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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-05-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193205136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19320513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19320513
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1932
- Monat1932-05
- Tag1932-05-13
- Monat1932-05
- Jahr1932
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1932
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Vermischtes. lieber eine Million Mark Geldstrafe. Bar dem Scdösfenaericht Hamborn batten sich neun Pertonen wegen Bandenscbmuggels zu verantworten, weil sie auf mebrcren Fabrtcn zur luxemburgiscken Grenze 70000 Zigaretten naw Deutschland eingeschmuggelt baden sollen. DaS Gericht nabm auf Grund oer Beweisausnabme Ban denschmuggel nicht als erwiesen an^ verurteilte die Ange klagten aber wegen Bcibilfe zur Steuerhinterziehung zu insgesamt 1035 000 Mark Geldstrafe oder 43 Monaten AefängniS. Mit beiKem Teer übergossen. Gin Dach decker, der bei einer elektrotechnischen Fabrik in Osternien burg (KrcjS Köthen) mit Dacharbeitcn beschäftigt >var, ver lor den Halt und stürzte aus etwa sechs Meter Höbe bcr- unter. Im fallen riß er einen Kübel mit heißem Teer mit. Die Verletzungen, die der Verunglückte durch den Teer erlitt, waren schwerer als die, die von dem Fall selbst berrübrtcn. ES besteht jedoch Hoffnung, den Mann am Leben zu erstatten. Fr östlich es Richtfest. In Reiusbck (Schleswig- Holstein) statte ein Alteuteiler seine Besitzung an den Schwiegersohn abgetreten und sich ein Altentcilsstaus er baut, das vor kurzem „gerichtet" wurde. Während des Richtfestes stäufteu sich die frosten Ereignisse: dem Schwie gersohn wurde ein Sohu geboren, eine Kuh warf ein Kälbchen und eine Stute wollte uicht zurückstesten und wartete mit einem munteren Noblen auf. Viermal Zwillinge. In einem Dorfe im Huns rück wurde eine Frau zum vierten Male Mutter von Zwillingen. Sie starb wästrend der Geburt. Der Vater lebt mit den acht kleinen Kindern in den dürftigsten Ver hältnissen. Zwar staben sich die Dorfbewohner der Kin der angenommen, um istnen bic Blutter zu ersehen, so gut es eben gebt, aber einstweilen ist nicht abzuschcn, wie der Mann die acht Kinder durchdringen soll. Wiedersehen nach 2li Jahren. Eine uner wartete Freude wuroe einem in Thalc lebenden Ehemann zuteil. Seine Frau, -die vor 28 Jahren unter Mitnahme einer gröberen Geldsumme den Mann verlassen statte und nach Amerika ausgewandert war, kehrte seht unange meldet zurück. Die Eheleute erkannten sich zunächst kaum wieder, doch war die Wiedersestensfreude bei beiden Teilen sehr groß. Das Ehepaar verlohnte sich und wird in Kürze das Fest der Goldenen Hochzeit feiern. Der Schädel eines R i e s e n st i r s ch e S aus gegraben. In einer Kriesgrubc in Steinsteim (Würt temberg) bat man ein seltenes Lckück urzeitlichen Lebens gefunden. Beim Graben von Sand -bemerkten Arbeiter in einer Tvnschicht eine gröbere Knvchenmasse. Der sterbei- gestolte Geologe stellte nach etlichen Weitcrgrabungcn fest, daß man es mit dem Sei «del eines diluvialen Riesen- Kirsches zu tun stabe. Mehrere Stunden dauerte er, bis kr den Schädel so weit blostgelegt statte, das; er gestoben werden konnte. Infolge der vicltausendjästrigen Lagerung war die Knockeumaslc nusgelaugt und sehr zerbrechlich. Man konnte deshalb den Fund nicht ohne weiteres ber gen, sondern muhte ibn erst gegen das Zerbröckeln sichern. Zu diesem Zwecke wurde der ganze Schädel mit vielen in einen Gipsbrei getauchten Packtuchstückeu um hüllt und eingegipst. Rach Erhärtung des Gipses konnte man den Schädel ohne Gefahr abstcbeu, wobei allerdings die rechte Gcweihstange abgebrochen werden muhte. Sie steckt mindestens einen Meter tief in der Gcröllwand und istr Herausgraben wäre wegen HerabstürzcnS der über fünf Meter hohen Scstottcrwand für die Arbeitenden ge fährlich gewesen. Sobald diele Wand abgetragen ist, soll auch die wertvolle Getoeiststange geborgen lverden. Was die Landfrau in einem Menschen alter leistet. Nach einer Veröffentlichung interessan ter Zahlen über die Tätigkeit einer Land-Hausfrau, die dem Haushalt eines mittleren Bauernbetricbes seit dreißig Jahren vorgestanden hat, hat diese in den dreißig Jahren 23 40t» Brote und 7800 Kuchen gebacken. Sie hat 2880 Hübner aufgezogen, jährlich sechs Schweine gemästet, daS ergibt in dreißig Jahren 180 Schweine, die im ganzen 131000 mal gefüttert werden mutz en. Der alten Gewohn heit treu, ihre Erzeugnisse feilzubieten, hat die Frau etwa 3600 Stunden auf dem Markte gesessen und sich dabei neben allerlei Lebenserfahrungen den Rheumatis mus geholt. Sie kochte üll.öO Kilogramm Früchte zu Mus ein und stellte für den Winter 2400 Liter Konserven be reit. 1850 Kilogramm Acpfel wurden außer 28 000 Kilo gramm Bohnen getrocknet. Daneben nähte sie 434 Frauen- und Männerkleider, strickte 224 Socken, schneiderte 200 Kindcrkleidcr und fertigte 132 Männerhemden. Alle Fliegen find schon da! Tönt's verdrießlich fern und nah, — Denn der sechs- gesteinte Gast — Ist den Menschen sehr verhaßt. — Oftmals ist'H auch nicht zu sagen, — Wie uns diese „Viecher" Plagen. — In dem süßen Mittagsschlummer — Stört uns gern ein fetter Brummer. — Aud'rc Fliegen geh'n zum Spaße — Hin und her auf unserer Nase. — Trägt die Hausfrau Essen auf, — Kommt die Fliegenschar zu Haus', — Tut sich au den Speisen gütlich, — Was zu meist nicht appetitlich, — Denn man weiß in unsren Zeiten, — Daß Bazillen sie verstreiten, — Daß mit ihrer Reinlichkeit — Es nicht her ist allzuweit. — Darum ist es zu versteh'», — Daß drausaus die Menschen geh'n, — Die Hage auch der Zeitungsfrau die Adresse ganz genau. Dann schickt Dir die Redaktion pünktlich Deine Zeitung schon. Wer in die Ferien oder in den Urlaub reist, kann mit der prompten Nachsendnng des Riesaer Tageblattes rechnen, wenn obige Bitte berücksichtigt wird. Riesaer Eisenvahn-Fahr-lan «ültig ab 4. Oktober 16SL (Ohne Gewähr) Nil-knrrNüruna: V--Zug verNhrt nur an wrrklagen, V. — Zug vertrlrt nur an Sonn- und Fkftlagrn, La. - Zug verr.hr! nur an Sonntagen, Sa. Sonnadrnd», »S. -- Zug »erlehrt nur an W-rltagrn vor Sonn, uud grsttagru. v --- «ujchlaM, Schnellzug, L---zuschlagdst. Sllzug. Abfahrt von Riesa in der Richtung nach: Dresden 1.08 V 2,08 4,23 6,42 7,24 S. ab 1.V.32, 7,57V 10,04 10,84 0 18,12 18,150 15,35 (über Röderau) 16,45 v außer Ea. bis Priestewitz, 16,47 vT.. 17,50 1S,22V 21,48V 28,10 Leipzig 6,46 bis Oschatz nur nacht« nach S., 4,05 5,49V 6,39 8.23 0 11,26 0 11,33 18,14 14,57 V 16,18 17,86 V 1V,12 26,42 V 21,KOL 22,46 28,25 V 28,44 S. ab 1. v. 82 Chemnitz 4,17 6,43 16,55V 11,30 18,26 16,04 V 16,28 1V.1S 19,408 21.38V 28,16V S. ab 5.5.32, verkehrt nicht am 15. 5. 32, 28.82v bis Dübeln, S. bis Chemnitz Elsterwerda 5,07 v 6,55 8,27 16.43 V 11,43 18,48 16,11V vT. ab 4. 5. 33, 17,16 16,82 28,30 v 28,51 S. Rosten 5,02 v bis Leuben b. R., S. bi« Lommatzsch 7,02 16,11 n 16,18 S. 18,18 16,34v 19,35 RSdera« 7,04 8,04 V 16,57 1 5,29 0 15,35 17,09 16,59 V 26,20 Berlin über RSderau 7,04 8,04 0 16,57 15,29 0 17,09 16,59 0 26,20 bis Falkenberq b. T. Berlin über Elsterwerda 6,55 16,43 8 18,48 16,118 »S. ab 4. 5. 