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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190410028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19041002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19041002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-02
- Monat1904-10
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1904
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»r 1904. It. iren AI' 81n. 1. II. et. rlagers von 'S versäume MSür Pslstnwlirk» 2Z »2 20 6 28 40 8WL88V i. I. ab, Norm. 24 zu herab- rrrslter. Lruuer. Braollkllk« Gelegenheit, teils 0 herabgesetzt. chelegantcsten, der Art. üdallsv t^Sclcrl, , Leip;ig-N., e S—N. Lteinweg 10. leute! v ugen Sie sich »^Iknll^n r, Tauchaer . Anerkannt e für solide, stattnngen. :oßen Lager- ister-Zimmer g iedcrzeit Lieferung in Deutschlands, inco. Lang- echer7Z48. gel.Pvlsterwaar. .b.L.Pickenbah», erg.ü,I.Trl.8l62 Beilage. 6. Beilage Sonntag, 2. Oktober 1904. Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. berliner cbeaterbriel. „Ein kritischer Tag" von H. Lubliner im Neuen Königl. Opern» bause. — Eröffnungsoorstellung des Nationaltheatrr». Berlin, 30. September. Mir ist manches schon passiert, aber so etwas noch nicht, aber so etwas noch nicht Mit diesem Bekenntnis, das ich der Operette entlehnte, verließ ich vorgestern abend das Neue Königliche Opern Haus, in welchen« . jetzt zeitweilig die Sck«auspielkunst gepflegt wird, bis das alte Schauspielhaus modernisiert sein wird. Alles wird in Berlin modernisiert, nur Lub lin e r n i ch t. Er ist der Alte geblieben. Und dieser Alte ist inzwischen noch älter geworden. Sein Stück „Ein kritischer Tag" lägt sich nur durch ^lai-asmus vcuilis entschuldigen. Trotzdem war Vollmer vor züglich. Wenn aber das Publikum „Vollmer" rief, so erschien immer Herr Lubliner und lächelte, lächelte fein. Und er hatte allen Grund dazu. Er mochte sich wohl im Stillen sagen: M.cnschenverachtung ist das sicherste Mittel, Erfolg zu lrab'en. Sehr richtig: nur muß man den Bogen nicht Überspannen. Herr Lubliner dürfte doch gestern etwas erstaunt gewesen sein, als er beim Morgenkaffee die Zeitungen las und entdeckte, daß er vollständig erkannt und entlarvt ist. Das Beste an seinem Stücke ist entschieden, daß einige Berliner Feuilletonisten wie Herr Fritz Engel vom „Berliner Tageblatt" und Herr Hart im „Tag" darüber recht amüsant geschrieben haben. Wieder einmal ein Beweis, daß nicht alle „Schaffenden" so wertvoll sind, wie Herr Sudermann glaubt. Angesichts dieses Machwerkes muß ich behaupten, daß die heutigen Dramatiker „verroht" sind. Was Herr Lubliner geschrieben hat, ist Körperverletzung durch Langeweile und entschieden müßte ein neuer Paragraph statuiert werden, um solche Autoren haftpflichtig zu mqchen. Fetzt werde ich den Inhalt des Stückes erzählen, auf die Gefahr hin, mit dieser Wiedergabe die Sympa- lkneen des Lesers ein für alle mal zu verscherzen. Herr Wolsrat und Frau leben sehr „bon" und eines Tages, eines kritischen Tages will Papa die Rechnungen des jungen Paares nicht mehr bezahlen. Herr Wolfrat, der seine Zeichens Dramatiker ist, also erfinderisch sein muß, gerät in große Verlegenheit, hört plötzlich auf zu girren und zu schnäbeln und ganz deutlich sehen wir es voraus: wenn jetzt noch eine Rechnung kommt, wird er saugrob gegen feine Frau werden. Diesem Unerhörten wird Gott sei Dank vorgebeugt. Herr Wolfrat, der Drama tiker und als solcher ingeniös ist, pumpt einen Freund an und dieser, ein Kuroki der Liebesstrategie, will seine finanzielle Ueberlegenheit dazu ausnutzen, die junge Frau zu verführen und sendet ihr sogar einen Orchideen- Krauß. Hier stellte sich nun die einzige wirklich komische