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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040927010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904092701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904092701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-27
- Monat1904-09
- Jahr1904
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Für dre heute hier stattfindende Generalversammlung des Vereins der Lokomotivführer des König, reichs Lachsen sind zahlreiche Gaste und Teilnehmer ein- getroffen. Gestern vormittag wurde Empfang im Gast- Haus „Stadt Schwarzenberg" abgehalten. * Waldenburg, 26. September. Die 18. Haupt versammlung des Bienenwirtschaft, lichen Hauptoereins hielt hier am Sonnabend eine Direktorialsitzung uno eine Telegiertenver- sammlung ab. Heute vormittag wurde auf dem Schützen- platze die Ausstellung ünrch Herrn Bürgermeister Kretschmer feieriichft eröffnet. Tie Ausstellung gewährt einen interessanten Ueberblick über die Entwickelung der jäckmichen Bienenzucht. Im Ansctstuß an die Eröffnung der Ausstellung nahm dann im Saale der Schützenhalle die Generalversammlung ihren Anfang. Tie Zahl der erschienenen Delegierten betrug 80. Wie in der Versammlung mitgeteilt wurde, zählt der Hauptverein jetzt 98 Vereine mit zusammen 2000 Mitgliedern. Als Ort für die im Jahre 1906 stattfindende 19. Hauptver sammlung wurde Döbeln gewählt. Nachdem noch in dem Grundgesetz verschiedene Aenderungen beschlossen nxiren, begannen die Vorträge. Es sprach Herr Ober- lehrer Schmiedeknecht-Posta über die verschiedenen Bienenwohnungen und Herr Kantor Hennig-Burkhards- waloe über die Frage „Durch welche Mittel kann sich der Imker kräftige und leistungsfähige Völker ziehen und erhalten?" Für morgen sind Ausflüge, Preisverteilung, Festmahl usw. vorgesehen. f Plauen i. V., 26. September. Bei den gestern hier slattgehabten 11. Kr e u z b r u d er ta g der deut- schen Kreuzbrüderschaft wurde der bisherige Präsident Herr Wilhelm Becker- Leipzig zum Ehren präsidenten gewählt. Ter Bundessitz wurde nach Plauen verlegt und zum Präsidenten Herr Kaufmann Bau er-Plauen gewählt. -f Plauen i. V., 26. September. ' Der Ausstand der S t e i n s e tz e r g e h ü l f e n ist in einer gestern von ihnen abgehaltenen Sitzung endgültig beschlossen worden. Die „Stampfer" haben sich mit den Stein- übern solidarisch erklärt und heute die Arbeit ebenfalls nicdergelegt. Die Gehülfen verlangen bei zehnstündiger Normalarbeitszeit 60 Pfg. Stundenlohn, garantiert bis Ende Dezember 1906. Die Meister haben den Tarif ab gelehnt. * Oybin bei Zittau, 26. Septeinber. König Georg bat Herrn Kgl. Kommissionsrat Moschkau für dessen Oybin-Museum eine von ihm auch auf seinen Oybiner Balzjagden getragene vollständige Jagdausrüstung überweisen lassen. Das dazu gehörige Jagdgewehr trägt auf silbernem Schilde den Namenszug des Monarchen. Ferner stiftete der hohe Herr zur Aufstellung im Oybin- Museum eine Jagdausrüstung des verewigten Prinzen Albert und eine Anzahl interessanter Gedenken an König Albert. —o— Neustadt i. S., 25. September. Die am heutigen Sonntag hier abgehaltene 27. ordentliche Generalversammlung des Gebirgsver eins für die Sächsische Schweiz nahm einen glatten Verlauf. Eingelcitet wurde das Zusammensein mit einer Gedächtnisfeier am Grabe Grihingers, worauf dann im Schützenhause die geschäftlichen Beratungen ihren Anfang nahmen. Im.allgemeinen fand der Haus haltplan für 1904, welcher "in Einnahme und Aridgabe mit 8475 balanzierte, einstimmige Annahme. Ein mütig wurden noch die gegenwärtig