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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 06.11.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19031106026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903110602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903110602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-06
- Monat1903-11
- Jahr1903
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Herr Setz. Hofrar Professor Dr. Königlich Sächsisch —... - ,-cher. in Antretung der Sächsischen Geseüfchast der Wissenschaften Herr Ged- ^ Professor Dr. Mittels und in Vertretung der juristischen Fakultät der Universität Leipzig Herr Geb Hofrat Professor Dr. «Strohal bei —* Die von den Zwickguer „Neuest. Nachr." gebrachten Mit teilungen über die aus Anlaß des Rothenkirchener Eisen- dadnunfalles gewährten oder noch zu gewährenden Ent schädigungen sind, wie wir von zuständiger Stelle erfahren, unzutreffend und bestenfalls Vermutungen Weder über die An zahl noch über die Höhe der als berechtigt anzuerkennenden Ent schädigungsansprüche läßt sich zur Zeit eine irgendwie begründete Angabe machen. —* Das Reichsgericht bestätigte das Urteil des Obcr- landesaerichtS Dresden vom 28. März 1903. wodurch der Kauf mann W er» er-Leipzig zur Zahlung einer Schuldenluinme von 7000 Mt. an die Konkursverwaltung der Leipziger Bank verurteilt wird. Der Einwand deS Beklagten, er sei durch eine falsche Auskunft Einers bezüglich der Trederaktien um mindestens ebenso viel geschädigt und berechtigt, aufzurechnen, wurde als un begründet angesrhen. da Erner die Auskunft nicht dem Beklagten, sondern einem Dritten erteilt habe, der nicht als Beauftragter Werners angesehen weiden könne. —* In althergebrachter, ebenso festlicher, als gcmntlrcher und von einem guten kollegialischem Geiste zeugender Weise, feierte gestern abend im Konzerlhause „Zoologischer Garten" der Bezirksverein Dresden des Deutschen K e l I n e r b u n d e s. Union Ganymed, sein 2 4. Stiftungsfest. Es batten sich dazu zahlreiche Ehrengäste, meist aus den Rechen der Prinzipale, eingefuirden, außerdem waren die Dresdner Brudervereine zahl reich vertreten und von auswärts hatte sich der Bezirksverein Leipzig mit Banner eingestellt. Das Musikpodium, von welchem aus die Kärtnersche .Kapelle zunächst eine Reihe gutgcwähller Konzertstücke erklingen ließ, war durch eine hübsche Blattpflanzen- dekoration abgeschlossen, aus der sich, überragt von den Bannern des Dresdner und Leipziger Vereins die Büsten Kaiser Wilhelms und König Georgs wirkungsvoll abhoben. Besonders erheiternd wirkte eine Art an der Decke des Saales herabhängendes Storch- nest aus Dannenreisern, das allerhand Eerealien in Gestalt von Zwiebelreihei,, Möhren, Rüben usw. trng. Den Mittelpunkt bildete ein leuchtender Mond, darunter eine Nachtwächtcrlaterne, zwei gekreuzte Riesenbausschlüssel und — vas viatis — ein hand fester Pantoffel — eine recht sympathische Zusammenstellung, über deren ganze Schwere im Ernstfälle selbst das den Pantoffel schmückende rosenrote Band nicht im Unklaren ließ. Den ein leitenden Konzertstücken Festmarsch" von Gottlöber und Melo dien aus „Figaros Hochzeit" von Mozart folgten eine Reihe Dänze, bis sich, dem Beruf der Festteilnehmer entsprechend, gegen Mitternacht erst das eigentliche festliche Treiben entwickelte, ais dessen Einleitung der Vorsitzende des Bezirksvereins