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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-04-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189104200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910420
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910420
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-04
- Tag1891-04-20
- Monat1891-04
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1891
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1. KkilM !» KtzsWl WM Md AlMl M. 110, MMG Ki 20. Astil 1801. „Martha Reimers". Noma» »o» F. lkltuck-Lütettburg. MichkruS veeSotM. (Fortsetzung.) Xll. Martha hatte den Galten mit Ungekuld erwartet. Er War länger geblieben als sie gedarbt, und al- er dann cndlick eiatrat, erschrak sie über sein Aussehen Da» war geschehen? In ihrem Gesicht spiegelte sich die große HcrrcnSaugst wider, von welcher sie sich bei seinem Anblick ergriffen suhlte Für Friedrich war dieser Ausdruck ein Selbstvorwurs, mein noch di« unterdrückte Frage, welche auf ihren Lippen geschwebt. Eie fürchtete offenbar seine wiedcrrrwachte Eifersucht. DaS schmerzte ihn. »Kannst Du so wenig versessen. Martba?" Da leuchtete e» in ihren Augen auf. Eie legte ihren Arm in deu d«S Gatten und führte ibn an den Tisch, wo sie für sich und ihn da» Abendessen bereitet hatte. In heiterem Gespräch verbrachten sie die Stunden. Die junge Frau hatte bald ihre Angst und Besorgnisse überwunden. Der argwöhnischste Blick konnte an ihm nicht- Besondere- ent decken. Friedrich erschien sogar lebhafter al- seit langer Zeit. DaSEssen schmeckte ihm, Mariba dachte, daß ihre Besürchiungen, die sie in der letzte« Zeit in Bezug auf seine Gesundheit gehegt, übertrieben sein möchten. In der Nacht aber waren die dunklen, unheimlichen Bilder, die der Anblick der geliebten Frau verscheucht, wieder gekommen und hatten seine Befürchtungen, daß Ian Dirk nicht in einem Delirium gesprochen, bi- zur Oual gesteigert. ES war ihm gelungen, seine Gedanken zu regeln, zu ordnen. Mit festem Blick schaute er in die Vergangenheit zurück, forschte, prüfte, verglich. Längst vergessene Worte und Handlungen de- Vaterö tauchten auS dem Dunkel ans und erhielten eine Bedeutung, die er ihnen, ohne Ian Dirk - Mittheilungen, nie mals gegeben haben würde. Kein Schlummer kam in seine Augen, kein seliger Augenblick de- Vergessen-, und als der Morgen tagte, waren seine Befürchtungen zur furchtbaren Gewißheit geworden. Damit war da- Urtheil auch über sein Glück gesprochen, e» l«g zerstört im Staube. Er, der Sohn eine- Mörder-, eine- Brandstifter-! Und Martha hatte eS gewußt. Sie hatte ibn nicht darum verdammt. Im Gcgcntheil! Ihr großmüthigeS Her» neigte sich ibm in Mitleid und Erbarmen zu. Wie ein furchtbare- Gespenst stieg der Gedanke an jene Nacht, in welcher ibm das selige Bewußtsein eine- unzer störbaren Glücke- gekommen war, vor seiner Seele auf. Er sah sie im Geiste vor sich, wir ihr Blick so warm auf ihm ruhte, wie ihre Hand da- Haar von seiner Stirn zurück- aestrichen und liebkosend die Wange berührt. Nicht Liebe — Mitleid und Erbarmen hatten all ihre Schritte geleitet, bi» znm heutigen Tage. Sie war ohne Zweifel eine tapfer«, mutbige Frau, ihren Jahren vorangceilt, sie hatte ein große», etclinüthigeS Herz voll Liebe für — die ganze Welt, für alle Armen und Un glücklichen. Zu diesen zählte auch er, in welch