funktionierenden Mitglieder des Zentralausschusses durch Zuruf wieder gewählt. Als Ort für die nächstjährige Generalversamm lung wurde Radeberg gewählt. Sächsischer Turnlehrertaq. (Eigener Bericht.) -er- Frankenberg, 26. September. Aus allen Teilen Sachsens tvaren Vertreter der Turn- lehrerschaft erschienen, um bei Beratungen, turnerischen Vorführungen und Hebungen der Sache de» Schulturnen» zu dienen und ihren weiteren Ausbau zu fördern. Am Sonnabend nachmittag wurde auf dem Turnplätze des Lehrerseminars unter Leitung des Ortsausschusses ein Schauturnen mit Schülern und Schülerinnen der höheren Lehranstalten und der Volksschulen abgchalten. Ein Aus flug durch das Lützeltal nach der Lützelhöhe schloß sich an. Der Abend wurde durch ein Begrüßungsfest im Schützen- Hause, wobei für ansprechende und reichliche Unterhaltung gesorgt war, ausgefüllt. Am Sonntag früh fanden sich die Turnlehrer in der städtischen Tchulturnhalle zu einer gemeinsamen Uebungsstunde zusammen. Turnlehrer Hentzschel - Leipzig leitete dabei u. a. eine Vorführung im Keulenschwingen. Die Hauptversammlung wurde im „Rotz" abgehalten. Oberlehrer Frohberg- Dresden eröffnete als Vorsitzender die Verhandlungen mit kurzer Begrüssungsansprache. Nach dem vom Ge- sckMsführer Oberlehrer Germane-Kamenz erstatteten Bc- richte gehören dem Vereine jetzt 216 Mitglieder an. — Der erstte Vortrag war dem verstorbenen Moritz Zeltler, der 30 Jahre Vereinsvorsitzender war, gewidmet. Der Redner, Oberlehrer H e e g e r - Dresden, entrollte ein fesselndes Lebensbild des um die Turnsache so hochver dienten Mannes. Ten Hauptvortrag hielt Oberlehrer Schwarze- Zschopau über das Thema: das Turnwesen als Kulturerscheinung. Seine Ausführungen fanden bei der Hörerschaft großes Interesse und reichen Beifall. — Im Laufe der Verhandlungen wies Lehrer Berlin- Leipzig auf die Einfügung der Lionschen Bücherei in die Pädagogische Zentralbibliothek in Leipzig hin und er- suchte, da die Katalogisierung nun erfolgt ist, um recht rege Benutzung durch die Turnlehrerschaft. — Nach einer eingehenden Aussprache nahm der Turnlehrer tag Stellung zu den Angriffen, denen das deutsche Mädchenturnen durch vr. Wychgram-Beriin, dem früheren Direktor der Höheren Schule für Mädchen in Leipzig, ausgesetzt gewesen ist, und erklärte sich mit der auf dem Quedlinburger Turnlehrertag vom Turn inspektor Böttcher-Hannover erfolgten Abwehr voll ein verstanden, indem zugleich einem Nichtfachmann das Recht abgefprochen wurde, in einer solchen Sache ein so weitgehendes Urteil zu fällen. — Lorenz- Löbtau referierte über den Stand der vom Deutschen Turnlehrer verein in die Wege geleiteten Statistik des deutschen Schulturnens und bat die Kollegenschaft um tätigste Unterstützung dieses wichtigen Unternehmens. — Lamm- lungen für die Kreisunterstützungskasse der sächsischen Turner und für das Zettler-Denkmal ergaben ansehnliche Beträge. Die Neuwahl des Vorstandes fiel aicj Ober- lehrer M. Frohberg-Dresden, Oberlehrer O. Germane- Kamenz, Turninspektor Prof. K ii ch e n m e i st e r - Leip- zig, Turninspektor G. Bartbel-Chemnitz und Oberlehrer E. Brctschneider-Nossen. -- Als nächster Versammlungs- ort wird voraussichtlich Riesa' bestimmt werden. Nach der Tagung wurden verschiedene Turnfabrten in größeren und kleineren Gruppen unternommen. Hur Zachrenr Umgebung- -s- Halle a. S., 26. September. Der städtische Ober aufseher H. hier hat die Lohnlisten der ihm unter gebenen Straßenkehrer gefälscht und die zu unrecht er hobenen Gelder für sich verwendet. Es ist Anzeige erstattet worden. Altenburg, 