Außenplanung und Fremdsteuerung sind Antagonisten der Wissenschaft, weil diese ihrem Wesen nach durch Vielfalt, Neuerung und Überraschung lebt und sich über den Erkenntnisgewinn selbst steuert. »Neues entsteht an den Grenzen. Und nur dort. Durch achtsames Überschreiten und gekonnte Kombination« (Bernhard von Mutius, Philosoph, * 1949). Der Weg durch unbe kannten Dschungel ist immer zeitraubender und riskanter als der auf asphaltierten Stra ßen, aber er ist viel innovativer, also unverzichtbar, um neue Ressourcen zu erschließen. Das Risiko, sich im Unbekannten langfristig zu verirren und am Ende zu scheitern, wird von Einzelnen, die von ihrer Idee fasziniert (»verhext«) sind, in Kauf genommen, auch wenn sie den gesicherten Boden etablierter Paradigmen verlassen; sie handeln selbstge steuert. Ein Einzelner kann sich den riskanten Alleingang leisten, denn er muss sich im Fall des Scheiterns auch nur vor sich selbst und seinen engsten Mitmenschen verantwor ten. So betrachtet ist forscherisches Tun hochgradig irrational. Es beruht auf der Faszi nation als unbegründbarer, unruhiger Seelenzustand des Forschers, dem Quell seiner Motivation und Kreativität. Diese Kreativität beginnt im gleichsam psychedelischen For scherhirn oft mit spektakulären Visionen, unbeweisbaren Intuitionen und kindlicher Neugier; dennoch ist Forschen nicht Selbstbefriedigung der Forscher, denn zumindest in der Naturwissenschaft müssen die erzielten Erkenntnisse nachprüfbar verifiziert oder falsifiziert werden, bevor sie in der Wissenschaftswelt als gesicherte Erkenntnis akzep tiert werden. Nur Selbstdisziplin und Hartnäckigkeit, immer wieder den Faden der Argu mente neu zu spinnen, führen weiter. Gaben, wer hätte sie nicht? Talente - Spielzeug für Kinder, erst der Ernst macht den Mann, erst der Fleiß das Genie. (Theodor Fontane) Fremdsteuerung von Forschung ist zum einen ungeeignet, weil sie nicht den hohen Grad an Faszination und Motivation wie Selbststeuerung entfacht. »Ich will!« ist viel stärker als »Ich soll!«, insbesondere wenn Zweifel am Sinn eines (fremdgesetzten) Ziels entstehen. Fremdsteuerung ist zum anderen deshalb kontraproduktiv, weil sie ihre Ziele nur aus den bekannten Paradigmen formulieren kann - anderes steht ihr ja nicht zur Verfügung, wäre also unseriös. Insbesondere kann sie nicht frei und unbefangen in unbekanntes Neuland hineinsteuern, denn es ist eine Eigenart etablierter Paradigmen, dass sie nach Selbstkonsistenzstreben. Unstetigkeiten sind nicht vorgesehen, eigentlich sogar unerwünscht, weil sie die im Paradigma erreichte Stabilität gefährden könnten. Gerade aber Unstetigkeiten sind die »Nuggets« der Erkenntnissucher, die fast eine »con ditio sine qua non« für Nobelpreise sind: »Elektrizität wurde nicht durch Weiterentwick lung des Kerzenlichts gefunden« (Claude Allegre, französischer Wissenschaftsminister 1997-2000).