hohem Grade, konnte sie besser al- irgend ein anderer Mensch in der Welt beurtheilen. Friedrich hatte sich von seinem Lager erhoben und rasch LNgekleidet Er wußte nicht, ob er im Stande sein werde, am heutigen Morgen seine Stimmung so gut zu verbergen wie am vorhergehenden Abend, und er wollte prägen auS- weichen, dir er nicht würde beantworten können. Ebe er das Schlafzimmer verließ, warf er noch einen Blick auf seine ruhig schlummernde junge Frau. Dir ersten Sonnenstrahlen brachen gerade durch die dunklen Lorhänge und verbreiteten em rosige» Licht in dem Gemache. Martha erschien ihm schöner al» je zuvor, aber er bemerkte auch einen schmerzlichen Zug um den Mund, der zu dem jungen Gesicht nicht passen wollte. Auch blaß war sie, nickt seit gestern und heute, sondern seit vielen Tagen und Wochen. Sie hatte gelitten, wie sehr, wußte er erst heute. Seufzend wandte er sich ab, um da- Gemach zu verlassen. Draußen stand er einige Augenblicke, wie um sich zu besinnen. E» war seltsam, daß er beute eine All- tag-arbeit unternehmen sollte. Warum? Wofür? Sein Leben hatte jeden Zweck verloren. Der Gedanke, daß eS so weiter geführt werden konnte, war ibm nickt gekommen. Er, ein Fluchbeladener, an der Seite Martha'S, die unab lässig bemüht sein würde, ihm da- Furchtbare vergessen zu mache». Im Maschinenraum empfing ihn ein Arbeiter mit der Nachricht, daß Ian Dirk in der Nacht gestorben sei. Ein Herzschlag habe seinem Leben ein Ende gemacht, er müsse einen sehr ruhigen Tod gehabt haben und mache den Ein druck, daß ihm nie im Leben so wohl gewesen sei. Friedrich »ahm die Nachricht mit großer Gleichgiltigkeit auf. Der Tod hatte einem fruchtlosen Menschenleben ein Ende gemacht — weiter dachte er nicht-. Daß Ian Dirk ein furchtbare« Geheimniß mit in- Grab nehmen und Hilmar Heine in Zukunft vor jeder Entdeckung gesickert sein würde, fiel ibm nicht einmal ein. WaS hatte die- auch mit dem Wecksel zu tyun, der nun in seinem Leben stattsinden würde? Die heitere Stimmung de- Vater- berührte ihn qualvoll, sie war ihm nur eine Bestätigung, daß dieser Grund gebabt, den Tobten zu fürchten. Ein zorniaer, verächtlicher Blick aus den Augen de- Sohne» traf den Vater. Wie ein Blitz strahl hatte er gezündet. Ohne Zweifel, die junge Frau hatte ihr Wort gebrochen. „WaS hast Du? WaS ist Dir?" kam e» hastig und un überlegt über Hilmar Heine- Lippen, indem er in dem Be wußtsein feiner Unantastbarkeit den Soim mit einem boch- müthigen Blick von unten bis oben maß. „Hat Deine Frau Dir wieder " >. Er vollendete nicht. „Du wirst Martha nie mehr mit einem Worte beleidigen," unterbrach Friedrich den Vater in einem Ton, der diesen vorübergehend etwa» verwirrte. Dann aber — „Schürzenheld!" höhnte Hilmar Heine. Friedrich war todtenbleich geworden, nur mit Mühe be kämpfte er den aufstcizenden Grimm, hielt die heftigen Worte zurück, die ihm schon auf den Lippen schwebten. Nun aber fuhr Hilmar Heine fort, batte er doch mit dem Tode de» einzigen Zeugen jede Furcht verloren. »SchürzenHeld!" wiederholte er nock schärfer. „Du, ein solcher Schwächling, Dich von dieser Hinterlistigen Ereatur bethören zu lassen. 