26. September. In der vorletzten Nacht ist das vor der Stadt liegende Gehöft des Gutsbesitzers Henkß in Altendorf nieder gebrannt. Das Feuer kam in der Scheune aus, ver breitete sich rasch über das Wirtschafts- und das Stall gebäude und verheerte schließlich auch noch das Wohn haus. Mit Ausnahme der Hühner und Gänse konnte alles Vieh gerettet werden. * Gera, 26. September. (Eigene Meldung.) Der Maurer Wolfram stürzte heute durch ein Glas dach auf einen Hof und war sofort t o t. ZpSN. Rennen zu Maisünl-Lnfsttte a» 2S Eept. (Eigene Meldung.) I. Prix de la Dordogne 1000 Frcs. Dist. 800 m. „Man doline" (I. Lane) 1., „Nutfance" 2., „Gel Sri-" S. Tot.: Sieg 65:10, Platz 37, 28, 89:10. Unplaziert: .MouthSau", „Bana- ntrr", „Queue de Morue", „Duc d Azay", „Polycarp", „Marco", „Narcillac", „tzyacioth", „Bien- Poupole", „Rose", „DulcinSe", „Full Cry", „Grille d'Cgout", „Blague » Tabac", „Marivole", „La Brütonniere", „Sareda". — II. Prix de la Manche 10 000 FrcS. Dist. 1000 in. „Chanaan" (O'Connor) 1., „Ignorantin" 2., „Zimpanrt" 3. Tot.: Sieg 75:l0, Platz 25, 46, l4:10. Unplaziert: „Gloxinia", „Aaste", „Gradignan", „Gi- nete", „Gallygina" „Paullinio", „Feuille de Chon II", „Flüau". — III. Prix de la Garonne 5000 Frcs. Dist. 2200 m. „Perses" >L. Spenzer) 1., „OrtSllius" 2., „Candor" 3. Tot.: Sieg 360 :10, Platz 53, 22, 20:10. Unplaziert: ,,Kaimac", „Ambletense", „Pa Tartine", „Fibre", „Syrien", „Solfatare". — IV. Prix de la Boltique 6000 FrcS. Dist. 1200 m. „Avanti" (Bellhouse) 1., „Salambo" 2., „Le Sphinx" 3. Tot.: Sieg 23:10, Platz 13, 15:10. Unplaziert: „Brat", „Char", „Msdöe". — V. Handicap la Tamtse. Preis 25000 FrcS. Dist. 1800 m. „Fol Amour" (I. Mansch) 1., „Monsieur Charvat" (O'Connor) 2., „Foxcatcher" (Heaby) 3. Tot.: Sieg 106 :10, Platz 59, 58,24:10. Unplaziert: „FILneur", „Dominos", „Ma Lady Lu", „Heronry', „Lakeland", „Orgueil", „Moufti", „Fatinitza", „Baryton", „Rose de Briem", „Chevalier", „Mominette". — VI. Prix au Tibre 10000 Frcs. Dist. 2600 w. „Georgien" (Bridgland) 1., „Fiste II" 2. Zwe: Pferde liefen. Der Große Preis von Karlshorst, unsere wertvollste Steeple Chase, hat mir 3!) Unterschriften ein befriedigende- Nennungsresultat aufzuweisen und dürfte ein besonders spannendes Rennen ergeben, da die Beteiligung eines französischen und eines dänischen Stalles in Aussicht stehen. Mons. E. Balsan, der geschickte französische Herrenreiter, welcher in der vorjährigen „Internationalen" zu Karlshorst durch seinen Ritt auf „Cymbalier" unseren Rennbahn besuchern eine Probe seiner Kunst gab, hat zwei seiner Steepler „Palmares" und „Cantinisre" genannt und der dänische Renn mann Herr Lachmann hat „Empres.sement" engagiert. Anläßlich der letzten Rennen in Kopenhagen zeigte sich dieses Hinder- nispferd in recht gutem Lichte, indem eS in den beiden Haupt-Steeple ckases des Meetings einen schönen Doppelerfolg landete. Unsere einheimischen Ställe haben natürlich das Beste genannt, was auf den Beinen ist. Der gefürchtete Mönchsheimer Stall des Herrn K. v. Tepper-Laski ist durch bewährte Kämpen, wie „Wohlfahrts", „Gardez la Reine" und „Zinshahn" vertreten, Trainer Harry Solloway hat Freiherrn v. Richthofens „Meridian" und „Sccjungfer", die besten hervorragenden jungen Inländer, im Rennen und außerdem sind unter anderen noch „Nordpol" und „Ostende Expreß" zu erwähnen, sodaß wir ruhig dem Kommen der ausländischen Kandidaten entgegenblicken können, weil wir wissen, daß unsere Zucht gut vertreten sein wird und wir eine große Chance baben, den reichen Preis im Lande zu behalten. Der Große Preis