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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040927010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904092701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904092701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-27
- Monat1904-09
- Jahr1904
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jaben. Die weitaus größte Zahl aller Spezialartikel des Warenverkehrs findet sich in een Tarifen nicht namenttich aufgeführt, die systematische Zusammenstellung kann also über ihre Verzollung keine Auskunft geben. Man muß taS amtlich« Warenverzeichnis zum Zolltarif aufschla^en, da» mehr spezialisiert. Die fremden Warenverzeichnisse sind aber der systematischen Zusammenstellung nicht deigegeben; gelingt e« dem Interessenten, sie sich irgendwo zu beschaffen, so ist die Abfassung in der fremden Sprache ein Hindernis für den schnellen Gebrauch. Man mag eine fremde Sprache noch se gut beherrschen, auf die technischen Ausdrücke der Waren lunde erstreckt sich da» Verständnis doch nur in lettenen Hallen. Die fremden Warenverzeichnisse müssen durch Sachverständige übersetzt und zu einem Nachschlagebuch über die Zölle im Ausland verarbeitet werben. Durch Herstellung eines solchen Nachschlagebuchs könnte das ReichSamt der lrrporlinkuftric und dem Exporthandel einen ungeheueren Dienst erwenen. Ferner wären die Tarisentscheidungen zu sammeln und fvste- malisch zu ordnen, nur derjenige, der alle drei Quellen res Tarisrcchts im Zusammenhänge übrsieht und kennt — den Taris selbst, das zugehörige amtliche Warenverzeichnis und die Tarifentscheidungen —, ist befähigt, Auskunft über die fremde Zollpraxis zu geben. Da von dem einzelnen Geschäfts mann eine solche Kenntnis nicht zu verlangen ist, die Zoll behörden selbst aber oft geradem Erstaunliches in der Auslegungskunst leiste», wäre die Errichtung einer Reichs- Hauptstelle für Zoüauskünfte im gegenwärtigen Augenblicke besonders angebracht. Bei der Zentralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen finden augenblicklich darauf bezügliche Erwägungen statt, und es wäre erwünscht, daß alle Korpo rationen, Verbände ober Einzelfirmen, vie sich für die Sache interessieren, mit ibr Fühlung nehmen. * Teutsche Auswantzerer-Koutrolftatiouen. Gegen die von sozialdemokratischer Seite gegen die deutschen Aus- wanverer-Kontrollslatlonen gerichteten Angriffe wehren sich die beteiligten Rhedereicn in folgender Auslassung: Die Ken- lrollstalionen der russischen Grenze sind von den deutschen Gesellschaften im Jahre 1893 in Veranlassung der da maligen Eholeraepidemie auf Verlangen der preußischen Negierung errichtet worden. Die Errichtung crsolgtc in erster tzinie aus sanitären Gründen. Neben der ärztlichen Untersuchung erfolgt die Feststellung der Persönlichkeit der Auswanderer, da die deutschen Gesellschaften ver pflichtet sind, für alle Kosten aufzukommen, die dem Deutschen Reiche, den Einzelstaaren oder Gemeinden durch den Durchzug der Auswanderer, Aufenthalt und durct, etwaige Rückwanderung entstehen. Im übrigen erfolgt die Durchlassung durch die Kontrollstation entsprechend den Vorschriften, die die preußische Regierung für Kontroll stationen erlassen hat unter Berücksichtigung der Ein- wanderungsbestimmungen der Bereinigten Staaten. Die Dar legung betont sodann, daß infolge der Errichtung von Kontroll stationen jede Einschleppung von epidemischen Krankheiten verhindert wird und baß ferner weder dem Reiche, noch den Einzelstaaten und Gemeinden infolge der Durchwauderung Kosten entstehen und daß viele Tausende vor dem Verlust ihres Vermögens und der Zurückweisung in Amerika bewahrt werden. Die Darlegung schließt: Durch die Stationen werden auch die Auswanderer aller Dampf- schiffahrtsgesellschasten zur