Pointe des Abends ein. Es kam nämlich ein kümmer liches Sträußchen auf die Bühne, wie es ein junger Apotheker seinem Gerzensschatz anbictet und die ge feierte Frau, die tonangebende Modedame konnte sich von ihrem Erstaunen über das herrliche Boukett gar nicht erholen, sagte sich gleich, daß dieser Exzeß eine tiefere Begründung haben müsse, erschauderte ob der zahlungsfähigen Unmoral ihres Anbeters und um gürtete sich mit dem ganzen Stolze jener Tugend, die die hervorragendste Qualität der Lublinerschcn Stücke aumacht. Nun sieht die Sache schlimm aus, denn wenn Frau Wolfrat Orchideen und Anbeter zurückweist, dann ist Herr Wolfrat für die Kosten des Haushaltes nur noch auf seine Tantiemen angewiesen und diese können un- nöglich sehr hoch sein. Indessen, wie Laube sagt,, „beim Theater kommt alles anders". Ein Onkel tritt herein. Nein, solch ein Onkel! Einen Prachtonkel wie den, baben Sic, lieber Leser, noch niemals gesehen. Er ist nicht aus Amerika, aber er hat Geld und — ein äußerst seiner Zug des Dramatikers Lubliner — dieses Geld ge- bört Herrn Wolfrat selbst. Er hat es einst dem erwähn ten Onkel, obwohl er ihn nicht leiden kann, anvertraut, damit er gewisse Geschäfte ausführe (bekanntlich gibt inan stets Leuten, die einem in der Seele zuwider sind, größere Geldsummen und überläßt ihnen, damit ganz nach Ermessen zu schalten). Der Onkel bat die Geschäfte einfach nicht gemacht — welch ein Uronkel! — und das verlorengeglaubte Geld ist da. Da das Geld da ist, siegt die Tugend. Wolfrats fangen jetzt an zu sparen: den vierzig Personen, die sie für den Abend eingeladen liaben, setzen sie ungenießbaren Punsch und unschmack- haften Heringssalat vor. Wir begreifen, daß sie es tun, denn nichts anderes tut ja Herr Lubliner. Ich aber sagte mir, während ich harrte, bis das Gemetzel um die Garderobe ein Ende nahm: „Wir Menschen werden wunderbar geprüft Wir könnten's nicht ertragen, hätt' uns nicht Den holden Leichtsinn die Natur verliehen!" Gestern abend wurde dann das neue ,/National- theater" am Weinbergsweg eröffnet. Weil eS National theater heißt, brachte uns die erste Vorstellung den „Troubadour" von Verdi, einem augenscheinlich ur deutschen Komponisten. Der Zettel zeigte an, daß die Prevosti, Bonci und eine mir unbekannte Größe augen scheinlich holkändischer .Herkunft, demnächst dort gastieren werden. Also der Name „Nationaltheater" soll nicht etwa bedeuten, daß der Direktor Becker deutsche Kunst mit deutsck«en Künstlern pflegen will. Er soll wohl nur bedeuten, es möge die ganze Nation nach dem Weinbergs- weg strömen. Aber dieses frommen Wunsches wegen wollen wir Herrn Becker nicht gram sein. Daß sein Unternehmen einem Bedürfnis entspricht, kann nicht ab geleugnet werden, denn ein Parkettplatz im Opernhause kostet acht Mark: fragt sich nun also nur, was das neue Theater zu bieten vermag. Und es darf gesagt werden, daß die Einführung eine recht günstige war. Der Innen raum, der einem Tonnengewölbe gleicht, läßt zwar'eine Stiminung nicht aufkommen, aber die Akustik ist ausge zeichnet und auf den letzten Reihen des Parketts vermag ein Fernsichtiger wohl zu erkennen, daß sich auf der Bühne einige Gestalten bewegen, deren Konturen aller dings nebelhaft bleiben. Ein vorzügliches Fernrohr sollte jeder Besucher mit sich führen. Aber die Leistungen erheben sich über jenen Durchschnitt, den man als „volks tümlich" zu bezeichnen pflegt. Tas Orchester befriedigte, die Frische und Akkurntesse der Chöre verdient ein lautes Lob. Fräulein von Lichte nfels (Leonore) behan delte ihre wenig ausgibige Stimme mit Zartheit, ihre Koluratur ist musterhaft. Fräulein Rado (Azucena) besitzt ein ungewöhnlich schönes Material und erwirbt hoffentlich allmählich die