2» ist Alle» gelogen, wa» sie Dir gesagt Hai. Ich hab« mich beschwatzen lassen und den dummen Brief geschrieben, weil sie eS wollte und um meinem Bruder den reichen Schwiezersobn zu erbalten um de» lieben Frieden willen. Ich Tbor! Wer wird vou Hilmar Heine glauben, daß er einen Mord auf dem Gewissen bat? Da-Tuch aber hat Dirk in seiner trunkenen Wulb selbst um seinen HalS sich geschnürt. Das ist NcinierS'sche Art. Ihr Ehrenwort bat sie mir gegeben, nicklS über das Ganze zu sagen. Sieh zu, was sür Eine Du hast." Die Worte de» Vater- übten eine verbältnißmäßig sehr geringe Wirkung aus Friedrich auS, wohl weil sie ihm nur etwas bestätigten, daß er deck sckon als Gewißdcit anscken gelernt. Aber in Bezug ans Martba hatte er etwa- ersahrcn, da- aufregend ans ihn wirkte. Er wußte nun, warum sie geschwiegen, warum sie unverdienten Anschuldigungen gegen über keine Vertheidiaung gehabt, wenn ihm auch nicht Alles klar war und er nichts von einem Briefe wußte. „Martha bat mir nicktS gesaat," sagte er nach einigen Augenblicken äußerlich vollständig ruhig. Ein leises Schwanken der Stimme vorrietb indessen, daß diese Nube eine erkünstelte war. „WaS ick weiß, habe ich von Ian Dirk erfahren " Die Reibe des Erschreckens war an Hilmar Heine, er verfärbte sich, während sein Sobn sortsuhr: „Mir ist seit gestern Abend Viele» klar geworden. Dem Sohu steht da» Neckt nickt zu, über seinen Vater abzn- urtbcilcn, mit Ian Dirk ist vermutblick der einzige Mann gestorben, dessen Aussagen Tu zu sürcklen haltest. Ick wiederhole, daß meine Frau niemals ein Wort vou dem ge äußert, wa- Tu il>r zum Vorwurf machst, und wenn sie Dir ihr Ehrenwort verpfändet, so kannst Du übcrz-ugt sein, daß auch in Zukunft nicht ein Wort über ihre Lippen kommen wird, daß Dich beunruhigen könnte Wie Du mit Deinem Gewissen aber fertig wirst, ist — Deine Sacke." Hilmar Heine batte den Nest von lleberiegnng verloren. Zorn und Grimm gegen sich selbst, daß er ec> gewesen, der dem Sohne die Binde von den Augen genommen, über wältigten ibn förmlich. Was würden Ian Dirk - Aussagen, ohne die Bestätigung, die er ibnen durch seine eigenen Worte gegeben, gewesen sein? Mariba würde in der Thal nicht zur Verrätherin an ihm geworden sein. Sic würde aber auch jetzt noch das gegebene Wort halten. Wie ein Blitz durchzuckte ihn dieser letzte Gedanke und er knüpfte daran die wiedererwackte Hoffnung, der gesunkene Muth belebte sick. Wie batte er sich so leicht verloren geben können? Gewaltsam zwang er sich zur Nube. „Die versteckten Anschuldigungen, die in Deinen Worten liegen, brauche ich wohl nicht zu widerlegen versuchen. Ick bosfr, Du wirst nicht lange Zeit nötbig haben, um mit ^ir selbst klar zu werden, daß Du Dich schlecht genug al- cSohn benommen, indem Tu di« Aussagen eine- Ian Dirk Deinem Vater gegenüber zu einer Art von Anklage machen willst. E» ist weit gekommen durch den Einfluß Deiner Frau, und ich habe Grund, dir Stunde zu verfluchen, in welcher ich, von einer thörichten Schwäche ergriffen, in da- ReftuerS'sche Hau- ging, um sür Dich um die Tochter zu werben." Noch einmal wollte Friedrich eine heftige Entgegnung machen, doch bezwang er sich. Jedes Wort einer Vcr- lheidigliug seiner Fran würde zwecklos und überflüssig sein. Hier gab eS nur einen einzigen Au-weg. „Ich weiß, daß Martba Dir ein Dorn im Auge ist, daß eS zwischen Euch leinen Ausgleich giebt, obgleich sie redlich bemüht gewesen ist, ihn zu suchen. Wir lhun am besten, wenn wir unseren eigenen Weg geben. Ick bin ent- scklossen, von hier sortzuzieben, sobald eS, ohne großes Aus sehen zu machen, möglich ist." Hilmar Heine konnte ein leichte» Erschrecken nicht ver bergen, doch schon im nächsten Augenblick hatte er sich wieder beruhigt und fragte mit vernehmlichem Spott: „Dn fort? Und was wolltest Du beginnen? Buchbalter spielen?" „lieber diesen Punct habe ich noch nickt nachgcdacht, aber ich meine, für eine tüchtige Arbeitskraft finket sich überall Platz" „Denkst Du etwa, ich werde Dir einen Sack voll Geld mit auf die Reise geben?" „Ich habe noch nichts verlangt und werde auch nickt- von Dir verlangen. Ich bin alt genug, meinen Unterhalt zu suckcn. Wir beide kommen nie mehr überein. Am wenigsten vergebe ich Dir Deine Handlungsweise meiner Frau gegenüber." Damit halte Friedrich sich von seinem Vater abgcwendct und war gegangen, diesen in einer wahrhaft entsetzlichen Unruhe zurucklassend. Hilmar Heine kannte seinen Solm, er wußte, daß dieser nicht mit Worten spielte, er wußte aber auch, daß dessen Starrsinn, der Grnndzug de» friesischen EbarakterS, dem seinen in nicht» nackgab. Und indem er daran dachte, mochte seine Besorgnis!, daß Friedrich die aus gesprochene Absicht zur Durchführung bringen werde, wohl eine berechtigte sein. Wenn er es aber that — WaS sollte daran- werden? Hilmar Heine täuschte sich über den AuSgaug, den ein solcher Schritt Friedrichs mit sich bringen werde, in Bezug aus seine Person nicht im mindesten. Nach jeder Seite hin mußte eö sür ihn die schlimmsten Folgen nack sich ziehen. Friedrich erfreute sich einer allgemeinen Beliebtheit. Martha nicht minder, denn das Wirken der jungen Fran, in dem ihrer Obhut anvcrlrautcn Kreise, mußte sich Anerkennung erzwingen. E» war Jedermann bekannt, daß, seit Martha in daö Heine'sche Hau» ihren Einzug gehalten, kein Armer vergebens nm eine Gabe anklopftc, daß sic überall war, wo e» zn Helsen gab. So würde die ganze Schuld des Zerwürf nisse- aus Hilmar Heine fallen. Die sich an diese Ucbcr- zcugung knüpsenden Betrachtungen aber waren wenig ge eignet, seine Stimmung zu verbessern, und er brauchte lange Zeit, ehe es ihm gelang, zu einer ruhigeren Auffassung zu kommen. Endlich hatte er einer solchen Nanin geben müssen. Er war noch Herr im Hause, nock war Alle- sein. Friedrich bezog seit einer Reibe von Jahren von seinem Vater Gehalt, und c» ließ sich nicht leugnen, daß er diese Summen sich vielleicht vollständig erhalten haben würde, damit konnte er aber einen neuen, standesgemäßen Haushalt nicht beginnen. Andere Umstände würden ibm zu Hilfe kommen. Hier konnte er de- Beistandes der ReimcrS'schcn Familie gewiß sein, schlimmsten Falls aber würde da- Drohen mit einer Ent erbung nicht wirkungslos bleiben. Mehr und mehr gelang eS Hilmar, sich von dem gehabten Schrecken zu erholen, worin er nicht wenig durch den Ge danken an den Tod Ian Dirks unterstützt wurde. Jetzt erst fühlte er, wie schwer der Druck, den dieser Elende auf i bn au-geübt, auf ihm gelastet Obne Pie Eigene neue Tborheit, die er durck seine llcdereilnng dem Scbne gegenüber be gangen, würde er jetzt aller Sorgen ledig gcwcicn sein. Viel leicht ließ sich noch viel gut macken. Friedrich hatte bald nack seinem Zusammentreffen mit dem Vater da- Hau- verlassen, nachdem er noch zuvor mit Martba gesprochen und ihr den Ratb gegeben, den Nach mittag zu ihren Eltern zu geben, da er eine Tour über Land macken müsse, von welcher er vor dem Abend nickt zurück- kebren werde. Die junge Frau hatte in diesem Umstand nicht- Ungewölmlickes erblicken können, da ihr Gatte ost der artige geschäftliche Touren unternahm Ihrem aufmerksamen Blick war auck an Friedrich nickt» ausgefallen. Er machte den Eindruck völliger Frische, sein« Stimmung erschien ibr sogar eine bessere, al- sie dieselbe in letzter Zert bei ihm ge wohnt gewesen war. Frierrick war indessen nicht über Land gegangen, sondern batte einen Umweg gemacht, um von der andern Seite der Siadl den Deich zu erreichen. Derselbe war in dieser Jahres zeit, in welcker die Stürme vom Dollart herüberbrausten, wenig oder gar nickt begangen und er durfte überzeugt sein, auf dem Wege nach der Sckleuße keinem Menschen zu be gegnen. Daran aber lag ihm. TaS, wa- seit gestern an ibn herangetreten war, batte seine Kräfte überstiegen, er bedurfte der Rübe, de- Allein sein», um sick fassen und sammeln zu können. Der Schlag, der einen vollständigen Wecksel in seinem Leben hcrvorruscn würde, war so unvorbereitet gekommen, daß er sich nur schwer zurecktsinden konnte, da er sick büten mußte, eine schwierige Lage durch unüberlegtes Vorwärt-gcbcn zu ver schlimmern. Da» Alleinsein übte eine überraschend wohlthätige Wirkung auf ibn au». Ter frische Nordwcst, welcker vom Wasser hcr- überdrauste, schic» deu Nebel zu zertbcilen, der seine Sinne gcsaugeü hielt. Er athmete freier und leichter, der Druck, welcher seil gestern aus ibm gelastet, wick mehr und mehr von ibm, er konnte ruhiger und objektiver urtbeilen. An eänem Puncte hielt er beharrlich fest, gerade an dem jenigen, von dem sein Vater erwartet, daß er seine Entstehung einer flüchtigen Eingebung verdanke. Er war entschlossen, da» Elternhaus und die Heimatk zu verlassen, ob mit oder ohne Martha würde von Umständen abhängig sein. Leicht dachte er sick die Durchführung feiner Absicht keineswegs. Er batte die Verpflichtung, nach Kräften jedes Aussehen, da- der von ihm beabsichtigte Schritt ohne Zweifel erregen würde, zu vernieiden, nickt nur um seine- Vater-, sondern auch um der Schwester willen. Zweifelhaft dünkte ihm auch, daß Martba » Eltern sick einverstanden erklären würden, ibre Tochter einen» ungewissen Schicksale entgezengeden zu lassen, während sic in der Vaterstadt eine glänzende Stellung ein nahm Endlich Martba selbst. DaS Blut sckoß ihm beiß in da- Gesicht, indem er an die Unterredung dachte, welche mit ibr ibm noch bcvorstand. Er selbst batte eine- Tage- sein Urtheil gefällt, damals, al» seine Abneigung gegen Folkmar Heine ibn verleitet, über den Sohn de- Mörder- ein ab fällige» Urtheil an-zusprecken. Al« er mit Einbruch der Dämmerung den Heimweg an trat, war sein Plan, so weit er selbst bestimmen konnte, vollständig entworfen, und er fühlte sich ruhiger, obgleich er wußte, daß ibm barte Kämpfe bevorstanden. Zunächst mußte er sich Martha'S versichern. Der Gedanke, wie sie sich zu der ganzen Angelegenheit stellen würde, verursachte ikm keine Besorgniß. desto lebhafter beschäftigte ibn aber die Frage, ob er berechtigt sei, sie an dem Kamps um da- Leben theilnchmen zu lassen. Sie selbst mußte entscheiden. Heimgekehrt zu ihr, >n dem freundlich und elegant ein gerichteten Gemache, dem sie immer noch einen besonder- an heimelnden Anstrich durch irgend einen Blumenschmuck zu geben wußte, legte c» sich wieder schwerer ans sein Herz und die Vorstellung von dem Wechsel der Verhältnisse beunrubigte ihn wieder mehr. Aber er war entschlossen, unentwegt vor wärts zu geben, seine Liebe zu Martba, der Wunsch, sie aus dieser Umgebung zu entfernen, ließ ihn in erster Linie einen Weg anbabncn, ter sür sie zuin Frieden sükren würde. „Martba, ich babc Dir sehr ernste Mittbeilnugen zu machen", begann er, nachdem die alte Magd da- Abendessen abgetragen. „Ich möchte Dich nicht beunruhigen, aber ich weiß kaum, wie beginnen. Unsere VermögenSvcrhältnisse haben eine Veränderung erfahren." Im erllen Augenblick, al- er begonnen, hatten ibre Züge einen ängstliche» Ausdruck angenommen, aber ebenso schnell erheiterten sie sick. „Wie Tu mich erschreckst, Friedrich! Al- ob da- etwa- so scbr Schlimmes wäre!" ries sie auS. „ES ist vielleicht schlimmer, al- Du denkst, Martba. Höre mich einige Augenblicke ruhig an. Würdest Du Dich sebr unglücklich fühlen, wenn wir die» Hau-, wohl gar die Stadt verlassen müßten?" Seine Worte beruhigten sie weit eher, als daß sie im Stande gewesen wären, sie aufzureaen. Mit einem Male glaubte sie klar zu sehen, warum Friedrich in der letzten Zeit so ganz ander- gewesen war. Er hatte Sorgen gebabt, während sie sich durck die Furcht bedrückt gefühlt, daß sie durch irgend etwa- seine Unzufriedenheit erregt. In ihrem Antlitze leuchtete eS auf. Sic erhob sich von ihrem Sitz und trat an ihn beran „Sorge Dick nickt um mich, Friedrich. Du brauchst Dich nicht zu fürchten, mir irgend eine unangenehme Mitlhcilung zu machen." Seine Miene erhellte sich nicht, ibre ganze Art und Weise erschwerte ikm nur die sick gestellte Ausgabe. Er fühlte sich wiederum dieser jnngen Frau gegenüber mit einer schweren Schuld belastet. Wie hatte er eines Tage- niedrig von ibr denken können? „WaS ick Dir sagen muß, weißt Du — Gott sei Dank! — selbst. Es würde mir auch unmöglich gewesen sein, Dir da» zn wiederholen, WaS Ian Dirk mir gestern Abend mit- getheilt." „O, Gott!" kam eS unwillkürlich von ihren Lippen, während sie erblaßte. Er wußte Alle» — da», WaS sie so lange gefürchtet, war geschehen. „Tu bast geschwiegen, als ich Dich falsch verdächtigte, Du wolltest mir einen Schmerz ersparen, darum vertbcitigtest Du Dich nickt," subr er fort. „Nun drückt mich die Schuld doppelt schwer. Ich weiß kaum, wo ansangcn, wo enden. Ich möchte Dir Vorwürfe machen, weil Du mir etwa- ver ¬ heimlicht, da- ich hätte wissen müssen, und doch — Du warst gebunden, Du Acrmste — durck Dein Ehrenwort." Sie zuckle zusammen, geistcrbaste Blässe bedeckte jetzt ibr Gesicht. Der Gedanke, daß Friedrich all daS Furchtbare wisse, da« sie gequält, erfüllte sie mit namenloser Angst. „Wer sagte Dir — Du kannst nicht wissen —" stammelte lt verwirrt. „Ich crsubr Alle- durck Ian Dirk" „Nur Ian Dirk!" Sie atbmete sicktlich erleichtert aus. „Du weißt, er war nickt zuverlässig, Dn kannst seinen Worten keinen Glauben schenken. Wer weiß, welche Fieber phantasien —" Sie errötbetc unwillkürlich, sie war zu lügen nicht gewohnt. Friedrich blickte sic bcinabr vorwurfsvoll an, so dankbar er auch ibre Absicht, ihn irre ru führen, anerkannte. „Ian Dirk ist tobt, Martba, Du weißt, daß er die Wadrbeit gesprochen. Wie kannst Du einem Todtra Böse nachreden?" „Ach, Friedrich, urtbcile nicht zu hart, wer weiß, wie Alle- gekommen ist. E» ist Dem Vater, er ist immer sehr beschäftigt, er ist jähzornig", erinnerte sie ängstlich. (Fortsetzung folgt.) Lüder und Sommkrfrischen. Ter Hainftrtn. Hock oben über der uralten Haupt- und