Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190409047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040904
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040904
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-04
- Monat1904-09
- Jahr1904
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1904
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
BkzugS-Preis t« der Hauptrxpediiio« oder deren AuSgabe- slellen abgeholt: vierteljährlich ^4 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- -ckl 3.7b. Durch die Post bezogen Nir Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich ^l t.SO. für die übrigen Länder laut Zeitungsprri-Iiste. Diese Nummer kostet auf allen Bahnhüfeu und III I bet den ZeitungS-Berkäusern v f - Nebakttv» nnb Srpe-tttn«: Ib3 Fernsprecher 222 JohauniSgaffr 8. Filia leppedttton en: Alfred tzaho,Buchhandlg.,Universitätsstr.8 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr. 293Ü) u. KvnigS- platz 7 (Fernsprecher Nr. 7bOb). Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt INr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzgl.Bahr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernjprecherAintVI Nr.4603). WpMcr Tageblatt Anzeiger. Amtsölalt -es Königliche« Land- und des Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Aolizeiamlcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25^. Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gespalten) 7Ü nach den Iomilteanach- richten lv gespalten) bO >4. Dabrllartscher und Zissernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lfsrrtenannahme 2ü «nuahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Srtra»vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung ^l 60.—, mit Postbrsbrderung ^4 70.—. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Paiz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Kltnkhardt). Nr. 451. Vas Wichtigste vom rage. * Das Kaiserpaar ist gestern abend Vs7 Uhr in Altona cingetroffen. Graf Bülow war bereits vor- her angekommen. * Die Nachricht von Leutweins Rücktritt und seiner Ersetzung durch Generalkonsul v. Lindeauist wird jetzt offiziös dementiert. (S. Dtsch. Reich.) * Der 16. DeutscheHeuerwehrtagist gestern in Main- eröffnet worden. * In Nantes sind Sonnabend die Bäcker in den Ausstand getreten. ' Ter Hafenarbeiter-Aus st andinMar- seille greift auch auf andere Branchen über. (S. Ausland.) * Kuropatkin soll von Mukden abgeschnitten und ge- zwungen sein, auf chinesisches Gebiet überzu- treten. (S. Russ.-fap. Krieg.) Wochenschau. Die Woche der großen Herb st Parade, das große militärische Schauspiel auf dem Tempelhoser Held, in zweiter prächtiger Auflage bereits vorbereitet für Altona. Ter Kaiser, umgeben von Bundesfürsten, Prinzen der regierenden Häuser und hohen Militärs, hielt die Heer» schau ab — für den Beobachter der Woche auch in diesem Jahre nicht nur ein glänzendes Paradestiick voll Glanz und leuchtender Warben, sondern der Erweis von der un- erschütterlichen Rcichsidee, die sich in ihrer stärksten Horm, der militärischen Zusammengehörigkeit aller Reichskontingente dokumentiert. Wenn Sachsens Thron erbe, die Groscherzöge von Mecklenburg, Hessen und Sachsen, die Herrscher Koburgs und Hohenzollerns ge rade zum Paradetage nach Berlin eilen, um als Gäste des obersten Kriegsherrn des Reiches der Heerschau ein be sonders feierliches Gepräge zu verleihen, so ist das mehr als eine höfische Aufmerksamkeit, dies bedeutet auch mehr als ein „Parterre von Königen" — es ist der Ausdruck des Zusammengehörigkeitsgefühles aller deutschen Stämme, sobald die Waffen erhoben werden, und jedes Heldlager, jede Heerschau im Hrieden ist doch ein Abbild des Krieges und seines furchtbaren Ernstes. Wenn daher der Jubel der Menge den Kaiser und seine fürstlichen Gäste wogend umbrauste, so war