unerläßliche Ruhe der Ton gebung. Herr Melms kLuna) ist mit einem Bariton von ungewöhnlicher Schönheit und Kraft begnadet. Er weiß dies und legt infolgedessen aus Tertbehandluug keinen Wert: es genügt ihm, in seinen Mitteln zu schwelgen. Herr Reinhardt (Manrico) ist ein echter Tenor, echt leider auch insofern, als er marionettenhaft agiert. Alles in allem: Hier bietet sich für den gebildeten Mittelstand die Möglichkeit, die Meisterwerke der Opern literatur in würdiger Darstellung zu genießen. L. 6. OeGnik. D. Neues von der Photographie ohne Licht. Es is« jetzt schon eine Reihe von Jahren vergangen, seit zum ersten Mal von einer Dunkelphotographie die Rede war. Eine Photographie ohne Licht ist dem Namen nach ein Unding, das liegt aber an dem ursprünglichen Irrtum, daß es gerade die Lichtstrahlen, und diese besonders und ausschließlich, wären, die auf eine Bromsilberplatle wirkten. In der Zeit des Morgengrauens der Photo graphie wußte man eben noch nichts von ultravioletten oder chemischen Strahlen, von Röntgen- oder gar von Nadiumstrahlen. Nun ist das Wort Photographie ein- mal da, obgleich es eigentlich längst aufgehört l«at, den Vorgang, den es benennen soll, genau und erschöpfend zu bezeichnen. Unter diesem Zwange aber muß man sich zur Not auch die in sich widersvruckisvolle „Dunkel photographie" gefallen lassen. Ter erfolgreichste Forscher auf diesem Gebiet ist der englische Physiker William Russell, der schon vor etwa fünf Jahren die Ent deckung gemacht hat, daß alle möglichen Gegenstände unter völligem Ausschluß von Licht auf die photographische Platte wirken. Jetzt hat er in einem Vortrage vor der Royal Society seine weiteren Arbeiten besprochen und da- bei eine Fülle merkwürdiger Erscheinungen bekannt ge geben, die um so interessanter sind, als sie sich von jeder mann leicht nachprüfen lassen. Der einfachste Versuch ist folgender: Man nehme ein Stück Holz, am besten zu nächst einen Querschnitt aus einem Kiefernstamm, bringe es in einen völlig dunklen Raum auf oder über eine photographische Platte und belasse es da einige Zeit. ES wird dann ein Bild durch Linien des Holzes, also ins besondere der Jahresringe, auf der photographischen Platte erscheinen, ohne daß eine Spur von Licht hinzu- getreten ist. Das Holz von Nadelbäumen ist besonders stark wirksam und erzielt scharfe Bilder, auf denen die Ringe des Frühlings- und Herbstwachstums deutlich er kennbar sind. Bein« Kiesernstanim wirkt nur das Helle Frllhjahrsholz, daS dunkle Herbstholz nicht. Auch der Grund dafür, wie für den ganzen Vorgang, ist bereits gefunden worden. Der eigentlich wirksame Stoff ist das flüssige Wasserstoffsuperoxyd, das im .Harz enthalten ist. Daraus erklärt sich auch das verschiedene Verhalten der Holzarten. Fichtenholz gibt schlechtere Bilder. Bein« Lärchenholz ist der Erfolg umgekehrt, indem die dunklen Ringe wirken, die Hellen nicht. Eiche, Buche, die sogen. Akazie (Robinie), die spanische Kastanie und Sykomore beeinflussen die photographische Platte gleichfalls stark, ebenso viele ausländische Hölzer; Esche, Ulme, Roß kastanie, Platana dagegen wenig. Die Eigenschaft hängt dem Holz sehr zähe an, denn selbst eine mehr als 100 Jahre alte Schachtel aus Eichenholz, verfaultes Holz von einem Baumstumpf und sogar Hölzer aus einem Sumpf liefern noch deutliche Tunkelbildcr. Außer den Hölzern sind noch andere harzige Stoffe in gleicher Weise wirksam, z. B. gewöhnliches Baumharz und Mestix, weniger Asphalt, dagegen die eigentlichen Gummiarten, wie Gummi arabicum, gar nicht. Besonders auffallend ist dann ferner der Umstand, daß die Wirkung eines Holzes auf die photographische Platte wächst, wenn es zuvor dem Licht ausgesetzt gewesen ist, und zwar hält