Beförderung zugelassen, die mit den deutschen Danipfschiffslinien in cntiprechcndem Vertragsverhältnis stehen. Wenn eine einzelne Dampfschiff» fahrtsgesellschaft — wie das zur Zeil bei der Cunard- Linie der Fall ist — von diesem Vertrage znrücktrilt, hört damit selbstverständlcch auch das Recht für diese Gesellschaft auf, ihre Passagiere durch die Kontroll stationen passieren zu lassen. Es müssen solche Passagiere daher zurückgewiesen werden. Daher ist allerdings die Möglichkeit 'nicht ausgeschlossen, daß es sich bei der Zu rückweisung solcher Passagiere um einzelne Auswanderer bandeln kann, dre sich dem Militärdienste in Rußland zu entziehen suchen; ebenso ist cs nicht ausgeschlossen, daß bei den Hunderttausendcn, die die Koulrollstationen passieren, hier und da einzelne Mißgriffe seitens der betreffenden Be amten vorkommen, die aber selbstredend, sobald der Sach verhalt aufgeklärt ist, rektifiziert werden. * * Rominten, 26. September. Der Kaiicr hat das Abschiedsgesuch des Kapitän v. Grumme unter Stellung zur Disposition genehmigt. * Kreuznach, 25. September. Der rheinische Handwerkerbund lehnt die Zwang Svec, sicherung ab und fordert.Handwerksgerichte. * Düsseldorf, 26. September. Der Geh. Ober» rcgicrungsrat Klausener, Dirigent der Landesvcr» iicherungsanstalt der Rheinvrovinz, ist in verflossener Nacht hier gestorben. Klausener war ein großer Verehrer Heines und plante die Errichtung eines Heine- museums in Düsseldorf. * München, 26. September. Herzog Ludwig W i l h c l m i n B a y e r n ist von dem Manöverunfall so weit wieder genesen, daß er das Zimmer wieder ver lassen kann. Der Herzog tritt demnächst einen längeren Erholungsurlaub an. flotte. " rchtsfsbewegungen. S. M. S. „Habicht" ist am 24. September in Cap Lopez eingetrossen und geht am 3. Oktober von von nach Libreville «.Französisch Kongo! in See. S. M. T. „Iltis" ist am 24. September in Packhoi am Golf von Tonking eiugeirosskn. S. M. S. „Bremen" ist am 25. September in Rio de Janeiro eingetroffen. S. M. S. „Pelikan" und Bermessungs- damvfer „Rational" sind ain 24. September in Kiel eingetroffen. S. M. S. „Hhäne" ist am 25. September in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt. S. M. SS. „Frithjof" und „Odin" sind am 25. September unter den Befehl des Kommandos der Manifestation der Ostsee getreten. Kapitän zur See Paaschen (Adolfe hat am 24. September das Kommando S. M. S. „M ecklenburg" übernommen. Rusianü. Oesterreich-Ungarn. * Der Aricrparagrapd und die österreichischen Turner. Der am Sonntag in Wien abgebaltcnc Kreisturnlag deS Turnkreises XV < Deulschösterreichl beschloß mit mehr als Zweidrittelmehrheit feinen Austritt aus der Deutschen Turner schau und eie Umwandlung in einen selbständigen Turnkreis. Damit ist die Turnfehdc wegen des sogen. Arierparagraphs nach außen bin zum vorläufigen Abschluß gelangt, allein innerhalb des Turnkreiscs ist vie Febde noch nicht beendet, da die Vertreter der einzelnen Turngaue teils für, teils gegen Austritt stimmten. Die Abstimmung ergab 97 Stimmen für und 34 gegen den Austritt. Bekanntlich hat ter letzte, in Berlin abgehaltene Turntag^ entschieden, daß neben dem Turnkreise XV ein neuer Äiriikreis XVu zu schaffen sei. Auf diese Weise wollte mau, ohne die am Aricrparagrapben festhaltenken deulschösterreichischen Turnvereine zu verletzen, auch jenen Vereinen, die diesen Paragraphen ablehnen und demnach Juden zu ihren Mitgliedern zählen, die Möglich keit des Anschlusses an die deutsche Turneeschaft bieten. Der jetzige Beschluß des KreiSturntagcs XV ist die bedauerliche Antwort auf die damalige Entscheidung. Diese Starrköpfig keit wird in Denlschlank, wo man von der Mehrheit des Turnkreises XV eine höhere Einsicht erwartet hätte, geringes Verständnis finden. Frankreich. * Fortdauer des Ausstands in Marseille. Die Mar seiller Ausständigen, die ausdrücklicherklärt hatten, sich dem Schiedsspruch deS auch von den Reedern angenommenen Handelsgerichtsvorsitzenden Magnan zu unterwerfen, weisen diesen Schiedsspruch setzt zurück, weil er in einem Punkke gegen sie ausgefallen ist. Der Vorstand ihrer Berufsgenossenschaft dankt infolgedessen ab. Diese» Benehmen entzieht den Hafenarbeitern die Sympathien, die ihnen bisher zugewandt waren. Schweden nnd Norwegen * Ministcrwcchsel. Der norwegische Landwirtschafts minister Matt Hetzen, der vor einigen Tagen den Direktor der landwirtschaftlichen Hochschule, Hirsch, veranlaßt batte, seinen Abschied zu nehmen wegen des Gerüchtes, daß dieser einen nicht völlig sittlichen Lebenswandel geführt bade, reichte sein Entlassungsgesuch ein, da die Art und Weise, wie die Sache in der Oeffentlichteir behandelt würde, seiner Meinung nach die Lösung der ihm auferlegten wichtigen Aufgaben erschweren und das schon bervorgerusene Aergernis mehren werde, ühan denkt dabei einigermaßen an das Sprichwort von der für andere gegrabenen Grube. Türkei. * Reservisten-Entlassnnsz. Tie infolge der Banden bewegung im Jahre 1903 verzögerte Entlassung der Reserven von 1897 und 1898 im zweiten Korpsbereiche Adrianopel uird im 3. Kovrsbereiche Sa loniki ist in diesen Tagen im 2. Kopsbereiche Adrianopel beendet worden. Auch im 3. Korpsbereich Soloniki wunden 20 000 Mann entlassen. Leipriger Rngelegenbeiten. * Leipzig. 27. September. Handschriften. „Ter schreibt 'ne gute Handschrift!" dieses Wort hört man oft und auch in doppelter Beziehung. Schreiben und schreiben hat nämlich einen ge waltigen Unterschied. Wenn bei einer Balgerei der eine Gegner dem andern plötzlich „feine Visitenkarte ins Ge- sicht schreibt" — das ist deutlich, wenn aber jemand feine Hyroglyphen auf einen Briefbogen malt, daß man zu Lupe und Mikroskop greifen muß — das ist undeutlich. Der erstgenannte Schreiber ist kurz und bündig, der zweite dagegen ein Leiden für feine Mitmenschen. Und doch ist es so furchtbar leicht, sich eine solche Handschrift — wir sprechen jetzt vom wirklichen „schreiben" — anzu- eignen, um feine eigenen Leiden und diejenigen anderer auf ein Minimum zu beschränken. Es gehört vor allen Dingen ein energisches Wollen dazu. Bor einiger Zeit ist in Preußen, um die Handschriften in den Schulen zu verbessern, ein Erlaß veröffentlicht worden, daß in den Abgangszeugnissen auch eine Zensur über die Schrift abgegeben werden soll. Das Grundübel scheint demnach schon in der Schule zu suchen zu sein, und es ist nur zu leicht erklärlich, daß das Uebel nach dem Verlassen der Schule tiefer Wurzel fassen kann, da in der auf die Schule folgenden Zeit ein Sichgehenlassen eintritt, das auf die Handschrift nicht ohne Einfluß bleibt. Tie Schul schrift sieht nicht „männlich" genug aus — es werden nach Verlassen der Schule bald kleine Undeutlichkeiten ein- geführt, um der Handschrift einen möglichst originellen Anstrich zu geben. Man gewöhnt sich nur zu leicht Un- arten an durch Schnörkel und Haken, die gar nicht in die Schrift gehören — und die Ver bildung der Handschrift ist fertig. Jeder Geschäftsmann freut sich bei einem Wechsel seines Personals, wenn er als Ersatz Leute mit einer guten Handschrift engagieren kann, jeder Privat mann freut sich ebenso, unter seiner Korrespondenz schöne Schriften zu finden; denn das Lesen und somit die Er ledigung kann schneller erfolgen, als wenn ein im Rezept stil geschriebener Brief vorliegt. Vom Standpunkt der Graphologen soll erst gar nicht gesagt werden; was diese sich bei einem undeutlich urrd schlecht geschriebenen Schrift stück denken, soll hier unerörtert bleiben. Aber Augen pulver kann lein Mensch vertragen, nicht einmal ein Graphologe. Diese Wissenschaft sollte eigentlich die Schlechtschreiber