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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-06-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192506133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250613
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-06
- Tag1925-06-13
- Monat1925-06
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1925
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Zett der Rosen. ^Das Sonnrnjahr eilt dem Höhepunkt zu. Nur wenige Tage noch — und die Sonne wendet ihren Lauf. Just um diese Zeit schüttet die Natur da» Füllhorn der Schön heit aus — die Rosen blühen? In allen Gärten und Schmuckanlagen, auf jedem Friedhof, auf vielen Rosen- feldern in fast unübersehbarer Weite — überall hat die „Königin der Blumen" ihre Blüten dem Licht geöffnet. In hunderterlei Formen und Farben. Und eine berauschende Wolke süßen Duftes liegt über den blütenübersäten Büschen und Stämmen. Last um Last wandert jeden Morgen in die Verkaufsstätten und von dort in die Häuser, die Men schen im Daheim zu erfreuen. Wanderst du hinaus in Wald und Heide, da grüßen dich vom Waldesrand über und über mit Blüten geschmückte Büsche wilder Rosen — unserer zahllosen edlen Arten Mütter und Großmütter. Welch ein unbeschreiblicher Liebreiz, so ein Wildrosenbusch mitten im Waldesgesträuch! Wer dächte beim Beschauen solchen Wunders der Natur nicht an Goethes „Sah' ein Knab' ein Röslein stehn'." Wer brauchte dann noch eine „Erklärung" dieses zarten Liedchens! Rosensonnigste Zeit — Zeit wonnig-wehmütiger Freude! Lasset sie uns mit der ganzen Seele ergreifen, diese Zeit und mit Otto Ro- cprette sagen: »Ihr Fröhlichen, singt, weil das Leben noch matt: . Noch ist die schöne, die blühende Zeit. ' Noch sind die Tage der Rosen!" '' Nötiger denn je, in unseren Tagen der Unrast und des krassesten Materialismus einmal sinnend dem zu lauschen, was uns die Rosen in ihrer Pracht und Schönheit zu sagen haben. Oder sagen sie dir nichts mehr? Bist du schon innerlich so versteinert, daß auch ein lebensstrotzendcr, schön heitstrunkener Rosenbusch dir nicht mehr das bessere Ge fühl zum Schwingen bringt? O, dann bist du ein bedauernswerter Mensch, eine Maschine obne Seele! Bist du aber noch in der Seele »rbensfrisch, dann sagt dir'die Rose"zwar, daß in deinem Leben wohl manche Rose entblättert« und tausend Hoff nungen und schöne Träume zerflatterten wie die Blätter einer verblühten Rose. Aber sie sagt dir zugleich, daß trotzdem für jeden Menschen — und wäre er nur noch Schritte vom Grabe entfernt — „Rosen des Lebens" blühen. Nur muß man sie zu sehen und zu finden wissen! Die meisten Menschen gehen achtlos daran vorbei, weil Sor gen, Röte, ewiges Rechnen und Berechnen ihnen die Sinne stumpf gemacht haben für des Lebens kleine Freuden. Diese kleinen, schlichten Freuden, da» sind die „Rosen des Lebens", die nie entblätterten, auch dann nicht, wenn er und sein Volk von Wermutskräutern umgeben sind. Fanget in der Zeit, der Rosen neue Freude, neuen Sonnenschein für Herz und Seele ein — dann: „Brauset ihr Stürme, daher und dahin!' Noch sind ja die Tage der Rosen!" Seid gegrüßt, ihr won nigen Tage! Wort« liegt