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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-05
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041005012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904100501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904100501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-05
- Monat1904-10
- Jahr1904
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im Gebiete deS deutschen Reiches desiudlichen Exemplare dieses Buches. * Stendal, 4. Oktober. Die Hauptversammlung de» Lehrerverbandes der Provin; Sachsen nahm heute eine Resolution an, welche die allgemeine simultane Volksschule fordert. * Nürnberg, 3. Oktober. Bor einigen Jahren machte die Stadlgemeinbe den Versuch, Mietshäuser für ihre Bediensteten zu errichten. ES wurden damals 19 Häuser errichtet. Die Wohnungen wurden aber wenig gesucht; obschon nur eine Verzinsung von 3»,-, Proz. und eine Tilgungsfrist von lOO Jahren angenommen wird, mußte der Stadtsäckel nach der vorliegenden Rechnung für l903 den Betrag von 1220 daraus zahlen. slone. Lchisfsbc wegungen. S. M. S. „Jaguar" ist am 4. Oktober von Svangliai nach Nanking in See gegangen, S. M. S. „Tiger' ist am 3. Oktober in Tsingtau eingetroffen. S. M. i Lpdble. „8 90" und „Taku" sind am 4. Oktober von Tsingtau nach Chemulpo in See gegangen. S. M. Flußkanonenboot „Tsingtau" ist am 4. Oktober von Fulschu nach Canton ab gegangen. S. M. S. „Hay" ist am 2. Oktober von Stiel in See gegangen. Ruslana. Frankreich. * Tie Richter über Pelletan. Wie aus Toulon qe- meldet wird, besichtigte die parlamentarische Kommission zur Untersuchung der Zustände der französischen Marine vorgestern das Arsenal der Werft Toulon. Der Unter- dirckior Salvapre erklärte der Kommission, es herrsche keine Disziplin im Arsenal; er könne teilweise nicht mebr arbeiten lassen, ohne das; die Werkführer Be leidigungen und Tätlichkeiten ausgesetzt seien. — Aus Paris, 3. Oktober, wird uns von einem Mitarbeiter, dem diese Depesche noch nicht vorlag, geschrieben: Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß sich die lieben Gegner oes Mariucministers Pelletan, die sich bekanntlich in der Kommission befinden, alles für einen Hauptschlag auf sparen werden, der aber auch — wie schon so oft — ganz gut ins Wasser fallen kann. Heute sind die eifrigsten Mitglieder der Kommission, unter ihnen Clemenceau, Thompson, Lockroy und Doumer, in Toulon ein- gctrosfcn, um auch dort eine ganze Heerschar von Admirälen. Hafenpräsekten und Marinebeamten auszu- borchcn und die verschiedensten Werkstätten mit peinlicher Genauigkeit zu durchsuchen. Daß dabei schließlich allzu viel herauskommen wird, glauben selbst die zahlreichen, dem Marineminister nicht wohwollenden Blätter nicht, denn ne wärmen immer nur „olle Kamellen" aus und vertrösten ihre Leser mit dem, was noch kommen wird. * Streikunruhen. In La Clusc veranlaßte nach einer Meldung am Montag die Arbeiterbevölkerung gegen den Fabrikanten Crettiez feindselige Kund fl e b u u g e n. Die Söhne Crettiez' hatten vor einiger Zeil aut ausständige Arbeiter geschossen. Militär mußte einschreiten und die Menge auseinandertreiben. Mehrere Personen wurden verletzt. Italien. * Geheimniskrämerei der Minister. In Rom scheint es, soweit eine darauf bezügliche Meldung zutrisft, Auf sehen zu erregen, daß. obschon Giolitti seit Montag abend zurückgekebrt ist, kein Ministerrat stattgefunden hat. Die Regierung scheint also keine Eile zu haben, sich mit dem Problem der Auslösung der Kammer zu beschäf tigen. wie von parlamentarischen Autoritäten angekündigt wurde. Mebr Verwunderung erregt die Reiselust des italienischen Botschafters in Berlin, Grafen Lanza, der in den letzten Tagen zwischen Berlin, Raconigi und Rom bin und her reiste. Gestern konferierte er längere Zeit mit Tittoni, dem Minister des Auswärtigen, der noch am Montag zum König reiste. Da er fünf Tage von Rom abwesend ist, vermutet man, daß er nicht nur in Raconigi sein, sondern daß er auch ins Ausland reisen wird, vielleicht nach Deutschland. Viel bemerkt wird das Geheimnis, das diese Reise umgibt. (Großbritannien. * Ter Zanvcrcr Balfour. Am Montag hat der englische Premier im Klub ter schottischen Konservativen zu Edinburg eine Rede gehalten, in der er solgendes erklärte: Er könne nicht der Führer der Partei bleiben, falls diese den Protektionismus, durch den einige Industrien gefördert, andere dagegen geschädigt würden, in ihr Programm ausnehmen sollte. Dagegen sei er dafür, daß man fremde Waren mit Zöllen belege, wo dies wünschens wert erscheine, um den englischen Staatsmännern zu ermöglichen, auf einer für England günstigen Basis mit den fremden Ländern zu verhandeln. Auf diese Weise könne Irland in die Lage kommen, seinen Zolltarif so zu gestalten, daß der freie Güteraustausch zwischen den verschiedenen Ländern des Gesamtreiches eine Förderung erfahre. DaS Verhältnis zwischen dem Mutterlande und den großen Kolonien habe sich so gestaltet, daß nur eine freie Konferenz Englands mit den selbständigen Ko lonien und Indien Klarheit schaffen könne. Die konser vative Partei und auch die außerhalb der Partei Stehenden sollten zu einer Politik halten, die dahin gehe, die Kolonien zur Teilnahme an einer derartigen Konferenz aufzusorvern. „Sv köunien wir dazu beitragen", schloß Balfour, „die zerstreuten Fragmente des gewaltigen Reiches mehr und mehr zu Gliedern einer Familie zu machen." Die Kundgebung BalsourS läßt sich nur daraus ver stehen, daß er, der zagende Platoniker, kopfscheu zu werden beginnt. Veranlaßt hat ihn wohl, daß jüngst der blSbcr dem ChamberlainiömuS abgeneigte kanadische Premier, Sir Wilfried Laurier, zwar „s. unitorw turif' verworfen, dagegen den „troaties ok commorcs" zwischen Großbritannien und den Kolonien sich gnädig zeigte, und daß, laut einer Er klärung des westaustralischen HandelSkammerpräsidenten, Mr. Dunlop, an Chamberlain der australische Handel ihn beauf tragt hat, mit allen Kräften die Resormbewegung zu unter stützen; eine Binnenzollkonferenz der australischen Staaten habe an das gemeinsame Parlament die Bitte gerichtet, industriellen Erzeugnissen englischer Herkunft eine Vorzugs behandlung einzuräumen. Auch Mr. Seddon, der Premier von Neuseeland, bat für Vorzugszölle gesprochen. Ob Balfour nun bald das „V»e victis?" hören wird? Balkanhalbinsel. * Tie Ncorganisicrung Makedoniens, die von'den Komitat- schis in einer „Denkschrift" geforderte „innere makedonische Organisation" ist wieder ins Stocken geraten. Nach dem Wiener Korr.-Bureau will die Pforte wegen angeblich auf gefundener kompromittierender Papiere das den bulga rischen Exarchat vor drei Wochen gegebene Versprechen bezüglich der Auswahl der Lehrer für Makedonien nicht einhalten, sondern macht neue Schwierigkeiten. Die Ant wort der Pforte bezüglich der Rückkehr des Restes der Emigranten nach dem Vilajet Adrianopel sollte gestern er folgen. Man erwartet, daß sie günstig lauten würde, wenn auch mit gewissen Vorbehalten bezüglich der Kontrolle, um den Eintritt gefährlicher Elemente zu verhindern. Asien. * Bon der Tibctexpedition. Nach einer Reuterdepesche aus Gyangtse traf die vordere Kolonne der Tibet-Expedition wohlbehalten an der indischen Seite des Karola-Passcs ein, der Rest der Expedition sollte den Paß gestern überschreiten. Der Rückmarsch nach Indien war sehr anstrengend, die Kälte äußerst streng. Wie sich jetzt herausstellt, ist der in Lhassa abgeschlossene Vertrag vom chinesftchen Amban in Lhassa nicht unterzeichnet worden, weil der Amban zur Unterzeichnung die erforderliche Ermächtigung der Regierung in Peking nicht erhalten hat. Trotzdem habe Nounghous- band und seine Soldaten nicht umsonst die Porala gesehen. Südafrna. * Tynamitexplofion im Minenrcvier. Wie aus Jo hannesburg telegraphiert wird, explodierte gestern morgen das Dynamitmagazin der Anged Deep Mine. Die Erschütterung war furchtbar, doch wurden weder Menschen verletzt, noch Bergwerkseinrichtungen beschädigt. Hus Zscdren. * Dresden, 4. Oktober. * Bom Königlichen Hofe. Die diesjährigen Königl. Hochwildjagden auf Rehefelder Revier finden in dieser Woche statt und werden in Vertretung des Königs durch den Kronprinzen abgehalten. Der Kronprinz hat sich hierzu Montag nachmittag 5>/« Uhr in Begleitung mehrerer Herren vom Dienst nach dort begeben und im Königl. Jagvhause Wohnung genommen. Zu den einzelnen aus Nassauer, Rehefelder und Altenberger Revieren abzu haltenden Jagden sind noch einige Herren mit Einladungen ausgezeichnet worden. — Der Prinz Johann Georg ist Montag nachmittag 5 Uhr in Begleitung des Hofmarschalls v. Mangoldt - Reiboldt zu einem mehrtägigen Besuch Ihrer Majestät der Königin-Witwe nach Sibyllenort abgereist. * * Titelwescn. — Ernennungen. Den langjährig bei den ambulatorischen Kliniken tätigen Aerzten Dr. med. Karl Friedrich Robert Alfred Reiche und Dr. med Karl Theodor Schiffrier in Dresden wurden Titel und Rang als Sani- tätsrat verliehen. — Der Vorstand des Werkstättenbureaus der StaatSeisenbahnen, prädizierte Finanz- und Baurat Palitzfch wurde zum etatmäßigen Finanz- und Baurat und Mitglied der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, die Regierungsbaumeisler Friedrich Wilhelm Mü ller und Benn dorf zu Bauinspcktoren bei der StaatSeisenbahnverwaltung ernannt. Z Tie Ucbcrführung Ser irdischen Ucberreste des im vorigen Jahre aus Schloß AlbrechtSberg verstorbenen Großindustriellen Geh. Kommerzienrat Nau mann von der bisherigen Ruhestätte auf dem Johannis friedhofe in Tolkewitz nach dem auf der Standesberr- schaft Königsbrück vom Dresdner Architekten Menzel erbauten Mausoleum erfolgte in der Nacht vom Sonntag zum Montag. Zu gleicher Zeit wurden auch die irdischen Uebcrreste der ersten Gemahlin Naumanns vom Annen- sriedhofe nach Königsbrück gebracht und am Montag früh 5 Uhr eingesenkt. Z Ter Herbstumzug hat diesmal in Dresden einen wesentlich ruhigeren Verlauf genommen, als dies früher der Fall war. Ohne Zweifel ist hier eine größere Stabilität im Wohnungswesen eingetreten, da Hausbesitzer und Mieter unter den obwaltenden Verhältnissen viel leichter zu einer Verständigung kommen, als zu den Zeiten, da die mittleren und kleineren Wohnungen noch selten waren. . -r- Schnell beendeter Streik. Die 300 Cigaretten arbeiterinnen, welche am Montag bei der Cigarettenfabrik Josetti die Arbeit niederlegten, weil einige ihrer Kolleginnen entlassen worden waren, haben die Arbeit wieder ausgenommen, nachdem die Firma die Forderungen bewilligt halte. — Die Buchbinder Dresdens sind gestern abend in eine Lohnbewegung eingetreten. Die Arbeiter der Druckereien, Kartonnagen- und Luxuspapierbranche sollen heute folgen. * * * m. Meißen, 4. Oktober. Die Weinlese in den Rats- Weinbergen hat gestern begonnen. Der Anfang wurde in den neuerworbenen Bergen in Oberspaar gemacht. * Buchholz, 4. Oktober. Die seit einigen Jahren im Besitz der Stadt befindliche, nach den Angaben des In- genieucs Jäckel in Plauen umgebaute Gasanstalt sollte in diesem Jahre wiederum erweitert werden. Gegen diese Betriebserweiterung haben leider einige Anwohner Widerspruch erhoben. Gs ist dies um so mehr zu be dauern, als die Gasanstalt zu einem überaus günstigen Finanzunternehmen geworden ist. Auf den Ausgang der Streitigkeit darf man gespannt sein. n. Döbeln, 4. Oktober. Gestern früh fand durch Herrn Schulrat Mushacke die feierliche Einweisung des Herrn Schuldirektor Pönitz aus Reinsdorf bei Zwickau in sein neues Amt als Direktor der II. Bürgerschule und der Fortbildungsschule statt. tt. Mittweida, 4. Oktober. In den Klassen der hiesigen allgemeinen Fortbildungsschule wird während des Winterhalbjahres von den Geistlichen der Stadt wöchentlich jeeineStundeReligions- unterricht erteilt, dessen Besuch obligatorisch ist. * Chemnitz, 4. Oktober. Die hiesige Königl. B e z i r k s st c u e r c i n n a h m e ist in das neue Kreis- steuerratsgebäude verlegt worden. Das alte Bezirks- steuergebäude wird umgebaut und dem Königl. Land- bauamt als Dienstgebäude überwiesen werden. — Die Königl. Gewerbezeichenschule veranstaltet für junge strebsame Leute des Gewerbestandes einen Kursus im Zeichnen und Lonmodellieren. Das Schulgeld beträgt 5 pro Halbjahr. r. Glauchau, 4. Oktober. An dem in diesem Winter- Halbjahre an der hiesigen Gewerbeschule zum ersten Male veranstalteten Meisterkursus nehmen 53 Handwerksmeister teil. r. Lichtenstein, 4. Oktober. Auf dem hier abgehaltenen Gauverba nüstage der erzgebirgischen Gewerbevereine teilte der Vorsitzende der Chemnitzer Gcwerbekammer, Stadtrat Jäwe, mit, baß der zur Gründung der Handwerksgenossen, schäften seitens der Regierung bereitgestellte Fonds von 20 00Ü nur für den Anfang bestimmt sei. Sobald sich die Handwerksgenossenschaften als lebens fähig erweisen und die Gründung eines Verbandes in Aussicht steht, werde dem Handwerk derselbe Millionen fonds wie der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. 7 Plauen i. V., 4. Oktober. Die Steinsetzer- gehlllfen haben den Vereinbarungen, die zwischen den Meistern und der Lohnkommission am Sonnabend nachmittag an Ratsstelle getroffen worden sind, in einer gestern nachmittag im „Schiller,zacren" abgehaltenen Versammlung mit überwiegender Stimmcnzahl zuge- stimmt. Der Streik ist beendet; heute, Dienstag, früh ist die Arbeit überall wieder ausgenommen worden. Eine Lohnerhöhung und eine Herabsetzung der Stundenzahl ist für dieses Jahr nicht erfolgt; doch haben die Meister in Aussicht gestellt, besseren Arbeitern den Lohn freiwillig zu erhöhen. Ferner ist für nächstes Jahr die Erhöhung des Lohnes von 50 auf 55 Pfg. für Ar beiter und von 55 auf 60 Pfg. für Poliere angekündigt worden. — Nicht weniger als 1000 Weber m ei st er gab es in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts in hiesiger Stadt; die Zahl der Gesellen und Lehrlinge war weit größer. Dieses einst so blühende Handwerk hat nun ganz aufgehört. In den letzten Jahren ernährten sich immer noch einzelne von der Handweberei, jetzt aber ist auch nicht ein einziger Handweöer mehr vorhanden. -f Plauen i. B., 4. Oktober. Die hiesige Königl. Baugewerkenschulc hat am 3. Oktober das Wintersemester 1904/05 mit 125 Schülern eröffnet. 7 Klingenthal, 4. Oktober. Der Aussichtsturm auf der Alberthöhe hat leider durch den Einfluß der Wit- terung derart gelitten, daß er auf Abbruchverkauft werden soll. ** Eibenstock, 3. Oktober. Durch Herrn Prof. Hofrat Hofmann aus Plauen wurde Herr Oskar Kneife! aus Plauen, zuletzt in Greiz, als Lehrer der hiesigen Zweig abteilung der K u n st s ch u l e, sowie als Verwalter der Vorbildersammlung und kunstgewerblichen Bibliothek eingewiesen. * Elterlein, 4. Oktober. Als Pfarrer hiesiger Stadt wurde Herr Dr. Paulinus aus Altenhof bei Döbeln gewählt. Z Bautzen, 3. Oktober. Sonntag abend fand vor nahezu ausverkauftem .Hause im Stadttheater die letzte, 17., Vorstellung der Nationalfestspiele „Deutschlands 19. Jahrhundert" statt. Trotz der hohen Kosten ist auf einen Reingewinn von etwa 1500 zu rechnen, der zu gleichen Teilen dem hiesigen König Albert-Denkmals- fonds und der König Albert-Gedächtnis-Stiftung über wiesen werden wird. Am Schlüsse der gestrigen letzten Ausführung wurde dem artistischen Leiter der Festspiele, Herrn Direktor R. Howarth- Leipzig, durch den Vor- sitzenden des „Kriegerbund-Bauven", Herrn Privatier Huhn, ein Lorbcerkranz überreicht. Kur Zacbrenr Umgebung- Altenburg, 4. Oktober. Die Zahl der Teilnehmer an der 16. Thüringer L e h r e r v e rsa m m l u n g ist bereits auf 500 gestiegen. Bereits früh 9 Uhr hatten die Lehrer für neuere Sprachen eine Nebenversammlung anberaumt, in welcher Schuldirektor Köber aus Sieben- lehn i. S. in einem Vortrage die Frage beantwortete: „Wie belebt man die Behandlung der französischen Verben?" Um 11 Uhr tagte der Vorstand des Thüringer Lehrerbundes', um über Bundcsangelegcn- beiten zu beraten. Am Nachmittag sand zunächst eine Versammlung der Vertreter des Landeslehrervereins von Neuß j. L. statt, deren Beratungen sich über innere Vereinsangelegenheiten erstreckten. Dann folgten Neben- Versammlungen für Rechen- und Zeichenunterricht. Auch die mit der Lehrerversammlung verbundene A nsstcI - lung wurde bisher sehr zahlreich besucht. Von 5 bis 8 Uhr wurde die geschäftliche Hauptversammlung dcs Thüriuger Lchrerbundes abgehalten. Schließlich bc schloß mau, die thüringischen Lehrerversammlungen nicht mehr alle 2 Jahre abzuhalten, sondern je nach Be darf. H Halle a. S., 4. Oktober. Die hiesigen Stadt- verordneten sind in ihrer gestrigen Sitzung dein ablehnenden Beschlüsse des städtischen Finanzausschusses, betr. Anstellung eines F o r t b i l d u n g s s ch u l - leiters im Hauptamte, bcigetreteu. — Dir Transatlantische Feuerversicherungsgcsellschaft in Ham- bürg hat auf die Wiederherbeischafsung der vergangene Woche aus dem Geschäft des Juweliers Tuukcr hier mittels Einbruchs gestohlenen Sachen im Werte von über 30 000 und die Ermittelung der Täter eine Belohnung von 1000 ausgesetzt * Wittenberg, 4. Oktober. In der Dynamitfabrik Reinsdorf zersprang ein mit kochender Säure angefüll- ter Behälter, wobei ein Arbeiter im Gesicht und an der rechten Seite schwer verbrannt wurde. * Grabitz, 4. Oktober. Am Sonnabend geriet im sogenannten Schwarzankerkoppen bei Repitz eine etwa 400 Jahre alte Eiche in Brand. Sämtliche Beamte des Gestüts beteiligten sich sofort an dem schwieri gen Löschwerk, doch konnte der Baum nicht gerette' werden. Hur aller Mit. -- Tie schon erwähnte Petition der Gräfin von Meyer in Dresden-Striesen um Entschädigung für Ver zicht auf oldenburgische Thronfolgerechte liegt jetzt im Wortlaute vor. Dem von den „Kieler Neuest. Nachr." veröffentlichten sonderbaren Schriftstücke, das an den Land tag von Oldenburg gerichtet ist, entnehmen wir folgende, für den Geisteszustand der Schreiberin charakteristische Stellen: „Wollen hochgeneigtest belieben, von diesem Schreiben Kenntnis zu nehmen, durch welches ich mich Ihnen vorzu stellen mir erlaube als eine Angehörige der Familie Ihres Hohen Herrscherhauses, mit demselben Recht, welches di: mir anverwandtc Fürstenfamilie von Schleswig-Holstein in Anspruch nimmt. Und zwar bin ich durch das Gluck bislang nicht so weil begünstigt worden, als zu den fürstlichen Familien zugerecbnet zu werden, weshalb ich mir erlaube, Ihnen meine Ansprüche hiermit darzulegen. Und zwar muß ich, um kies zu tun, tief zurück in die Vergangenheit gehen, bis in das Jahr 58 vor Christi Geburt, da der gewaltige Cäsar die Helvetier besiegte durch seine unwiderstehlichen Legionen, das tapfere Volk der Schweizer, welches sich ihm entgegen stellte bei seinem Einbruch in Gallien, einer sogenannten Pro vinz des Römischen Reiches, die schon vor ihm die Macht Roms zu fühlen bekommen hatte. Unv zwar war es der Süden Frank reichs, der in Kultur blühte, welcher den großen Cäsar zu einem neuen Leutezuge reizte. Betriebsame Menschen, voll häuslichen Fleißes, bewohnten die schönen Fluren des südlichen Frank reichs, und ihr Herrscher, der Herzog von Mayor-Domc, war ein Fürst, besten Zauberschloß auf einem hohen Dom kegel der Domgebirge der Auvergne gelegen, ganz angesülli war mit Goldschätzen, die den Bergen entflossen, darin die Burg gelegen war. Eilbote» benachrichtigten den friedliebenden Fürsten von dem drohenden Unheil, er ließ sein Eigentum ausladen und entfloh, unter Zurücklassung der leeren Wände seiner Burg und der Häuser seiner Untertanen, mit seiner Familie dem unabwendbaren Geschick der Beraubung und Vernichtung durch Cäsar ... In der Franche Comte wurde der befreundete Herzog der Franken, Ariovisl, besucht unk dieser kaufte dem Flüchtigen sein schönes triftenreiches Land ab für die Summe von 20 000 Silberlingen oder 60 000 Von diesem Verkauf der Auvergne schreibt sich der Titel „Herzog Feuilleton. Theater. Neue» Theater. Neu cinstudiert: Goethes „Götz von Berlichingen". Goethes „Götz" hatte neben dem „Wertber" seinen Tichterrukm begründet; ja man kann sagen, daß er Jahr zehnte lang von diesem Ruhm gezehrt hat; er konnte durch die nächsten reiferen Werke nicht vermehrt werden; ja zur Zeil der italienischen Reise war er in bedenklicher Weise ver- vunkelt; denn der Dichter erfuhr bei seiner Rückkehr, daß die erste Göschensche Gesamtausgabe seiner Werke wie Blei dagelegen und wenig Absatz gefunden hatte. Die dramatisierte „Geschichte Gottfrieds von Berlichingen", die ursprüng liche Fassung des Goctheschen Dramas, die übrigens erst im Todesjahr des Dichters gedruckt worden ist, sand nicht den Beifall Herderö; er meinte, Shakespeare habe seinen jungen Freund verdorben. Goethe aber ging bald ans Werk der Um arbeitung; „das Stück muß cingeschmolzen, von Schlacken gereinigt, mit neuem, edlerem Stoss versetzt und umgegosten werden, rann soll'ü wieder vor euch erscheinen" — so schrieb er an Herder. war die Umarbeitung vollendet; das Drama erschien in jener Gestalt der Buchausgabe, in welcher eS zum Gemeingut der Nation geworden ist. Jetzt, wo wir in der Lage sind, diese Gestalt mit der ersten Fassung zu vergleichen, müssen wir zwar aner- tennen, daß vieles Gewaltsame, Rohe und Ucverschwengliche, welches der Sturm- und Drangperiodc angehört, beseitigt, daß die Motivierung vieler Vorgänge verliest, die Jnscenie- rnug vereinfacht wurde, doco blieb ter Tceiicnwechsel immer iiocki bunl genug; eine Einbuße au dramatischer Kraft ist nicht zu vcrtenncn, manche schöne Scenen blieben fort. Vor allem aber wurde Adelheid sehr stiefmütterlich behandelt; der trasiiche Abschluß in ..Gottfried von Berlichingen" hatte etwas Grelles und Verletzendes; aber in „Götz ' geht Adelheid aus wie ein Licht und ist ihrer dramatischen Bedeutung fast ganz beraubt. Noch einmal wandte der Dichter seinem genialen Erstlingswerke seine Aufmerksamkeit zu; eS handelte sich im Jahre 1804 um eine Bübncnbearbeituna sür daS Weimarsche Theater. Es war die Zeit seines Zusammenarbeiten« mit Schiller, der ihm dabei mit Rat und Tat zur Hand ging; er hatte mebr theatralischen Instinkt als Goethe, mehr Sinn sür das Bühnenwirksame. In der Tat ist sein Einfluß un verkennbar, nicht blos im Zusammenraffen der einzelnen Scenen, sondern auch in vielen Zugeständnissen an die darstellende Kunst. Durch Zurückgreifen auf die ursprüngliche Skizze wurde der Charakter der Adelheid erst zu tragischer Be deutung erhoben; erst hier wurde Adelheid eine Rolle und zwar eine Glanzrolle. In dieser Gestalt wird nun Götz von Ber- lichingen gegenwärtig meistens gegeben und so sahen wir ibn auch gestern in einer fleißigen Einstudierung durch Herrn Hell- muth-Bräm über unsere Bühne gehen. Freilich es würden in die Weimarsche Bühneneinrichtung manche Scenen aus der Buchausgabe des Götz mit ausgenommen, so gleich im ersten Akt die Scene im Speisesaal deS bischöflichen Palais in Bamberg; ja es wurde sogar auf den Gottfried von Berli chingen zurückgegrissen, in der Todesscene der Adelheid, wo, nur wenige abgeichwächt, der grelle Abschluß mit der Erdrosse lung der Sünderin wiederkehrte. Auch blieben einzelne Scenen der Bühnenbearbeitung fort, wie im letzten Akt, vor dem Bauernaufstand die EinsübrnngSscene zwischen Götz. und Georg. Im Ganzen können alle Bearbeitungen dem Schau spiel den Charakter des Historienhaften und die Scenen- zersplitternng nicht nehmen, welche immer verhindern werden, daß der „Götz" so heimisch aus unstren Bühnen wird, wie die Scyillerschen Tragödien. Ucderdies dauerte gestern die Ausführung bis gegen V»12 Uhr — die Zettelangabr „nach 10 Ubr" war deshalb viel ungenauer, als dem Publikum unerwünscht sein kann, welches doch für die Abholung auS dem Theater seine Vorbereitungen treffen muß. Die Jnscenierung geriet gestern nicht in» Stocken; sie war bewegt und lebendig; die Enkemblescenen, die Tafelscent, die Zigeuner- unk Kampfscenen, besonders die des Bauernaufstan des, hatten Leben und Bewegung, und gerade die weniger hervor tretenden Kräfte waren gut geschult und nirgends störte ein unge bildetes Sprechen. Die Titelrolle lag in den Händen de- Herrn Brunow, der die Treuherzigkeit und daS warme Ge müt des biedern Ritters, besonders in der Scene mit Weis ungen, Maria, Georg und Sickingen, in den Kraftstellen aber, wo der Ritter mit dem eisernen Arm dreinschlägt, mit seinem machtvollen Organ durchgreifend zu voller Geltung brachte. Der Weisungen deS Herrn Volkner gab dem schwankenden Charakter etwas Sympathisches und Liebenswürdiges und spielte die Sterbescene vortrefflich; edel und ritterlich war der Sickingen des Herrn Schuy, wildkräftig der Metzler deS Herrn Huth, frisch und kämpf- lustig der Lerse deS Herrn Hanse ler, eine gute Genrefigur der Hans von Selbitz des Herrn Zadeck, eine wirksame schwankartige Episode der Hauptmann des Herrn Demme. In der Tafelscene traten mit scharfen Umrissen der Bischof deS Herrn Pro ft, der Abt des Herrn Groß, der Liebetraut deS Herrn Heine und der OleariuS des Herrn Normann hervor. Der Bruder Martin des Herrn Walter ließ die weltgeschichtliche Be deutung dieser episodischen Figur in seiner Darstellung vor nehmlich hervortreten, wild und leidenschaftlich war der Franz des Herrn Hahn, von jugendlicher Frische und Kampfeslust der Georg des Frl Wüst. Die Adelheid deS Frl. NolewSka war die Salonschlange deS Priesterhofs, geistig überlegen, gewissenlos, verführe risch; in der Scene der Gespensterangst, wo sie den Boten der heimlichen Vehme heranschleichen sieht, fehlen ihr nicht die tragischen Accente. Ihr Gegenbrld Marie, die Doppelbraut, wurde von Frl. Richter besonder« in der Scene mit Weisungen wirksam gespielt. Alle anderen Rollen, vom Kaiser (Herr Greiner) bis herab zum Knecht Faud (Herr Lieb rach), die Zigeunergruppe (Frau Kunysch- mann, Frl. Mancke, Frl. Valery), dem RatSdiener, dem Herr Bär winkel eine wirksame komische Färbung gab, die kaiserlichen .Kriegsführer und Krieger, die Ratsherren, die Bauern taten ihre Schuldigkeit. Wir können den langen Zettel nicht herunterkritisieren, doch auch dann würden wir an den Rand keine schlechten Zensuren schreiben. Die Vor stellung fand mit Recht lebhaften Beifall, die Hauptdarsteller wurden wiederholt hervorgerufen. RuäoU von dottschall. Kunst. 8 Eine AlelierauSstellung kunsthandwerklicher Arbeiten, welche unter ganz neuen Gesichtspunkten arrangiert werden soll, wird vom ö.—S. Oktober in Berlin in den Atelicr- räumen der Rcimannschen „Schülcrwerkstätten für Kleinplastik" statffinden. Die Ausstellung hat den Zweck, ein für künstlerische Tinge empfängliches Publikum einzuführen in das Verständnis für kunsthandwerkliches Schaffen. Im Gegensatz zu bisher üblichen KrinstgewerbeauSstellungen sollen daher nicht nur ausgeführte Stücke gezeigt werden, sondern das kunstgewerbliche Schaffensgebiet in allen Stadien vom ersten Entwurf und plastischen Modell bis zur Vollendung in echtem Material. Erläuternde Vorträge über die Entstehung deS Kunstwerkes und seine Technik, verbunden mit praktischen Demonstrationen, sollen die Ausführung dieser Absicht unter stützen. Zur Ausstellung gelangen: Entwürfe, Modelle und ausgcführte Stücke, hergestcllt von den Damen und Herren aus den Schüleratcliers, alsdann neuere, kunstgetverblichc Werke von Albert Reimann: Klcinplastik, Bronzen, Silber arbeiten, Zinngegenständc, Schmuck usw. Die auSgcführtcn Arbeiten werden teilweise in entsprechender Umgebung in intim eingerichteten Räumen vorgcführt, deren Mobiliar ebensalls aus den Ateliers hervorgegangen ist. Endlich werden auch die Resultate von Modellierversuckicn ausgestellt, welch« Kinder von Mitgliedern der Vereinigung „Tie Kunst im Leben de» Kindes" im Alter von 3—14 Jahren angefertigt haben. Tic Ausstellung wird täglich von 10—6 Uhr bei freiem Ein. tritr geöffnet sein. Auch der Zutritt zu den Vorträge» ist vollständig kostenlos. 4 Pie Taalecker Werkstätten stellen in Saalrck bei Köse» in der Zeit vom ö. bis einschNeßlich 14. Oktober eine vollständige Wod- nungS-Einrichtung vott sechs Zimmern und eine Reihe einzelner Möbel au-, die sämtlich unter der künstleriichen Leitung von Pro fessor Schultze-Naumburg entworsrn und ausgeführt sind. L. Eine Wohnstätte Goethe», nämlich das alte Jenaer Schloß, in welchem Goethe als Gast Carl Augusts längere Zeit gewohnt hat, wird jetzt niedergelegt werden, denn an die Stelle dieses Schlosses kommt die neue Jenaer
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