Dresden Herr Richard Härtel das Wort zur Begrüßungsrede nahui. Er bewillkommnete zunächst die Ehrengäste. Bruderoereii, und Mit glieder und führte sodann aus, wie der Bezirksverein Dresden mit seinem heutigen 24. Stiftungsfeste zugleich auch das 25jährige Jubiläum deS Deutschen Kellnerbiindes feiere, der 1878 ni Erfurt gegründet wurde. Im Jahre darauf erfolgte die Gründung des Dresdner Bezirksvereins, der nunmehr 210 Mit glieder und die meisten 25jährigen zu den seinen zähle. Tie damals gehegten Hoffnungen und Wünsche seien voll und ganz in Erfüllung gegangen, der Bund zähle heute 7000 Mitglieder in Bezirksvereinen und Sektionen und sei nicht nur in Deutsch land, sondern auch in der Schweiz, Frankreich, Italien, Belgien und England verbreitet. In London selbst besitze er ein eigenes Klubhaus, woselbst den Bundesmitgliedcrn fern der Heimat Recht und Hilfe zu teil werde. Von den internen segensreichen Ein richtungen des Bundes hob der Vorsitzende die Kranken-, Be gräbnis- und Unterstützungskasse, sowie die Spar- und Darlehns bank und die Stllenvermitilungsbnrcaus bervor. Mit Dank ge dachte er sodann der Hauptverwaltung, die treu an der Hebung des Standes gearbeitet habe, gestützt auf die Hilfe der Vorge setzten Behörden. Die Rede gipfelte in einem Hoch aus die Schirmherren aller gesetzlichen Ordnung, den Deutschen Kaiser und König Georg von Sachsen, das lebhaft erwidert wurde und in welches die Musik mit der Sachsenkiymne einsiel. Im direkten Anschluß an diese Rede fand die Ueberreichung von Ehrenzeichen statt. Fünf Mitglieder erhielten das Ehrenzeichen für zehn jährige und sechs das für fünfundzwanzigjährige treue Mitglied- schaff. — Herr Neimar Haak sprach den Dank der Jubilars aus und der Vorsitzende des Leipziger Bezirksvereins, Herr Blobcl, brachte einen schwungvollen Toast aut die Einigkeit im Verein aus. Wäbrend des nun folgenden offiziellen Balles verbreitete sich plötzlich links vom Podium Heller Feuerschein, der die Tan zenden erschreckend in ihrem Vergnügen einhalten ließ. Die Tanz weisen verstummten, dafür ertönten vom Saalcingang her Alarm signale der Feuerwehr, die mit einer von acht Mann bedienten Spritze einrückle. Nur enthielt die Spritze kein Wasser, sondern bübsche Fcuerwehrhelme, die den Tanzenden, Herren wie Damen, überreicht wurden. — Das Ganze war ein reizend aus- gedachter Kotillonscherz des Kartonnagenfabrlkanten Herrn Oscar Fischer, Am See. Das fröhliche Fest ging erst in der fünften Morgenstunde zu Ende. —* In der letzten Sitzung der Dresdner Gesellschaft zur Förderung der Amateur-Photographie, e. V., die unter dem Vorsitz des Herrn Rentiers E. Frohne statlfand, sprach Herr Redakteur Schnanß über die neueste Errungenschaft auf dem Transparentbilder in allen ihren riiguna ge, Diese Vor lebhafteste Vortra mit Hilfe desselben Farben aus Photo bei einer direkten wenn auch erst nach Bild. Eine Anzahl nach dieser Methode"bergestellter prächtiger Farbenphotographien. die Herr Dr. Neuhauß zur Verfüg stellt hatte, waren im Sitzungszimmer ausgestellt. Die lagen, wie auch der fesselnde Vortrag fanden das Interesse des zahlreichen Auditoriums. — Eine an den Vortrag sich anschließende Debatte, sowie zahlreiche Berichte und Mit teilungen aus dem Gebiete der photographischen Praxis bildeten die »veitere Tagesordnung der interessanten Sitzung. —* Im Dresdner Schach verein wird der jugend liche Schachmeister