das mehr als der Grus; einer schaulustigen Masse, er bedeutete den Ausdruck stolzer Hreude auf den Monarchen, der es versteht, das Band zwischen sich und den Bundesfürsten durch Herzlichkeit und Treue in guten und bösen Tagen eng und unauf löslich zu schlingen. DaS ist aber ein politisches Moment, das die Parade und alle militärischen Glanzstücke in den Schatten stellt. Auch die fremden Militärs ritten natürlich in der Suite des Kaisers, und eS muß konstatiert werden, daß mit besonderem Jubel der japanische Ober st- leutnant begrüßt wurde, als er aus dem Tore der Gardedragonerkascrne hinausritt aufs Tempelhofer Held. Man wußte, im fernen Osten rangen eine halbe Million Streiter beiLiaujang nun schon vier Tage um den blutigen Lorbeer, und mag auch die Sympathie der offiziellen und politisch geschulten deutschen .Kreise den Russen gehören, mag Ruß lands Trauer Deutschlands Trauer sein — dem japanischen Attache klang der brausende Ruf der Menge in den Straßen Berlins als Ausdruck der Be wunderung für sein unerschrockenes und tapferes Volk. Und kaum war der Kaiser an der Spitze -er Hahnenkompagnie zur Residenz zurückgeritten, kaum waren die Straßen frei vom Gedränge der Schau lustigen, so gellten die Stimmen der Camelots durch die Stadt, um den Sieg der Japaner zu melden, den blutigen Sieg von Liaujang, der mit Opfern erkauft werden mußte, die an die Tage von Mars-la-Tour und Grave- lotte erinnern. Noch fehlt die amtliche Bestätigung des japanischen Sieges und des Rückzuges der Russen, aber die Holge der Drahtungen, die von London und Tokio kommen, lassen kaum noch einen Zweifel darüber bestehen, daß bei dem großen Entscheidungskampf der ersten Etappe das Zünglein der Mage sich auf die japanische Seite neigte. Das bedeutet aber nicht nur die verlorene Bataille für Kuropatkin, sondern eine moralische Depression für die russischen Divisionen, die seit Monaten in die Striche des fernsten Ostens geführt werden. Aber die japanischen Divisionen werden trotz der tiefen Wunden, trotz der schweren Verluste nach dem Siege von Liaujang im Doll- gefühle stehen und weiter fechten. Dieses gewaltige Agens, dieses Hochgefühl aber bedeutet für eine Armee mehr denn Divisionen und Kanonen. Liaujang soll nun ja panisches .Hauptguartier werden, denn Kuropatkin ist nach den letzten Meldungen von M u k d en gänzlich ab geschnitten und im Rückzüge nach Westen auf chinesisches, also neutrales Gebiet begriffen. Ob aber nach die sem Erfolge der Japaner, Kuropatkin, dcsicn Rubin einst von allen Posaunen geblasen ward, und dessen Be gabung in den letzten Wochen allerlei „berufene" Bekritte Sonntag den 4. September 1904. 98. Jahrgang. lungen und Zweifel erfuhr, derselbe Kuropatkin, der einem fidelen Großfürsten zu einer winterlichen Dille- giatur am Weißen Meere verhalf, noch als Generalissi mus weiter die russischen Pläne entwerfen und vorläufig mißraten lassen muß oder ob man auch ihm den Strick der Untersuchungskommtssion um den Hals wirft, wie dem Hürsten Uchtomski, dem man das Unglück der Port Arthur-Hlotte als Schuld aufbürden möchte, ist abzuwarten, an gutem Willen alter Hreunde in Petersburg und beförderungswütiger Kame raden wird es nicht fehlen. Hraqt sich, ob der Zar da- für zu haben ist, dem man natürlich die „gänzliche Unfähigkeit" Kuropatkins gebührend schildern wird, „der das ganze Unglück angerichtet'. Ob man aber Väter chen auch von den dreihundert Kanonen erzählt, die aus Versehen im Arsenal stehen blieben, statt nach Ostasien zu rollen? Solche Kanonenstücklein sind in Rußland nichts Unmögliches und Ungewöhnliches und kein Mensch hat sich nach der Meinung der glücklichen Moskowiter darum zu kümmern. Herr von Körber ist in dieser Woche auf eine Inspektionsreise nach dem gelobten Lande des Polonis- mus gegangen, Herr von Körber, der sonst notge