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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-04-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193104201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19310420
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19310420
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1931
- Monat1931-04
- Tag1931-04-20
- Monat1931-04
- Jahr1931
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1931
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Milm MiMWM i» Mrtm-NM. vdz. Im Ktirten-Prozetz wurde am Sonnabend mitae- tettt, daß sich bet der Staatsanwaltschaft etn Mann gemeldet hat, der tm Alter von vter Jahren, etwa 18S2 oder 1898, von einem etwas größere« Junge« tu» Wasser gestoben, aber gerettet wurde. Damit sind auch die «euesteu Geständnisse des Düsseldorfer Massenmörders bereits teilweise bestätigt. Die Beweisaufnahme wurde dann zum grötzten Teil er ledigt. Zunächst wurde der Mordfall Dvrrler behandelt. Dörrler wurde von einem Arbeiter tn einer Blutlache auf gefunden. Sie lebte noch und stöhnte fürchterlich. Am rechten und linken Auge waren klaffende Wunden, baS Ge hirn lag zum Teil frei. Ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, ist die Dörrier im Krankenhaus ge storben. Weiter wurde der Fall Meurer erörtert. Die Zevgin Meurer bekundete, daß Kürten auf der Straste etn Gespräch mit ihr anknüpfte und sich über die bestehende Unsicherheit und die schlechte Beleuchtung mit ihr unterhielt. Kürten fragte die Zengin, ob sie denn keine Angst habe. Als sie ihn loswerdcn wollte, schlug Kürten auf sie ein, so -ast sie zu- fammenbrach. Die Zeugin fügte hinzu, Kürten habe zuerst einen guten Einbruch auf sie gemacht, so bah sie sich dacht«: bas ist ein netter Mensch, mit dem kannst dn eigentlich gehen. Der Arzt Dr. Hastermann hat bei der Zengin Ver letzungen am Schädel und am rechten Ohr festgcftellt, die an scheinend mit einem Hammer ausgeführt worden sind. Be merkenswert war seine weitere Begründung, Last eines Sonntags nach der Aussage einer Schwester etn Mann im Krankenhaus gewesen sei, der gewisse Achnlichkcit mit Kür ten habe. Er habe sich nach dem Befinden der Meurer er kundigt und gefragt, ob er sic besuchen dürfe. AIS er hin- eingeführt werden sollte, war er dann plötzlich verschwunden. Kürten bestritt, dieser Mann gewesen zu sein. ; Nach der Erörterung des Falles der Ira« Frech, die im Hofgarten von Kürten überfallen wurde, schwere Ver letzungen aber nicht erlitt, wurde zuletzt der Mord an der kleine« Gertrud Albermann behandelt. Der ganze Kör,»er war mit 88 Stichen durchbohrt, von dene« neun dnrch das Herz ginge«. Weitere Stiche sind durch einen Hornknopf Nm Mantel aufgefangen worden. Mehrer« Zeugen haben die Albermann weinend auf der Straße gesehen. In ihrer Begleitung war ein Mann, wahrscheinlich Kürten, der sie an der Hand nahm und mit ihr davonging. Am Schluß der Sonnabendsitzung wurde die kommissa rische Aussage der Ira« Sürtens verlesen. Frau Kürten ist 81 Jahre alt und hat ihren Mann tm Jahr« 1928 in Alten burg durch Vermittlung der Schwester KürtenS kennen gelernt. Sie hatte anfangs eine Abneigung gegen ihn und hat sich durch seine UeberredungSkunft zur Heirat verleiten lassen. Bereits in Altenburg hab« Kürten zahlreichen Damenverkehr gehabt. 192l> siedelten sie nach Düsseldorf über und bis Ostern 19M habe ihr Mann stets fleißig ge arbeitet. Er legte großen Wert darauf, daß die Leute viel von ihm hielten. Die Frau war selbst stets beruflich tätig. Bo« feinen Taten hat sie nie etwas geahnt, «sie sie auch von sei««« Vorstrafen nichts geumßt hat. Als er ihr dann am Tage vor der Verhaftung das Geständnis ablegte, sagte er: Wenn Dn mich verrätst, dann mache ich Dich genau so kaputt. Im übrigen hat Kürten am Abend vor der Verhaftung mit ihr geweint und sie habe ihm das Versprechen geben müssen, sich kein Leid anzutun. Kürten wollte Düsseldorf verlassen, wurde aber dann vorher verhaftet. Heute Montag wird die Verhandlung fortgesetzt. rur tSglicksn IZSlLpllSHS Der Sprung ins Ungewisse. Roman von Fritz Steinemann. Copyright by Literatur-Verlag Gloria, Berlin-Steglitz. 12. Fortsetzung. Nachdruck verboten. '»Ich verstehe nicht recht. .Ein Ereignis' «- »Die Frau Baronin hat des öfteren von Ihnen ae- iprvchen, von Ihren langen und mitunter sehr gefahr- volen Reisen und daß Sie zuweilen hart um Ihr Leben hätten kämpfen müssen." .Aha, ich verstehe, Sie hatten geglaubt, in mir so eine Art Wundertier zu sehen zu bekommen, und müssen nun erleben, daß ich ein Mensch wie alle andern bin? »Das ist etn kleines Mißverständnis, Herr Brenken. Richt, daß Sie Abenteuer überhaupt bestanden haben, war für mich das Interessante an Ihnen, sondern wie Sie di« Hindernisse genommen haben, die sich Ihnen in den Weg stellten, mit welcher Umsicht, Tatkraft und Un- erschrockenheit. Die Frau Baronin hat mir das alles so lebhaft geschildert, so warmherzig und beredt, daß ich ordentlich in Begeisterung für Sie geriet und mich natür. ltch auf den Augenblick freute, Sie kennen zu lernen." „Ja, unsere liebe Frau Baronin versteht es, in leb- hasten Farben zu malen." .Und trotzdem muß ich sagen, daß die Wirklichkeit sie noch übertrifft." .Sie sind wirklich sehr gütig." «Ich sprach nur meine wahre Empfindung aus." -Und ich . . . dank« Ihnen dafür." Jetzt streckte Lutz Brenken dem jungen Mann die Hand hm. Einen Moment sahen sich beide Männer ins Äuge, stet, ohne jede» Hintergedanken, dann drückten sie sich die Hände. »Ein lieber, netter Junge, dem man gut sein mutz," lautete Brenkens Urteil über Manfred. .Aber war dieser Jüngling ein Manu für die Baronin?" Dreizehntes Kapitel. . .Sie wollen wissen, -1« di« Konstanze ist, der ich die weibliche Hauptrolle tn KHrer Operette -«gedacht babe? Nun, lieber Herr Ramons so sei Ihnen gesagt: sie ist die einzige Frau» die dafür überhaupt tn Frage kommt. Sie hat Temperament, Lharme, LH arme — und singen kann sie! Ich habe sie in Darmstadt gesprochen, nachdem ich sie in den .Lustigen Weibern" gehört hatte. Sie spielte so wundervoll, daß ich, gelinde gesagt, hingerissen war. St« hatte mich gebeten, mich ihrer zu erinnern, und sie fiel mir sofort «in, als die Besetzung spruchreif war. Ich hab« ihr geschrieben, sie hat angenommen und daraus di« Rolle hinbekommen. Gerade heute morgen bekam ich von ihr die Nachricht, daß sie spätestens morgen eintrifft/ .Sie sind also überzeugt . . »ES ist kein Wort mehr darüber zu verlieren. Ihnen wird das Herz aufgehen, wenn Sie sie sehen und kören.' Loch «tu« Weil« erama sich Lnbtnskt in beaettterten Li» Opfer der Zttlrlenprozesies Berlin, 20 April. Zn einem Sause in Lharlottenbura-West wurde Sonn- kagstüh der 43 Jahr« alte Ingenieur Casimir schkop vor dem Bett seiuer Nichte, der 12 Jahre alten Schülerin Ilse Jgalsen, mit einem Schläfenschug tot aufgesunden. Vas Mädchen Halle einen Schuh unter dem rechten Auge und gab noch Lebenszeichen von sich, verschied dann aber kurz nach seiner Aufnahme in ein Krankenhaus. Wie die Ermittlungen ergaben, war Schkop nervenlei dend und ist erst vor einigen Wochen aus einer Heilanstalt entlassen worden. Für die Einzelheiten des Kürtenprozesses hatte er ungewöhnliches Interesse gezeigt. Die Wohnung, in der sich die Bluttat abspielte, gehört seinem Schwager, dem Kaufmann Jgalsen, der zur Zeit mit seiner Gattin verreist ist. Es waren darin in der letzten Nacht nur die Haushälterin und die Kusinen der ermordeten Jgalsen anwesend. Sie haben von dem fürchterlichen Vorgang nichts bemerkt. Ein Sittlichkeitsverbrechen ist nach den ärztlichen Untersuchungen an dem unglücklichen Kinde nicht verübt morden Das Kind scheint, als ihm Schkop die Waffe an die Schläfe setzte, fest geschlafen zu haben. Die Prenzlauer Mörder verhaftet Prenzlau. 20. April. Vie Mörder de« Zustizwachmeister» Neugebauer, der Fleischer Vilgram und der polnische Schnitter palocki, konnten am Sonnabend bezw. Sonntag verhaftet werden. Vltgram wurde im Wald bei Lychen von Landjägern ge stellt und sestgenommen. Die Verhaftung Vakockl» ging nicht so schnell vor sich. In den Waldungen bei Templin war ein umherstreifender Mann ausgefallen. Ein Landjäger und eine Abteilung Stahthelmleute veranstaltete eine systematische Durchsuchung de» Walde, und stellten den Verdächtigen bei Merkenthin, der sofort zugab, Patocki zu sein. Pilgram gab bei seinem Geständnis an, von patocki zur Tat angestiftet worden ,« sein; sie hätten mit dem Wachtmeister fast eine Viertelstunde heftig zu kämpfen gehabt, ehe es ihnen gelungen sei, ihn zu würgen. Lynchjustiz in Amerika Union-Lily (Tennessee), 20. April. Ein Neger, der wegen versuchter Notzucht la Untersu chungshaft sah, wurde von einem erregten Pöbelhausen, der das Gefängnis stürmte und sich des Häftling, bemächtigte, an einem Baum vor dem Gerichtsgebäude aufgehängt. Eine große Menschenmenge schaute dem Vorgang zu. Di« Leiche blieb eine Zeitlang hängen. I« SreiWWkM bei MMMI. X Schneidemühl. Zu dem versehentlichen Grenzübertritt einer Schneidemühle! Schutzpolizciabteilung wtd von diesiger zu ständiger Stelle folgende Darstellung gegeben: Slm Vormittag des 17. April ereignete sich der Schneidemühl ein bedauerlicher Grenzzwischensall. Etwa 40 Beamte der Schutzpolizei Schneidemühl hielten eine polizeiliche Uebung ab, bei der die Annahme zugrunde lag, daß in der Försterei Dreisee, am Dreifee zwisctien Schneidemühl und der pol nischen Grenze gelegen, eine Verbrechcrbande Unterschlupf Worten über die unerhörten Vorzüge der Konstanz«; er schien geradezu fasziniert von ih'r zu sein. Manfred verabschiedete sich. Er wollt« nach dem Westentheater. In diesem Augenblick öffnete Ernst Katz di« Tür und über die Schwelle schwebte Leonie Konstanza.- -Da bin ich, lieber Herr Direktor!" , „Willkommen! Willkommen! Ich bin entzückt, Sie! zu sehen und danke Ihnen, daß Sie Wort gehalten! haben." „Hatten Sie etwas anderes von mir erwartet?" „Verzeihung, schöne Frau, wenn ich gewagt hab«, ans Ihnen zu zweifeln, aber wenn Sie die Absage« erlebt hätten, die ich erleben mußt« . . ." „Das Wort Absage existiert nicht für mich. SaS ich verspreche, das halte ich." Manfred betrachtete daS schmiegsam« Persönchen, das ihm den Rücken zuwandte. Ihre Figur war jedenfalls tadellos. Jetzt drehte die Künstlerin sich ihm zu; er sah ihr Ge sicht und ein leichter Schreck durchzuckte ihn. Diese großen, goldbraunen Augen, das zarte, feine, dabet so lebens frohe Gesicht, und diese Stimme, aus der jetzt, da sie leb- Hafter wurde, ein Anklang rheinischen Dialektes heraus- zuhören war, an wen erinnerte sie ihn nur? Traute! AIS ob sie leibhaftig vor ihm stände! Rur ihr Lachen war etn anderes. Wenn Traute lachte, so recht aus vollem,' frohen Herzen, fühlte man, daß ihre Seele jauchzte. Jm> Lachen der Konstanza schwang etwas anderes mit, be- wußte Gefallsucht. Doch daS hörte wohl nur der tzer^ aus, der Traute kannte. , „O, Sie sind Herr Ramondl DaS trifft sich ja W*w> dervoll! UebrtgenS meinen Glückwunsch, Herr Ramond, zu Ihrem Weltschlager: „Ich träume, ich träume, ich denke dein", und zu Ihrer Operette „Seine zweit« Frau", di« ich daS Vergnügen und die Ehre haben werde» deq Berlinern mit vorzusingen. Sie ist herrlich! SS wird ein Bombenerfolg werden, bestimmt!" (Bielen Dank für Ihr Vertrauen, gnädige Frau," antwortete Manfred befangen. „Haben Sie Ihre Rolle schon fertig studiert?" mischte LubinSkt sich «in. „Aber selbstverständlich, lieber Herr Direktor." „FamoS, famos, schöne Frau! Dann darf ich Sie wohl sofort Direktor Reefe avisieren? Herr Ramond wird Sie sicherlich sehr gern nach dem Westentheater mit- nehmen." „Von mir aus kann die Probe sofort beginnen." „Also dann, Kinderchen, macht euch sogleich auf den Weg." Wenige Minuten später saß Manfred und die Kon stanza tm Auto auf der Fahrt zum Westentheater. Daß diese Fahrt nicht langweilig wurde, dafür sorgte di« temperamentvolle Konstanza, die es ersichtlich darauf anlegte, dem jungen Komponisten, der ihr ae'iel. etn wenig den Kopf zu verdrehe». gefunden hatte. Die Beamten wurden zur Einkreisung des FörstereigehSiteS in Zwischenabteilungen gegliedert. Eine von diesen Abteilungen, bestehend aus zwei an sich gelände kundigen Oberwachtmeistern und 17 Wachtmeistern, verirrte sich bei der Streife durch das überaus unübersichtliche Waldgelände derart, daß sie, ohne eS zu bemerken, die dort nicht besonder» augenfällige polnische Grenze überschritten. Sie gelangte dabei an den schon im polnischen Gebiet liegenden Schwarzsee, der sowohl in bezug aus die Form al» auch seine Ufergestaltung dem Dreisee zum Ver wechseln ähnlich sieht und drang vorübergehend etwa 700 Meter tief in das polnische Gebiet ein, wo sie auf einen polnischen Grenzwachtbeamten stieß und daraufhin sofort nach entschädigender 'Aufklärung über die Greine zurück ging. Der Polizeioffizier, der dtc Geländeübung leitete, konnte den Geländeirrtum nicht bemerken, weil er am Förstereigebö't Aufstellung genommen hatte, um dort das Zusammenwirken der einzelnen Teilabteilungen zu be obachten. Die Beamten trugen auf der Uebung Polizei mäßige Ausrüstung und Bewaffnung, selbstverständlich ohne scharfe wtunition. Der Vorfall wurde von dem polnischen Konsul am Mittag des 17. April zum Anlaß mündlicher Vorstellungen bei dem Oberpräsidentcn in Schneidemühl genommen, der seinerseits dem Konsul sein Bedauern anssprach und eingehende Untersuchung der Gründe des offenbar dnrch Zusammenwirken mehrerer an sich harmlosen Ursachen entstandenen sehr unlieb- samen Zwischenfalls zusicherte. Tragischer Tod von zwei Brüdern. X Metternich bei Koblenz. Zwei Knaben, Brüder im Alter von 8 und 13 Jabren tummelten sich abnung«. los auk einem Ra enplad in der Näbe einer Ziegelei. Plötzlich gab der Boden nach nnd «i«er der Brüder versank in die Tiefe. Sein Bruder, der nach ihm sehen wollte, Verschwand ebenfalls. Die Knaben waren beim Begeben einer mit Gras überwucherten nnd brüchig ge wordenen Steindecke eines ca- fünf Meter tiefen «aissn, in gestürzt und ertrunken. Rettungsversuch« blieb«« erfolglos. Gerichtssaal. Der „Schreck« des Lötheuer Laad«»" «wfchsstzchch gemachk ' Das Schwurgericht Dessau verurteilt« den Arbeiter Paul Schwalinski aus Würflau wegen doppelten Mordver suchs zu zehn Jahren zwei Monaten Zuchthaus, zehn Jahren Ehrverlust und Zulässigkeit der Stellung unter Polizeiauf sicht. — Der Verurteilte war im November 1930 aus der Landesstrafanstalt Coswig entwichen, wo er, sein Vater, sein Bruder und andere Familienmitglieder mehrjährige Zucht haus- und Gefängnisstrafen wegen eines gemeinsamen Ueber- falls auf den Oberlandjäger Laurich, der schwerverletzt wor- oen war. verbüßten. Im Februar 1931 konnten Landjäger den Flüchtigen in seinem Heimatsort Würflau aufspüren. Als sie gegen das Haus vorgingen, wurden sie sofort nut einer großen Zahl Schüsse empfangen, durch die ein Oberlondjäger schwer verletzt wurde. Schließlich bombardierten di« Beamten das Hau» mit Handgranaten, worauf Schwalinski auf preu ßisches Gebiet flüchtete und auf einem Elbkahn, in den «r nach dem Durchschwimmen der Elbe halberfroren ausgenom men worden war, festgenommen werden konnte. Schwalinski, der schon mehrfach vorbestraft ist, trägt den Beinamen, der „Schrecken des Köthener Landes". Er und seine Familie, einschließlich der weiblichen Mitglieder, stehen schon seit Jah ren mit den Landjägern auf schärfstem Kriegsfuß. „Sie sollen sehen, Herr Ramond, da» Lied, das ich zu singen habe: „Es bat fo wundersüß geschmeckt", wird de» Erfolg Ihres ersten Schlagers noch übertreffen. Ss ist reizend, ganz allerliebst, und erlaubt dabet doch kleine Frechheiten. So etwa- wie diese Geschichte vom ersten Kuß liegt mir ganz besonders." „Ich bin überzeugt, daß Sie damit einen Extraerfolg haben werden." Er griff nach ihrer Hand und drückte «inen Kuß auf die handschuhfrei« Stelle. Die Konstanza lächelte ihm verheißungsvoll zu. Das geschah in dem Augenblick, als der Wagen an der Joachimsthalerstraße zu unfreiwilligem Halten ge zwungen wurde, so daß der dort zufällig vorüber- kommende Brenken di« Augen aufriß, als er die beide«, die auf ihn den Eindruck eines Liebespärchens machten, gewahrte. Entgeistert sah er dem davoneilenden Wagen nach. Die Szene ging ihm nicht wieder aus dem Kopf; er bemühte sich vergeblich, sie durch andere Gedanken zu ver drängen. Was ging es schließlich ihn an, war der junge Mann tat oder nicht tat. Aber so einfach lag der Fall für ihn eben doch nicht. Er erinnerte sich, daß ihm die Baromn beiläufig erzählt hatte, Manfred fei jetzt sehr tn Anspruch genommen, so daß sie ihn kaum noch zu sehen bekomme. Sollte das eine andere Bewandtnis haben? Selbst wenn der junze Komponist noch so stark beschäftigt war, ein glücklicher Verlobter findet hier und da immer mal ein Stündchen freie Zett für die Erwählte seines Herzens. Die Geschichte ging und ging ihm nicht aus dem Sinn, sie bohrte förmlich in ihm. Wo lag für «ine Möglichkeit, sich Gewißheit zu verschaffen, ob nicht andere Gründ« Manfreds Verhalten bestimmten? Er entsann sich, daß Manfred ihn eingeladen hatte sich einmal eine Theaterprobe anzusehen. Er hatte da> mals natürlich abgelehnt, sich mit Arbeitsüberhüufung entschuldigt. Konnte er diese Einladung nicht ausnutzen. Aergerlich über sich selbst wollte er die Angelegenheit mit einer Handdewegung abtun, aber es gelang ihm nicht. Am nächsten Tage sprach er tm Theaterbüro vor und fragte nach Herrn Ramond. Ein Angestellter geleitete ihn in den Zuschauerraum. Dort sollte er bis zur Be endigung der augenblicklichen Aktprobe warten. Er bekam die Konstanza tm Kostüm zu sehen; sie sang ihren Schlager „Es hat so wundersüß geschmeckt". Sie machte ihre Sache blendend. Natürlich erkannte er tn ihr sofort die Heldin jener Szene im Auto. Jetzt kam ihm sein Verdacht unsinnig vor. Vor jede: Uraufführung umschmeichelten die Autoren die Haupt darsteller, um sie bet guter Laune zu erhalten. Etwa« anderes lag sicherlich hier nicht vor. Er war ein Dummkopf, sich einzubilden, Manfred und Lik Konstanza ständen tn irgendwelchen Beiieüunaen. di«
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