die Heilwirkung des Höhenklimas? Die Reisezeit steht wieder vor der Tür, und viele rüsten sich, um wieder im Hochgebirge oder am Meer Stärkung und Gesundung zu finden. Besonders das Höhenklima ist ja eines der wichtigsten Mittel, die dem Arzt -nr Versagung st«hen. Die Frage aber, worauf seine Heilwirkung beruht, ist erst in jüngster Zeit wissenschaftlich erforscht worden, und wir wisse» noch verhältnismäßig wenig darüber, worin die segensreiche Kraft bestimmter Klimate besteht. Man hat nachgcwiesen, daß es schon in mittleren Höhen zu einer gewissen Vermehrung der rote» Blutkörperchen kommt, und besonders deutlich zeigt sich dies bei Blutarmen. Auch ein gesteigerter Stickstossansah ist in Höhe» von 1600 und 4500 Metern nachgewicsen. Aber diese Tatsachen ge nügen nicht, um die Heilwirkung des Höhenklimas zu er klären. Eingehende Untersuchungen über den Einfluß des Höhenklimas ans den Stoffwechsel haben nun Otto Kestner, F. Dannmeycr, F. Paemöllcr und Rahel Licbeschütz-Plaut in Davos, in MnvttaS Muraigl und auf dem Jungfraujoch vorgenvmmen und berichten über ihre Ergebnisse in der Klinischen Wochenschrift. A« »er Nordsee wtrö »er Stoffwechsel durch Seebäder aestetaert, aber nicht durch bloßen Aufenthalt an der See. Im Höhenklima aber läßt sich eine deutliche Steigerung Stoffwechsels nachweisen. Es kann sich dabet nur um die Wirkung von Kälte und Strahl««« handeln. Die Versuche ergaben, daß sowohl der Külteret» aus Gesicht und Hände wie auch die direkte Sonnenstrahlung den Stoffwechsel be trächtlich steigern. Die Kältewtrkung kommt nur im Winter in Betracht, im Sommer kann es sich nur um Strahlung handeln. Das wichtigste Ergebnis der Stoffwechselversuche war, baß die Witterung, Kälte und Sonnenstrahlung den Stoffwechsel in solchen Höhe», wie sie von de» Aerzten empfohlen werben, ganz bedeutend steigern. Die Steige rung ist bet Gesunde» erheblich, bei Kranken noch stärker Die Steigerung des Sauerstosfverbranchs durch Hautreize wie sie nachgewiesen werden konnte, ist nun für Hetlnngs Vorgänge im Organismus von höchster Wichtigkeit. Ein heilkräftiges Klima ist el» Reizklima, das durch Hautreize eine Stvffwcchselsteigerung bewirkt. Solche Reiz klimate sind das Höhenklima und bas nordische Seeklimn Das südliche Klima dagegen, bas eine Senkung der Ver brennungSvorgängc hervorruft, verursacht keine Stoffwcch selstetgerung. Nur während einiger Wintermonate kann auch die Strahlnug des südlichen Meeres als Reizklima wir ken. Die wirksamen Reize des Höhenklimas sind Hautreize, und zwar werde» diese durch Strahlung und Kälte verur sacht. Im Zimmer fehlen die Reize, auf denen die Klima Wirkung beruht, und deshalb konnte man im geschlvsscncu Zimmer auch nicht die Stvfswechselstcigcrung feststelle». Die einzelnen Hetlmaßnahmen in einem Höhenkurort, die nach den Versuchen als wirksam erscheinen, sind: die Liegekur in de» verschiedenen Tageszeiten, bet verschiedener Dauer, tn den einzelnen Jahreszeiten, das Sonnenbad, die freie Lust kur ohne direkte Bestrahlung. Bei diesen Mitteln läßt sich die Stoffwcchsclsteigerung leicht feststcllen. Wenn man nun die beiden mitteleuropäischen Reizklimate, das Höhenklima und das nordische