von selbst anspornen, die Handschrift zu verbessern. Eine gute Handschrift ist mindestens eben soviel wert wie ein ansprechendes Aeußcre und ein sicheres Auftreten. Es ist heute unumstößliche Tatsache: „Zeige mir, wie du schreibst, dann will ich dir sagen, wer und wie du bist!" * * Vermehrung der Ratsdienerstellen. Um die Ein- Haltung der straßenpolizeilichen Bestimmungen in ge» regelier Weise zu überwachen, macht sich eine Vermehrung des derzeitigen Mannschaftsbestandes der Ratswachen nötig. Mit dem Exekutivdienst werden zur Zeit aus den Wachen beschäftigt: R a t s h a u p t w a ch e 20 Ratsdiener, 2. Ratswache in L. - L i n d e n a u 9 Rats- diener, 3. Ratswache in L. - G o h l i s 7 Ratsdiener und 4. Ratswache in L. - R e u d n i tz 10 Ratsdiener. Die übrigen 26 Ratsdiener sind zur Aufwartung und zum inneren Dienst auf verschiedenen Expeditionen befehligt. Die auf den Ratswachen befindliche Zahl der Ratsdiener ist nun nicht ausreichend, um eine geregelte Begehung der Bezirke durchzusühren. Auch muß der Nachtdienst sehr stark eingeschränkt werden, weil sonst die Zahl der am Tage verfügbaren Diener noch geringer sein würde. Von der Inspektion der Ratswachen ist deshalb eine Ver- mehrung der Wachmannschaft um 20 Mann beantragt worden. Dieselbe soll sich verteilen auf die Ratshaupl- wachc mit 8 Mann, 2. Ratswache 5 Mann, 3. Ratstvache 3 Mann und 4. RatSwache 4 Mann. Als Zeitpunkt der Einstellung der neuen Mannschaften ist der Beginn des Jahres 1905 in Aussicht genommen. * Ortsbaugesctz für L.-Eutritzsch-Südost. Das Orts gesetz über die Bebauung von L.-Eutritzsch-Südost, um fassend das Plangebiet zwisckym der Delitzscher-, Schönefelder, und Tkeresienstraße, ist von den Stadtverordneten mehrfach beraten worden, zuerst in der Sitzung vom 3. Dezember 1902 und dann, auf Rückäußerungen des Rates hin, noch in einigen späteren Sitzungen. Nachdem zwischen Rat- und Stadtverord neten Einvernehmen erzielt war, ist das Ortsgesctz der oberen Verwaltungsbehörde bez. den: König!. Ministe rium de§ Innern zur Genehmigung eingerercht worden. Tiefe beiden Instanzen haben jedoch von neuem Beden ken erhoben. So soll namentlich mehr Rücksicht auf die Anlegung von Vorgärten genommen, und es soll das Gebiet mehr als Außenlage behandelt, die vier- geschäftige Bauweise also nach Möglichkeit vermieden werden. Ter Rat hat deshalb den Stadtverordneten das Ortsgesetz nochrnals in der entsprechenden ab geänderten Fassung zugehen lasset-. ' Ter Lnndgrns von Hessen ist mit Gefolge und Dienerschaft auf ca. eine Woche hier eingetroffen, und hat im Hotel Hauffe Wohnung genommen. Ter Landgras nimmt bekanntlich an dem Bachfcst teil. — Ferner sind mittels Automobils, aus Görlitz kommend, der Erbprinz und die Fran Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen mit Gefolge und Dienerschaft im Hotel Hauffe abgestiegen. Tie „Leipziger Volkszeitung" ist in Verlegenheit: sie mutz umlernen. Nachdem ihr in Bremen ihr „rüder" Ton von ihren eigenen Leuten vorgekalten worden ist und sie die An nahme einer Entrüstungsresolution nur durch eine böse Selbsthlamage verhindern konnte, fehlen ihr nämlich die wickuigsten Schimpsrequisiken aus ihrem HauS- wörterschatze — vorläufig wenigstens und so weit es sich um Polemik gegen „Genossen" handelt. Jedoch scheint der arge moralische Jammer auch ein wenig auf die AnSdruckS- fäbigkeit im Kampfe gegen die bürgerliche Presse gewirkt zu haben, denn wir haben selten einen so lahmen Artikel in dem Blatte gelesen, wie seinen letzten über den Boykott der Theater des Direktors Hartmann. Wir vermißten beim Lesen sofort verschiedene Injurien, deren Fehlen auch durch den simplen Borwurf der „Denun ziation" und der Interessenvertretung „hungriger Dividenden- tchliicker" nicht gut gemacht werden kann. Es fehlen die echten und herzerfreuenden Kraftausdrücke, die dem Blatte auch bei seinen eigenen Parteigängern weit in da» Reich hinaus seinen wohlbegründeten Rnf verschafft haben, und wir fürchten sehr für den Gesundheitszustand der „Volkszeitung" — wenn sie nur nicht an Herzbeklemmung plötzlich eingcbt! Sie sucht sich zwar zu helfen durch Verdrehungen, aber die feineren diabolischen Künste liegen ihr nicht; ihre rauhe Hand hat zu lange die Forte geführt, um nun auf einmal mit der Eiseliernadel arbeiten zu können. Es ist deshalb auch recht plump ausgefallen, wenn die „Bolksztg." eine kleine Ver schiebung vornimmt nnd „die Arbeiter" an die Stelle der Boykollkommiftion setzt. Was letztere aber anbetnffk, so bleibt es dabei: Es ist „skrupellos unmoralisch", die Existenz eines Unbeteiligten vernichten zu wollen, um einem anderen zu schaden. * Ter Wahlausschuß für die Kirchenvorstandowahl in der neu zu bildenden Parochic Leipzig - Lin de n a u setzt sich aus 10 Personen zusammen, und zwar aus 3 Mitgliedern des Kirchenvorstandes der Nathanael- kirche, 3 unparteiischen Mitgliedern der neuen Gemeinde, sowie den Herren Stadträten Lainpe, Nagel und vn. Schanz und endlich dem Vorsitzenden Herrn Psarrer Ernst Sorge. Sobald sich die Herren über die Nominie rung von 8 Kandidaten schlüssig geworden sind, dürfte die Ausschreibung der Kirchenvorstandswahl erfolgen. (Wdhk.) -8. Aus der Leipziger Mission. Tie Vermächt nisse und Stiftungen, die der Evangelisch-iuthe- rischen Mission zu Leipzig unter der Auflage, nur die Zinsen zu verbuchen, oder unter einstweiligem Vorbehalt des Zinsgenussüs zugewendet worden sind, repräsentieren einen Gesamtivert von 63 008,40 Hierzu kommen noch vier A o n d s ini Betrage von 29 806,52 — Die M i s s i o n a r s - W i t w e n - und Waisen kasse, aus der im Vorjahre 1200 Pensionen gezahlt wurden, besitzt ein Vermögen in Höhe von 85 694,84 Ter P c n s i o u s f o n d s für die W a k a m b a - M i s s i o n beträgt 50 890 „/l. * Tic Nordsilialc drr Städtische» höheren Schule für Mädchen (im ehemaligen Pcstalozzistist zwischen Nord platz und Roscntal) eröffnet zu Ostern 1905 dieobcrste Klaffe, so daß damit die Nordschule alle Klassen von VII—I enthalten wird. Anmeldungen für Ostern 1905 wolle man so früh wie möglich bei dem Leiter der Schule einreichcn, da aus Mangel an Raum nur eine beschränkte Zahl von Schülerinnen ausgenommen werden kann. Bei der Anmeldung sind das letzte Schulzeugnis, das Ge burtsattest und der Impfschein vorzulegen. Sprech stunde an jedem Schultage vormittags von 11—12 Uhr im Schulgebäude. 'Wdlllt.) * Neuer Leipziger Tierschuyverein. Wie unseren Lesern bekannt sein dürfte, Halle sich der Neue Leipziger Tiersetmtz- vercin an die Königliche SlaatSaiuvaltsckcaft und das Polizei - amt mn der Bicte gcwendel, gegen das im -Spätsommer und Herbst von Seiten der Schulkinder auf den Stoppelfeldern vielfach geübte Graben nach Hamstern und die damit verbundenen oft recht rohen Tierquälereien geeignete Maß nahmen zu treffen. In dankenswerter Weise haben beide Bc- Feuilleton. Musik. Zur Entlassung Bernhard Stavenhagciis. Ziemlich un- erwariet für die Ocfsentlichkcit hat Hofkapellmeistcr Bernhard Stavenbagcn feilte Entlassung als Tirektor und Leiter der .Klavierklassen der Bayerischen Akademie der Tontuusi in Mün chen eingereicht, die wohl unfehlbar vom vorgesetzten Mkni- irerium angenommen iverden wird, denn stavenhagcus kühner Fortschrittsdrang, seine energische, organisatorische Natur ivar längst dem Kultusminister ein Dorn im A u g c. Man darf es offen aussprechen, Stavcnhagen ist als ein Opfer der reakrionären Politik des bayrisckwn Kultusministeriums ge fallen. Tic Akademie der Tonkunst in München war in den letzten Jochren unter Baron v. P c r f a l I, unter dein alten Josef Rheinberger ein rechter Hort des Rückschritts. Das wurde ganz bedeutend anders, als Stavcnhagen vor drei fahren als Pflaster für den dank Zumpe verlorenen Dtri- gentensenel in der Hofoper diesen Tircktorpostcn erhielt. Er verstand eS, das künstlerische Niveau der Anstalt in über, laschend kurzer Zeit zu heben: er gewann für die einzelnen Instrumente bedeutende Lehrkräfte, organisierte ein famoleS Lchülerorckester usw. Aber man wünscht ja „oben", so auch auf dem Gebiete der musikalischen Jugenderziehung, gar keinen Fortschritt, eS sollte alles beim alten bleiben. Man verweigerte »n und den konzertierenden Lehrern Urlaub, man ließ Ihn direkt wissen, daß der Standpunkt der Anstalt „zu modern" ici und nicht den geheiligten Traditionen idenen gemäß die Literatur mit Schumann abschloß und kein Wagner, kein Llszt, kein Berlioz existierte) entspreche. Sravenhagcn ist entschlossen, in Münckcen auf eigene Faust ein Konservatorium zu gründen und vorerst mit pianistlschen „Meistcrschulen" zu beginnen. Ein großer Teil der jüngeren Lehrkräfte nnd fast alle Scbüler der Ltavenbagen-Klanc haben sich sofort solidarisch mit ihrem Direktor erklärt und die Anstalt verlassen. Es ist somit vor- läufig noch gar nicht abzmcben, welche Kouscouenzen die un- liebsame Affäre für das Münchner Musikleben haben wird T Arthnr Friedhelm als Lpernkom-onist. „Tic Tän - zeri n", Oper in drei Auszügen von A r t h u r Fried- beim, gelangt als erste diesjährige Ovcrnnobicäl am Stadt- lreatcr zu Köln a. Rh Anfang Oktober zur Uranftübrnng. ?as Werk, im Verlag Entsch erschienen, wurde auch ffff da? -tadtthcater in Magdeburg angenommen. ü Teutsche Tirigenten in Paris. H ans R i cb t e r und rthur Nikisch werden in diesem Winter in P a r i s diri- »wen; sie wurden eingeladen, mehrere Konterte deS „Eolon- Örcheiters" zu leiten. Literatur. Tie Bürgerauinahme der lihland che» Familie in -udcnqrn. Man schreibt uns: Tie ?ül>ingcc sind nicht wenig frolz darauf, daß Ludwig Uhland, der berühmte Dichter und Gelehrte, einer Tübinger Bürgerfamilie cniskammt. Ihre Vorfahren haben aber einst, geleitet von kleinlichem Zunftgeist und Konkurrenzneid, dem Eindringen der Familie Uhland in den Tübinger Bürgcrsland eifrig Widerstand gelcister. Am 24. Januar 1720 versammclrcn sich nämlich slvic wir dem jüngst erschienenen Buche „Die Muscnstadt Tübingen" von Stadtpfarrer vr. Maier entnehmen) Bürgermeister und Rats- gerächt zu Tübingen, um über die Bürgcraufnahme Joseph Uhlands, Kaufmanns aus Kleingartach, des Stammvaters des Tichters, Beschluß zu fasten. Ter HandlungSbcflissene Joseph Uhland hatte sich schon scir zehn Jahren in der Hand lung von Erhard Schmid in Tübingen als „Ladcndicner" gute Zeugnisse erworben; er halte auch eine Tübingerin geheiratet. Nun crbar er in einem „submissen Memorialc" die Aufnahme in das Bürgerrecht, um ein selbständiges Geschäft betreiben zu können; natürlich ermangelte er nicht, Geburrs- und Lehr brief vorzulcgen. Tic Gewerbetreibenden am Orte wollten je- doch einen neuen Kaufmann, zumal einen auswärts geborenen, durchaus nicht auftommcn lassen. Tie Handlungszunft, durch den Obermeister zur Beratung des Falles einberufcn, legte ein. heilig gegen den Geschäftsbewerbcr Verivahrung ein. Um nicht einander selbst noch „auszufressen", dürfe man keine neuen Konkurrenten aufkommen lassen. Auch wurde gegen Joseph Uhland geltend gemacht, daß er keine der Kaufmannslüchrer geheiratet habe, sondern nur eine gewöhnliche KnopfmachcrS- tochtcr, deren Vater nicbt zur Zunft gehörte. In der Sitzung vom 24. Januar, die in Abwesenheit des herzoglichen Vogts und Obcramtmanns abgebalten wurde, schlossen sich die Stadt- värcr, die .Herren vom Rat und Gericht unter Führung der vier Bürgermeister der Ansicht der Zunfr an. Ter herzogliche Vogt, der „hochwohlcdelfesie Herr Georgii" lvar aber anderer Meinung. Unlcr seinem Vorsitz und maßgebendem Einfluß kam 14 Tage später, am 7. Februar 1720, folgender definitive Be schluß der Gemeindeverwaltung zu stände: „Joseph Uhlanv, Kaufmann, in unerachkct der Handelsctsaft Protenation per majora zum Bürger angenommen worden." Nach dieser Ent- scl-cidung brachten nun die Tübinger Kaufleute dem neuen Kollegen ihre Komplimente und Gratulationen dar, und der Zunftobermeistcr »nettste mit wichtiger Amtsmiene und hoher Würde den Jungmeister in die Geheimnisse der wobllöbsichen Zunft ein. Uetzer Poinane »ntz Novellen in Briefform finden wir einige interessante Bemerkungen in Kciters „Theorie des Romans und der Erzählung", die soeben von Tony Keilen in neuer Bearbeitung sVerlag von Fredebenl und Koenen in Essen . herauSgegcben wird. Es heißt dort: lyanze Romane und Novellen in Briefen wäre» früher nicht selten. Kleine Ge schichten lasten sich in dieser Form zuweilen recht gut erzählen, aber bei größeren Romanen kann die Briefform wohl kaum An wendung linden, ohne den Eindruck des Natürlickfcn cmpsindlich zu beeinträchtigen. Oder welchen Eindruck macht eS, wenn der Engländer Richardson, der diese Form zuerst cinführte, die Schicksale Elariisas in 537 lcineswegs kurzen Brieten erzählt' Dem Leser unserer Zeit ist eS in der Tat unverständlich, Ivie der Dichter eine so unpraktische Erzählforni in so ausgedehnter Welle anwenden lonme. Tie Geschichte Elarissas umfaßt einen Zeitraum von 2S3 Tagen. In dieser Zeit schreibt Lovclace 153 Briefe von zusammen 1027 Seiten; Clarissa 144 Briefe von 1467 Seiten Inhalt. Das macht, wenn wir annehmen, daß jeder ein um den anderen Tag einen Brief geschrieben, für jede Person auf den Tag ein Pensum von ca. 2b Druasciten! Tazu gehört nicht allein Schrcibseligkeit, Zeit, Geduld, sondern auch ein ruhiges Gemüt. Ein Briet umfaßt 72 Seiten, ein anderer 42. Außerdem finden wir acht Briefe von 30 bis 40, 33 von 20 bis 30, 128 von i0 bis 20 Seiten. Briefe, „für welche manche heutige Brieftasche zu klein sein würde" (Vil mar». Die llngebeuerlübkcit liegt am Tage. Ein kleineres, eng begrenztes Ereignis läßt sich recht gut in Briefen erzählen, aber ein umfaugrelck'er Roman erfordert eine andere Form. Man muß auch berücksichtigen, daß das Briefschreiben heutzu tage nicht mehr so in der Mode ist, wie im 17. und 18., ja noch im Anlang des 19. Jahrhunderts. Freilich hat die Briefform einige unlcuabarc Vorzüge. Ter Dichter kann durch Briese die Tiefen der Seele weit mehr offen decken, viel feiner motivieren, als durch jede? andere Mittel. Schwerlich würde Goethe in „WcrtherS Leiden" ein so meisterhaftes Seelengemälde baden schaffen können, lvcnn er nickst die Briefform gewählt. Ander seits aber begibt sich der Dichter, wie Auerbach schon hervor- hebt, durch Anwendung dieser Form „der wirksamen Motive, daß wir sehen und erfahren, wie der Held ,n den Augen anderer erscheint; auch die gegebene Welt sehen wir nickst in verschiedenen Betrachtungsweisen, sondern immer nur, wie sie dem Schreibenden erscheint". So dürfte Erich Schmidt beizultimmen sein, wenn er sagt: „Die Briefform taugt nicht für jeden Roman, sondern nur für bestimmte Charaktere und Situationen. Wo eS darauf ankonunt, uns die Tiefen des Leben? bloßzulcgen, und feines pspcholagischcS Tctail zu geben, ist sic sehr am Platze. Sie eignet sich nicht zu Romanen, welclie das unruhige Handeln einer bewegten Zeit, kübnc Taten, ein an dramatischen Wechselfällen reiche? Leben vorfiibrcn sollen." § Neues von Vilse. Ein neuer Militärroman von Leut- ncint Bilse unter dem Titel „Lieb Vaterland . ." erscheint, wie uns geschrieben wird, demnächst im Wiener Verlag in Wien. — Das kann ja nett werden! tt. Jubiläum des Oocke Xapolean. Der französische Staat wird am 29. Oktober d. I. das lOOjäbrige Bestehen seines bürger lichen Gesetzbuchs, des im Jahre 1804 von Napoleon I. ein- geiubrten „Oocke elril cles I'raaeais" sestlich begehen. Bei dieser Gelegenheit wird ein mit zahlreichen Beiträgen französischer und ausländischer Gelcbrter versehener Band erscheinen, in dem die Gelchickste und Entstellung des Gesetzbuchs, sowie seine Entwicklung autzerkalb der französischen Grenzen dargestellt werden soll. r Von se» ,,V«fti»e« Blättern". Irr krsu- HaUnabrt-and l"c>t der „LuuiAiii rNaller" lieg! und vor, ein naUUche? Buch, bei besten lurchb btier» wir ouf jeder Zeile keckem und dabei ktjnsticriichem Humor, auderlejenein Ge ichniack iu Won und Bild begegnen. lad Hanvlciemeiu der Duftigen BILtter" gl die »oUliiche Aarirr: kein wicknigek Sreignie, da» die Nerven iLuiova» erreg! bar und ntiitt in die bunrickimmerndkii Kellen diele« beileren Blatter leinen irtchlilben Zckiatten warf. Neben drr aktuellen ikarrkatnr komm! der gemü'lKbe. en den balligen Lau» der Zeilen nicht gebundene Hnnior letnem guten Recht Reden den kraltvollen »artkaturen eine» Iilttner, Wellner, Ainetti nlw. lehen wir die eleganten. Zeichnungen vou Hkliemann, Hansen u. a. in glücklich arrangierter Abwechslung und manniglachster Reichhaltigkeit. rtunstkalen-er für Leipzig. Theater. Leipziger Ltadttllratrr. Heute wird im Neuen Theater Mirbcaus Sclmusplelnovität „Geschäft in Geschäft" zum ersten Male wiederholt. Morgen geht Dtarschners romaulisckic Oper „Hans Heilintz" in Scene. — Tas Alte Theater bringt heurc die effettvolle und zugkräftige Operette „F r ü h l i u g s l u f t". Morgen geht als Vorstellung zu halben Preisen Gottschalls geistvolles Lust spiel „P i t t u u d F o x" in Eeeue. — Zu dem einmaligen Gastspiel der Tänzerin Miß Isadora Tuncan unter der musikalischen Leitung des Herrn Prof. Arthur Ni lisch am Mittwoch, den 12. Oktober (bei aufgehobenem Abonnement) iin Neuen Theater nimmt die Kasse be reits jetzt Bestellungen entgegen. Ter allgemeine Billettvor verkauf beginnt Monrag, den 3. Oktober vou 10 bis 3 Uhr-, den gesch. Abonnenten bleibt das Vorkaufsrecht bis Freitag, den 30. d. M., nachm. 3 Uhr gewahrt und sind Billetts Mittwoch, Donnerstag und Freitag an der Kasse erhältlich. Vereinigte Leipziger Schauspielhäuser. Lieusiag gelangt >m Schauspielhaus mit Herr» E. W. Büller in der Rolle des Amtsvorstchcrs Werhahn Hauptmanns „Biber pelz" zur Aufführung. In weiteren Hauptrollen sind be schäftigt die Damen: Wcnkbaus, Hassoiv, Ebcrspächer und Ilm sowie die Herren Forsch, Wirth, Mühlhofer, Roos, Böttcher usw. Mittwoch und Sonnabend finden Wiederholungen von der Bahrschcn Komödie ,.T c r M eiste r" statt, die aueb gestern bei der ersten Wicderbolung einen durchschlagenden Erfolg er rang. Bei halben Preisen wird am Donnerstag Gorkis „Nachtasyl" gegeben. Freitag geht zum ersten Male „Mutter Landstraße" in e-ecne, dazu erscheinen Mar Drcvers „L i c b c s t r ä u m c" auf dem Repertoire. — Im Theater am ThomaSring wird heute als erste Vor stellung bei halben Preisen Stobitzers Lustspiel „2 i s c l o t t' gegcbeu. Am Mittwoch und Sonnabend finden mit .Herrn C. W. Büller als Gast Wiederholungen von „Seine K a m m c r j u n g f c r" statt. Konzerte. l)r. Alfred von Var» wird in kommender Saison clec größere Konzerttournee unternehmen. In Leipzig wirb er am 5. Oktober iu einem Konzert zum Besten deS Fraucnvereine des Kinderkrankenhauses Balladen und Lieder hc.vol ragender zeitgenössischer Komponisten zum Vortrag bringen. Mischa tffmnn hat kürzlich gelegentlich eines Festes, das die franko-russische Gesellschaft in Petersburg vcrau staltcte, Ausscbcn erregr. Freitag, den 21. Oktober, gibt er ein Konzert im Saale des städtischen Kaufhauses. Eintritts karten sind be> C. A. Klemm, Ncumarkt 28, zu haben.
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