drungen, höchstens einmal sich zu einem Abstecher nach Ischl versteht, sonst aber jahrein, jahraus auf seinem Ministersessel beguemlich an der Donau saß — so lange nicht böse Buben eine Nadel in die Kissen dieses Ruhesitzes praktizierten, also daß die Excellenz mit jähem Schreck emporfuhr. Aber die braven Polen gehören nicht zu diesen Uebeltätern, sie sind bieder und harmlos und engelrein ist ihr Gefieder. Das weiß Herr von Körber: er weiß in ihnen seine treuen und unerschütterlichen Hreunde, wie Herr von Bülow sie in den Herren vom deutschen Zentrum besitzt. Nur daß diese Hrcundschaft so verwünscht hohe Spesen mit sich bringt, hüben wie drüben. Aber recht eigenartig muß es uns berühren, wenn wir als Bundesgenossen Oesterreichs dort dieselben Polen kajoliert und mit Gunst und Gnade überschüttet sehen, die innerhalb unserer Reichsgrenzen mit aller Macht und List dem Deutschtum das Wasser abgraben und in offenbarem Hinarbeiten auf bewaffneten Aufstand preußischer Untertanen in den Ostmarken eine geradezu hochverräterische Tätigkeit entwickeln. Hreilich, von diesem Ziele sind die polnischen Heißsporne noch weit ent fernt, zur Verwirklichung ihrer Ideen von der Supre matie des Polentums in der preußischen Ostmark gehört ein politisch machtloses und innerlich wie äußerlich zer- fallenes Deutschtum, wie es in Oesterreich dank der per fiden Politik deS Grafen Taaffe und seiner Nachfolger besteht. Leider kann man dieses österreichische Deutschtum nicht von der eigenen Schuld freisprechen — die ewigen Hecheleien und Zwistigkeiten in den deutschen Reihen, Hader und Unzuverlässigkeit haben es um einen großen Teil des alten Kredits gebracht, und jeder Verlust des Deutschtums ist -em Polentum zu gute gekommen, das sogar den Premier, den famosen Badeni, einmal stellen durfte. Das alles kümmert Herrn v. Korber nicht, er wird sich das galizische Musterland, das seiner Lage an der rus- sischenGrenze un- seiner militärischenWichtigkeitsomanche Million an blankem Zuschuß verdankt, dieses Paradies der Schlachta in Parade vorführen lassen, sehen, was er sehen soll, die Ohren mit Wachs verstopfen gegen die lästigen deutschen und ruthenischen Querulanten, einige vorzügliche Diners mit den Schlachzizen erleben — die sarmatische Gastlichkeit wird zu ihrem Rechte kommen und der beglückte Herr von Körber wird als Gastgeschenk einige neue Konzessionen an die polnischen Hreunde zurücklassen. In Galizien aber wird nach alter Weise weiterregiert, man läßt sich die Reichstreue an der russischen Grenze auch ferner brav bezahlen, tritt das deutsche und ruthenische „Hundeblut" weiter mit Hüßen, katzbuckelt in der Wiener Hofburg und ist Herr im Hause — alles das unter hoher und höchster Approbation. Nur fürchten wir, Herr von Körber wird demnächst auch nach Prag reisen und sich dort den Tisch decken lassen müssen. Der Bruder Tschech aber ist nicht von jener sarmatischen Liebenswürdigkeit, die sogar an deutschen Hürstenhöfen so entzückte, die einem Admiralski so wohl anstand, er ist täppisch-dreist, unver froren irnd wird mit dem Ministerpräsidenten mit den, deutschen Namen wenig Hederlesens machen. Mit den Deutschen aber hat Herr von Körber das Tischtuch wieder zerschnitten seit seiner Reise nach Lemberg und Krakau: die Nuthenen haben ihm ihre Meinung bereits gesagt — also das Hazit dieses politischen Exkurses ist nicht sonder- lich glänzend für Herrn von Körber. Aber diese galizische Reise beweist wieder die Wahrheit unserer Annahme, daß man auch in Zukunft in Wien weit davon entfernt sein wird, mit den deutschen Parteien zu regieren. Das Heft werden die Slawen in der Hand behalten. Höchstens, uni sie vor allzu großer Begehrlichkeit zu bewahren, wird man hin und wieder den lieben Deutschen auS der Versenkung auftauchen lassen und ihn ostentativ Herzen und streicheln. Herr von