Sceklima vergleicht, so besitzt das Höhen klima ohne Frage die stärkere Wirkung. An Gesunden hat man an der Nordsee überhaupt keine sichere Steigerung gc sehen: jedenfalls nur dann, wenn ein Bad mit besonders starkem "Wellenschlag genommen wurde. Die Steigerungen bei schwächlichen Kindern sind an der Nordsee nicht so hoch wie die, die im Gebirge beobachtet wurden. vis Herren vr. Laos I-iittks Ullä vr. Oonraä Ltiok, sadruvAsmittsIodsmiksr in IHprix, srklärsn in ikrvm mtasdtsn vom Lnäs Llai 1924: „vis Tsklesbodns §ibt naod äsn von uns rm- AgstsIItsn Versnoben äurobsoknittliob nur vtivs. 32'/. löslioks vxtraktstollo an äas Ostränic ab. dabsn äurob sins Rsids von Vsrsuokon ksst- ZsstvIIt, äs6 äis Atzvoxe Aor aus ästa Lvbvsnkaöss eins 2uZabs von „Vsbsr's Oarlsdsäsr" stattünävt. „V«k»«r« O»»I«k»»ck«r" xtbt ckeur tzL»Lk««-Has- livrper rmck v«N e» St« L,S«- It«I>Irvtt Svr t>xtr»kt«tok6 cker tL»1keel»ottne »»«zxvsproolrv» erliNkt nnck VrLx«r ck«» L»llk«« Hroin»« k«»«acker» xvvtxmot t»t. votsr äsn bskanntsn püanrlioksn RöststoLvn änrkts ksin aväsrvs Aittsi 2u finäsn ssin, vslokss äis obon Asksnnrvioknstsn LiZsnsoksftsn in äiossm Llaös besitzt." Lino äsrartix bobs Ersparnis kür äis 'sVirtsobaki äark ksuttntaxs nivkt unbsaobtst blsibsn. vis KIuZc vauskrau veirä sie siok rn eigen waoksn. Vas sobts Varlsbaäsr 2sigt stets „äis Lrons". Otto D. ^Vvbsr, 0. m. b. v., Raäsbsul-Orosäsv. Baroneß Tislar die Dienerin und' hatte nun iwch Zeit, sich eine Viertelstunde ungestört ihrem Empfinden hinzugeben, die letzte Viertelstunde in der sie es fertig bringen mußte, mußte!, die Glut, welche noch ungemindert unter der erstarrten Lava brannte, zu ertöten. Sie preßte krampfhaft die Lippen zusammen, sie rang die Hande, daß sie schmerzten. Das heiße, ohnmächtige Herz wollte sich nicht bezwingen lassen. „Ulrich, Ulrich/ rief sie mit ihrem wehesten Herzens» laut und ahnte nicht, wie nah ihr der so heiß Geliebte war. Gab es denn keine Rettung, keine Gnade? O, wenn Hoch ein Erdbeben käme und sie verschlingen wollte! Da, horch! O, Entsetzen! Eine eisige Kälte schlich ihren Rücken hinab. Jetzt Huben die Glocken von neuem zu läuten an, die Glocken, welche ihr immer so feierlich geklungen, wenn sie am Sonntag Morgen zur Kirche riefen. Barmherziger Gott! Klangen sie nicht heute wie Sünder glocken, welche den Verbrecher auf das Schasfott geleiten sollten, so dünn und wimmernd? Mit einem herzzerbrechenden Angstruf barg sie den schmerzenden Kopf in die Hände, sie hatte das sichere Gefühl, daß sie wahnsinnig werden müßte. „Sterben, jetzt sterben dürfen" murmelte sie wie damals. ^Welche Wohltat, welche gnädige Erlösung!" Ihre zitternden Finger drückten ihrer Mutter Braut taschentuch an die trockenen Augen, genau so wie eS diese damals auch getan hatte, und — ihr Herzschlag setzte aus als sie Schritte vernahm, welche fest und unerbittlich näher kamen.— Aber nicht nur für das unglückselige junge Weib, sondern auch für ein anderes junges Menschenherz bedeuteten die ehernen Stimmen ein Totengeläute. Graf Ulrich Burgmeister hatte in diesen letzten vier Wochen ungezählte Male versucht, zu Baron Tislar hindurch zu dringen, allein alle seine Anstrengungen waren resultatlos verlaufen; der Alte ließ ihn jedes Mal abweisen und seine dringenden Briefe erhielt er ungelesen zurück, ebenfalls die,für Gitta, weil sie niemals in deren Hände gelangten. solches Verfahren durchzuführen — aber nicht aus Gutmütig kett etwa —, wenn nicht Arnold von Schmollau sich in Lislarshof in Permanenz erklärt und den ihm gegenüber völlig willenlosen Onkel einfach alle Handlungen vorgeschrieben hätte, wie ein Feldherr die Befehle seinem Untergebenen. Gitta von Angesicht zu Angesicht zu schauen, war dem Grafen ebenfalls jede Möglichkeit abgeschnitten worden, um- somehr, als die Geliebte sich selbst zu freiwilliger Gefangen, schäft verurteilt hatte. Nur einmal war ihn im Abendschein aus weiter Entfernung ihr Anblick Mell geworden, allste bleich wie eine Sterbetide am geschlossenen Fenster ihres Ge maches stand. Alle Anstrengungen, von jenseits der dicken Mauer her sich ihr bemerklich zu machen, scheiterten, alle Zugänge zum Schloß waren verriegelt, und sie selbst sah ihn nutzt, weil ihr verzehrender Blick sich wie Hilfe heischend in die weite.Un endlichkeit tauchte. Rührend und erschütternd zuglrich wirkte ihr Snbkick arrf den Mann, dem sich dieses Bild unverlöschkich in die Sskle grub. Heute war er nach Beendigung des Dienste« direkt von der Garnison herttbergentten. Sein Pferd dampfte vom wahn sinnigen Ritt, er beachtete es nicht, denn all sein Denken wpr darauf konzentriert das Schlimmste für Gitta und sich noch in letzter Stunde abwenden zu können. Von Tag zu Tag hatte sich seine Zuversicht vermindert, soviel er sich auch mühte die Hoffnung aufrecht zu erhalten, und diese schwindende Zuversicht wuchs plötzlich wieder Arsen- - groß empor, als ihn Gittas Vater seiner sonstige« Gewöhn- heA entsecM heute bitten ließ eimvttettn. Villa, weil sie niemals in oeren cyanve gelang««. i 'H --«p s» Tislar wäre vielleicht zu schwach gewesen auf die Dauer - Jetzt erst kam dem Grafen eine Ähnui mit dem Degen- ' "t, er ver- verklangen die Glockenftimmen. Eine kurze, wahrnehmbare Brwe, Arnold Schmollau, welcher diesen letzten Ansturm geahnt, hatte in weiser Voraussicht dm Alten genau instruiert und dieser ging, da es ihm so am bequemsten war, auf alles ein, was der Neffe verlangte. Baron Tislar befand sich übechaupt seit einiger Zett in beständigem Rauschzustand. War sein Gewissen erwacht und wollte er sich betäuben? Er trank jedenfalls vom Morgm zum Abend und fiel am Ende in Apathie und Stumpfsinn. Dem Diener wurde der Auftrag, dm Ankömmling in ein unbewohntes Zimmer des oberen Geschosses zu führen, und als der Gast die knarrenden Stufen emporstieg, schien in dem umnebelten Gehirn des Alten die Idee aufzusteigen, daß es doch vielleicht nicht ganz loyal fei, den jungen Grafen der- artig in die Falle zu locken. Mer konnte er sich nun nicht gleich klar werden über diese sonderbare Politik Arnolds oder fehlte es ihm an der nötigen Energie, um diese Perfidie zu verhindern, — kurzum er hörte plötzlich die schwere Tür wuchtig ins Schloß fallen und den Riegel von außm krachend vorschiebm. Graf Äurgmeister war, ohne es zu ahnen, ge fangen, wie die Maus in der Falle. Ein höhnisches Lachen hörte der Baron noch, dann verhallte es wie di« Tritte, die dm ekeill)«n Kerkermeister davontrugen. Ulrich Burgmeister stand am Fenster, aber er hatte keinen Blick heute für die Stille und Schönheit der verträumten Natur, er wartete ungeduldig auf seinen Wirt. Ganz am Ende des Waldes tauchte die unteMhmde Sonne eine phantastisch gezackt« Wolkenwand in feuriges Rot und um die Kronen der Bäume webt« bereits ein feiner bläulicher Dunstschleier. Alles schwieg ringsum. Feierabend» stimnmng am Nachmittag. , ! Da plötzlich ein leiser Ton, der klingend verhallte, . /in zweiter folgte ihm, ein dritter, — von ver nahm herüber schwang sich der Glockengesang durch die L Mach stürzte zur Tür, aber das Schloß MtderKrast eines Wcchnsinnigen rüttekte er,^ Ätz zu alttm klebrigen in TislarSh ' daß es allen Bemühungen, cs zu ö . ... e Ahnung von Meer , Situation. Er begriff, warum man ihn hier heraufgeführb; man hatte ihn hinterlistig eingesperrt, um ihn unschädlich zu. machen. i Die Wut packte ihn. Er ergriff den schweren Bronze» leuchter am Spiegelfims und schlug ihn mit solcher Wucht auf M MiM, daß dttfe klirrend zu Boden fiel und der mächtige Leuchter sich wie ei» Halm in seiner Hand bog, aber das Schloß gab nicht nach. Er untersuchte die Wände, ob sich ffkcht irgendwo eine verborgene Tür fand, nnd stieß sich dabei 'j'mchEckMMtd Kanten der Möbel die Hände blutig, er stemmte seinen SRel zwischen die Fugen der Mr, daß er zerMtterte, und versuchte in vergeblicher Anstrengung mit dem Degen- stumps dm Riegel zu heben, — umsonst, alles umsonst, er ver- uwchtt sich nicht zu befreien. - c ' Nnttrdeß verklangen Vie Glockenftimmen. Eine kurze, wahrnehmbare Bewegung, wie von Schritten und TÄrenöffnen, ging durch das alte Schloß, dann senkte sich die Ruhe unheimlich darüber An. Der so schändlich Betrogene konnte sich die fürchterliche Wahrheit mm nicht mehr vemehlen. „Es war zu spät! Zu spät! Die Geliebte ewig ver loren!" Wie eine Lähmung ging's durch den Körper des starken Mannes, ein Schütteln wie in Froftschauern. Schwer hob sein Atem die Brust und einen Moment war's, als ob ihn eine Ohnmacht zu Boden zwingen wollte. Aber mit aller Energie wehrte er sich dagegen; er durfte nicht schwach werden, nicht -jetzt, nicht hier, um keinen Preis! / . . Er raffte sich zusammen und ging aus Fenster. Er schwankte ihn der zuf geglitten. als sich der Zug mit der schnell aus Stämmen und Besten zusammengefügten Tragbahre, auf der Graf Ulrich bleich wie «in Toter ruhte, dem Schlöffe näherte, ist leicht zu erraten. — > Die beiden Flügel der Kirchentür öffneten sich, die Trau ung, welche auf speziellen Wunsch der Braut so kurz wie mög lich gehalten worden, war vorüber und unter den verhallenden Klängen der Orgel schritten die Neuvermählten über die drei Sandsteinstufen hinab ins Freie. Das kleine Gefolge bestand ! Dort hinab wär ein Sprung auf Leben'und Tod. Aber lieber diesen Salto mortale, als hier verhöhnt und verspottet ! festgehalten zu werden. Er scch abwägend hinaus und prüfte nnt der Hand das Mauerwerk; alles war glatt und nur etwas abgebröckelt, aber kein Vorsprung zum festhalten, keine Kante. Unten ein gras- bewachsener kleiner Flecken von Buxbaum umgeben in dessen Mitte eine zerfallene Statue stand. Graf Ulrich befand sich im ältesten Teck« des Schlaffes. War denn kein Mensch zu erblicken? Durch eine halb verwitterte Pforte übersah er den Wirtschaftshof, wo sein Pferd an einen Pfahl gebunden wiehernd feiner harrte. Er rief; so laut er auch seine Stimme erhob, keine Ant wort erfolgte: er wiederholle den Ruf; ebenfalls resultatlos. Dann blieb ihm also nichts übrig, als hinunterzuspringen. Er schwang sich auf die Brüstung, klammerte sich mit beiden Händen an das Fensterkreuz und ließ sich langsam hinab gleiten. Einige Sekunden hing er zwischen Himmel und Erde, — dann lüsten sich seine Hände. Die Silberschnüre seines Uniformrocks schrammten an der Kalkwand, unwillkür- sich tasteten seine Finger nach einem Hall, ein Schwindel befiel ihn im Herabsausen, er schloß die Äugen und — schwer schlug er auf dem Boden nieder. Erst nach mehreren Minuten richtete er sich betäubt auf und versuchte sich zu erheben, aber nur mit großer Anstrengung gelang «S ihm, nachdem «in empfindlicher Schmerz im rechten Fuß chn mehrmals wieder zurücksinken ließ. Er hinkte unter zunehmenden Schmerzen zu seinem Pferde hinüber, zog es an «inen Hotzklotz und schob sich von da aus mühevoll in den Sattel. Obgleich er ein Schmerzgefühl empfand, als würde sein Fuß mit glühenden Messern zerschunden, hielt ein starker Wille ihn doch aufrecht bis er den Anfang der großen Alles von Eichenbruch erreichte. Hier aus heimatlichen Boden ange langt, schien seine Kraft nicht mehr auszureichen. s Er schwankte mit aschfahlem Gesicht wie ein Rohr im Winde, die Zügel entsanken seiner erschlafften Hand, und hätte ihn der zufällig des Wegs kommende Förster nicht in seinen Armen aufgefangen, er wäre als ein Ohnmächtiger vom Pferde geglitten. j Wie entsetzt die Gräfin Mutter und Komteß Lilli waren, als sich der Zug mit der schnell aus Stämmen und Besten zusammengefügten Tragbahre, auf der Graf Ulrich bleich wie <' " -- - --- ' > Die beiden Ungehalten worden, war vorüber und unter'den verhallenden -- . .. ... .. ..... ... - SanÄteinfttcken hinab'ins Freie. Das kleine Gefolge bestand aus Baron Tislar, seinem Verwalter, dem Pfarrherrn und dessen Schwester Lräulein Agathe Schiller. Unter gemessenen Glückwünschen verabschiedeten sich die beiden Letzten von dem jungen Paar. ! Främein Agathe inoeß vermochte vor Ergriffenheit kaum einige herzliche Worte an ihren ehemaligen Schützling zu richte«, ihre Stimme klang erstickt und als die junge Frau, die sie wie ihr eigenes Kind liebte, ihr bleiches, unbewegtes Gesicht an die Schuller des alten Frauleins lehnte, da ging dieser treuen Seele das Herz über; mit tränenden Augen zog > sie die bräutliche Gestalt in ihre Arme. Auch der Pastor, der im Verein mit seiner Schweft« ihre Erziehung nnd ihren Bildungsgang geleitet, fuhr sich ver stohlen über die Augen. Wußten doch beide Geschwister auch ohne eine Aussprache von Gittas Sette, daß ihres Lieblings Brautkranz eine Dornenkrone war. Der neugebackene Ehemann, dem die Szene im höchsten Grad« zuwider war, machte ihr in brüsker Weik ein Ende, (Fortsetzung folgt.)
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