Residenzstadt Eisenack, am Fuße der Wartburg, dem Stammsitze der ehemaligen Handgrasen von Thüringen, ist im Somme» Ib>!X) ein Bauwcrt geschaffen worden, welche», weil über die Gaue Thüringen» hinauöragend, im zuuzen deutschen Vaterland«, ja — man kann mit Reckt sagen, aus rem llonlinenie seine» Gleichen nicht finden dürfte. Herr Oe. A u g u st NoUner, ein Eisenacher wind, der langiährige üurarzt aus dem Seelioderge in der Schweiz, bat aus seinem, lö Minuten von der Stadt Eisenach herrlich gelegenen, 20 Morgen großen Wa.L- desitze nach dem Muster deS allbekannten AxenfieinS bei Luzern eine Pension»- und Curanstalt, „den Hainslein", schassen. In welch hervorragender Weise ihm die» mil Hilfe de« ckekannten Architckien Ferdinand Schorbach in Hannover (dem Erbauer de» Schlosse« Braunsc!» bei Wetzlar, der SolmSfchlößchenS Le» Fürsten Solm- in Baden-Baden, de» Schlosse» Hallberg de» Areiherrn von Stumm in Saarbrücken, der Billa de» Herzog» von Cumberland in Gmunden re.) gelungen ist, wird Jeder, der „den Hainslein" vorübergehend oder zu längerem Aufenthalte besucht, bezeugen können. In herrlicher Lage, «IO m über dem Meeresspiegel, aus felsigem Untergründe erbaut, bietet „der Hain- stein" bei gesunder, von Thalnedeln freier, krissliger Lust, vorzüg lichem reinen Qucllwasser au» dem Urgebtrge bei Ruhla (dem „Goldbrünnchen" von der Wasserleitung de» Großberzog« von Lachsen nach der Wartburg) den Ueberarbeiteten und Sommerfrtick>- lern der gebildeten und vornehmen Stünde bei recht müßigen Preisen ein überau- behagliche» Heim, welche» nicht uur zur gewShnlichen Reisezeit im Sommer, sondern schon beim ersten Erwachen de« Frühling« und in den spülen Herbsttagen recht stark besucht zu werden verdient. — Ter ganze große, herrliche Bau, der mit Centralheiznng versehen und durchweg init ö Bogen- und KOO Glüh lampen eleklriick beleuchtet ist, bietet einen Comsort, wie solchen die großen Hotel» in Berlin, Wien, Pari» und der Schweiz nicht auszuweisen haben. - t.'> Minuten von der Stadt Eisenach, 3OMin. vvin Babnhose zu Fuß zu erreichen, besteht „der Hainslein" au« dem 70 Zimmer mit etwa 100 Bellen enlballenden Curhause und dem Doctor- Haus«, welche beide Gebäude, im alldeutschen Stile erbaut und mil zahlreichen Erlern und Thürmchen versehen, durch eine tim breit« und -tO in lange, gut erwärmt» und elektrisch beleuchtete Wandel- bahn verbunden find. Die Zimmer vom Parterre bi» unter du» Lach sind durchweg vorzüglich und mit dem denkbar größten Lomsorl auegeslatlet, mit Glühlampen neben den Betten und in der Mille de« Raume« versehen, gut durch Eentralheizung erwärmt und nach den neuefien Forderungen der Hhgieine ventilirt. Die Preise der einzelnen Raume, die fast durchgängig mit Balconeu versehen sind und herrliche Aussicht auf die Wartburg oder Stadt und Thal ge währen, betragen im Parterre und im 8. Stockwerk 1,KO—LckO .^l pro Tag und Bett, während anspruch»vollere Gäste in der I. und II. Etage Zimmer mit großen Erkern und luLuriöserer Au-stattung zu entsprechend höheren Preisen finden. Fainilienwchnungen von 3—4 Zimmern und 4—b Belten, ruhig gelegen und mit besonderen Lorridoren versehen, kosten im 3. Stock?