Mirbach, der bekanntlich erkrankt sein soll, ist trotz allem Oberhofmeister geblieben, nur das Siegel des KabincttssekretärS und die Schatulle Ihrer Majestät ist dem vrelgewandten Herrn genommen, wie di« ..Norddeutsche" sichtlich verschämt in einer versteck ten Notiz mitteilte. Das System Mirbach, das Reich Gottes auf Erden zu bauen, scheint demnach die aller höchste Approbation nicht gefunden zu haben. Den klang vollen Titel eines Obcrhofmeisters gönnen wir ihm gern, nachdem das System Mirbach, das wir bekämpfen muß ten. so kläglich Schiffbruch gelitten — ebenso wie wir uns Schutz vor der Wiederkehr einer Mirbachiade erflehen. I' Der lurrstcki-japanirc-e Weg. LiauHang, ein russische» Se-an. In den Tagen, wo wir bei uns die 34. Wiederkehr des Tages von Sedan feiern, fällt im fernen Osten die Entscheidung über einen wichtigen Abschnitt des rus sisch-japanischen Krieges unter Umständen, die lebhaft ans die Situation am 1. September 1870 erinnern. Hier wie dort stehen sich zum erstenmal die Streiter in einer Anzahl Auge in Auge gegenüber, wie noch nie seit Beginn des Feldzuges, hier wie dort handelt es sich nominell um -en Besitz eines kleinen, vorher wenig be kannten Ortes, der aber in strategischer Hinsicht von höchster Bedeutung ist, denn sein Besitz ist entscheidend für die Frage, ob der unvermeidlich gewordene Rück zug auf den großen befestigten Stützpunkt möglich ist oder ob der Uebenritt des zurücllveichenden Heeres auf neutrales Gebiet erfolgen muß. In diesem letzten Punkt ergibt sich freilich auch ein bemerkens werter Unterschied. Belgien, auf dessen Gebiet das bei Sedan geschlagene französische Heer zum Teil übertreten mußte, war imstande und auch ehrlich gewillt, die Pflichten der Neutralität zu erfüllen, d. h. die über seine Grenze gekommenen Franzosen zu entwaffnen und am weiteren Kampfe zu verhindern, im gegenwärtigen Halle liegt die Sache anders. Weder darf man China ohne weiteres trauen, daß es die wiederholt abgegebenen Ver- sicherungen strikter Neutralität auch in die Tat umsetzen werde, noch kann man glatt voraussetzen, daß es onch im stande dazu ist. Eine Masse von so und so viel tausend russischer Soldaten ist durch Militär von der Qualität des chinesifchen nicht leicht in Schach zu halten, und selbst wenn 'Lhina Versuche dazu macht, io könnte bei der hoch gradigen Spannung im Osten fein Verhalten doch leicht als „nicht ausreichend" bezeichnet und von bisher vom Kriege nicht Beteiligten, in erster Linie von Eng- land, als Vorwand zum Eingreifen benutzt werden. Würde sich dies aber offiziell auf Japans Seite schlagen und damit als zweiter Gegner Rußlands auf treten, so würde damit ohne weiteres die russisch-franzö sische Allianz in Wirksamkeit treten und Frankreich als kriegführende Macht ebenfalls auf dem Plane erscheinen. Aus diesem Grunde wird man das Verhalten Chinas nicht allein mit gespanntem Interesse, sondern auch mit begründeter Besorgnis betrachten. Die kriegerische Lage :m Augenblick wird durch folgende Telegramme gekenn zeichnet: Der japanische Marschall Oyama meldet, daß der dem linken Flügel und dem Zentrum der javanischen Armee gegenüberstehende Feind am 2. September den Rückzug auf das rechte Ufer des Taitseflusses fortsetzte, mit Ausnahme eines Teils, der die vom Süden nach Nordwesten von Liaujang sich hinziehenden Vertei digungswerke und Höben nordöstlich von Mutehang be setzt hält. Die japanischen Armeen setzten den Anariff fort. Ter rechte Flügel der Japaner besetzte am 2. Sep tember früh einen Teil der Höhen westlich von .Haining- tai. Oyama meldet ferner, daß am 3. September 9 Uhr vormittags ein Ueberrest des zurückgeworfenen feind lichen Heeres außerhalb von Liaujang immer noch einigen Widerstand leistet. Das Zentrum und der linke Flügel der japanischen Armeen greifen ihn an. Während in dieser