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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.07.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-08
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19040708015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1904070801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1904070801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-08
- Monat1904-07
- Jahr1904
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.07.1904
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bewunderte Punkt durch Errichtung der große» Sandstein «Frei» . 1814 übergebe», so daß die letztere auf ein »urükhublicken vermag. Di« Terrasse, ein ..... — der BekrstigungSzeit Dresdens, ließ Kuriiirsl Moritz 1548 alt 1V Meter Hobe, äußerst massiv ausgesichrte Bastion erbauen. Im Jahr« 1788 wurde da» Plateau de» Festungswerkes vom König dem Minister Grasen Brühl zur freien Benützung überlassen. Dieser wandelte «» in einen Garten mit allerhand Anlagen, Pavillon», Fontänen. Statuen und einem Belvedere um. Bon seinem Palat» au», an dessen Stelle da» im Bau begriffene neue Ständehau» getreten ist. war dieser Garten über eine Bogen trepp« leicht zu erreichen. Die Herrlichkeit und Pracht gingen aber im sieben,ährigen Kriege verloren, da Friedrich der Große, Brühl» erbitterter Gegner, da» Eigentum de» letzteren seinen Sol daten zur Plünderung überließ und viele Kunstschütze lell» zerstört, teil» binweagefüdrt wurden. E« folgte die Navolronischr Zeit- evoche. in der Sachsen und die Residenzstadt Dresden unter den KrtegSereianMen mit tbren Schrecken viel zu leiden batte. Nach der Völkerschlacht von Leipzig ernannten die siegreichen Verbün deten den russischen Fürsten Rcpnin zum Kommandanten von Dresden und Generalgouverneur de» Lande». Diesem ist die An lage der großen Freitreppe und die Uniwandlung de» ehemaligen Brüblschen Garten» zur öffentlichen Promenade zu danken. Hier bei mag auch wohi der Umstand mitgewirkt haben, daß der im Palai» de» Grafen Brühl residierende Fürst Aerger empfand über den Umweg, den er zu machen hatte, um von dem nach der Terrasse zu gelegenen Spetsesoale au» den Schloßplatz oder die AugmtuSbrücke zu erreichen Der damalige Hofboumeister Thor- meyn erhielt deshalb im August des genannten Jahres den Beseht zur Ausführung. Als Vorbild scheint dabei dem Architekten die »ach dem Kapitol in Rom führende Treppe mit ihren Wasserspeiern den Löwen al» Abschluß voraclchwebt zu habe». Bis zu ihrer Neuherstellung und völligem Umbau im Jahre 1663 lagerten am Ausgange der Treppe ebenfalls zwei solcher Wüstenkönige, dir vom Bildhauer C. G. Kühn gemeißelt waren. Sie wurden später nach dem Großen Garten verbannt, wo sie an der Seite nach Strehlen hin den Eingang der großen Ouer-Allee bewachen. Die Freitreppe erhielt beim Umbau sieden frei vorliegende Stuken, auf welche ein Podest folgt. Sie wurde wiederum in Sandstein auSgesührt und erhielt al» besonderen Schmuck, wofür die Mittel dem Fond» für öffentliche Kunstwerke entnommen wurden, vier vergoldete, aus dem gleichen Material hrrgeltellte Gruppen, die verschiedenen Tageszeiten darstellend. Die zu den besten Bilddauerwerken Dres dens zahlenden Gruppen wurden von Professor Schilling entworfen und besitzen jede drei überlebensgroße Figuren. Aus den oberen Postamenten der 13'/, Meter breiten und 41 Stufen zählenden Frei treppe baden der .Morgen" und.Mittag", unten der .Abend" und die .Nacht" Aufstellung gefunden. Das seit dem Jahre 1759 im östlichen Teile des Brüblschen Gartens in Trümmern gelegene Belvedere wurde gleichfalls aus Anregung de» Fürsten Repntn neu autaedaut. Al» eine Nachahmung des >869 abgebrannten Königl. Hostdeatrr» Ist da» jetzige, im Hochrenatssancestil erbaute Belvedere zu betrachten, da» in erweitertem Umfange im Jahre 1842 errichtet worden ist. Bon anderer Seite wird allerdings daS Verdienst des Fürste» Repntn um diesen Anziehungspunkt Dresdens dadurch wesentlich eingeschränkt, daß behauptet wird, die Anlage einer Freitreppe sei bereits viel früher von einer für Abtragung der Festungswerke eingesetzten DemolitionS-Kommisswn an dieser Stelle InS Auge gefaßt, aber durch die drängenden Zeitereignisse nicht zur Ausführung gekommen. — Im Laufe dieses Sommers werden auf den beiden Kadettenschulschissen des Norddeutschen Lloyd .Herzogin Sophie Charlotte" und .Herzogin Crcilie" wieder etwa 40 neue Kadetten zur Einstellung gelangen. Der Andrang zu dieser gesun den und schönen Karriere, die den jungen Leuten Aussicht au! eine sichere und geachtete soziale Stellung eröffnet, war auch in diesem Jahre wiederum ein ganz bedeutender, was wohl als Beweis dafür an,wehen ist. daß die Einstellung dieser Schulschiffe einem zeit gemäßen Bedürfnisse entsprach. — Schwurgericht. Gegen den aus DreSden-Cotta ge bürtigen und daselbst wohn-nden Ziegelträgcr Karl Bruno Harz- bccker wird wegen versuchter Notzucht verhandelt. Zur Fest stellung des Tatbestandes sind 9 Zeugen geladen, weshalb die Beweisaufnahme mehrere Stunden in Anspruch nahm. Als Ver treter der Anklage fungiert Staatsanwalt Brendlcr, als Ver teidiger RechtSanwalt Perge. Die Oeffentlichkeit bleibt bis zur Urteilsverkündung ausgeschlossen. Harzbecker wird aus Grund oes Wahripruchs der Gelchworenen zu 2 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt. Die Untersuchungshaft kommt nicht in Anrechnung, da der Angeklagte sich nur ganz kurze Zeit in Haft befand. — Landgericht. In geheimer Sitzung hatte sich vor der 4 Strafkammer der Stcinbruchsarbeiter Mo; Paul Krell mann ouS Böhmen wegen Sittlichkeitsverbrechcns nach H 176,3 des Strafgesetzbuches zu verantworten. Das Gericht erkennt aus 10 Monate Gefängnis und 3jährigen Ehrverlust. — Der 1858 in Ronneburg geborene Baugeschäftssührer Gustav Albin Knoll errichtete im Aufträge seiner Ehefrau Ernestine Amalie Knoll geh Schiffner aus Zittau Mitte vorigen Jahres in Kaditz einen Neubau. Da beide ohne genügende Mittel waren, kam schließ lich auch beiiroge. Jnvalldenversicherungsgesetz zu 2 Wochen „ die Mitangeklagte Ehefrau kostenlos sreigesvrochcn. — Der 1886 hier geborene Schreiber Willy Albert Adolf Zieche war seit dem 1. Januar 1901 bei einem hiesigen Rechtsanwalt tätig, rückte im Herbst 1903 zum Bureauvorstaud auf und bezog zuletzt 85 Mark Monatsgehalt. Dieses reichte dem iiingcn Manne je doch bei weitem nicht zu, weil er allerhand noblen Sport Iricb. Die Folgen waren Veruntreuungen der Geschäftsgclder. Gleich zu Beginn seiner bevorzugten Stellung griff er die ihm anvcrtraute Kasse an und entwendete derselben bis zum April 1904 insgesamt 1102 Mark. Der Sinn für eine regelmäßige und pflichtactreue Arbeit scheint ihm zuletzt ganz verloren ge- gangen zu sein, denn der Nachfolger des inzwischen verstorbenen Rechtsanwalts fand die Bücher und Akten, deren Führung dem Z oblag, in einem völlig verwahrlosten Zustande. Zieche hat sich heute vor der 6. Strafkammer zu verantworten. Der zur Verhandlung berzugezogene ärztliche Sachverständige, Herr Polizeiarzt Prof. Dr. Wolf, bezeichnet den Angeklagten alsaeistig minderwertig. Das Gericht diktiert dem Angeklagten 8 Monate Gefängnis zu, rechnet aber 2 Monate als verbüßt an. — Der Kaufmann Heinrich Richard Hermann Wittig in Oberlößnitz ließ von dem Mühlenbesitzer Karl Ehnert in Rübenau eine Art Holz- mehl zur Verwendung in Bäckereibetricbcn Herstellen, welches dem Fabrikanten Franz Hahn in Einsiedel patentiert ist, und ver lauste daS Mehl an seine Kunden. Wittig und Ehnert haben sich iiifolgedessen wegen Vergehens gegen das Patentacsetz zu veumt- worten. Erster« erhält 50, letzterer 30 Mark Geldstrafe. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich. Die Kaiserin ist gestern 30 Min. m Cadinen eingetroffcn. um 7 Uhr Wie der ^Fränk. Kur." erfährt, soll der bayrische Militärbevollmächtigte in Berlin, Generalmajor v. Endreß, die Division in Augsburg erholten. Der dortige Divisionär Freiherr v. Reichlin-Meldegg werde Kriegsminister werden. Der Rücktritt des Freiherrn v. Asch erfolgt bestimmt nach Landtags- schluß. In den verschiedenen ReichsreffortS widmet man sich mit großem Eifer gegenwärtig den Etatsarbeiten für das Finanzjahr 1905. Während nämlich in Preußen der Termin sür di« Anmeldung der Neuforderungeii der einzelnen Verwal tungen auf den 1. September festgesetzt ist, sind die ReichsreffortS verpflichtet, ihre Forderungen für den neuen Etat jedesmal bereits bis zum 1. August dem NeichSschatzamte mitzuteilen. Es sind imr noch wenige Wochen bis zu diesem Termine, dann muß das ReichSschatzamt im Besitz der Anmeldungen sein. Diese wer den zunächst im letzteren Amte einer genauen Prüfung unter worfen, dann finden Konferenzen zwischen den Kommissaren der beteiligten Verwaltungen über etwa strittige Positionen statt, und schließlich geht das Ergebnis aller dieser Erwägungen, Prü fungen und Beratungen an den Bundesrat, um von vielem in der Form festgestcllt zu werden, wie der Etatsentwurf dem Reichs tage unterbreitet werden soll. Man kann, wie eine offiziöse Darlegung ausführt, sicher sein, daß bei der gegenwärtigen Finanz lage oes Reiches die Ncufordei ungen des nächstjährigen Etatsentwurfs sich wieder auf die Befriedigung der aller- dringendsten und notwendigsten Bedürfnisse beschränken werden. Trotzdem dürfte der Etat für 1905 kaum ein günstigeres Ans en erhalten können. Im Reich« besteht even ein Mißver- ltni» zwischen den eigenen Einnahmen und Ausgaben, das, wie eS sich schon in den letzten Jahren unliebsam bemerkbar gemacht hat, wobl auch noch im künftigen eine unerfreuliche Einwirkung auf die Etatsgestaliung ausüben wird. Als ziem lich sicher darf angenommen werden, daß der Etat sür 1905 dem Reichstage noch vor den Wcrhnachtsferien vorgelcgt werden wird. Wenn der Etat für 1903 dem Reichstage erst nach den ÄeihnachtSserien des Vorjahres unterbreitet wurde, so war der Grund dafür in den aus der Fertigstellung des neuen Zolltarifs bervoraegangenen Verhältnissen zu suchen. Man wollte damals durch die Etatsarbeiten das große Werk der Zolltarifrevision, das ja denn auch -ustandegekommen ist, nicht stören lassen. Dies mal dürsten ähnliche Berzögerungsgründe sich kaum cinstellen. Da außerdem auch schwerlich EtalSänderungen zu erwarten sind, die nicht schon bekannt und längere Zeit erwogen sind, so dürfte sich auch in der Herstellung eines Entwurfes selbst ein Ber- zögerungsgrund nicht ergeben. Man wird demgemäß schon damit rechnen können, daß der Reichstag bald nach seinem Wieder- zusammentritt im Herbst als eine der ersten Vorlagen den Etatö- entwurf für 1905 zugestellt erhalten wird. Zu wünschen wäre nur, daß der Reichstag nicht wieder die rechtzeitige Fertig stellung des Etats unterläßt. Im Gegenteil würde eine Abkürzung der Etalsberatungen gerade für den nächsten Togungsabschnitt, in dem die Lcffung jo mancher anderen wichtigen gesetzgeberischen Aufgabe bevorsteht, für den Parlamentarismus und für das Vater- land von Nutzen sein. In Baden hat sich die Negierung genötigt gesehen, gegen das in der letzten Zeit immer mehr ins Kraut schießende Kur- pfusch ertum gesetzgeberisch vorzugehen. Tie Zweite Kammer hat in den letzten Tagen des Juni einen vom Minister des Innern vorgelegten Gefetzentwurs zur Eindäimnung des Pfuscher wesens angenommen. Bei den Debatten in der badischen Ab- aeordnetenkammer wurde von verschiedenen Rednern dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß das Reich die gesetzliche Regelung auf dem Gebiete des Knrpsuscherwescns in die Hand nehmen möchte, weil nur ein durchschlagender Erfolg erzielt werden könne, wenn in allen Staaten gemeinsam gegen den Krebsschaden für die Volksgesundheit Abwehrmaßregeln ergriffen würden. Wie aus dem unlängst erschienenen Bande für 1902 über das Ge sundheitswesen des preußischen Staates, das von der Medizinal abteilung des Kultusministeriums jetzt alljährlich hcrausgegeben wird, hervorgeht, hat sich in Preußen seit dem Erlasse der Ge werbeordnung des Norddeutschen Bundes im Jahre 1869 die Zahl der Kurpfuscher fortgesetzt vermehrt und ist noch andauernd un Steigen begriffen. In den anderen Bundesstaaten liegen die Verhältnisse zweifellos nicht anders wie in Preußen und Buden. In Preußen sind Verzeichnisse über die Personen, welche, ohne approbiert zu sein, die Heilkunde gewerbsmäßig ausüben, von den Kreisärzten zum ersten Male im Jahre 1902 ausgestellt und mit den Jahresberichten eingereicht. Infolge dessen können die für den Band über das Gesundheitswesen uu Jahre 1902 benutzten Listen noch nicht als vollständig und er> schöpfend angesehen werden. Nur für Berlin, wo das Polizei. Präsidium cs sich bereits seit längeren Jahren angelegen sein läßt, die Personalien der Kurpfuscher genau zu ermitteln, dürften die ziffernmäßigen Angaben ziemlich zuverlässig sein. In der Reichshauptstadt gab es 1879 nur 28 Kurpfuscher, bis 1882 war ihre Zahl bereits auf 142 gestiegen, 1888 betrug die Ziffer 227, 1894 war sie auf 335 angeschwollen, 1897 auf 476 und 1902 — ohne Einrechnung der Orte Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf — auf 820 Personen. Mit Einrechnung der drei ge nannten Orte stellte sich die Zahl auf 973. Danach kamen tm Jahre 1902 in Berlin auf je 10000 Einwohner 4,34 lmit Er rechnung von Charlottcnourg, Schöneberg und Rirdors 4,22> Pfuscher. Von 1879 bis 1897 hatte sich der Satz aus je 10000 Einwohner von 0,2 bis auf 2,7 gesteigert. Was die allgemeine Bildung der Kurpfuscher in Preußen betrifft, so hatten drei Viertel derselben leinen weiteren Unterricht genoffen als den der Volksschule. Gewerbsmäßige Pfuscher mit Mittelschui- oder Gymnasialbildung waren sehr in der Minderheit. Eine wirk liche Fachausbildung wiesen nur eine ganz kleine Zahl von gewerbsmäßigen Pfuschern auf, zirmeist Studenten der Medizin und Chemie oder Pharmazeuten, die ihr Ziel nicht erreicht hatten. Die Zahl der Bestrafungen war bei den Kurpfuschern so hoch wie bei keinem anderen Gewerbe. Mehr als 11 Prozent der Pfuscher in der Monarchie waren besttast. In einigen Kreisbezirken von Berlin entfiel schon aus 4 und gar 3 Pfuscher ein Bestrafter. 167 Pfuscher waren mehr als einmal, 16 mit Zuchthaus, 137 mit Gefängnis bestraft gewesen. Gegen 8 schwebte die Untersuchung noch. Dieses Strafregister, dos noch nicht ein mal vollständig ist, da manche Berichte die Bestrafungen nicht mit erwähnen, zeigt zur Genüge, welch ein Krebsschaden für die Volksgesundheit die ausgedehnte Kurpfuscherei ist und daß ein Vorgehen zur Eindämmung des Krebsschadens aus gesetz geberischem Wege in vieler Beziehung wünschenswert wäre. Der Pfarrer der deutschen evangelischen Ge meinde in Windbuk. Wilhelm Anz. sendet der »Christlichen Welt" unter der Ueberichrifl »Gerechtigkeit für die Deutschen in Südwestafrika!" einen Artikel, der sich besonders gegen auch von Bebel im Reichstage benutzte Ausfüh rungen des evangelisch-orthodoxen .Reichsboien" richtet. Man kann durchaus nicht allen Bemerkungen dcS Veriassers beipflichten, muß einen großen Teil aber für außerordentlich berechtigt halten und sich der ehrlichen Worte freuen, die hier gerade von einer Stimnie ertönen, der ein Teil der erwähnten Kritiker besondere Beachtung schenken muß. So schreibt Pfarrer Anz: Ein dculsches Städtchen von 4000 Einwohnern — so viel wie hier Europäer wohnen — würde sich wohl bedanken daiür. daß man es auf Gmnd der in zehn Jahren zusammenaddierien Mißhandlungen. Ausschreitungen, TrunkiuchtS- und UnzuchlSiünden kurzweg eine »Handvoll Abenteurer" bczeichnete. Wir Deutschen aber »i Südwestasiika müssens uns gefallen lassen zu lesen: »Wenn Mord und Totschlag. Mißhandlungen mit Latten. Stöcken und Rhino zercSveittchen bis zur Bewußtlosigkeit. Schändungen der Frauen und Töchter der Herero dieienige Kultur und Gesittung damellen, die wir den Herero auszudrängen suchen, dann ist es lein Wunder, daß sich das edler« und höhere sittliche Gefühl dreier Volksstämme gegen derartige Schändlichkeiten empört." Ist denn das wirklich und Weiler nichts die ganze Kultur und Gesittung, die wir den Herero aufzudrängen versucht haben? Tann freilich müßte ja wahr sein, was sogar die »Christliche Welt" schreibt, daß »das einzige Stück wirliicher, gründlicher Kulturarbeit, das wir Deut ichen in Südwestasiika bisher getan baden", die Arbeit unserer rheinischen Mission wäre, und wir wären allesamt die Verachtung wert, die man jetzt ohne Unterschied auf uns herabgeschüttrt hat. ES ist tief beklagenswert, daß dir aus miffionmischen Kreisen stam menden »ReichSooten"-Artilel mit der unterschiedslosen Allgemein heit ihrer Behauptungen in Deutschland den Eindruck hervorgebracht haben, als ob man von den Weißen als »Kulturträgern" in Süd- westafrika nur noch in Anführnngsstrichelchen reden könnte, als gäbe eS hier nur Händler, die mit Schnaps und Putzwaren die Herero verderben und Wucherschulden mit roher Gewalt eintreiben. nur Männer, die mit Herrrosrauen ein wüstes Leben fühlen und die Eingeborenen brutal behandeln, nur Weiße, die den Herero Lehrmeister für alle Schlechtigkeiten gewesen sind. Ich bin ein Freund der Mission gewesen und bin es noch und denke es auch zu bleiben: ich gebe ohne weiteres zu. daß die Missionare viel Grund zu Klagen gehabt haben über das Benehmen vieler Weißen gegenüber den Eingeborenen: aber ich kann nicht anders als sagen, die Art. wie in jenen »Reichsboten '-Artikeln die Weißen ganz allgemein als weiße Teufel und die Eingeborenen ebenso allgemein als schwarze verführte Engel hingestcllt werden, ist un verantwortlich. - ES ist eine Eigentümlichkeit, so fährt der Ver fasser an anderer Stelle fort» wohl auch eine ehrende Eigentümlich keit unseres deutschen Volkes, daß eS in ängstlicher Gewissenhaftig keit bemüht ist, selbst den Feinde» Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Dabei ist's ihm leider schon öfters widerfahren, daß es vor lauter GerechtigkeltSdrang ungerecht gegen die eigenen Landsleute wurde. Und so ist eS auch diesmal wieder ge gangen. Den Herero ist nunmehr überreichlich »Gerechtigkeit" erwiesen, es wird höchste Zeit, auch den Dentichen Gerechtigkeit widerfahren zu lasten. Schon heißt eS: »Die deutsche Nation will nicht, daß eine Handvvll Abenteurer in den Kolonien wüste Brutalitäten übe, die Eingeborenen zur Racheübung erbittere und daS Reich dann alles ausbaden toll." Und die praktische Schluß folgerung: Zwei Millionen zu Darlehen an die Geschädigten, mehr nicht: mögen sie die Suppe auSessen, die sie sich eingebrockt haben. Damit zwingt man dir besten, zukunstsvollsten Elemente, eine ganze Reibe von altbewährten, fleißigen Farmem zur A. S- wanderuna. Wer vor dem baren Nichts steht, kann mit einem dürftigen Darlehen von vielleicht >0000 Mk. nicht den Neuausba» beginnen. Es ist hart, wenn die, die sich an dem Ausbruch des AufftandeS unschuldig sichle». ungebvrt mit den Schuldigen ver dammt und bestraft und »in ihr Existenzrecht gebiacht werden sollen: doppelt hart, wenn dies geschieht in einer Zeit, wo Krieg. Typhus und die ganze Trostlosigkeit der gegenwärtigen Lage ohne bin schwer auf dem unglückliche» Lande und seinen Bewohner» lastet. Endlich lagt Anz: »Jedermann hier im Lande, dir Missio nare nicht ausgelchlosscn, weiß, daß dieser Krieg komme» mußte, auch wenn nie ein Händler eine Kuh aus dem Kraal eines Herero Herausgetrieben hätte. Tie Händler Häven vielleicht seinen Au? druck velchlrunigt. gewiß eine Masse unnötige Verbitterung ge schaffen: aber eS wäre töricht z» glaube», dag ein Volk von rund 60060 Seelen um etwa 50Meniche» willen - mehr sind es kaum Händler gewesen, und auch die nicht sanier Wucherer und Hais abschnetder —, die verstreut im ganze» Lande ihr Wesen trieben, einen umsaffenden, seit Jahien voibereitete». sorgsam organisierten Krieg beginnen sollte. Tie paar Händler konnten mit Leichtigkeit crmvrdet werden, dazu war kein solcher Auiwand »ölig. Nicht den Händlern gilt der Krieg, iondem den Deutschen als solchen: ob sie die Herero mißhandelt haben oder nicht, kommt dabei gar nicht i» Betracht, alle Dentichen sollten aus dem Lande verjagt werden, nur wenigen alle» Freunden halte man Freibriefe ausgestellt." Unter der Ueberichritt »Uebertriebene internatio nale Höflichkeit" schreibt die »Nhein.-Wesls. Zig.": Die Vereinigten Staaten von Amerika feiern alljährlich den Tag ihre: Ünabhängigkettserklärung von England, den 4 Juli. Ucbcrall, wo Amerikaner in der Welt leben, feiern sie ebenso den 4. Juli, wie dabeim an den großen Seen oder in Wild-West. DaS ehrt die Nation, ihre Bewohner und ihre Angehörigen in der Fremde, weil sie ihrer großen Vater gern gedenkt. Etwas anderes aber ist es mit der Feier der Declaration ol imieixmcia»/.« seitens der Nichtamerikancr im Auslande. Seit langen Jahren ist man es gewöhnt überall in Deutschland und wohl auch anderswo in Europa die amerikanischen Botschaften. Gesandlschaste» und Ko» iulate am 4. Juli im Flagaenicbmuck zu leben. Auch dagegen wird selbstverständlich kein Mensch etwas einwcnden können. Man denkt dabei nur manchmal mit leiser Wehnint. ob es io unbedingt nötig gewesen wäre, daß wir den Scdantag nicht mehr offiziell leiern sollen: sind doch ieit Sedan erst 34 Jahre her und seit jener Nameusunterzeichnung im nordamerikanischen Kongreß 128. Mit steigendem Befremden aber nehmen wir in den letzten Jahren war, daß in Deutschland auch von Nichtamcrikanern der Tag der Nn- abhängigkeirserklärurig in der allen sichtbaren und ailfsallenden Form des Flaggenichmuckes gefeiert wird. Wer in Berlin am 4. Juli durch die belebtesten Stadtteile fuhr, bemerk!«, daß nicht nur große Hotels Unter den Linden und in der Friedrichstadt sondern auch mehr oder weniger anrüchige Kneipen niit amerika nischen oder englischen Namen es sich nicht hatten nehmen lassen, bunte Fetzen herausznhängcn. Das ist ein GcschäitSmanövcr. das schon bedenklich an allzu große internationale Höflichkeit erinnen. wenn es eben nicht ganz und gar Gclchnilsiiranvvcr sein soll. Wer im Alislande gereist ist. wild sich schwerlich erinnern, jemals tn der Schweiz, in Tirol, in Italien oder sonstwo zur Feier des deutschen Sedantages Fiaggenschmuck bemerkt zu haben. Es scheint den Deutschen allein Vorbehalten zu sein, mit dieser Art von Reklame ausländischer Feste zu gedenken. Deutsche nationale Festtage sucht man mit Rücksicht aus die Gefühle der fremden Nation einzuschränken. Fremde nationale Festtage aber feiert man dafür in zunehmendem Maße. Das ist eine nationale Schwäche. Auch wir haben, so sollte man meinen, alle Veranlassung. unserer Väter gern zu gedenken, und zwar unserer in allererster Reihe und nur in Ausnahmeiällen oder bei solchen Gelegenheiten, wo es nicht zu vermeiden ist. fremder Gedenktage. Mag icder, der ein Geschäft daraus machen will, jedes Hotel oder ,cde Kneipe, inner halb jeiner Mauern tun, was er will, aber seine Mitmenschen damit verschonen, sie in zudringlicher Weise zur Glorifizierung fremder Rationen anzulocken. Ueber eine Aenderung im System der parlamentari schen Berichterstattung schreiben die „Hamb. Nachr.": „Wenn jetzt allerseits in der Presse zugegeben wird, daß zur ungebührlichen Verlängerung der parlamentarischen Sitzungs perioden wesentlich auch ein gewisses Uebermaß von Nedeeiser beiträgt, das die Abgeordneten zu entwickeln nicht umhin zu können glauben, wobei nicht selten immer wieder dieselben Dinge vorgebracht werden, so glauben wir, daß die „Natl. Korr." recht hat, wenn sie die Frage aufwirft, ob nicht auch von seiten der Presse dazu beigetragen werden könnte, um derartige Wieder- Holungen in den Parlamentsreden nach Möglichkeit zu ver hindern oder doch mindestens einzuschränken. Die Presse brauchte nur dahin übereinzukommen, in Zukunjt in der Berichterstattung über die Parlamentssitzungen eine Aenderung eintteten zu lasten. Obgleich bereits dankenswerte Anläufe zum Verzicht auf mög lichst wörtliche Mitteilung alles dessen gemacht sind, was selbst zur unwichtigsten Sache von irgend welchen Abgeordneten ge äußert wird, unterstützt doch ein großer Teil ver Zeitungen das Geschäft der unnötigen Wiederholungen dadurch, daß sie ebenso denkbar ausführlichste Berichte über Kommrssions- wie über Plenarsitzungen der Parlamente ihren Spalten einverleiben. Sie tun es auf eigene Kosten, die meist außer Verhältnis stehen zu dem Interesse, welches das Zeitungen lesende Publikum an den langen Parlamcntsberichtcn nimmt. Es kommt hinzu, daß durch das Festhalten an dieser Uebunq die Anmaßlichkeit besonders gern, viel und ins Breite sprechender und sich dann gedruckt lesender Abgeordneter gefördert wird, der Presse gegenüber eine Art Gewohnheitsrecht geltend zu machen, daß diese ihnen die Redeschlcppc trägt. Tie Presse ist die ältere Institution. Darauf hat Rudolf v. Bennigsen wiederholt hingcwiesen, 11110 wenn die Parlamente mit der Zeit hierauf etwas mehr Rück sicht zu nehmen lernen, so wäre das kein Fehler. Es würde ebenso der Presse wie den Parlamenten zu gute kommen. Der Parlamentsberichte Würze muß in Zukunft mehr und mehr die Kürze sein, dann werden die übcrredclustigcn Abgeordneten aufhören, wiedcrzukäuen, was schon hundertmal gesagt wor den ist." Unter dem Vorsitze des Herrenbausmitgliedes Popelins fand in Berlin die erste Auslchiißsitziing der vom Zcntralverband den! scher Industrieller ins Leben gerufene» Ha » ptstelle deut scher Arbeitgeberverbände statt. Wie der »Köln. Ztg " berichtetwird, wurden nach Festsetzung desHciuShciltplanes dieGrund iätze besprochen, die bei Anträgen ans Gewährung von Hilfe durch die Hanvtstelle maßgebend sei» sollen. ES wurden ferner die für den Abschluß von Kcirtellverträgcn mit andere» Arbeitgeberver bänden maßgebenden Gesichtspunkte scstgelegt. Zur Erörterung gelangten ferner die Verhältnisse der satzungsgemäß sich gegenseitig Hilfe gewährenden Arbeitgeberverbände, sowie daS Verhältnis von Einzelsirmen zur Hauptstclle. Weiterhin wurde beschlossen, in der Hauplstelle eine Organisation zur Verbindung der ArbeitSnachwestc unter einaiider zu schassen: endlich wurden zwei Anträge ans Unter stützung von Arbeitgebern, die von unberechtigten Arbeiterau? ständen heimgeincht sind, durch Gewährung der Unterstützung erledigt. Die Hanptstellr wild über ihre Täligkcit Mitteilungen veröffentlichen, deren Erscheinen an bestimmte Zeiten nicht gebun den sein wird. Der Berbandstag derTcchnischen Hochschulen Deutsch, lands hat nach den „Berl. N. N." einstimmig folgenden Beschluß gesoßt: Ausländer können an allen deutschen Technischen Hoch schulen als Studierende ausgenommen werden, wenn sic ein Zeugnis besitzen, das von den Ministerien als völlig gleichwertig mit den Reifezeugnissen eines humanistischen Gymnasiums, Real gymnasiums, einer Obcrrcalschiile oder einer diesen Schulen für das technische Studium gleichgestellten Lehranstalt des Deutschen Reiches anerkannt wird. Fenier muß dieses Zeugnis im Lande seiner Ausstellung zum Studium an einer Technischen Hochschule oder, falls keine solche Anstalt vorhanden ist, an einer lini- versität als Studierender berechtigen. Für die russischen Staats- anaehörigcn ist der Nachweis der bestandenen Koiikurreiig- vrüfung, die zmn Hochschulstudium berechtigt, zu erbringen, oder das Zeugnis über den Bestich als Studierender an einer russi schen Hochschule. Für Ausländer ist weiter Bedingung, daß in ihrem Heimatland Angehörige des Deutschen Reiches mit einem deutschen Reifezeugnis zum Hochschulstudium als Studierende zn- gelaffcn werden. Ferner können den Ausländern in den Zeichen- sälcn und Laboratorien erst 14 Tage nach Beginn des Hoch- schulscmeslers Plätze angewiesen werden. Der Berbandstag spricht sich schließlich für eine entsprechende Honorarerhöhung aus. Dieser Beschluß soll als Eingabe den beteiligten Ministerien und Rektoraten unterbreitet werden. Der Deutsche Nautische Verein stellt gegenwärtig Erhebungen darüber an, ob ein einheitliches internationales Schiffs- vermessungsverfahrcn auf der Basis der deutsch-eng- Dresdner Nachrichten. Nr. 488. Seite ». Freitag. 8. Juli »»«4
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