diese Ver stärkung nach einmaliger längerer Belichtung wochenlang an. Dagegen hört die Wirkung sofort gänzlich auf, wenn zwischen die photographische Platte und das Holz eine noch so dünne Glasscheibe oder ein Glimmerblättchen ein- geschoben wird. Russell hat nun aber auch feststellen wollen, welcher Teil des Sonnenlichtes diese Er scheinungen eigentlich hervorbringt. Da hat sich denn gezeigt, daß die Einschaltung einer roten Glasplatte eine Verstärkung der Wirksamkeit durchaus hindert, ebenso die einer grünen, tvährend blaues Licht fast denselben Ein fluß ausübt wie die vollen Sonnenstrahlen. Tie Expe rimente wurden außer mit Holz auch mit alkoholischen Harzlösungen, Terpentin, Druckerschwärze, Kopalsirniß, weißer Oelfarbe erfolgreich angestellt. Dt. Wasser und Bccqucrelstrahlen. In der physika lisch-technischen Reichsanstalt hat man interessante Ver suche über die Vermehrung der elektrischen Leitfähigkeit des Wassers durch Bestrahlung mit Radium gemacht. 25 Kubikcentimeter Wasser 2 Tage lang durch eine Glas wand bestrahlt, erfuhren eine Zunahme des Leitver mögens um etwa 1/100 Millionstel. Die Zunahme ist also sehr gering und sank späterhin noch mehr. Die Reichsanstalt erwähnt im Vergleich hierzu, daß dieselbe Vermehrung eintreten würde, wenn inan 1 Milligramm eines Salzes innerhalb einiger Jahrzehnte sich in der gleichen Wassermenge lösen ließ. sli. Schutz gegen Eisenrost. In Amerika werden zur Zeit umfassende Versuche angestellt, um ein durch greifendes Mittel zu finden, den Eisenrost zu ver hindern oder das Eisen in eine nicht rostende Modifika tion überzuführen. Man geht von der Ansicht aus, daß ein ungeheurer Nutzen für die gesamte Industrie der Welt damit verbunden wäre, wenn die Versuche von Erfolg begleitet sein sollten, denn durch das Rosten der Maschinen, Rohre, Elsenkonstruktionen und Eisenbahn schienen auf der ganzen Erde gehen jährlich ungezählte Millionen an Nationalvermögen verloren. Die Ver suche haben auch bereits eine Reihe nicht bekannter Tat sachen über die Bildung des Rostes ans Licht gebracht. Reines Eisen in Luft rostet nicht ohne Anwesenheit von Feuchtigkeit, auch in Wasser, das von Luft befreit ist, tritt keine Wirkung auf; selbst wenn Luft und Wasser dampf mit reinem Eisen zufammengebracht werden, tritt erst dann Rost auf, wenn die Temperatur schwankt, weil dann sich Dampf kondensiert und als Wasser auf dem Eisen niederschlägt. Aus diesen und anderen Tat sachen lmt nian geschlossen, daß die Rostbildung elek trolytischer Natur ist, daß man eS also mit einem Zer setzungsprozeß zu tun hat, der durch einen elektrischen Strom hervorgerufen wird. Der Strom selbst entsteht, well sich ein galvanisches Element aus Eisen, Wasser und Seite 25. Nr. 503. 98. Jahrgang. Luft bildet. Das einzige Mittel, das man einigermaßen tauglich gefunden hat, um Rostbildung zu verhindern, ist Nickel-Plattierung der Eisenteile. Leider ist das aber nur beschränkt anwendbar und es bleibt die Frage nach einem üoerall ausführbaren und billige«« Rostschutzver- fahren noch zu lösen. Aussichten der Dampfturbine als Schisssmaschine. Kürzlich hat einer der bekannten englischen Konstrukteure von Dampfturbinen, Herr Rateau, einen Vortrag ge- halten, der sich mit den Aussichten der Dampfturbine im Schiffsbau besck-äftigt und der deshalb von großen« Werte ist, weil darin einige Mängel der Dampfturbine hervorgehoben werden, obgleich Herr Rateau verschiedene Schiffe der englischen und französischen Kriegsmarine mit Turbinen seines eigenen Typs ausgerüstet hat, also gewiß ein wesentliches Interesse an der Entwickelung der Tampsturbine besitzt. Ein Nachteil soll zunächst darin liegen, daß die Turbine nur bei Vollbelastung und der vollen