischen und nationalen Lebens der Staaten und Völker berühren. Damit wird zugegeben, daß in dem Streite zwischen Rußland und Japan „die reinen Rechtselemente" nicht vorherrschen. Das große Werk des Kaisers ist eben nicht dazu ins Leben gerufen, um als Hemm schuh für russische Eroberungsgelüste zu dienen. Stets wird Rußland versichern, daß eS sich um eine Frage seines nationalen und politischen Lebens, nicht um Rechtselemente handle, sobald es das gewohnheitsmäßige Bedürfnis empfindet, auf Kosten seiner östlichen Nachbarn „Grenzregulierungen" vorzunehmen. Der Grundsatz „du bist mein; denn ich bin groß und du bist klein" enthält auch zu wenig Elemente reinen Rechts. Köstlich macht sich auch die Versicherung Murawiews, daß besonder- die — möglichst anhaltende — Beschäftigung mit der venezolanischen, nicht etwa mit der russisch - japanischen, Streitjrage geeignet sei, das allgemeine Vertrauen, die Sympathie und die Achtung für das Haager Schiedsgericht zu stärken. Deutsches Reich- * Berlin, 2. April. * Die Mär -cs „Vorwärts", daß für eine angeblich un mittelbar bevorstehende ReichStagS-Auflösung Vor kehrungen getroffen werden, wird sogar in den „Sozialistischen Monatsheften" von dem früheren sozialdemokratischen Reichs tagsabgeordneten Calwer verspottet. Calwer schreibt: „Der „Vorwärts" bleibt nach wie vor dabei stehen, daß eine Auf lösung geplant war. Welch schwerwiegende Gründe und welch gute Informationen ihn nötigen müßen, an seiner Nachricht festzuhalten, geht aus dem Satze hervor; „Es wäre ein Verbrechen an unserer Partei und an der gesamten deutschen Oeffentlichkeit gewesen, hätten wir diese Meldung nicht zur allgemeinen Kenntnis ge bracht." Schade, daß der „Vorwärts" der Oeffentlichkeit nicht alles mitteilen kann, waS er über die Angelegenheit weiß; die draußen stehenden Genossen müssen eben der Autorität unseres führenden Parteiorgans vertrauen, und wir können es um so mehr, als ja nunmehr nach dem Zeugnis des „Vorwärts" die Gefahr einer Ueberrumpelung der Partei durch die Regierung ge bannt zu sein scheint. Befriedigt blickt der „Vorw.", ein wach samer Wächter des Kapitols, auf sein Werk, der Regierung einen dicken Strich durch ihre Rechnung gemacht zu haben". * Gegen Ausnahmegesetze hat sich der nativ «al- liberale Abg. Krause in einer Versammlung deS Nationalliberalen Vereins in Magdeburg am DienStag ausgesprochen. Er erklärte nach einem Bericht der „Magde burger Zeitung": . Nicht jedeArt derBekämpfungder Sozialdemokratiesei anzuerkennen. So seien seitens der Herren v. Oldenburg, Limburg und Zedlitz v. Neukirch Ausnahmrmaßregeln verlangt worden. Unsere Partei ist aber ent schieden gegen Ausnahmegesetze, weil sie fest davon überzeugt ist, daß durch die Ausnahmegesetze gerade daS Gegenteil von dem er zielt wird, was man erzielen wollte. Wan würde die Sozial- drmokratie dadurch von neuem stärken, während sie doch jetzt ver schiedentlich Schlappen, und zwar die größte auf dem Dresdener Parteitage, erhalten habe. Durch ein Ausnahmegesetz würden aber diese Schlappen sofort lvirkungSloS werden. * Ucber pcn Gesundheitszustand des Kaisers zirkulieren in London ernste Gerüchte, die auch bei nicht sensations lüsternen englischen Blättern Beachtung finden. Trotz aller Dementis erklärt „Westminster Gazettx": „Wir wissen, daß in Kreisen London«, die mit Berlin in enger Fühlung sind, den Gerüchten ein Brad von Glauben ge schenkt wird, der suggeriert, daß hinter allen diesen Berichte» etwas substantielleres als bloße» Geschwätz steckt." Es liegt in der Natur dieser Dinge, daß Gerüchte solcher Art im AuSlande viel rücksichtsloser besprochen werden al- im Reiche. Es wäre aber doch wohl angebracht, zur Beruhigung unzweifelhaft vorhandener Besorgnis von Zeit zu Zeit amt liche Berichte üver den Gesundheitszustand des Kaiser- herauSzugeben. — Ein kürzlich ergangener Erlaß des preußischen Eisen bahnministers teilt den EisenbahndirektionSprästdenten mit, daß im Landtage, m der Presse und in besonderen an den Minister gerichteten Eingaben Beschwerde darüber geführt worden sei, daß von den ÄahnhofSbuchhändlern schlechte, den staatlichen Interessen schädliche, sowie Anstand und gute Sitte gröblich verletzende Preß erzeugnisse verkauft würden. Der Minister hat deshalb die Eifenbahndirektiouspräsidenten beauftragt, ihre besondere Aufmerk samkeit darauf zu richten, daß hinsichtlich des Batm wssbuchhandel» Vie Bestimmungen des Erlasses vom 8. Juli 1898 beachtet werden. ES sei dafür zu sorgen, daß die Eisenbahndirrktionen — ohne im Einzrlfalle auf Verfügung des Minister» zu warten — au» eigenem Antriebe den Verkauf solcher Preßerzeugnisse im BahnhoiSbuchhandel verhindern, die nach den Bestimmungen jenes Erlasse« sich zum Verkauf in den Räumen der StaatSrisenbahnverwaltung nicht eignen. — Die Anzahl der preußischen Zensoren wird also nm die der Eisenbahndlrektionspräsidenten vermehrt werden. — Die erste Lesung deS Handelsvertrags zwischen Deutsch land und Oesterreich-Ungarn dürfte in mündlichen Konferenzen Mitte April beginnen. — In den Zentralausschuß der nationalliberalen Partei ist der Reichslagsabgeordnete Posihalter Faller in Bonndorf zugewählt worden. Er vertritt seit 1898 den zweiten badischen Reichstagswahlkreis Bonndors-Donaueschingeu und genießt bei der fast ausschließlich katholischen Bevöllerung großes Ansehen. Seit Jahren ist Faller auf dem Gebiet der Selbstverwaltung (Land- wirtschastsrat, KreisauSschuß usw.) tätig und wegen seiner viel seitigen, besonders agrarpolitischen Kenntnisse geschätzt. — In der Feststellungsklage des Berliner Magistrats gegen die Große Berliner Straßenbahn-Gesellschaft hat das Gericht nach der „Boss. Ztg." das Objekt auf 37 Millionen festgesetzt. Hiernach bemißt sich die Höhe der Gerichtskosten und der Änwaltsgebühren. * vromberg Um die Erlernung der deutschen Sprache durch die Polenkinder zu fördern, hat die Bromberger Regierung eine Verfügung erlassen, worin be stimmt wird, daß Kinder, die der Mittel- oder Unterstufe der Volksschule noch angchören, auf keinen Fall ohne Genehmigung des Kreisschulinspektors aus der Schule entlassen werden dürfen, wenn sie das 14. Lebensjahr vollendet haben. Es dürfen nur solche Schüler und Schülerinnen zur Entlastung kommen, die wenigstens ein Jahr mit Erfolg der Oberstufe angehört haben. Vraunschweig, 1. April. Die Meldungen über die geplante verwandtschaftliche Verbindung des kaiserlichen HauseS mit der Familie des Herzogs von Cumber land und über die von der „Landeszeitung" gebrachten Enthüllungen über die Vorgänge in Kopenhagen, an deren Richtigkeit ein Zeifel nicht mehr besteht, werden jetzt in interessanter Weise ergänzt. Der königl. preußische Oberst leutnant a. D. Or. jur. Wirk, ein Sohn des früheren braun- schweigiscken Staatsministers und Mitglied des Regentschafts- ratS Wirkt. Geb. RatS Wirk, schreibt in der von ihm herauS- gegebenen gemäßigt-welsischen Wochenschrift „Brunonia": „Nach un» zugegangenen Privatnachrichten, die wir aber für zuverlässig halten, hatte allerdings der Herzog die Mitteilung er- halten, der Kaiser wolle in Kopenhagen für den Kronprinzen um die Hand der Prinzessin Alexandra werben. Da diese bereits heim lich mit dem Grobherzog von Mecklenburg verlobt war, diese Ver lobung aber noch nicht veröffentlicht werden sollte, so wollte aller dings der Herzog dem Kaiser durch schleunige Abreise den Affront eines Korbe» ersparen." Bei den vortrefflichen Beziehungen, die der Verfasser dieser Erklärung mit dem Gmundener Hofe unterhält, kann man diese Nachricht für zuverlässig ansehen. * Köln, 1. April. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit ver- handelte gestern die Kölner Strafkammer gegen den Kellner Pohl, der des Erpressungsversuches in zwei Fällen an dem be kannten Zentrumsabgeordneten Kaplan Dasbach beschuldigt wurde. Auch die Presse war von den Verhandlungen auSgeschlosien. Die Erpressungsversuche beziehen sich auf 8 175. Der Angeklagte ver langte vom Kläger 100 wenn er von über Dasbach verbreiteten Gerüchten schweigen solle. Diese Gerüchte wurden als nicht erwiesen angesehen und der bereits wegen Erpressung vorbestrafte Angeklagte zu neun Monaten Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. * Düsseldorf, 31. März. Der Kronprinz, der Protektor der internationalen Kunst- und Gartenbauaus stellung, bat zugesagt, die Ausstellung am 1. Mai persön lich zu eröffnen. — Die Regierung in Düsseldorf als Auf sichtsbehörde hat angeordnet, daß sämtliche von den Kranken kassen ihre« Bezirks mit beamteten Kassenärzten abgeschlossenen Verträge einer eingehenden Prüfung unterzogen werden sollen. In allen Fällen, in denen sich erstirbt, daß die Zahl der Aerzte nicht eine sichere Gewähr für die an gemessene Behandlung der KrankenvereinSmitglieder gibt, wird die Regierung in gleicher Weise einschreiten wie in Köln und in Solingen. * Mainz, 1. April. Nachdem der Kaiser vor kurzem die Offenlegung der Nordwestfront der Festungsumwallung telegraphisch angeordnet hat, trafen dieser Tage mehrere Mitglieder he» Reichsschatzamtes und des KriegSmiuisteriums hier ein, um in Gemeinschaft mit den Vertretern der Stadt Mainz die genauen Be dingungen über die Niederlegung der Festungswälle und über den Berkaus de» FestungSgelände» festzulegeu. * Nürnberg, 1. April. Die demokratisch-sozialdemokratische Mehrheit des Fürther Magistrats aenebmigte den Fest zug anläßlich der Maifeier. Die Aufsichtsbehörde wird die übliche Aufhebung deS Beschlusses herbefführen. Heer. * Die S. Armeeinspektts». Durch verschiedene Blätter ging die Meldung, daß an Stelle des verstorbenen Grafen Wald erste der Kommandeur des 11. Armeekorps, General von Wittich, der am 1. April in den Ruhestand tritt, zum Kommandeur der 3. Armeeinspettiou ausersehen sei. Demgegenüber verlautet, daß ein Entschluß des Kaisers über die Neubesetzung dieses Postens bisher noch nicht erfolgt sei und höchstwahrscheinlich in den nächsten zwei Jahren nicht erfolgen werde. Das Gerücht über die Ernennung des Generals von Wittich ist haltlos. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat das in höheren militärischen Kreisen kursierende Gerücht für sich, daß die 3. Armeeinspektion später einmal dem Chef des GrneralstabeS, General Grafen v. Schliessen, übertragen werden würde. * Uebertritt zur Schutztruppe. Da« „Militär-Wochenblatt" meldet das Ausscheiden zahlreicher Offiziere aus dem Heere behufs Uebertritts zur Schutztruppe für Sübwestafrika. ES befinden sich darunter 1 Major, 8 Hauptleute und Rittmeister, 8 Ober leutnants und 19 Leutnants, zusammen also 36 Offiziere, ferner 4 Stabsärzte, 1 Oberarzt und 3 Assistenzärzte, also 8 Sanitäts offiziere. Bayern und Sachsen haben dazu je 2, Württemberg 3 Offiziere gestellt. Ausland. Frankreich. * Unruhen in Lille. Am Karfreitag kam cs in Lille -wischen der Polizei und Ausständigen, -ie ihre verhafteten Genossen befreien wollten, -u einem Zu sammenstöße. Durch einen von -en Ausständigen ge worfenen Stein wurde ein Polizei kommtssar am Kopfe verletzt. Italien. * Störung einer Karfreitags - Prozession durch Sozialisten i« der Provinz Bari. Wie aus Lorato in -er Provinz Bari gemeldet wird, wurden dort während einer religiösen Prozession von Sozialisten Ruhestörungen hcrvorgerufen. Die Polizei nahm mehrere Sozialisten fest, um sie vor -er er regten Menge zu schützen. Nn Volks Haufe ver suchte, das Gefängnis zu stürmen, um sich -er Gefangenen zu bemächtigen, wobei 4 Personen ver wundet wurden, unter ihnen eine tödlich. Es wurde noch weiteres Militär zur Unterstützung herbei gerufen. Spanien. * Anarchist verhaftet. Die Polizei verhaftete in Portbou einen aus Argentinien kommenden Mann namens San Roman, der des anarchistischen Treibens verdächtig ist. Die Polizei geht gegenwärtig gegen ver dächtige Ausländer sehr energisch vor. Rumänien. * Die Teputtcrtcnkammcr setzte gestern die Beratung des Zolltarifs fort. FinanMinister Eostinesco legte die wirt schaftliche Seite des Entwurfes dar und wies die Kritik der Oppositionsredner gegen den Entwurf zurück. Der Minister fuhr heute in seiner Rede fort. Aften. * Kämpfe i« Tibet. Die heute in London veröffent- lichte amtliche Depesche über das Gefecht mit den Tibetanern bestätigt die bereits bekannt gewordenen Einzelheiten. Sie besagt, daß die Engländer nur einige Verwundete hatten, mährend -er Verlust der Tibetaner 300 Tote und zahlreicheBer- mundete betrug; auch sind viele in Gefangenschaft ge- raten. Die Meldung erwähnt ferner, daß die Tibetaner sich weigerten, ihre Waffen zu übergeben, und dem Ver such, sie zu entwaffnen, Widerstand entgegensetzten, indem sie die Truppen mit dorn Schwert und ihren Gewehren angriffen, worauf die Engländer das Feuer erwiderten. Sport. Radsport. 8 Wie alljährlich, so eröffnet auch dieses Mal der Sächsische Radfahrerbund am 1. Osterfeiertage die Fahrsaison. Er ver anstaltet folgende Wanderfahrten: für die Ostbezrrke nach Bischofs- werd», für die Südwestbezirke nach Eibenstock, für die Südost. bezirke nach Rochlitz. Hundesport --- Jagdhundeausstellung tn Wie«. Der ,Jagdhundklub Wien" veranstaltet am 28. und 29. Mai d. I. in den Sälen der k. k. Gartenbaugesellschaft in Wien eine internationale Ausstellung von Jagdhunden. Das Programm umfaßt etwa 350 Klassen. Feuilleton. Ver Kampf mit Petrus. Eine Skizze. Von Caroline Eichler-Häuher. slachdrurk verboten. So tief unglücklich hatte Mariechen sich in ihrem gan zen siebzehnjährigen Leben noch nicht gefühlt, wie heute am Karsonnabend! S o furchtbar also konnte das Leben fein! Ach, sie hatte schon so viel von seinen Bitterkeiten, feiner Tragik gehört und gelesen, aber daß es s o entsetzlich sein könne, hatte sie nicht geahnt; das muhte man am eigenen Schicksal erfahren, um es ganz ermessen zu können! Sie stand am Fenster, die Stirn fest an die Scheiben gedrückt, und die Perlen aus ihren kornblumenblauen Augen rieselten an der inneren Seite des Glases ebenso maßlos herab, wie auf der äußeren die Regenbäche, die rast- los dagegen schlugen. Und über den Garten hinweg bohr- ten sich ihre nassen Blicke förmlich durch die Mauern der Nachbarvilla, und sie sah im Geiste, wie Malwine, die blonde Nichte der verwitweten Frau vr. Blohm die Reise tasche packte, um mit der Tante morgen nach der Stadt zu fahren. Malwine war von Kindheit auf MariechenS beste Freundin gewesen; aber bas Unglück, das charakter mordende Unglück, hatte MariechenS Herz im Handum- drehen in einen Kieselstein verwandelt, und an dem ganzen Jammer trug kein Geringerer die Schuld als — St. Petrus, der mit seinem unzeitgemäßen Gepritschel alle guten Regungen, alle Lebcnsfreudigkeit aus einem erwachenden Mädchcnherzen fortgeschwemmt hatte. Was verstand auch so ein alter Graubart von dem, was ein siebzehnjähriges Mädchen selig oder elend macht? Was lag i h m daran, wenn seine Wassernüsse alle Blüten einer schönen Hoffnung zerstörten und ein Herz in Jammer brach? O, er würde lange warten können, bis sie an seine Himmelstllr pochte! In dieses Reich des nassen Elends wurde sie keinen Schritt tun, sondern hartnäckig in ihrem frühen Grabe liegen bleiben, und wenn alle Posaunen des Weltgerichts noch so laut rufen würden I Er hatte es gründlich mit ihr verdorben, dieser grausame Schlüssel mann und Wettermacher. Da lag es in feiner ganzen zauberischen Duftigkeit, das himmlische^ weitzgetüpfelte, lichtblaue Foulardkleid, das mit seinen lichten Spitzen und flatternden Bändern eine so berauschende Zierde des Weihnachtstisches gewesen, und das sie seitdem aufbewahrt hatte wie einen kostbaren Schatz. Denn feine Augen sollten zum ersten Mal auf diesem Prachtstück ruhen, und wenn seine Augen sie in diesem Feenstaat erblicken würden, dann — ia dann —? In die Stadt setzte der Herr Major keinen Fuß mehr, seit er vor Jahresfrist die reizende Villa gekauft; auf Stadt- bälle mußte Mariechen verzichten, und daS war der erste große Schmerz ihres Lebens; denn er huldigte dort Terpsichoren, der schönste, ach was! der einzige Assessor, den die Welt trug! Gott! War es denn möglich, daß die Erde solchen Mann trug, ohne vor Seligkeit mitten aus einander zu brechen, wie ein vor Glück zerspringendes Herz? Derartige naturvhilosophische Probleme beschäftigten Wariechens grübelnden Geist, ob sie nun Tauben rupfte, Bachsche Etüden spielte, oder die Nähmaschine rasseln ließ. Und jeden Abend strich sie den verflossenen Tag mit einem bindfadendicken Strich im Kalender auS und zählte, die sie noch durchsehnen müßte bis zum strahlenden Ostertag. Tenn mit ihm kam Er! Schon vor acht Tagen hatte Frau Or. Blohm das Fremdenzimmer für den einzigen Sohn in Bereitschaft gesetzt und Malwine hatte eigen- händig frische Gardinen aufgesteckt, und zwar mit einem Eifer, der MariechenS „auf Tod und Leben Freund- schäft" den ersten Stoß versetzte. Sie, der Malwine bit- her um so teurer gewesen, weil sie seine Cousine war, sie betrachtete nun Plötzlich dieses intime Verhältnis wie einen Flecken auf Malwinens Charakter. Aber über diesen seelischen Erschütterungen leuchtete wie die Sonne über grauen Nebelwolken die Gewißheit, ihnam Oster- tage wiederzusehen-, denn Mariechen stand in den opti mistischen Tagen der ersten Jugend, in welcher Hoffnung und Gewißheit das gleiche ist. Um so fürchterlicher traf sie nun auch die erste große Enttäuschung! Malwine hatte ihr vor einer Stunde die niederschmetternde Mit teilung gemacht, daß ihre Tante bei diesem Hundewetter die Ostertage in der Stadt verleben wolle und daß sie also morgen hineinführen: Emil sei bereits benachrichtigt. Dann hatte Malwine rührenden Abschied genommen, um die Reisetasche in stand zu setzen. Ach, zwischen Kämmen und Bürsten würde auch ein zuckendes Mädchenherz die Fahrt mitmachen, und nur eine seelenlose Hülle blieb in dieser trostlosen Wasserpfütze zurück. „Aber Kind, was ist denn?" rief die Frau Majorin und schlang entsetzt die Arme um den Liebling, „du heulst ja, daß man es bis in Papas Zimmer hört! Mir ist vor Schreck der Staubwischer auS der Hand gefallen." „Ach, Mama, ich bin so unglücklich!" «Um Gottes willen! Wer hat dir denn etwas getan?" Mit einem herzbrechenden Blick deutete Mariechen nach oben die Mutter sah erst ein wenig verständnislos drein, aber als ihre Augen auf den ausgebreiteten Fest staat fielen, brach sie in ein schallendes Lachen aus, das wie Dolche in MariechenS todeswunde Brust drang. „Gottlob!" rief die rundliche Dame, „wenn es weiter nicht- ist! Du wirst dich noch oft genug mit dieser himmelblauen Herrlichkeit putzen können; geh', sei doch vernünftig, Maus; schäm' dich ein Soldatenmädel und so zu heulen!" Also auch die beste der Mütter verstand dis Verzweif lung ihre- Kinde- nicht! Die Enttäuschungen hagelten nur so hernieder und verwandelten die blumigen Gefilde ihrer Jugend in aschgraue Trümmerhaufen! Mit den Gefühlen einer Niobe verschloß sie am Abend daS „Lichtblaue" und legte statt dessen den Regenmantel für den nächsten Tag zurecht. AIS sie spät auf tränen feuchtem Kissen sich in den Schlaf weinte, geschah es in der festen Ueberzeugung: Ja! dies Leben ist nicht wert, gelebt zu werden! Sj« hatte gerade eine nichts weniger als freundschaft liche Auseinandersetzung mit PetruS, der auch nicht auf den Mund gefallen war, als ein Schlag an das Fenster sie auS dem Traum schreckte; viel zu früh, denn sie hatte dem alten Herrn noch lange nicht alle- gesagt, was sie auf dem Herzen hatte. Ein zweiter Schlag! Wie der Blitz war sie in ihrem Schlafrock und am Fenster, aber beinahe wäre der halb aufgezogene Rolladen wieder herabgeraffelt — ein strahlend schöner, sonnenfunkelnder Ostermorgen! Und unter ihrem Fenster stand Malwine: „Sieben- schläferin! Mach', daß du berunterkommst; Emil ist mit dem ersten Zug gekommen, er hat schon zweimal nach dir gefragt!" Auch das noch! Fast wäre sie, wie sie da war, zum Fenster hinausgesprungen, an das Herz ihrer zärtlich ge liebten Malwine. Als ob es brenne, schrie sie aus Leibes- kräften: „Mama! geschwind, geschwind!" ... „Gnädiges Fräulein — Fräulein Marie flüsterte eine Stunde später ein wirklich außerordentlich flotter Assessor in das Ohr einer überirdisch seligen jungen Dame, „so schön habe ich Sie nie geseehn, so wunderschön kann nichts mehr auf Erden sein!" „O, heiliger Petrus, verzeih'; ich nehme alles zu rück —", bat Mariechen im stillen, während sie an des Freundes Seite durch den Garten schritt, hinaus zwischen tauschweren Wiesen und umwogt von dem köstlich feuchten Erdgeruch, den die vollkräftigen Felder ausströmten. Vom Wald herüber rief unablässig der Kuckuck, in den Lüften tirillierten die Lerchen; wie auS Silber glänzten die Weidenkätzchen in der Sonne und von nah und fern erklangen die feierlichen Stimmen der Osterglocken. Sie drangen tief hinein in die Herzen der beiden Menschen und läuteten auch in ihnen eine Auferstehung ein, denst auch ihnen war etwas Großes, etwas Weihevolles er- standen — die Liebe! das Glück! Ostern war es in ihnen wie in der Natur; wie diese mit neu erwachenden Augen hineinlachty in die leben flammende Herrlichkeit des OstertageS, so leuchtete auS ihren Augen die beseligende Ahnung eines neuen Da seins, und die trunkenen Liebeslieder der jubelnden Vogelkehlen klangen nicht jauchzender als das, was ihren Herzen entströmte und ihrem Gefühl Namen gab. Von seiner hohen Warte aber lächelte PetruS schmun zelnd herab: „Hab' ich dir's nun recht gemacht, du kleine Erdenblnme? Ihr Menschen seid ja nur glücklich, wenn man euch erst weinen macht, gerade wie man euch die Natur in Winterschlaf senken muß, damit ihr selig ihre Auferstehung feiern könnt!" Und der alte Herr da oben summte den Vögeln schnell noch ein paar ganz besonders schöne Melodien -u, fuhr mit dem leuchtendsten Azur nochmals über das blitzblanke Himmelsgewölbe, und warf geschwind noch ein paar Hände voll Sonnenstrahlen hinab. Da leuchtete, sang und funkelte eS auf der Erde, und millionenstlmmig drang es empor zu dem lächelnden Himmel-Pförtner: Ostern! Ostern! Fest der Freude, wie wunderschön!
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