Meldung, wie überhaupt in den japanischen, die Absicht unverkennbar ist, sich über die Situation mit Vorsicht und Zurückhaltung zu äußern, um unangenehm wirkenden Dementis vorzubeugen, sagt eine Londoner Meldung des „B. T." direkt: Die japanische Besetzung von Liau- jang ist noch nicht erfolgt, aber unauf haltbar. Kuropatkin ist von Mukden abgeschnitten und von der direkten Straße abge- dränqt. Er ist im Rückzüge in westlicher Richtung auf chinesisches Gebiet zu be griffen. Gerade diese Meldung, an der zu zweifeln man keinen Anlaß hat. läßt die Aehnlichkeit der Situation mit der von Sedan besonders augenfällig erscheinen. Wir in Deutschland sehen den japanischen Erfolgen mit ge mischten Gefühlen zu. Zweifellos liegt ein für die Russen günstiger Ausgang des Krieges weit mehr in un- sercm Interesse, al? ein schließlicher Sieg der Japaner, aber in einer Beziehung bietet die erfolgreiche Strategie der Japaner auch für uns etwas Erfreuliches: sic ist die praktische Probe auf unser deutsches Militärsystem: denn in dem stetigen, nach lianz bestimmten festen Planen er- folgenden Vorrucken des japanischen Heere? offenbart sich klar und deutlich der Geist des großen deutschen Feld- Herrn, der in sieben Sprachen zu schweigen verstand. Deutsches Deich. * Letpffs, 3. September. * Zum Thema van »cr strafprozessualen Behandlung her Ausländer wird unS von geschätzter juristischer Seit« geschrieben: Die in der gestrigen Abendnummer deS »Leipziger Tageblattes" zu dem Falle des in Haft ge- iiommenen russischen Studenten gemachten A»s- fülnungeu sind nicht ganz zutreffend und geeignet, eine gewisse Beunruhigung der in Deutschland lebenden Aus länder herbetzuführen. Di« Ausländerqualität giebt viel mehr nicht schlechthin einen Haftgrund ab, sondern nur wenn hinzukommt, daß „gegründeter Zweifel besteht, daß er sich auf Ladung vor Gericht nicht stellen und dem Urteile Folge leisten 112 Abs. 2 Ztff. 3 der Strafprozeßordnung). M Diese Vermutung wird bei einem Studenten, der Ausländer ist, wie Sie auch ausführen, in den meisten Fällen ohne weiteres versiegen. Seines Bleibens im In- lande ist so wie so nicht lange und seine Abreise sehr schnell bewerkstelligt. In allen Fällen aber, wo der Ausländer hier ansässig ist, Familie hier hat oder sonstwie enger an das Inland gefesselt ist, ist seine Stellung kaum eine andere als die deS Inländers. „Daß begründeter Zweifel besteht, daß er u. s. w.", muß im Haftbefehl ausdrücklich festgestelll werden und es kommen fortgesetzt Fälle vor, in denen der Richter den Erlaß eines Haftbefehls ab lehnt, weil er jene zu Unguusten des Ausländers sprechende Vermutung für nicht vorliegend erachtet. Es ist m. E. also auch nicht der ge ringste Anlaß, die gefetzlichen Bestimmungen für unzu reichend oder unzutreffend zu halten, was man vielleicht doch tun könnte, wenn Ausländerqualität schlechthin einen Hastgrunv bildete." * Die Iung-Nationalliberalen und die „Leipz. Volks- zeitung". Da der Berichterstatter des Leipziger sozial- demokratischen Organs zu der heutigen vertraulichen Ver sammlung der Vertreter des ReichsverbandeS der Vereine der nationalliberalen Jugend im hiesigen Künstlerbause nicht zugelassen wurde, wie übrigens alle nicht ausdrück lich geladenen Preßvertreter, so schimpft daS Blatt in unglaublich roher Weise. Es geht dabei von der Voraussetzung aus, „daß in diefen nichtöffentlichen Sitzungen nicht etwa persönliche oder finanzielle Ver hältnisse des Vereins beraten werden, bei denen der Aus- schluß der Oeffentlichkeit schließlich noch entschuldbar wäre", sondern es kämen sehr wichtige prinzipielle Fragen, wie das Schulkompromiß zur Beratung. Diese Voraussetzung ist falsch, und die „Volkszeitung" hätte das auch ohne große Mühe erfahren können. Heute, in der nichtöffentlichen Versamm lung, werden nur interne Angelegenheiten besprochen, für welche das Blatt selbst den Ausschluß der Öffentlich keit für „entschuldbar" hält. Die Schulfrage und andere politische Fragen kommen dagegen morgen in öffent licher Verhandlung zur Sprache. Wir betrachten diese kleine Feststellung übrigens nur als Beitrag zu dem Thema von unserer Sozialdemokratie als Kulturträgerin. * Berlin, 3. September. * Lcutwcin bleibt doch. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt; Die schon früher und in den letzten Tagen abermals durch die Blätter gegangenen Angaben über die bevorstehende Ab berufung des Gouverneurs von Südwestafrika, Leut wein, und seine Ersetzung durch den Generalkonsul von Kapstadt, v. Lindequrst, entbehren jeder Be gründung. * Sozialdemokratische Beschuldigung. Der „Vorwärts" schleudert folgende Beschuldigung gegen den preußischen Staat und die Hamburg-Amerika-Linie: „Der preußische Staat gibt sich dazu her, arme Russen, die Deutschland passieren wollen, um ins Ausland zu reisen, gleichsam gefangen nehmen zu lassen und sie bei Androhung der Auslieferung an Rußland so lange festzuhalten, bis sie an zwei deutsche Erwerbs gesellschaften in Gestalt von Zwischendecksplätzen nach Amerika, auch wenn sie gar nicht nach Amerika wollen, bis sie an die Ballinsche Hamburg-Amerikanische Packetsabrt-Gesellschaft und an den Wigand- schen Norddeutschen Lloyd ihr Lösegeld entrichtet haben!" Es handelt sich hier um einen konkreten Fall, nicht um den allgemeinen, von der Sozialdemokratie erhobenen Vorwurf, Deutschland besorge Schergendienste für Rußland. Die Beschuldigung der Ausbeulung solcher beklagenswerter russischer Auswanderer würden Hamburg-Amerika-Linie und Lloyd nicht lange auf sich sitzen lassen; der weiteren An schuldigung, der preußische Staat leiste dazu den genannten Schiffahrts-Gesellschaften hülsreiche Hand, müßte ebenfalls schleunigst der Boden entzogen werden. * Der brutsche Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke hält in Erfurt am 8. und S. September sein* Jahresversammlung ab. Auf der Tagesordnung der Haupt versammlung stehen »Wei Themata, welche auf allgemeines Interesse rechnen dürfen: Der Flaschenbierhandel — ein Thema, welches vom allgemeinen und Volkswirtschaft lichen Standpunkt aus von vr. jur. Esche-DreS- den und vom medizinischen Standpunkt aus von Geh. Med.-Rat Professor vr. Fränkel-Halle behan delt werden wird — Die Alkoholfrage und die höhere Schule, worüber daS Referat ein Pädagoge, vr. Hartmann, Professor am König Albert-Gymnasium in Leipzig, und ein Mediziner, Privatdozent vr. pbil. et meä. Weygandt-Würzburg, übernommen haben. Bei der großen öffentlichen Versammlung am abend deS 8. September werden kurze Ansprachen halten: SenatSpräsidentvr. v. Strauß und Torney-Berlin, Regierungsrat IohanneS-Erfurt, Sup. Vr. Baerwinkel-Erfurt, Frau Oberstabsarzt Steinhausen- Hannover, Geh. Medizinalrat Professor vr. Fränkel-Halle Stadtrat Kappelmann - Erfurt und Rektor Krüll-Erfurt. — Die Teilnahme wird stark werden. Außer zahlreichen Mit gliedern aus allen Teilen Deutschlands, welch^ sich bereits angemcldet haben, haben ihre offizielle Beteiligung durch Entsendung von Vertretern bis jetzt in Aussicht ge stellt: Da« Reichsamt des Innern, da« preußische Kultus ministerium , daS preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten* das großderzogl. sächsische Staatsministerium in Weimar, das braunschweigische StaatSministerium in Braun schweig, da» sächsische StaalSministermm iu Gotha, der Senat m Brenien, außerdem verschiedene Behörden au« Erfurt und der weiteren Umgebung von Erfurt, weiterbin eine Reihe von befreundeten und verwandten Vereinen und Organ:- sationen. * Wilhelmshaven, 3. September. An Stelle von rm Wahlkreise Nüstringen-Lldenbura der -L-ozraldsmokrat Burhave «wählt. Im nrurn old«.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode