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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.05.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030512012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903051201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903051201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-12
- Monat1903-05
- Jahr1903
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a»O. L II. »O. »dzMt. L L S. s. M.0.-8.P.I9M I. itt-tSs^öO. s. s. ö z. ij L z. S.V. S.I). ». l.1). j. o. Ij. i.0. i. 0 s. i. v s.I> j. IN.0p.ii6 m.0pU!ü z. l.0. li. l. I) u. i.0. ». t.1) t. 0. z. i. V «.0. 1 l.0. tlonen H. »«k«nvri. L j. j. I. L L r. z. z. ». ». r. r. t. x^r.vL7: — r. j.L z. ». i. i. r. ». i. s. 6. ij. L «i. i «. 0. O. > O »s. '<L r. t. v r. j. r i. i. z. r. i rs.isoü»«r-o. ». »v ».o. l-LKVNe-l-v. r «soLs-r-v. »o. «.o. -.0. «.0. tllok Uarik O.I). s.0. »O. S.O. »0. »0. s.0. tUoir 11»rk Z k- Z Bezuqs-PrciS Kl der Hauptrxpedltton oder deren Ausgabe stelle» obgebolt: vierteljährlich 8.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» HauS 8.7k. Durch die Post bezogen lür Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für dw übrigen Länder laut ZeitungSpretSllste. Nr-aktion und Lrveditiou: IohanntSgafse 8. Fernsprecher lS3 und 222. Filialerpeditionrn: Alfred Hahn, Buckhandlg., UuiversitätSstr.8, L. Lösch«, Üatharinenstr. 14, u. KönlgSpt. 7. Haupt-Filiale Dresden: Martenstrabe 84. Fernsprecher Amt 1 Str. 1718. Haupt-Filiale Serlin: E«l vuncker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg, Lüyowstraßr 10 Fernsprecher A».: VI Nr. 4603. Morgen-Ausgabe. KipMcr TajMalt Anzeiger. Ämtsösalt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeiger,-Preis die 6 gespaltene Petttzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSstrich (4gespalten) 7b H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 80 Tabellarischer und Ziffernsay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteruumahme 25 H (ezcl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mtt oer Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderun» 60.—, mit Postbejörderuug 70.—. ^nuahmeschluß für Anzeigen: Ab«ud»Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margeu-Au-gab«: Nachmittags 4 Uhr. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag voa L. Pol» tu Leipzig Nr. 238. Dienstag den 12. Mai 1903. 97. Jahrgang. Die Wahlen in Württemberg. <D Ludwigsburg, 10. Mai. Der Wahlkampf laßt sich in Württemberg bis jetzt recht lau an. Die Kandidatenaufstellung ist noch nicht be endigt und etwaige Partoikartelle sind noch nicht zun. Ab schlüsse gelangt. Von den 17 Wahlkreisen waren in der letzten Legislaturperiode 6 im Besitze der Volkspartei (Payer, F. und K. Haußmann, Haehnle, Hoffmann, Augsts, 4 durch das Zentrum (Grüber, Braun, Rembold, Hof mann), 3 durch die Nationalliberalen (Hieber, Mauser, Lettner), 2 durch die Sozialdemokraten (Kloß, Schlegel), 1 konservativ (Schrempf), 1 freikonservativ (Hegelmaier) vertreten. Das Zentrum wird seine vier Sitze kampflos behaupten. Im übrigen ist alles ungewiß. Die Volks partei wird von ihrem lange gehätschelten Nachbarn zur Linken und vom Bunde der Landwirte hart bedrängt. Unter kkn Bauern ist der Uebertritt von der Demokratie direkt zum Bunde der Landwirte in bisher sicheren Do- mänen der Volkspartei scharenweise erfolgt; das dem Schwaben und dem kranken seit Generationen angeborene Bedürfnis, über die Dummheit und Unfähigkeit der Re gierung weidlich zu schimpfen, findet im einen wie im andern Falle vollauf seine Befriedigung. Sehr unerfreu lich ist indes auch die Lage für die Deutsche (nationalliber- rale) Partei, in deren Wählcrkrcisen auf dem Lande gleich falls der Bauernbund sich ein behagliches Nest zubcreitet hat. Muß mau auch dien Organisationen der Partei den Borwurf der Lässigkeit machen, in der die Fühlung mit dem Lande vielfach fast ganz verloren ging, so ist ander seits zuzugeben, daß gegenüber einer derart skrupellosen demagogischen Agitation, wie sie die berufsmäßigen Wanderredner des Bauernbundes seit Jahren entfalten, die Werbeversuche und die auch bestgemeinte Aufklärungs arbeit einer auf Ausgleichung der wirtschaftlichen Gegen sätze bedachten Partei von Anfang an mit dem lähmen den Eindrücke der Aussichtslosigkeit zu kämpfen haben und daher von selbst aufhören. Wenn man der Deutschen Partei den Rat gegeben hat, sich zur Abwehr des gemeinsamen Gegners um ein Kartell mit der Demokratie zu bemühen, so beruht dieser Vor schlag auf völliger Verkennung der Jahrzehnte alten Tra ditionen hüben und drüben: zwei Parteien, die mehr als 80 Jahre hindurch in schärfstem Kampfe gestanden, können unmöglich mit Aussicht auf Erfolg einige Wochen vor der Wahl ack boe Frieden schließen; die Gefolgschaft der An. Hänger würde hier wie dort der Parteileitung fehlen und scharenweise nach der äußersten Rechten und nach der äußersten Linken sich verlaufen. Dazu kommt, daß die Haltung der Volkspartei in Fragen der ReichSpoltttk grundsätzlich sich gegen früher nicht geändert hat: im Tone knabenhafter Nörgelei, im Verhöhnen aller nationalen Gefühle, im Uebermute der politischen Verantwortungs losigkeit läßt sich die führende wie die kleine demokratische Presse Schwabens von der sozialdemokratischen wenig übertreffen. Die Herren Haußmann und Payer setzen immer noch ihren Stolz darein, dem in der preußischen Hauptstadt tagenden Reichstage möglichst intensiv den Rücken zu kehren, allenfalls bei günstigen Anlässen -en Herren dort „dondcrschlächtig" ihre demokratische Meinung zu sagen, um befriedigt zu den ob solchen Männerstolzes staunenden Wählern Reutlingens, Balingens und Böblingens zurückzukebren. Von einer positiven Mit- arleüt an den großen Aufgaben der Reichsgesetzgcbung, der diese Helden der großen Worte sich zu unterziehen die Gewogenheit gehabt hätten, dringt so gut wie nichts in die Öffentlichkeit. Wer das seit Jahren und Jahrzehnten miterlebt hat, kann sich nicht genug wundern über die An spruchslosigkeit, mit der das schwäbische Volk seine demo kratische Reichstagsvertrctung hinnimmt. Mit dieser ledig lich von der Vergangenheit lebenden Partei sich zu ver bünden, um augenblickliche, zudem zweifelhafte Wahl erfolge zu erringen, wäre für die Deutsche Partei ein mehr als gewagtes Beginnen. Selbst eine Niederlage unter dem Drucke der extremen wirtschaftlichen Strömungen würd-cn wir solch rühmlosem Bündnis vorztehen, überzeugt, daß die Hoffnung auf Erfolge, die nach dem Verlaufen der agrarischen nnd der antiagrartschen Hochflut wieder er» rungen werben können, sicherer auf einer einmaligen Niederlage, als auf einem mit einem so gearteten Gegner geschlossenen Kartelle aufgebaut werden kann. Zur Zett sind die Wahlaussichiten schlechterdings nicht zu schätzen, sicher ist nur, daß erst eine erhebliche Anzahl von Stichwahlen zu einem Endergebnis führen wird. Lerlin und Meiningen. Der Rücktritt de« Erbprinzen Bernhard von Sachsen-Meiningen vom Kommando de« sechsten Armeekorps wirft zugleich neue« Licht auf die Beziehungen zwischen Berlin und Meiningen. In einer Meininger Korrespondenz der »AugSb. Abend,tg " wird zu nächst darauf hingewiesen, daß die Rücktrittöabsicht des Erb- prinzeu nicht von den letzten Monaten datiert; auch sei eS in eingewcihten Kreisen kein Geheimnis, daß das Verhältnis der Erdprinzessin Charlotte zu ihrem Bruder (dem deutschen Kaiser) schon seit Jahren nicht mehr so herzlich und innig wie srüher sei. Dann heißt es weiter: „Schon im vorigen Jahre war Erbprinz Bernhard nahe daran sein Abschiedsgesuch einzureichen, di« Angelegenheit fand aber, wie man sagt, durch Bermittelung des Königs Albert von Sachsen ihre Beilegung, obwohl auf di» Dauer dieses Ver- hältnis unhaltbar schien. Es kam am eklatanteste» zum Ausdruck, als Kaiser Wilhelm im vorigen Jahre zum Jagdauienthalte in Schlesien weilte und bei dieser Gelegenheit sein Kürassierregiment in Breslau auf einige Stunden besuchte. Damals fiel eS allgemein auf, daß der Erbprinz und die Erbprinzessin sich wenig» Tage vor Ankunst deS Kaisers nach Schloß Erkmanns dorf begaben. Wie verlautet, beabsichtigt das erbprinzliche Paar, zunächst eine größere Auslandsreise anzutreten und dann dauernd seinen Wohnsitz in Meiningen zu nehmen." Die Zuschrift kommt dann auf die Verhältnisse am Meininger Hofe zu sprechen. Bekanntlich ist Herzog Georg morganatisch mit der Freifrau v. Helbburg, geborener Ellen Franz, vermählt. In der Zuschrift wird aber betont, daß seit Jahren das beste, ja sogar freundschaftlichste Verhältnis zwischen dem erdprinzlichen Paare und der Gemahlin des Herzogs bestehe. Meinungsverschiedenheiten über die etwaige Rangordnung lönnlen in Meiningen nickt in Frage kommen und seien auch bei den wiederholt in den letzten Jahren dagewescnen fürstlichen Besuchen nie in Frage gekommen, da der Herzog seiner Gemahlin den Rang nach den Prinzessinnen des herzoglichen HauseS verlieben habe. Zum Schsusse wird über die leit Jahren bestehende Span nung Zwischen Herzog Georg und Kaiser Wil- Hel ni II gesagt: „Die Spannung ist auf den nach dem Regierungsantritt des Kaisers angrsagten Antrittsbeiuch desselben am Meininger Hofe zurückzuiühren, welcher säst in letzter Stunde, nachdem Hos und Land sich schon ungeheuere Kosten verursacht hatten, wegen Etikeitejchwierigkelten abgesagt wurde. Der Herzog reiste noch am selben Abend mit seiner Gemahlin nach England ab. Diese Spannung mag später noch ihre Verschönung erfahren haben, durch da- entschiedene Eintreten deS mit dem »chaumburg- lippeschen Hause fast ebenso nahe wie mit dem Gras-Regenten von Lippe-Detmold verwandten Herzogs für den Gras-Regenten in der Lippeschen Erbfolgfrage. Damals schuf bekanntlich der MeiningenscheLandtag einstimmig einGesetz, welches dieEhe desPrinzen Friedrich mit der Gräfin Adelheid zur Lippe-Biesterseld ausdrücklich als standesgemäß anerkannt hat und deren Kindern die Suc- cessionsberechtigung im Herzogtum zusprach. Herzog Georg, welcher früher jedes Jahr am Geburtstag des Kaisers Wil- Helm I. in Berlin weilte, welcher als der Ersten einer von den Gestaden des Comosees nach Berlin eilt«, als d«r alte Kaiser starb, welcher darauf in kurzer Zeit zweimal seinen Besuch in Berlin wiederholte, um dem ihm innig befreundeten Kaiser Friedrich die letzte Ehre zu erweisen und der Eröffnung des ersten Reichstage- unter der Regierung Wilhelm- II. beizuwodnen, ist seit einem Jahrzehnt jeder Begrgnung mit dem deutschen Kaher aus dem Wege gegangen und hat Berlin nicht wieder besucht. Da- bei aber ist er der deutschesten Fürste» einer und in seinem Lande hochgeachtet und aufrichtig geliebt." Ueber die äußeren Vorgänge beim Rücktritte deS Erbprinzen berichtet die „Brest. Morgenztg." noch: „Der Erbprinz wurde durch einen „blauen Bries" zur Ein reichung seines Abschiedsgesuches ausgesordert. Dieser Brief wurde, da der Erbprinz sich zu jener Zeit in Ovpeln befand, vom dienst- tuenden Adjutanten geöffnet und dann erst an den Adres saten weiter brsördeit. Auf dem Bahnhofe in Oppeln erhielt der Erbprinz die erste Kenntnis davon, daß er das Kommando des VI. Armeekorps niederzulegeu habe." Deutsches Reich. I. 8. Leipzig, II. Mai. In der EutschädigungS- klage, welche eine Anzahl Werftarbeiter in Ham burg gegen die Hamburg - Amerika - Paketfabrt- Aktiengesellschaft und die Firma Blohm L Voß in Hamburg angestrengt ballen, wurde von den Klägern der tz 82k deS Bürgerlichen Gesetzbuches (Verstoß gegen die guten Sittens geltend gemacht. Anläßlich eines im Juli lSOO auf der Reihersliegwerft in Hamburg auSgebrockenen Streiks von etwa 100 Nietern batten alle Werflbesiyer, nachdem eine versuchte Einigung ohne Erfolg geblieben war, beinahe sämtliche Arbeiter entlassen, was einen zweimonatigen Stillstand im Betriebe der Schiffswerste zur Folge hatte. Elf jener entlassenen Arbeiter waren die Kläger. Da« Land gericht und da- OberlandeSgerickt Hamburg hatten die Klage abgewiesen und da« Reicksgericht bat bekanntlick durch die Zurückverweisung der Revision dieses Urteil be stätigt. ES war das erste Mal, daß der höchste Gerichts- bof sich mit einem Prozesse zu beschäftigen hatte, in dem eine Lohnforderung sich aus Vie Anwendung des tz 828 B. G. B. stützte, weshalb eS wohl von Interesse ist, aus dem umfang reichen Urteile deS Reichsgericht die Hauptpunkte kennen zu lernen: Durch 8 152 der Reichsgewerbeordnung sind dir Verbote und Strasbestimmungen beseitigt worden, durch welche früher vielfach partikulaerrchtlich den Gewerbetreibenden oder Len gewerblichen Gehilfen und Arbeitern untersagt war, sich behuss Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen zu gemeinsamem Vor gehen zu vereinigen. DaS Gesetz stellt hierbei die Arbeitnehmer und Arbeitgeber vollständig gleich und hebt als Maßnahmen, die sortaa unverwehrt bleiben sollen, ausdrücklich für die Arbeit- nehm« die gemeinsame Arbeitseinstellung, für die Arbeitgeber die Arbetterentlassung hervor. Nach diesen gesetzlichen Vorschriften würde eS ausgeschlossen erscheinen, di» in Frage stehenden Arbeiter- entlafsungen allein deshalb al- unrechtmäßig im Sinne von K 826 Les Bürgerlichen Gesetzbuches zu bezeichnen, weil die Beklagten dabei lediglich beabsichtigt hätten, der Reiherstieg-Werst in dein Streite mit ihren ausständigen Nietern zum Siege zu verhelfen. Das Gesetz beschränkt das Recht der Arbeitgeber einer- und Arbeitnehmer anderseits, fick zu gemeinschaftlichem Vorgehen zu verbünden, nicht auf den Fall, wenn eS sich um die Erreichung eines Erfolges handelt, der unmittelbar allen Verbündeten zum Vorteil gereicht; ein Ausfluß des anerkannten Rechts der Koalition ist es vielmehr auch, wenn der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ohne unmittelbares eigenes Interesse in einen Kampf, der zwischen anderen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entstanden ist, zur Unter- stützuug der einen oder andern streitenden Partei eingreist. Tat- sächlich wird auch, vor allem in den Kreisen der Arbeitnehmer, häufig in dieser Weise verfahren. Es gehören hierher außer den speziell sogenannten Sympathiestreiks die überaus zahlreichen Fälle, in denen, wenn der Arbeitgeber infolge entstandener Differenzen einzelne Arbeiter auS dem Dienstverhältnisse entläßt, die übrigen Arbeiter die Wieder annahme dec Entlassenen durch Arbeitseinstellung zu erzwingen unternehmen, und die nicht minder häufigen Fälle, wo bei einem aus einen einzelnen Arbeitgeber beschränkten AuSstande die Arbeiter aus anderen Werkstätten gegenüber ihrem an sich ganz unbeteiligten Arbeitgeber die Verrichtung sogenannter Streikbrecherarbeit ver- weigern, d. h. es ablehnen, für diesen Arbeiten auszuführen, die mittelbar die Chancen der streikenden Arbeiter, gegenüber ihrem Arbeitgeber obzusiegen, ungünstig beeinflussen könnten. Die ganz überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer, und zweifel- los auch die Kläger, sind weit davon entfernt, in solchen Fällen den Arbeitern, die andere bei ihrem Kampfe in der einen oder anderen Weise unterstützen, ein gegen die guten Sitten verstoßendes Ver halten beizumkssen; im Gegenteil wird eine solche Unterstützung als löblich angesehen, und auch in den Kreisen unbeteiligter, billig und gerecht denkender Menschen werden, so wenig man die mit solcher Ausdehuung der Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeit, nehmern, und zwar keineswegs bloß in wirtschastlicher Beziehung ver- bundenen Schäden verkennt, Maßnahmen der erwähnten Art nicht als ohne weiteres und an sich gegen die guten Sitten verstoßende Handlungen angesehen. Das gleiche Recht wie für die Arbeitnehmer gilt aber auch für die Arbeitgeber, «S würde strikte gegen die Tendenz deS 8 152 der Gewerbeordnung verstoßen, wenn man das, waS bei den Arbeitnehmern für rechtlich und sittlich erlaubt anzuseden ist, bei den Arbeitgebern alS gegen die guten Sitten ver- stoßend erachten wollte. Ob bei einem Kampfe zwischen Arbeit- gebern und Arbeitnehmern über Lohn- und Arbeitsbedingungen eine Sachgestaltung denkbar ist, die den Richter berechtigen würde, von den Arbeitgebern als Kampfmittel gebrauchte Arbeiterentlassungen oder die damit verfolgten Zwecke als unsittlich im Sinne von 8 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu behandeln, kann dahingestellt bleiben; denn jedenfalls sind im gegebenen Falle Umstände, welche eine solche Beurteilung rechtfertigen könnten, in keiner Weise be- hauptet worden. Die Revision mußte deshalb zurückgewiejen werden. /x Berlin, II. Mat. (Die Stoeckerianer.) Im Wahlkreise Siegen agitiert seit zehn Tagen Hofpredtger a. D. Stoecker persönlich, d. h. er wühlt, wie der schlimmste sozialdemokratische Agitator, durch Verhetzung der Arbeiter gegen die Arbeitgeber. Auch nach einer anderen Richtung wirkt er verhängnisvoll: um sich die Stimmen der Katholiken zu sichern, verletzt er in rücksichtsloser Weise die Gefühle der evangelischen Mitbürger des Kreises und streut die Saat -es konfessionellen Hasses aus Stoeckers Fanatismus richtet sich ausschließlich gegen die Nationalliberalcn und seine Anhänger bleiben in ihrem Wüten gegen die Natio nalliberalen hinter dem unübertroffenen Meister der dema gogischen Sprache kaum zurück. Mit großem Behagen druckt deshalb die Fußangclschc ultramvntane „West deutsche Volkszeitung" (Hagen i. W.) die Schmähungen eines Stocckerianers in einem Duisburger Blatte ab. Der ganze Schmähartikcl wimmelt von gröbsten Unwahrheiten und Schimpfereien. So heißt es gleich zu Anfang: „. . . . keine Partei des Reichstages seit dem Bestehen desselben hat sich so krampfhaft bemüht, den Interessen des Mittel standes und des Arbeiters so wenig wie möglich entgegen zu kommen, wie gerade der Nationalliberalismus!" Das schreibt nicht etwa ein Sozialdemokrat, sondern ein Stoeckerianer! Weiterhin heißt es: „Wo waren die Natio nalliberalcn, als die Regierung sich anschickte, ein christ liches (d. h. reaktionäres!) Volksschulgesetz vorzulegcn; wo waren sie, als die Staatsregierungen durch die lox Heinze l!) der Unsittlichkeit entgogentreten wollten?" — Diese Fragen stellt nicht etwa ein Konservativer oder ein Zcntrumsmann, sondern ein Stoeckerianer, der dann ausruft: „sie (die Nationalliberalen) sind eine größere Gefahr für; das Evangelium, als selbst die Jesuiten! Denn diese üben ihre Seel, sorge doch nur an ihren Glaubensgenossen aus, und zwar im Sinne einer rechten und echten Kirchenzucht, während die Herren vom Schlage der oben gekennzeichneten Libe ralen bemüht sind, aus ihren eigenen Glaubensgenossen fanatische Kämpfer gegen die Grundlage des eigenen Kirch- tums zu machen ..." — Daß der Herr Hofpredtger a. D. selbst eine gewisse Verwandtschaft mit dem JesuitismuS nicht verleugnet, scheint der Verfasser vergessen zu haben. Er sei daher an -en „S ch e t t e r h a u f e n b r i e f" er- innert, in dem Stoecker den damaligen Chefredakteur der „Kreuzztg.", Frhrn. v. Hammcrstein, aufforderte, Zwie tracht zwischen dem Kaiser und dem Für st en Bismarck zu säen, ohne daß der Kaiser eS merke. O Berlin, 11. Mai. Ueber den Entwurf eines Gesetzes üjber den Becksichorungs- vertrag ist in Ergänzung früherer Meldungen noch zu berichten: „Der Gesetzentwurf umfaßt 184 Paragraphen. Er zerfällt in fünf Ab schnitte. Der erste behandelt die Vorschriften für sämtliche Vcrsicherungszwcigc. In ihm umfaßt der erste Titel die allgemeinen Vorschriften, der zmette Anzeige der Gefahrumstände, Gefahrerhöhung, der dritte die Prämie der vierte den Versicherungsfall, der fünfte die Versiche rungsagenten. Der zweite Abschnitt bezieht sich auf die Schadensversicherung und zerfällt in Titel über Vor schriften für die gesamte Schadensversicherung, Feuerver sicherung, Hagelversicherung, Viehversicherung, Trans portversicherung, Haftpflichtversicherung. Ter dritte Ab schnitt enthält die Vorschriften über Lebensversicherung, der vierte über Unfallversicherung und der fünfte die Schlußvorschriften. Der Vorlage ist zunächst der Entwurf eines Einführungsgesetzes beigegobcn, der sechs Artikel umfaßt und wonach unter anderem die gesetzlichen Vorschriften im Königreich Bayern für das Jmmobiliar- versicherungswesen nur mit Zustimmung der bayerischen Regierung Geltung erlangen sollen. Des weiteren ist ihr ein Gesetzentwurf über Abänderung der Vorschriften des Handelsgesetzbuches über die Seeversicherung bei gefügt. Die Begründung zu den drei Entwürfen ist sehr umfangreich, namentlich soweit dieEinzelbestimmungen in Betracht kommen. In der allgemeinen Begründung wird zunächst darauf verwiesen, daß das Gesetz über die privaten Bersicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 sich auf die öffentlich rechtliche Seite des Versicherungs wesens beschränkt habe. Es wird darauf ein Ueberblick über die geschäftliche Entwickelung der auf die Herstellung eines gemeinsamen Privatversicherungsrechtes gerichteten Bestrebungen gegeben, die schon bei dem preußischen Entwurf zum Handelsgesetzbuch im Jahre 1857 begonnen hätten. Dann wird über die gegenwärtige rechtliche Lage auf dem in Rede stehenden Gebiete berichtet und schließlich betont, daß die Gesetzgebung des Auslandes auch noch kein Ncrsiche- rungsrecht hervorgöbracht hätte, das den heutigen Anfor derungen entsprechen würde. Vorarbeiten dazu sind, namentlich auch in der Schweiz, allerdings im Gange. Bei der Aufstellung des vorliegenden Entwurfs haben die ge setzlichen Vorschriften, wie sie zur Zeit in Deutschland gelten, die erforderliche Berücksichtigung gefunden, nicht minder die durch den bisherigen Geschäftsbetrieb der Ber- sicherungsuntcrnchmungcn und die Praxis der Gerichte ausgebildeten Grundsätze, soweit sie sich als zweck mäßig bewährt haben. Der Ordnung des Stoffes im Ent wurf liegt die Unterscheidung zwischen Schadensversichc- rung und Personenversicherung zu Grunde." * Berlin, 11. Mai. Die Anti-Alkobolbewegung bat auf der einen Seite die Gastwirte in Harnisch ge bracht, auf der anderen Seite durch das intransigente Ver kalken der Abstinenzler auf dem Bremer Kongreß an Kredit verloren. Die „miitlere Linie", d. h. die Bekämpfung des Alkobol m i ß b r a u ch S, mußte dabei zu kurz kommen. Sie wieder herzustellen, ist ein dankenswertes Unternehmen, das eine gewisse Förderung durch Wegräumen von Widerständen im Anschluß an eine Konferenz erfahren dürfte, die der Vorstand des deutschen Gastwrrts- verbandeS nach den Bremer Tagen mit dem Grafen Douglas und einigen anderen Abgeordneten im preußischen Abgeordnetenhaus gehabt hat. In dieser Konferenz wurden protokollarisch gewisse Grundsätze für die Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs sestgeleat, die von beiden Seiten als Basis einer Verständigung anerkannt werden. Sie lauten: 1) Der Antrag DouglaS ist nicht zu identifizieren mit Len Bestrebungen der Abstinenzler oder der Gasthau-rrsormer. Derselbe verlangt nicht allgemeine Schließung der Schankstätten während deS Gottesdienste-, sondern bezieht sich nur auf besondere örtliche Verhältnisse, wo schon vielfach derartige Bestimmungen ohne Schä digung der Gastwirtschaften bestehen. Es ist nicht die Verringerung der bestehenden Gastwirtschaften beabsichtigt, sondern nur eine vorsichtige Prüfung bei neuen Kon zessionen namentlich unter Schonung älterer bewährter Gastwirte. Dadurch werden gerade die bestehenden Gastwirtschaften gegen das Eindringen unlauterer Elemente geschützt. Das Streben ist nur dahin gerichtet, daß nicht durch Mißbrauch deS Alkohols das geistige und leibliche Wohl unseres Volkes ge schädigt wird. Uebertreibungen sind überall bei Beurteilung und bei Handhabung der Bestrebungen zu vermeiden. Die Gastwirte haben selbst daS Interesse, atkoholsreie Getränke einzuführen. Den unkonzessiouierteu Winkelkneipen muß entgegrngewirkt werden. 2> Bei den zu gewährenden Ruhepausen an die Angestellten sind Härten, welche sich durch Generalisierung in größeren und keineren Wirtschaften, in Badeorten und dergleichen fühlbar machen, zu vermeiden. 3) Gerichtliche Urteile, daS Schankwesen betreffend, sind möglichst den unteren Organen bekannt zu machen, damit wiederholte gericht liche Verfahren über dieselbe Sache vermieden werden. (-) Berlin, 11. Mai. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht das Abkommen zwischen Deutschland und Venezuela über die zur Feststellung der deutschen Rekla mation berufene gemischte Kommission. Hiernach treten die von der deutschen und der venezolanischen Regierung zu ernennenden Mitglieder der Kommission am 1 Juni in Caracas zusammen. Der vom Präsidenten ter Vereinigten Staaten zu ernennende Obmann tritt sobald wie möglich, spätesten- am 1. Juni, in die Kommission ein. Die Entscheidungen der Kommission über die Reklamationen sollen auf Grundlage vollkommener Billigkeit, sowie ohne Rücksicht auf Einwendungen technischer Art oder auf Bestimmungen der Landesgesetzgebung erfolgen. Die zuerkannten Einschädigungsbeträge müssen angegeben werden al- zahlbar in deutjchem Gold« oder dem Gegen wert in Silber, wie solcher zur Zeit der effektiven Zahlungen sich m Caracas stellen wird. Die Reklamationen sind bei der Kommission von dem deutschen Gesandten in Caracas bi- 1. Juli anzumelden; die Frist kann von der Kommission verlängert werden. Die Kommission bat über die einzelnen Reklamationen binnen sechs Monaten nach deren Anmeldung und sofern das deutsche und daS venezolanische Mitglied sich nicht einigen, binnen sechs Monaten nach Zu ziehung des r^bmannö zu entscheiden. Die Kommission ist verpflichtet, vor der Entscheidung da- ihr von dem deutsche»
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