Herr Rudolf Swider? ki, Sohn des Vor sitzende» des Vereins, eine Simultan-Vorstellung geben, d. h.. er wird mit 10 bis 20 Gegnern gleichzeitig spielen. In einer ähnlichen Vorstellung, die Herr SwiderSki vor zwei Jahren hier gab, ging er aus den meisten Partien als Sieger hervor. Es herrscht überhaupt im hiesigen Schachverein reges Leben. Vor einigen Monaten fand ein Turnier mit dem hierher gekvinmencn HasiingS Eheß-Klnb statt, in dem der Verein den Engländern eine gehörige Niederlage bereitete. —* Am 15 und 17. November werden im ZirkuSgebäude aus der Münchner StraßeAnfführungen der hiesige» Vvlks-Sing- Akademic statlsüiden. Sie wurden bekanntlich schon in der letzten Wintettcüson teilweise hier abgehalten. —* In einer ausgebauten Dachbodenkammer des Grundstückes Hcidestraßc 46 fVorstadt Trachaui brach in der vergangenen Nacht gegen 12 Uhr e>n Brand aus. durch den ganz erheblicher «schaden an Möbeln, Betten, Wäsche, Gebäudeteilen usw. ver ursacht wurde. Wahrscheinlich erst ziemlich spät bemerkt, hatte der Brand schon einen größeren Umfang angenommen, als die Feuerwehr eintraf. Diese vermochte indessen die Gefahr bald zu beseitigen. Die Entstehungsursachc des Feuers konnte nicht ermittelt werden. —* P v l iz e i b c i i ch t. 5. November. Eine schwere G e - hirnerschütterung und einige Quetichwiinde» am Kopse er litt gestern vorniittag in Löbtau ein mit dem Abreiße» einer Ziegelwand bcichästigker Maurerpolier dadurch, daß ihm ein Balken auf den Kopf siel — Infolge eines Schlagaiffallcs brach am Momag aus der Scbulgukstrntze ein hiesiger Schuhmacher plötzlich ,Mammen und winde bewußtlos in bas Friebrichstädtc, Krankenhaus gebracht — Ein in Hast geiwnimener junger Mann ist im Besitze verschiedener T a m c n w ä i ch est ü cke, gez. -O kV, die er am 2. d. M. in der Vorstadt Löbtau gesunden haben will. Die Eigentümerin dieser Wäschestücke, die vielleicht auch von einem Wagen gestohlen worden sein können, wnd ersucht, sich zu 6. 1 1257 in der Krimiiialableilung, Hauptpolizci. Zimmer Nr. 31. zu melden. —» A Aus der Bergfahrt ist vorgestern abend von einem SchlcPP- der Dentich-österreichilchen Dampsichissahrts Gcsellich.ift der beladene Deckkahn des Schiffseigners Herrn. Riedel aus Bodenbach dadurch leck geworden, daß er aus Grund stieß. Der Schlepp;»» mußte am NiedeilagSplatzc t» Pirna anleacn. Durch das Leck drang das Wasser stark ein. so daß sofort die Pumpen in Tätig keit geletzt wc^en mußten. —* Crimmitschau. 4. November. 11m bei ihren Mit gliedern möglichst wenig Neigung zu erwecken, der Aufforderung der Fabrikanten zur Wiederaufnahme der Arbeit Folge zu leisten, hat vor kurzem die hiesige Filiale des Deutschen Textilarbeitcr- vcrbandcs von Len organisierten Textilarbeitern einen Verpslich- tuiigsichein unterschreiben lasten, worin jeder sich verpflichtet, diesem Verbände alle bisher empfangenen llnterstützungsgclder zurückzuzahlen, falls er vor Einwilligung des Berbandsvorstandcs teiner bisherigen Beschäftigung wieder nachgehen sollte. Nach einem am 11. März 1899 gefällten Urteil des Reichsgerichts ist diesen Verpstichtungsscheinen aber insosern jede Berechtigt!» g abzuerkeiinen, als nach dem Wortlaut des 8 152 der Gewerbe ordnung jedem Teilnehmer der Rücktritt von wichen Bereinigun gen und Verabredungen zusteht, welche zum Behuse der Erlangung günstigerer Lohn- und Arbeitsbedingungen gebildet sind. — Heute nachmittag