von Karlshorst ist mit 30000 dotiert und wird über eine Distanz von 6000 m gelaufen. Radsport. Den Großen Ltetzcrpreis von Thüringen, der am Sonntag in Erfurt in Form eines Stunbenrennens zum Auslrag kam, ge wann Robl mit 63 km 740 w, Zweiter wurde Temke mit 62 km 880 w, Dritter Nasenlöcher 9 Runden; Vierter Große 10 Runden zurück. In einem vorher stattgefundenen 25-km-Fahren mit Motorführung wurde Robl ebenfalls Erster in 24 Min. 25"/, Sek., 2. Rosenlöcher 4 Runden, 3. Große 6 Runden, Demke 9 Runden zurück. Außerdem sanden noch einige Amateur-Fliegerrennen statt. Riedpreisfahren 2000 m. Endlauf: 1. Arno Knöfel-Leipzig in 3 Min. 17*,» Sek., 2. A. Worms-Cöln, 3. Arnold-Erfurt, 4. H. Lange-Erfurt. Vorgabefahren 3100 m. 1. A. Knöfel- Leipzig (50 m), 2. Arnold (60 m), 3. Hentsch (30 m), 4. Lange (80 m). G Sportpark Friedenau verkauft. Ter Sportpark Friedenau, ein der Stabt Berlin gehöriges großes Gelände, ist verkauft worben und zwar für den Betrag von 2 875 000 ./L Wie gemeldet wird, hatte die Stadt den Besitz ursprünglich für 2 550 000 ./6 zum Verkauf gestellt. Drr Ausschuß, der sich dann mit dieser Angelegenheit beichäfligte, beschloß aber eine öffent liche Ausschreibung, bei der die Berlinische Bodcngesellschaft mit dem höchsten Gebote vertreten war. Fuhballsport. Beim Berbandswettspiel des V.-M.-B.-V. in Klasse I schlug am Sonntag in Halle der „Leipziger Balljpielklub I" den „Halleschen F.-Kl. Wacker I' mit 6 : 4. In Berlin gewann die Prager „Slavia" gegen die „Union" mit 2:1. Ballsptelkln» Arminia. Da« am Sonntag abgehaltene Wettspiel F.-K. West I contra B.-K. Arminia I endete nach interessantem Kampfe unentschieden 2:2; Halbzeit 1:0 für West. Das der zweiten Mannschaften gewann Arminia ll mir 1:0. B.*K. Arminia IV unterlag am Bormittag der ersten Mannschaft des F.-K. Meteor mit 6:0. » Mr aller lllell. --- Eine resolute Krau ist die Psalzwirtin in Gomm er»- Keim. Zu ihr, die Witwe ist, kam, nach dem „Pf.-Cur.", dieser Tage ein Handelsmann und überhäufte sie mit LiekeSanträAen, was sie entschieden zurückwies, worauf cr mit Schimpiworten anfing. Sie nahm ihn jedoch kurzer hand am Wickel, bläute ihn kunstgerecht durch und warf ibn die Treppe hinunter, so daß er die Beine gegen deu Himmel streckte und mörderisch schrie. Die herzueilenden Nachbarn bat er flehentlich, ihm doch drinnen bei der Wirtin seinen Hut zn holen, denn er »elbst ginge für tausend Taler nicht mehr hinein. Da sich aber niemand dienstbereit sand, mußte der feurige Liebhaber unter Hobngelächter ohne Hut nach Hause laufen, wo ihn seit zwn Tagen niemand mehr zu sehen bekam. --- Ein Erzherzog als Lebensretter. Aus Agram wird der „Bohemia" gemeldet: Erzherzog Karl Stefan rettete kürzlich zwei Matrosen, die sich infolge eines Unwetters in ErtrinkungSgefahr befanden, mit eigener Lebensgefahr. --- Sin russischer vauernbursche als Attentäter. Die „Rufs. Tel.-Agentur" meldet aus Odessa: DaS Individuum, welches aus den Stadthauptmann General Neidt har t das Attentat verübte, ist ein 19 jähriger Bau ern- bursche aus dem Gouvernement Cherson, namens Wasfilij Poljakow. Lfchungelgtgerl. Einige Gebräuche der Bevölkerung von Uganda, schreibt die „Bohemia", die nur sehr selten mit Weißen in Berührung kommt, sind recht seltsam. So um schnüren z. B. die Jünglinge aus dem Acholi-Stamme ihren Körper mit einer Art von höchst unbequemen Korsett aus festem Kupferdraht, daß sie so fest anziehen, daß, wie das Missionarsblatk „Uganda Notes" erzählt, ihre Taille wespenschlank erscheint. Die Frauen tragen GlaSslücke von vier bis acht Zoll Länge an der Unterlippe, die sich dort wie Eiszapfen ausnehmen. Die Begrüßungömethode besteht wie bei nnö in einfachem Händeschütteln. * Nettigkeiten. Gerüsteeinfturz. Auf dem Neubau einer Kirche im Berliner Vorort Lankwitz brach, dem „B. A-A." zu folge, gestern nachmittag das innere Turmgerüst zu sammen, wobei drei Arbeiter schwer, einer leicht verletzt wurde. Selbst gerichtet. Die Berliner Abendblätter melden: Der Schlosser geselle Krüger, der am Sonnabend seinen als Meister mir ihm in einer hiesigen Feilenhauerfabrik arbeitenden Bruder aus Mißgunst erschossen hat, erschoß sich Sonntag abend im Nachbarort Fran- zösisch-Buchholz. Sine Erkrankung an den schwarzen Pocke». In einer Thorener Kaserne ist ein Infanterist an schwarzen Pocken erkrankt und im Garnisonlazarett gestorben. Die Kaserne ist streng ab gesperrt. Der Gestorbene ist bei den Manöverübungen mit diesseits der Grenze beschäftigten russischen Rü b en ar beitern in Berührung gekom men und bat sich dabei wahrscheinlich a»gesteckt. Opfer des Berufs. In dem Stahlwerk Hoesck in Dortmund verunglückten gestern früh vier Arbeiter am Hochofen; sie erlitten schwere Brandwunden. Ein anarchistischer Anschlag im Limplontuunel. Wie Mailänvcr Zeitungen aus Domovossola berichtet wird, ist im Innern des SimplontunnelS ein anarchisti scher Anschlag versucht worden. Der Lokomotivführer eines tichtgesüllten Arbeiterzuges bemerkte glücklicherweise rechtzeitig, daß auf dem Geleise starke Eisenstangen lagen, die offenbar in verbrecherischer Absicht dorthin ge bracht worden waren. Vrer anarchistische Arbeiter sind nach Entdeckung des Anschlages in die Schweiz gestoben. Feuilleton. Berliner Tlfeaterbrief. „Erdgrisk" von Frank Wedekind. „Traumulus" von Arno Holz und Jerschke. Dec gute, alte Theodor Fontane erwartete, als er noch sür die „Vossische Zeitung" Theaterkritiken schrieb, vom Publikum „eine sittliche Stellung den Dingen gegen über, die von der Bühne herab zn uns sprechen". Als ich dieser Tage den „Erdgeist" von Frank Wedekind sah, und hörte, wie das Publiknm dem Satanismus applaudierte, der aus dem Lande der Radi, der Maßkriigerl und der Leberknödel bei uns eingesührt ward, dachte ich daran, wie wenig sich Fontanes Voraussetzung heutzutage noch bestätigt. Ich meinerseits erwarte von dem Publiknm eine ästhetische Stellung den Dingen gegenüber, die von der Bühne herab zu uns sprechen, und als ich gestern abend hörte, wie das Publikum vor dem „ Tra u m u - l u s " der Herren Holz und Jerschke vor Entzücken johlte, da fühlte ich, wie gänzlich unberechtigt ancb meine Voraussetzung ist. Tann müßte man also den Lclüuß ziehen, daß das Publikum weder ästhetische, noch sittliche Maßsläoe mitbringt, sondern vielleicht nnr eins: Nerven. Hoffentlich ist diese Annahme ebenso irrig, wie die beiden oben erwähnten. Zur Siche. Im „Neuen Theater" wurde wieder der „Erdgeist" gegeben und, zu erhöhter Pikanterie, -leitete F r a n k W e d c k i n d selbst mit einem Prolog den Abend ein. Er trat, von Beckenschlag und Trommelwirbel an- gctündigt, als Menagcricdireltor auf. Roter Rock, Stul penstiefel, weiße Reithosen, grimmiger Schnanzbart, rollende Augen und ein dramatisches R, um das ihn Demosthenes, der so lange Kiesel in den Mund nehmen mußte, und manche heutige Theaternovize beneiden würde, kecke Verse mit kräftigem Temperament dem Publikum entgegengeschlcudert. „Herrrcinspaziert in die Menagerie!" Das war der Grundton. Ter dämonische Frank riß plötzlich einen Revolver aus der Westentasche und knallte los. Allgemeiner Nervenchoc. Frank versteht eben das Metier eines modernen Dramatikers. Dann brüllte er nach „Aujust" und Airjust trug das Wunder der Menagerie, die gleißende Schlange herein, Frau Ensoldt in einem rafsinierten Pierrotkostüm. Als das Publikum dieses verführerische Weib, das nicht schön ist, aber so viel „cmebat" hat — „Stil" kann man hier wohl nicht sagen genügend bewundert hatte, jchleppte Aujust (der Glück- iche!) sie wieder hinaus. Dann gab Frank Wedekind inen Revolver wahrscheinlich an den Hauptdarsteller ab ivd da dieses unentbehrliche Requisit nun glücklich ge- ü rt war, konnte das Spiel beginnen. Ter Inhalt wird Leiern nicht mehr unbekannt sein. Ter „Erdgeist" ist ei )Leib, das eS versteht, allen Männern einen Tropfen ' ns Blut zu werfen, der sie zur Liebesrascrei und ernichtung entflammt. Zic ist der weibgewordcno ' ciriis der seruellen moral irmanit.v. ^n der entsetz, lichjtc. Situation, wenn röchelnde Tote ans verglasten Augen curf sie starren, findet sie noch ein freches Wort. Dieses Wesen, dem alles Menschliche fremd ist, ist ganz mythisch, ganz 'Fabeltier, völlig unmodern und wider spricht der uns teuer gewordenen Einsicht, daß wir Menschen alle werden, was wir sind, daß wir gemischte Wesen sind, daß man nicht richten, sondern verstehen soll, daß jeder, auch der Verbrecher, als ein Produkt aus den Faktoren Abstammung, Erziehung und Umgebung zn begreifen ist. Diese Einsicht enthält die Sittlichkeit derer, die dein Togmenglauben entfremdet sind, und von ihr ist in deni grotesk-tragischen Werk Wedekinds nichts zu spüren. Deshalb verletz! uns seine stete Grimasse. Solch ein Weib gibt es nicht. Die Antike schuf den Menschen zur Warnung solctfe einstutig ins Ungeheure gesteigerten Wesen, die aber daun göt'.iiche Gestalt annahmen. Tte Romantik konnte sich in der Produktion nicht ungeheurer, aber ungeheuerlicher Mißbildungen nicht genug tun: uns aber mutet eine derartige Menschenschilderung höchst rück ständig, höchst mittelalterlich an. Die Phantasie des Mittelalters spielte mit solchen absonderlichen Bildungen auf dem Gebiete deS Aniiualisckeu — iuGeßners Ticrbuch von 1583 sind manche solche „allerscheußlicbste Tiere" ab- gebildet — und Finnk Wedekind bekundet diese mittel alterliche Phantasie auf dein Gebiete des sittlichen. So ist Eva, die schöne Tcnfelinne, nun schon seit Jahr hunderten abgebildet worden, und mich sollte es gar nicht wundern, wenn Frank Wedekind noch einmal einen Zug vou Mystizismus in sich entdeckte und auf seine alten Tage zum Betbruder würde, nachdem cr in seinen jungen Tagen den Philister „gegiftet" hat, wie nian in Oesterreich sagt. Sein Verdienst nm die Literatur darf man übrigens nicht allzu hoch anschlagcn; denn der höchst moralische, baus- backene Emile Augier hat den Typus des „Erdgeistes" in seinem „dlariu^a ck'OIvmpe" ebenso keck, ebenso witzig und weit menschlicher auf die Beine gestellt. Ten Bühnen erfolg verdankt Wedekind der Ungeniertheit, mit der er das Rasiermesser und den Revolver als dramatischen Effekt benutzt, und der krassen Einseitigkeit, mit der er alle Männer als vom Triebleben unterjochte Jämmerlinge -arstellt. Träte der „Erdgeist" einem Manne von Ehre gegenüber, so wäre cs um seine berückende Kraft geschehen, träte ihm nur ein Mann von Faust gegenüber, so würde der „Erdgeist" nxrhrscheinlich bald gebändigt als harm loses Weibchen am Kochtopf stehen. Ter Frau Eysoldt ein Bravissimo! ein Bravo genügt nicht. Dies war im „Neuen Theater". Am Sonnabend wurde nun im Lessingthater „Tranmulus", eine tragische Komödie von den Herren Holz und Jerschke, aufgeführt. Die heutigen Dramatiker haben eine unausstehliche Manier, prätentiöse Untertitel zu geben, mit denen sie zum Publikum zu sprechen scheinen: Seht, so freundlich kommen wir eurem intellektuellen Manko zur Hülfe! oder auch: Seht, dieses funkelnagelneue Genre habe ich, Arno Holz, in Gemeinschaft mit Herrn Jerschke; oder ich, Jerschke, in Gemeinschaft mit Herr Holz erfunden! Tenn, nebenbei gesagt, der Streit darüber, wem nun eigentlich „Traumulus" gebühre, dürfte uns nicht erspart bleiben. Herr Arno Holz führt mit Herrn Schlaf einen Krieg, so lang, wie der der weißen und der roten Rose, wer denn eigentlich die neue dramatische Technik erfunden habe. Aber daS hat ihn von Kompagniegeschäkten noch nicht ab geschreckt, und, wie es scheint, bcivährt sich das System jetzt; denn, wenn ich meinen Ohren trauen darf, lxrtte „Lraumulus" gestern einen großen Erfolg. Wie soll ich nur das Verhalten des Premidrenpubti- kums bezeichnen? Heulende Derwische sind neben diesen Enthusiasten von Moltkescher Zurückhaltung. Eäsar spricht in seinen Kriegsmemoircn von dem Ululatus unserer wackeren Vorfahren, und gestern gaben die oberen Ränge einen unzweideutigen Nachweis ihrer germanischen Abstammung; denn mit ihrem Ululatns hätten sie sicher ein Römerheer in die Flucht geschlagen. Im Parkett war es stiller, aber da wäre auch der Nachweis germauischer Abstammung nur in seltenen Fällen zu erbringen ge- ivesen. Im Ernst; glaubt Herr Direktor Brah iu nut den Demonstrationen eines ansverschcnktcn Hauses die öffentliche Meinung betören zu können? Ich war froh, daß ich mein Billett bezahlt hatte und ich glaube, sehr viele konnten nicht dasselbe von sich jagen. Klappern gehört zum Handwerk, aber schließlich: es ist ein Maß m den Dingen. Wären Hebbel, Shakespeare und Goethe gestern vor der Rampe erschienen, man hätte ihnen nicht so zu- gejaucbzt wie den Herren Jerschke und Holz nach ihrem spottschtechten Maäyvert. Traumnlus ist ein Schuldirektor, ein Idealist, dessen pädagogisches Allheilmittel die Güte ist. Einen Schiller Kurt von Nedlitz liebt er besonders, und nun erfährt cr, daß eben dieser Kurt, übrigens ein achtzehnjähriger Jüngling, mit einer kleinen Schauspielerin Champagner getrunken und sie nach Hause begleitet hat. Er bestraft den jungen Nedlitz mit Zimmerarrest. Dieser bricht den Zimmerarrcsi, aber nur, um reuevoll unter seine komme;- fierenden Kameraden zu treten und ihnen zu erklären, daß Traumulns mit seiner niederschmetternden Güte einen anderen Menschen aus ihm gemacht habe. In diesem Augenblick aber kommt die Polizei und bringt die hoffnungsvollen Grünlinge zur Wache. Dort crsckieint am anderen Morgen Lraumulus und überhäuft den jungen Mann, dem er nun nicht mehr glauben kann, mit den schwersten und ehrenrührigsten Vorwürfen. Knri nimmt sich dies so zu Herzen, daß er sich entleibr. Wie, weiß ich nicht; denn es wurde — welch ein feiner moderner Zug! — deni Professor und dem Zuhörer telephonisch mitgeteilt. Neben diesem Hauptmotiv wird angedeutet, daß die junge Frau des Professors Schulden macht und den alten Idealisten betrügt, und wir sehen außerdem, daß sein Sohn spielt und Wechsel fälscht. Und nun er- hebt sich die ungeheure Frage: ist die Güte das allein seligmachende pädagogische Prinzip? Ich behaupte: nein, es muß auch der Rohrstock dazu kommen. Andere sind anderer Meinung, wofür ich auf Ellen Keys Buck: „Das Jahrhundert deS Kindes" Hinweise. Wer aber außer den beiden Autoren hält diesen Stoff für dramatisch? U. A. w. fl. Noch eins. Unseren Autoren von heute ist cs völlig gleichgültig, ob die Vorgänge, die sic mit angeblich so realistischer Kunst vor uns entfalten, sich in der Welt, in der wir leben, überhaupt begeben können oder nicht. Man höre: in der kleinen Stadt, in der das Stück spielt, wird der Kaiser zum Besuch erwartet. In der ersten Scene, die un» einen Frühschoppen der Honoratioren zeigt, spricht der Landrat hauptsächlich davon, daß alles klappen müsse und daß nichts passieren dürfe. Was hat aber dieser Landrat getan? Seit fünfzehn Monaten spioniert er polizeilich den Schülern des Professors Niemeyer nach. Motiv: nicht vorhanden; es sei denn, daß der Landrat, em preußischer Junker, wie der radikale Freisinn ihn sich denkt, den Wolkcnknckucksheimer, den verträumten Jdca- listen nicht leiden kann. Jetzt hat er hcrausgefunden, daß Kurt von Nedlitz mit einer kleinen Schauspielerin soupiert hat und daß die Schüler des Professors eine Schülerverbindung errichtet haben. Diese jungen Leute läßt er in Stärke von fünfzehn Mann abfassen und zur Wache transportieren. Motiv: er will an das Ministe rium berichten und dem Direktor Niemeyer den Hals brechen. Er will also unmittelbar vor dem Eintreffen des Kaisers einen Riesenskandal herbeiführen, der natürlich durch alle Zeitungen geht, und dieser als Realpolitiker geschilderte Mann weis; nocb nicht einmal, daß ein Skandal in einem solchen Augenblick da? sicherste Mittel ist, um ihn selbst unmöglich zu machen. Wenn er nich: von den Herren Jerschke und Holz gezeichnet, sondern ein wirklicher Landrat wäre, so würde cr alles tun, um die Sache zu vertuschen. Ueberhanpt: ein Landrat und ein Schuldirektor haben in ihren amtlichen Beziehungen gar nichts miteinander zu tun. Ter Landrat stellt keine Aus sichtsbchörde dar und der ganze Konslikt ist durch nichts motiviert. Im Parkett hörte ich, daß sich in diesen beiden Herren „zwei Welten" gcgenüberständen. Dieses Wort ist gewiß sehr bewundert worden, aber man sollte mit dein Worte „Welt" überhaupt etuvis sparsamer sein. Nichts steht sich hier gegenüber als zwei Bühnenfiguren, deren eine (der Landrat) in beinahe peinlicher Weise aus Sudermanns ..Stiirmgeiellen" abgeschrieben ist. Eine gute Novelle hätte sich aus dem Stosse machen lassen. Das Leben der Kleinstadt würde Arno Holz ge- wiß mit seinen Strichen gezeichnet haben. Die sensitive Natur des lungen Nedlik konnte mit epischen Mitteln unseren! Verständnis und unserem Mitgefühl näher gebracht werden. Fran und Sohn des Professors konnten menschlicher werden. Jetzt ist das Milieu nichts als eine gröbliche Tnnplizissininssccne. Daß der junge Nedlitz sich entleibt, wirkt nicht als Notwendigkeit; denn bis zum letzten Augenblick sagt sich her Zuschauer, daß er cs eben sogut lassen konnte. Tic Frau und der Sohn des Pro- fessors blieben wesenlose Schemen. Ein Mann, der jo viel über Ktunst, über ihre Grenzen und über ihre Mitte! nachgedacht hat, wie Arno Holz, konnte sich nnmöglicb darüber täuschen, daß diesem Stoff die dmniattsche Kunst form nicht angemesien war. Aber heutzutage lockt die Bühne allzu mächtig. Ein Erfolg war es, wenn uh nich! meinen Ohren, sondern meinem bißchen Mensck^nkcuntnis traue, nickt. Ich bin überzeugt, heute abend regt sia nicht eine Hand. Ich hätte Herrn Holz, den ich trotz mancher Verschrobenheiten als einen feinen Lyriker schätze, jede Tantieme gegönnt, aber andererseits kann ich nich: wünschen, daß das Publikum dreihundert Wiederholungen erzwingt. Ich kann es nicht wünschen im Interesse des deutschen Dramas: denn icb bin und bleibe eben ein Lraumulus. Lckuarck 6oläb»ek.
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