Normalgeschwindigkeit ebenso günstig arbeitet, wie eine Kolbenmaschine. Jedes Schiff und besonders ein Kriegsschiff muß jedoch zeitweise mit geringer Geschwin digkeit laufen. Ferner kann man die Dampfturbine nicht für den Rückwärtslauf umsteuern. Da aber ein Schiff auch die Möglichkeit des Nllckwärtsganges haben muß, hat Herr Rateau in die Turbine eines Schiffes eine zweite kleinere hineingebaut, die keinen besonderen Raum be ansprucht, aber sich entgegengesetzt dreht. Als noch gün stiger sieht jedoch Herr Rateau die gleichzeitige Verwen- düng einer Turbine und einer Kolbenmaschine an. Tic Kolbenmaschine besorgt dann den langsamen Lauf i«nd den Rückwärtsgang, während die Turbine bei voller Ge schwindigkeit arbeitet. So könnte man die Vorteile beider Maschinenarten ausnutzen, ohne ihre Nachteile mit in Kauf nehmen zu müssen. ie. Elektrischer Alarm. Unzählige Patente sind an gemeldet und erworben worden für die Schaffung von Alarmvorrichtungen unter Benutzung d»r Elektrizität, die eine Sicherheit gegen Einbruch und Diebstahl geben sollen. Leider haben sich die darauf gesetzten Hoffnungen bis jetzt nur zu einem geringen Teil erfüllt. Man hat zunächst versucht, an den Türen und Fenstern elektrische Kontakte so anzubringen, daß bei einem widerrechtlichen Oeffnen der Flügel oder bei gewaltsamen Beschädigungen eine elektrische Glocke ertönte. Tie Einbrecher haben diele Erfindungen längst so sorgsam studiert, daß sie kaum noch Respekt vor ihnen haben, und die Tagesgeschichte der Diebstähle hat den Beweis geliefert, daß es möglich ist, in verschlossene Räume zu dringen, ohne solche Apparate im geringsten in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Ge schicklichkeit und Verschlagenheit eines berufsmäßigen Diebes und Einbrechers ist so groß, daß der Techniker schon einen ungewöhnlichen Sckzarfsinn aufbieten muß, um alle Praktiken des Verbrechers zu vereiteln. Der Berliner „Elektrotechnische Anzeiger" beschäftigt sich in seiner letzten Ausgabe mit einigen neuen Erfindungen, denen vielleicht ein besserer Erfolg beschieden sein wird, zunächst mit einer neuen Sperrvorrichtung. Zur Siche rung von Schlössern hatte man beispielsweise die Vor- richtung angebracht, daß das Einstecken des Schlüssels, also das Oeffnen überhaupt, nur dann geschehen konnte, wenn ein bestimmter Zeiger auf gewisse Zahler« eingestellt wurde. Nun kann aber einmal der Besitzer der Wohnung selbst die gewählten Zahlen vergessen, und außerdem bleibt es für einen Geübten immer verlMtnismäßig leicht, ein Schloß auch ohne Schlüssel zu überwinden. Noch näher lag die Absicht, durch einen eingesteckten Schlüssel oder Dietrich eine Lärmvorrichtung in Tätigkeit setzen zu lassen. Ta bei blieb der Uebelstand, daß die elektrische Glocke überhört werden konnte oder mußte, wenn sich überhaupt niemand in der Wohnung befand. Tiefe Mängel sollen durch eine von einen« Münchener Ingenieur geschaffene Konstruk- tion beseitigt werden. Tabei kann das Schloß nur ge- öffnet werden, wenn ein geheimer Druckknopf benutzt wird. Selbst wenn der Dieb diesen findet, so setzt sein Schlüssel eine elektrische Glocke in Tätigkeit, außerdem aber wird noch durch Anziehung eines Magneten das Aussperren der Tür unmöglich gemacht. Tas Berliner Fachblatt beschreibt ferner noch airdere Erfindungen gleichen Zwecks. Feuilleton. Tas Preisausschreiben. Don Franz Adam Veyerlein. NnclnHUck aw« drm Homan-JLyU „Die «eltgen". Wir find fertig mit unserem Abendbrot. Während sic das Geschirr avträgt, mache ich es «nir in dein Arm- Kuhl bequem und sehe ihrer leise«« Flinkheit zu. Nach Znec Weile kommt sie wieder herein, hat irgend etwas Zerrissenes mitgebracht und setzt sich nähend mir gegen über an den Tisch. Sonst pflogen wir nach dem Nachtmahl ein wenig zu plaudern, über Dies und Jenes, Bedeutsames und Glerchgültiges. Ich blicke ihr dann gern in ihre lieben, getrosten Augen, denn in den« fester« Blick dieser siclieren, ruhigen Sterne weitet und wandelt sich die graue Werk müdigkeit «neiner Abende allgemach «n eine milde, Helle Zufriedenheit und weiter in ein gleichmäßig leuchtendes und wärmendes Glücksbewußtsein. Aber heute sitzt ihr die schwere Sorge im Nacken und beugt den Kopf tief auf die Arbeit nieder. Sie scheut sich, ihre Augen zu mir auf«uschlagen, weil sie weiß, heute ist kein Trost darinnen zu lesen, und keine Wärme und Licht mitteilende Flamme brennt heute in ihnen. — Der dichte Scheitel w«rd vom Lampenlicht beschienen, und rotgolden schimmernd fließen die feinen Haarfäden voin Hinterkopf nach der Stirn zu. — Gedankenlos verfolge ich die Nadel, die stets so frischgcmut und tapfer «n die leere Luft sticht und sich wie zornig geberdet, wenn der hemmende Fader« in ihrem Oehr immer kürzer wird. — Endlich kann ich das bange Schweigen nicht länger ertragen. — „Also der Arzt denkt, cs ginge dem Jungen besser?" frage ich. „Ja", antwortete sie. „Er meinte, versichern zu können, es sei nicht Diphtherie." — Wie gern möchte ich dem ckusspruch des verläßlichen und erprobte«« Helfers ver trauen! Aber ich habe vorhin das glühende Gesicht des Knaben gesehen und die Fieberhitze seiner Stirn gefühlt, sein Atem keuchte und die Lunge rang röchelnd nach Luft, selbst durch die Ritzen der geschlossenen Tür schleichen nch diese gequälten angstvollen Laute, überschwommen das Zimmer mit heiseren, unschönen Tonwellen und zwängen sich hartnäckig in mein Ohr. Erne Zeitlang lauschen wir und lesen einander die große Herzensangst von den Augen ab. Jedesmal, wenn das schreckliche Geräusch einen Augenblick länger als sonst aussetzt, hoffen wir sehnend und bangend, daß es ganz verstumme und in ein ruhiges, leises Atmen über- gehe, und senken enttäuscht die Augen, in denen eben ein erstes, ungeduldiges HoffnungSfünkchen aufzuglimmen wagte. Trotzdem sagt sie in einem etwas erzwungenen leichten Ton: „Das hört sich wohl schlimmer an, als eS ist. Denn ich glaube nicht, daß der Arzt leichthin ein« so bestimmte Zusicherung gibt. Er trug eher Sorge, daß die Ebbi angesteckt werden könnte." „Sie ist doch wohlauf,?" frage ich hastig und erhalte ein befreiendes, aus dem Innerste«« kommendes „Gott lob ja!" zur Antwort. Die Ebbi — kaum ist dieser Name, diese kindische Koseform eines Namens, die ein halb noch lallendes Mündchen aus dem zu sckmüerigen „Eva" sich zurecht- gebilder hat, ausgesprochen worden, so scheint es schon, als ob die Wogen unserer Sorgen unter einem linden Oel gemach sich zu glätte«« begännen und als ob über dem trübe«« Gewirr jener ängstigenden Töne der feine, Helle Klang einer Saite schwänge. Die „Ebbi" ist das jüngere Schwesterchen des kleinen Kranken, ein entzückendes Geschöpf, daS der herrlichen Mutter gleicht nne eine der Putten zu Füßen der fix- tinischcn Madonna, der Hochgebenedeiten selbst, ein ganz besonders hell schimmernder Strahl der Sonne, die den Eltern im ersten Augenaufschlag ihrer Kinder auf geht. Mit stolzer Rührung erzählt die Mutter eines zener unbedeutenden Ereignisse, die nur dem liebevollen Auge zuweilen die reine Schönheit der Kinderseele offen, baren, und wir gewinnen es über unS, darüber froh zu werden — da ruft draußen eine matte Stimme: Mütterchen, ich habe Durst!" Sie horcht auf, legt mit hastigen Händen die Arbeit beiseite und geht leise in die Schlafstube. Ich höre eine gedämpfte, be ruhigende Zusprache, ein Löffel klirrt fast unhörbar im Glase, dann «st es still. Sie mischt ihm wohl in der Küche eine kühlende Limonade. — Auf ihre Wiederkehr harrend, nehme ich die Zeitung zur Hand und überfliege flüchtig die Spalten. Da bleiben die eilenden Blicke bei einer Notiz stehen, die am Kopfe das fettgedruckte Stich wort träat: „Ein Preisausschreiben!" — Ich lese — o ja, solche Preise kann man sich gern gefallen lassen, aber ich fürchte, wenn ein Gaul so wie ich jahrelang im schworen Joch gegangen ist, dann hat er nicht mehr da« Zeug zu einem Galopp, wie er bei einem Rennen ver- langt wird. Trotzdem bleiben meine Gedanken an diesem Preisausschreiben haften, und allmählich wächst mein anfangs so kleinmütiges Selbstvertrauen. In frage mich: warum sollst du das, was du früher vermochtest, nicht mehr können? Schwer wird eS zwar halten, aber es wird sich schon zwingen lassen. Immer mehr ver liert die Absicht an dem Wettbewerb teilzunehmen in meinen Augen an Verwegenheit, und am Ende bin ich fest entschlossen, mit in die Schranken zu reiten. Beinahe empfinde ich es als eine Störung, wie nun leise, flinke Schritte mir näher kommen und zwei Lände sich mir entgegenstrecken. Aber ich kann diesen^eben Händen nicht böse sein, die so weiß und schlank siM trotz der groben Arbeiten, bei denen die schmalen FWer zu fassen müssen, und innig und verehrend küßte^ch sie, wi« sie sich mir zum Gutennachtgruß entgegenstrccken. „Ich will zur Ruhe gehen", Hat sie. — Iw frage noch: „Wie ist» mit ihm?" — Tie zuckt die Achseln: „Wie vorher. — Bon der Tür her nickt sie mir noch einmal liebreich -u. Ich trage die Lampe auf den Schreibtisch und schaue sinnend auf das erquickende Grün des Schirmes, immer über das Preisausschreiben nachdenkend. - O! wie wäre das herrlich, wenn ich solch' einen Preis zu erringen vermöchte! Ta wäre zuerst einmal ein Auf atmen, eine Befreiung von dem Unveränderlichen, daß inan doch nicht auSkommt, so genau auch jeder Pfennig der Einnahme eingeteilt ist. Und welche Guttat geschähe damit der lieben schlummernden Frau draußen in der Schlafkammer, die vor« Tag zu Tag blässer und schlanker wird! Ihr und dem kranken Kinde! Wie ist fein Ge sicht in den wenigen Tagen der Krankheit spitz und hager geworden, und wie wurden seine und der Mutter Wangen sich röten, wenn die beiden etwa im Sommer irgendwo an der See sein könnten! Irgendwo, wo es am allerbilligsten ist! Mir würde nicht mehr das Herz wehtun, wenn ich ihm die schmalen Backen streichle, und die Mutter würde wieder aufrecht und munter an ihre arbeitsreiche«« Tage gehen, nicht mehr gebückt und müde! Wie wäre das herrnch! — Und der Ruhm? Die Ehre des Siegers? — Ehedem geizte ,auch ich nach dem edel sten Lorbeer, aber dann l«at mich das harte Leben in die Lehre genommen^ und ich habe lernen müssen, mich zu begnügen, wenn ick« aus dem alltäglichen Kornfelds zur Seite des WegS eine Aehre pflücken durfte. — So heißt eS denn, alle Kraft zusammennehmen. Ich sinne und grüble und, versenke mich tiefer und tiefer in jene Welt, aus der ich mir daS Rechte für meinen Plan erhoffe. Und wirklich, während ich hinter geschlossenen Lidern undeutlichen, immer entweichenden Gedanken uachjaae, tun fick meine Augen auf. Ich sehe in eine weite, blühende Ebene; auf dem sonnenbeschiene nen Pfade naht sich eine kleine Gruppe Menschen, je näher sie toandern, desto deutlicher werden sie mir. DaS sind m«r die rechten Leute, ich sehe interessante Züge und höre ei«« geistvolles Geplauder, — sie meiden sich und suche«« sich wieder und stoßen einander aufs neue ab. Endlich Vereinen sie sich auf eine elegante Art zu einem wohlgefälligen Bilde, und die Disharmonie ihrer Ge fühle und Leidenscliasten klingt in einem harmonischen Äkkörd aus. In schöngegltedertem Rhythmus schreitet das zierliche Epos an mir vorüber, un- «ch meine nur die Stapfen zeichnen zu müssen, die die kleinen Füße im K«cs zurückgelassen haben. Da dringt hinter der Tür lauter und oualvoller daS Röcheln des kranken Kinde- vor. Ein jäh Herabfallen dei; Vorhang verhüllt den blumigen Garten, meine zarten Figuren verbergen sich scheu in den schwarzen Falten, und eS ist Nacht vor meinen Augen, tiefe, sternenlose Nacht. Und eS bleibt tiefe Nacht, denn die Fackeln, die ich anzünd«, um die Nacht zu erhellen, ver- loschen, ertrinken in der grundlosen Finsternis. Stumpf 'tarre ich vor mich hin. Eine dumpfe Trostlosigkeit lastet zentnerschwer auf mir, ich spüre «ine seltsame Ängst, mein Kopf beginnt zu schmerzen, mein Blick ver dunkelt sich, und mit einem Male geviert die Finsternis ein fürchterliches Gespenst. Ich fühle^ wie es mich mit siinsn Fledermau-flügeln erftlcken will und seine spitzen Krallen in mein wundes Hirn schlägt, ich fühle, wie die Krankheit, die draußen in der Kammer den kleinen Burschen so fest gepackt hält, mich anfaßt und niir die Kehle zudrückt. Tas ist das Fieber, das mir das Blut so zu Kopfe sagt, daß die übervollen Adern ihre Wände zu «prengen drohen und Jrrfünkchen vor den Augen «prühen, jetzt verstehe ich sie Stimmen, die einen schreck lichen Chorus zu dein keuchenden Presto des Atems heulen, und darin tut sich mir ein bodenloser Abgrund auf: hungern müsse«« sie, bettel«« gehen, wenn ich von ihnen fort muß, denn sie haben nur das, was ich ihnen erarbeite. Hungern, betteln gehen! Meine lieben Kinder! Uno mein liebes, liebes Weib! Verzweiflend wühle ich Lei« wirren Kopf zwischen meine Arme. Ich drücke meine Augen ein, damit ich die furchtbaren Gesichter nicht mehr sehe, und presse meine Ohren zu vor den grausamen, höhnende«« Stim- men. S«e haben recht! Ja, ja, sie haben recht! Aber nur nicht daran denken! An nichts, gar nichts mehr denkenl! Wie ich wieder aufblicke, flackert die Lampe trübe, und es ist unheimlich still uin mich. Auch den schweren Atem höre ich nicht mehr. — Ei«« furcht barer Gedanke «nacht mir den Herzschlag stocke«« und lähmt mir die Glieder. — Ich lausche angestrengt, aber nichts unterbricht diese beklemmende Stille. Ich sebnc mich fast nach einem Laute, der auch nur das kleinste Leben verriete. Endlich raffe ich mich auf. — Zagend lasse ich den Lichtschein auf das Gesicht des Knaben fallen — er schläft, ruhig und gleichmäßig annend, die Stirn fühlt sich kühl und feucht an. Das ist die Genesung! Tann schaue ich mich weiter um: auch die Mutter schlummert tief und fest. Sic hat sich wohl in den Schlaf geweint, ihre Hand hält noch das Tuch — und zum Trost mag sie, wie sie -an«« zu tu«« pflegt, die „Ebbi" auS ihrem Gitterbettchei« zu sich genommen haben. Nun liegen sie Wange an Wange, das gleich farbige köstliche Gold des Haares mischt sich, und zärt lich hält ein dickes Kinderärmcheu den Hals der Mutter umschlungen. Leise kehre ich an meinen Schreibtisch zurück. Gewonnen! — Gewonnen!! — Hell ¬ auf jubeln möchte ich. — Dieser kurze Augenblick der höchsten Glückseligkeit bat den finstern Geist der Ver zweiflung in seine Höhle zurückgescheucht. Wo sind die schwarzen Wolken? Wo? — Allüberall Licht und Sonne! — Nun frisch ans Werk! Da sind sie schon wieder, meine freundlichen Ge stalten. Diesmal halte ich sie fest! Aber wiederum naht ein mächtiger Ueberwinder und entreißt sie mir. — Diesmal ein freundlicher Feind. — Meine Hände, die die Fäden deS Puvpenspiels re gieren, sinken müde herab, und mein Geist, der Leben in die Marionettcnkörper bauchen soll, erschlafft. Die Mühelost de- verflossenen Tage- heischt ibr Recht und lindernd und alle Spannungen losend, umfängt mich ein traumloser, erquickender Schlaf. —
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