—>O^l, in I. und II. Etage >2—18 » täglich. Tie Verpflegung ist reichlich und gut und besteht au» Frühstück nach Schweizer Art (Kaffee, Thee ober Chocolade mit Butter, Brod, Honig u. s. w.), Mittagessen (b bi« t> Gange) und Abendbiod lzwei warme Gänge oder eine wanne und »ine kalte Platte mit Thee) und kostet für länger al- 8 Tage am dem Hainslein sich auffallende Gäste ü pro Tag. Tie Per- Wallung de« Haiusleinr ist eine vorzügliche, die Bedienung ausuierk- sam und gut geschult, und die Getränke sind reingeholten und sehr preiswert!,. Der vorzüglich ventüirte Speisesaal sür etwa >00 Per sonen bietet einen herrlichen Blick auf die gegenüberliegende alteln- würdige Wartburg mit ihren Zinnen und Thünnen. Ein Bade- zimmer befindet sich in jeder Etage und steht allen denjenigen Gaste», welche keine Cur gebrauchen, zur Verfügung. Auch Touristen und Passanten finden, soweit der Platz reicht, bei vorheriger rechtzeitiger Anmeldung freundliche Ausnahme und zahlen diese bei kurzem Be suche sür die einzelnen Mahlzeiten gegen die Pensionspreise etwa» erhöhte Beträge, während bei dreitägigem Aufenthalte ihnen gleick- fall» der PenuonSprci» (kpro Tag) errechnet wird. Der Hainslei» ist nicht, wie fälschlicherweise ost behauptet wird, eine Kaltwasser heilanstalt oder gar eine Minik sür Nervenkranke, sondern er bietet eben nur deujemgen Personen, welche ReeonvaleScenten oder der Erholung und Ruhe bedürftig sind, Gelegenheit, unter Leitung de» tüchtigen, vom SreliSberge her allbekannten Arzte- I)e. Kvllner bei der Neuzeit entsprechenden, vorzüglichen Badreinrichtunaen leicht ausführbare, diätetische, Wasser- und Terrainruren, Elektro- und Pneumalotderapie zu gebrauchen. Schreiber dieser Zeilen, der Len herrlichen Hainslcin zu jeder Iahre-zett besucht und sich dort fiel« außerordentlich wohl und behaglich gefühlt hat, kann au- eigener unparteiischer Anschauung diese aus dem Continent einzig dastehende Schöpfung de» Herrn I>r. Köllncr allen Gebildeten und für die Reize der Natur Empfänglichen al» wunderbar schönen und vcr- hältnißniäßig billigen Auscnlhalt für kurze und längere Zeitdauer aus da« Wärmste empsehlcn. L. Literatur. Da» jüngste, >0 Heft der beliebten reich illustrirten Familien- Zeitschrift „Universum" sDresden, Expedition de« Universum A. Hauschild) enthält folgende Beiträge: „Radu Gleva", ein Roman au« Rumänien von Marco Brociner; „Ateliergrhein.iiisse" von Adolf Feldmann, iklustrirt von A. Mandlick; „Der Teufel vom Sande", Novelle von Han- Hoffmann; „Bon unseren Land-Icuteu In Neu-Guinea" von K. L. Jung: „Osteriäutrn", Gedicht von A. Nicolai; „Nene- Leben im Lenze", Gedicht von Marlin Greist; „Die Sklaverei im Orient" von Georg Eber»; „Dombrowski,", Roman von Ernst Eckstein (Schluß); Rundschau, Mi«cellen, Räthsrl, Humoristische«. Von den Illuftratfoneii siud -I« ganz hervorraaend noch zu erwähnen: „Der verlorene Sohn" von Joseph Block (Lichtdruck); „Mutterglück" von Ed. Niczkv; .Lustige- Volk" von A. Lin«; „Der Wei«h»it»zahn" von L. Mczzo. Der Preit sür jedes Hest ist nur KO -H. Durch Gegenwtrtige« erlmida ich Mr, Sie «*f »et« feines Herrengarderobe-Maa^-Geschaft desvnder» aufmerkf«» »» »scheu. Mein GeschiWprinciP, nur gegen Baarzahlung zn arbeiten, ermöglicht e» mir, LU NvU INllißkiiitkN Id zu liefern, und tft die sortwüdrend steigende Vergrösserung meines Sunvenkrrtfe» wohl der beste vewei«, dass mein Prtncip überall Anklang gefunden dal. Mein sehr drdentende« und reich assvrttrtes Lager billiger al» anch feinerer Stosse setzt mich in den Stand. 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