fanden abermals sechs Versammlungen der ausständigen Textilarbeiter statt Man beschloß, den Kampf sortzusetzen. Eine Versammlung ward wegen verbotener Kritik an den behördlichen Maßnahmen aufgelöst. — Den Arbeitswilligen läßt man größt möglichen behördlichen Schutz angedcihcn: zur Ausübung poli zeilicher Befugnisse im hiesigen Stadtgebiete traf heute wiederum> ein starkes Aulgebot vom Königlichen Gendarmerie-Korps lsicr ein.! —* Obsrverwaltungsgericht. Am 4. März 1901' erwarb der hier wohnhafte Apotheker Eugen Ohm im Zwangs- versteiaerungsverfahren durch Abgabe des Meistgebvts ein in Vorstadt Striesen gelegenes Grundstück, trat aber bereits am 8. März das Erslehiinasrccht an den Kaufmann Julius Otto Hentschel in Löbau ab. der auch als Eigentümer in das Grund buch eingetragen wurde, nachdem am 9. März der Zuschlag er stick worden war. Als Kaufpreis hatte Henstchel an Ohm die Summe von 67000 Mk. bezahlt. Am 13. März desselben Jahres erhielt nun letzterer vom Stadtrat ein Schreiben, worin ihm >nit-§ geteilt wurde, daß er gemäß dem Ortsgesehe vom 13. August > 1897. die Erhebung einer städtischen Grundbesitzverände rungsabgabe betreffend, an die Stadtkasse 536 Mk. Steuern! zu entrichten habe. Ohm erschien daraus an zuständiger Stelle ^ und karte den Sachverhalt auf. Darauf erhielt Hentschel eine i stadträtliche Aufforderung zur Entrichtung der fraglichen «steuern, I der er auch nachkam. Rat nochmals von Hm in Höhe von S86 Pik. Gleichzeitig bekam Ohm ein Schreiben, > daß er als Veräußerer des Erstekungsrechts für diese Summe nulüafte. Der Rat hatte deshalb eine nochmalige Bezahlung verlangt, weil das fragliche Grundstück erst in den Besitz von Ohm und dann erst in den Hentschels übevgegangen sei. das an aezogene Ortsregulatio aber besage, daß eine lebe Person, die im Stadtqcbicte ein bebautes oder unbebautes Grundstück erwerbe, Besttzveränderungsabgaben zu entrichten habe. Hentschel tveigerle sich indessen und legte Rekurs bei der Kreishauptmannschast DreS- den ein, der aber verworfen wurde. Dagegen entschied das OberverwaltungSgericht, daß Hentschel nur einmal die Abgaben zu bezahlen habe. Dadurch hätte sich auch die Sache gegen Ohm erledigt, wenn dieser nicht am 32. Oktober 1901 abermals vom Stadtrate aufgefordert worden wäre, nun seinerseits Besitzver- änderungsabgaben zu bezahlen und zwar wegen Veräußerung des Erslehungsrechts Dieser lehnte aber ebenfalls Zahlung ab und erhob, nachdem sein Rekurs von der Kreishauptmannschast der- warfen worden war, die Anfechtungsklage, in der er betonte, daß seine Heranziehung zur Besteuerung den Bestimmungen des ß 4 des Ortsregulativs zuwiderlaufe, da nach diesem nur der- lenige Besitzoeränderungsadgaben zu bezahlen habe, der als Eigen tümer ins Grundbuch eingetragen worden sei. Vom Vertreter der Ttadlgemeinde wird dagegen betont, daß eS gerade Zweck des anaezogenen Gesetzes sei, auch nicht zur Eintragung gelangende Erwerber zur Zahlung zu veranlassen. Das Oberverwaltung- gerietst hebt indes die anaefochtene Entscheidung auf und stellt fest, daß der Anfechtungsklage! Besitzvcränderungsabgaben nicht zu entrichten hat, da nach den einschlägigen Bestimmungen nicht der Abtretende, sondern der Erwerber bezahlen müsse. Hentschcl habe auch nur deshalb bezahlen müssen, weil er als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen worden sei. — Aintsgcrich t. Der ProvisionSrellende Wilhelm Philipp Johannes Lilie aus Berlin vertrieb hier im vorigen Mono« Haus segen kür die Knnstaiistalt Wohlfahrt u. Hanek in Berlin, die unter dem Deckmantel eines milden Zweckes ihre Hausiegen an den Mann bringe» läßt und durch ihre Prospecke die Leute glauben niachl, der ganze Gewinn käme einem WvhltätigkcitSinstitut für verkrüppelte Kinder z» gute, während nur ein ganz geringer Betrag zu diesem Zwecke abgesührt wird. Lilie lammelte auch bau: Be träge angeblich zu dein gedachten Wohltätigkeitszwecke. verwendete daS Geld icdoch in seinem Jntcicsse. Er wurde wegen Betrugs sestgenvmmcn und weil er auch keinen Wandergewerbeich«» besaß. Er gab an. daß der sür das genannte Haus hier ebenfalls tätige ProvisionSreiiende Paul Otto Gustav Hanncmann. 1882 in Berlin geboten, in gleicher Weise vorgehe. woraus auch diestr in Unter suchungshaft acnvmmen wurde. Lilie dal weiter auf seinen Ge'chäftsgängen aus einer Schndmacherwerlstalt einen goldenen Füllfederhalter gestohlen. Die Beweisaufnahme ergibt, daß Lilie den Hannkmann zu unrecht beschuldigt hat. er selbst aber in weit mehr Fälle» die falschen Vorspiegelungen gemacht batte, als der Arrklagebchörde bekannt geworden war. Da die Anzahl der Betrugsfäuc auf die Zumessung der Strafe von Einfluß ist, wird daS Verfahre» insoweit abgclreirnt. um noch genauere Elörterungen aiiinnelle». Für die Entwendung der Füllfeder wirst das Gericht 2 Woche» Gefängnis auS. Was die Zuwiderhandlung gegen die Gewerbeordnung anbelangt, so steht fest, daß beide einen Warrder- gewerbrichein nicht benötigen, da sie nur mit Mustern reisten, was der Besteuerung nicht nnteiliege, hingegen mußten sie aber eine LegitimationSkarte hei sich führe». Ta dies nicht der Fall mar. sv wild wegen dieser Ilebcrtretnng jeder der Angeklagten zu 10 Mk. Geldstrafe oder 2 Tagen Hast verurteilt. Dieselbe gilt als durch die IlnterinchringSlrast getilgt: H . dem kein Betrug nachzirweijer ist. wird daun» am Schlüsse der Verhandlung entlassen, wohin gegen L. zur Verbüßung der gegen ihn wegen Diebstahls erkannten Strafe abgesührt wird — Der 1874 in Janrm geborene Marmor- schleifer Jacob Latu'check hänselle oni Abend des 4. September während einer gemeinsamen Fahrt auf der Straßenbahn einen Ar beiter, mit dein er gut bekannt war: auf der Hechistraße nahmen die Schcrzreden. nachdem beide dem Straßenbahnwagen entstiegen waren, einen erlisten Charakter an. L. packte den anderen, warf ihn zn Bode» und schlug den wehrlos am Boden Liegenden mit dem Eßlopi mehrere Maie über den Kops. Dasür geht er ans 3 Wochen ins Gefängnis. Amtliche Vekamrtmachuttgen. Die igliche Polizeidirektion und der Stadtrat erlassen eine Bekanntmachnim, das öffentliche Anschlagswesen in Dresden betreffend. Nachdem d'e Regelung des Plakat- Wesens auf den Rat zn Dresden übcrgcganacn ist, wird unter Aufhebung der Bekanntmachung der Königlichen Polizcidirektwn, das öffentliche Anschlagswesen in hiesiger Stadt betreffend, vom 20. April 1896, nunmehr, unbeschadet der mit der Firma „Dresdner Plakat-Institut" abgeschlossenen Verträge, von den genannten Be hörden gemeinschaftlich folgendes bestimmt: „Anschläge und Plakate dürfen auf den hiesigen Straßen und Plätzen ohne besondere Er laubnis des Rates zu Dresden an anderen Stellen als den hierzu bestimmten Anschlagsoorrichtungen fSäulcn, Tafeln »sw.j »ich: angebracht werden. Die Befugnis der hiesigen öffentlichen Be hörden, ihre Bekanntmachungen, Erlasse und Anzeigen auch an anderen Orten anzuschlagen, wird hierdurch nicht berührt Ebenso bleibt cs den Grundstücksbesitzern und Gewerbetreibende» un benommen, Anschläge, die lediglich ihr eigenes Interesse betreffen und sich aus Verkäufe und Vermietungen von Grundstücken bc- ziehen oder gewerbliche Ankündigungen enthalten, an den Grund stücken oder Gelvcrbslokaicri selbst öffentlich anzuschlagcn. Bei 300000 Mk. bezahlt, für den kommt cs kaum in Betracht, ob er daneben eine Umsatzsteuer von 1500 oder 3000 Mk. entrichtet. Wegen dieser unerheblichen Steigerung wird jedenfalls in Zukunft hier kein Haus weniger den Besitzer wechseln. Die Umsatzsteuer brachte bisher 2 Millionen Mark. ES ist gering gerechnet, wenn man sie in Zukunft auf 3H5 Millionen veranschlagt. Außerdem sir nocif eine Reform der Abschreibung sür städtische Gaswerke geplant, so Laß man alles m allem auf eine jährliche Mehr- cinnahme von 31-5 Millionen Mark kommen würde. Das ist un gefähr. was man braucht, um eine Erhöhung der ominösen iOO Prozent der.Staatseinkommensteuer zu vermeiden. Aber cs wird noch leidenschaftliche Kämpfe in der Stadtoerordneten-Vcr- iammsimg kosten, ehe diese Steuervläne verwirklicht werden können, Die „Hasi-aaraner", die dort stets das große Wort führen und ein Drittel der Versammlung bilden, werden sich gewiß mit Händen und Füßen gegen die „Zumutung" wehren, daß aus der Haut chrer Umsatzsteuer Riemen für die Allgemeinheit der Berliner Steuerzahler geschnitten werden. Aber hoffentlich wird eS ihnen nicht viel helfen. Natürlich sind dies alles nur schwächliche Verlcgcnheitsmittcl, die auf die Dauer nichts Helsen können. Wir haben schon früher aus die Wurzel des Uel»ls hingewicien, die in dem eigenartigen Verhältnis Berlins zu dessen Vororten steckt. Diese Erkenntnis ist auch allmählich in die Kreise unserer Stadtverwaltung gedrungen, die sich noch vor 12 Jahren gegenüber dem vorteilhaften Anerbieten der prcußiichen Staatsrcgierung bezüglich der Eingc meindung einer Reibe Vororte in Berlin aurs hohe Pferd gesetzt hat. Aus ihrer Mitte ist jetzt unter dem Titel „Groß-Berlin, ein Beitrag zur Eingemcmdungsfrage". eine, größere Flugschrift erschienen, in der ein leider zu spät erleuchteter Berliner Stadtverordneter aus den Trümmern Groß-Berlins sttzt und Klagelieder anstimmt. Wie schwer benachteiligt Berlin in finanzieller Hinsicht nament lich von einigen bevorzugten Vororten des Westens wird, dafür liefert diese Flugschrift unter vielen anderen Beisvielen ein bc- >onders krasses. Bis vor kurzem zahlten die Bewohner der schnell -nifqeblühten Kolonie Grunewald. die mit der Stadt- oder Ringbabn oder verschiedenen elektrischen Straßenbahnen vom Bahnhof Friedrichstraße in einer halben Stunde, vom Potsdamer Platze in etwa ^ Sttmden zn erreichen ist. nur 30 Prozent Kreissteuer, Für Berliner mit hohem Einkommen warmes also außerordentlich lohnend, in diese Kolonie übcrzusiedeln. Sie brauchten dort noch nicht ein Drittel der Steuer zu zahlen, die in Berlin erhoben wurde. Die Kolonie, bildet jetzt eine selbständige Kommune und erhebt als solche 15 Prozent Kommunolstcucr. Tie außerdem zu entrichtende Kreissteuer ist inzwischen aus 39 Prozent gestiegen, AlleS in ollem zahlt man dort also noch beute nur 51 Prozent gegen 100 Prozent in Berlin, Ist es da ein Wunder, wenn wohlhabende Leute, die es irgendwie ermöglichen können, nach dieser Kolonie ziehen, wo sie fast die Hälfte der Kommunalsleuern ersparen, verhältnis mäßig billig in einer hübschen, mitten im Nadclwaloe gelegenen Villa wohnen, ihre Kinder in ein soeben noch allen modernen Erfordernissen erbautes Gymnasium oder >n eine vorzügliche Mädchenschule schicken können und dazu noch billige, bequeme und zahlreiche Verbindungen nach und von Benin haben? Es ist nur ein Wunder, daß überhaupt noch nahezu 2 Millionen Menschen unter solchen Umständen im Berliner Weichbilde wohnen Allerdings rekrutiert sich der noch immer beträchtliche Zuwachs der Berliner Bevölkerung mehr und mehr aus der minder steuer- kräftigen Bevölkerung, während die Leute mit großen Einkommen sich mehr und mehr darauf beschränken, in Berlin ihrem Erwerbe nachzugehen. Ihren Wohnsitz nehmen sie mit wachsender Vor liebe in einem Vorort. Tos gilt ganz besonders von den geistigen Arbeitern. In der Kolonie Grunewald beispielsweise hat sich schon längst eine ganze Kolonie Berliner Schriftsteller. Schau spieler^ Sänger, Maler, Bildhauer und anderer Künstler zusam- wengesundcn. Ja selbst bis nach dem recht entfernten Wannsee, wohin mau mit der Eisenbahn >14 Stunden zu fahren hat, er streckt sich diese Flucht aus Berlin, das dadurch doppelt geschlagen ist. Denn in dem Maße, als seine steuerkrästigc Bevölkerung abnimmt und die Zahl der Haushaltungen mit einem Einkommen unter 3000 Mark zunimmt, wachsen auch die Aufwendungen der Stadt Berlin auf den Kopf ihrer Bevölkerung für soziale Zwecke, insbesondere für die Armen-, Kranken-, und Waisenpslege, sowie auch für die Schule. Es ist ein böses Kreuz das die deutsche ReichShauptstadt da zu tragen hat, und worüber sie sich eigent- sich nicht beklagen darf, da sie es selbst verschuldet hat. Jetzt sucht man in den Kreisen ihrer Verwaltung nach einem Aus weg, der etwa in der Richluna der Grafschaft London mit ihren 28 Gemeinden liegen soll. Man möchte nun auch wenigstens eine Art gemeinsamer Verwaltung, gemeinsamer Angelegenheiten mit den Vororten anbahnen, wobei freilich im Hintergründe der verflucht gescheite Gedanke lauert, daß dann auch die Lasten dasür gemeinsam getragen werden müßten. Wenn nur nicht die Vororte diesen Gedanken gerzlich dumm finden werden! Wie wenig man, sich draußen in dem Wirrwarr zwischen Berlin und dessen nöchstgelegenen Vororten zurcchtzufinden ver mag, hat sich wieder einmal beim Hinscheiben Mommscns gezeigt. Tiefer große Gelehrte gehörte fast ein halbes Jahr hundert der Berliner Universität als eine ihrer glänzendsten Zierden an. Dennoch war er seit etwa 25 Jahren kein Berliner, sondern Charlottenburger, und sogar Ehrenbürger dieser nunmehr nahezu 200 000 Einwohner zählenden Stadt. Aber nicht dem Charlottenburger, sondern dem Berliner Oberbürger meister haben verschiedene italienisch« Stadthäupter beim Tode dieses berühmten „Berliner" Gelehrten ihr warmes Beileid auS- gedrückt. Nun, unler Kameraden ist dies ganz egal, und die Reichshauvtstadt ist ja auch tatsächlich in diesem Falle, die haupt sächlich Leidtragende, obwohl er schon seit Jabrcn seine Lehr tätigkeit an der hiesigen Universität eingestellt hatte. Mit dieser Lehrtätigkeit hacke es eine eigene Bewandnis. Es sei mir ge skatet, hier eine persönliche Erinnerung cinzufügen. AIS ich in den sicbenziger Jahren als Student der Geschichte die Berliner Universität bezog, war es, obwohl das Altertum meinen Studien sebr fern lag, doch ganz selbstverständlich, daß ich zu allererst das Mommiensche Kolleg über römische Geschichte ve> legte. So dachten auch zahlreiche andere junge Studenten, die sich ebenfalls für verpflichtet hielten, diesen weltberühmten Histo riker zu hören, obwohl er als Frühaittsteher auch iin Winter semester bereits von 8 bis 9 Uhr morgens las. Die erste Vor lesung kam und das ziemlich große Auditorium war dis am den letzten Platz voll besetzt. Das akademische Viertel war längst vorüber, und schon begann jene bedenkliche Unruhe Platz zu greifen, die sich minder berühmten Professoren gegenüber bei verspätetem Erscheinen durch unwilliges Scharren mit den Füßen zu erkennen gibt. Einem Mommscn gegenüber hätte sich das natürlich auch der „frechste Dachs" nicht hcrausgenommcn. End lich, endlich ging die Tür auf, und durch eine kleine Spalte schob sich mit hastigem, hörbarem Ruck ein spindeldürrer, mittelgroßer Mann mit — schon damals — schneeweißer, wallender Haar mähne. einem im Verhältnis zum Körper ungeheuer großen, ausdrucksvollen Kops mit kräftig heroorspringender Stirn und Nase, aus der eine lose Brille förmlich hin und her tanzte, einem unendlich langen, schlecht sitzenden Rock und einer nur zur Hälfte gebundenen Krawatte. Mit langen Sätzen stürmte er auf da? Katheder, begrüßt von dröhnendem Getrampel der Studenten. Und dann trat für alle, die ihn zum crstenmale sprechen hörten, eine Enttäuschung ein, wie sie grausamer nicht gedacht werben kann. Mit hoher, dünner Stimme und in der spitzen Mundart seiner schlcSwig-holstcinschen Heimat schleuderte er einige Sätze mit ungeheurer Hast heraus, die kaum einen rechten Zusammen hang hatten. Er stotterte, verbesserte, setzte von neuem an und stockte dann wieder. Man hatte bald den Eindruck, daß dieser Feucrgeist ganz wo ander» in weiter Ferne schweifte und längst die Studenten um ihn herum vergessen hatte. Er sing einen Satz an: „Meine Herren, auch im alten Rom gab cs, ganz wie heutzutage bei uns ach. nein, das kann ich später sagen, zunächst möchte ich noch bemerken — doch nein, ich will cs lieber jetzt hier gleich einstigen, sonst könnte ich es vergessen!" Diese» ncrviffe Hin und Her wiederholte sich fast in jeder Vorlesung oft in beängstigender Häufigkeit, und machte den Zuhörern jeden Genuß einfach unmöglich. Auch der jüngste Student hatte e» bald weg, daß es viel gescheiter fei. MommsenS römische Ge schichte aus der Bude fleißig zu lesen und dies Kolleg ebenso fleißig zu schwänzen. Von Vorlesung zu Vorlesung wurde da» Auditorium leerer, und schließlich yatH Mommscn kaum noch die zur Verwirklichung des römischen RechtSsatzcz „Dran kacmot a,>IIo«iu7n", „Drei machen ein Kolleg auS", erforderlichen zwei Hörer bcffamme». Desto mehr schwärmten allerdings diejenigen von ihm. denen es vergönnt war. in seinem Hause an den prak tischen Hebungen teilzunehmen und im unmitteloaren Verkchv mit ihm köstliche, unvergeßlich« Anregungen zu empfangen. Er >var übrigens damals nicht der einzige verüymte Professor in Berlin, der auf dem Katheder schwer enttäuschte: dasseloe gack von Virchow, Gneist und namentlich auch Leopold von Rank«. Ihrem wissenschaftlichen Ruhme hat dies natürlich nicht d« geringsten Abbruch getan, so wenig dir Schönredner auf dt» Katheder dadurch alle,,, zn dauerndem Ansehen und Rubm« a» langen können.
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