32, 19.32 Ankunft in Riesa in der Richtung von: Dresden 6,41 4.02 5,44V (von Priestewitz) 6,81 8,220 11.10 11,25V 14,56V 15.54 17.35 0 19,01 26,410 21,498 22,41 28.23 V 28.43 S. ab 1. 5. 32 Leipzig 1,07 v 2,06 5,Ist v (von Wurzen) 6,83 7,22 S. ab 1. 5. 32 7.56 V 16,00 16,33 V 18,06 15,14 0 16,30 vT. 17,44 19,21V 19,48 (von Wurzen) 21,47 V 23,10 Chemnitz 1,36 nur nachts nach S., 5,89 V (von Waldheim) 7,51 8,03 0 1 6.27 16.418 18,07 15,06 15,270 16,10 8 vT. ab 4. 5. 32, 17,01 19.56 V 21,28 Elsterwerda 6,19 6.15 7.14v 16,25 16,50V 14,1116,02 V 18,46 19,308 28,14 8 S. ab 5. 5. 32, verkehrt nicht am 15.5.32 Rosten 6,23 (v von Nossen, S. von Lommatzsch) 6,59 "V von Leuben b. R. bis 31.3. 32 8,18 S. 9,45 v, 11,12 14,48 26,51 Röderau 6,26 8,53 6,41 16,09 17,41 19,07 21,36 V Berlin über RSderau 6,41 16,09 17,41 vT. ab 4. 5. 32, 19,0» 21,36 0 Berlin über Elsterwerda 6,19 16,25 16,50V 14,11 16,020 18,46 19,30 8 23,148 S. ab 5.5.32, verkehrt nicht am 15. 5.32. Abfahrt von Röderaa in der Richtung nach: Berlin 7,15 8,22V 11,05 15,360 17,29 26,19 v 26,W (bis Falkenberg) Dresden 15,59 21,19 V Dresden über Riesa 6,20 9,35 17,85 19,01 21,30 V Riesa 6,20 8,47 9,85 16,03 17,35 19,01 21,30 V Ankunft in Röveran in der Richtung von: Berlin 6,12 (von Falkenberg) 9,28 15,49 18,59 21,15 0 Dresden 8,12V 17,14 26,12 0 Dresden über Riesa 7,10 15,34 V Riesa 7,10 8,09 V 11,03 15,34V 15,41 17.15 26.04 V 26.26 Insekten gleich den Motten — Unnachfjchtlich auSzuvotten. — Doch was man äüch tüt dawider, — Nichts hält ganz di« Plage nieder. — Gut wär's drum ganz ohne Zweifel, — Käme recht in Not der Teufel, — Weil er dann, wie man erfahrt, — Sich mit Fliegen nur ernährt. dessen Kante dabei an die verharschte Stelle auf ihrem Rücken stieß. Noch schmerzte auch die. Die Pupillen der trauen Augen wuchsen groß und schwarz. Der Vorhang rauschte empor. Ein hübsches Bild bunten Gesellschaftstrubcls tu irgendeinem eleganten Saal, frische Stimmen priesen Tanz und Lebensfreude, begrüßten im Chor das Auftreten der Heldin, einer schönen blonden Frau in duftiger Toilette. Plessing hatte sich ein wenig vorgeneigt. Nun erst be merkte ihn Brigitte, wandte sich um und begrüßte freudig den hinter ihr Sitzenden. Eine stumm bittende Bewegung »ach dem leeren Stuhl zu ihrer Linken. Er schüttelte lächelnd den Kopf, wies auf den Trauerflor an seinem vrm. Barbara drehte sich ebenfalls unauffällig um und be- Drüßte den Mann, dessen Gäste sie und Brigitte heute abend waren. Er nickte ihr herzlich zu, lehnte sich dann, da neugierige Blicke die Bewegung in der kleinen Loge bemerkt, weiter zurück in den Schatten des ihn vom Publi kum verbergenden Vorhangs. Vornehm wirkte er in dem schwarzen Abendanzug. Brigitte hatte Mühe, ihn nicht immer anzusehen. Das Stück ging dem Schluß zu: Unglücklich endete die Liebe des chinesischen Prinzen zu der europäischen Aristo kratin, keine Brücke führte von seiner zu ihrer Welt — er läßt sie in die Heimat zurückziehen, neigt sich zum letzten Male grüßend vor der blonden Frau, in schmerz verkrampfter, schweigender Würde. Schließt dann die schluchzende junge Schwester in die Arme, über deren Köpfchen hinweg sein Blick starr in die Weite geht; »Ich hab' geglaubt an ein Märchengkück — Es ist vorbei, nie kehrt der Traum zurück." Als er dann, von tosendem Beifall umbraust, an die Rampe trat, war die Loge leer. Lächelnd nahm er die Lorbeerkränze und Blumen entgegen, die ihm die Theater diener feierlich überreichten, verbeugte sich. Warum ließen ihn die Menschen nicht gehen? Er sjuirtL«uf ejnmgl,_daß A kehr müde war. Langsam schritt Barbara Pohl durch den stillen Trini tatisfriedhof, dessen Gräberreihen Blumen und Grün in sommerlicher Fülle schmückten. In nebligem Dämmern verklang der schwüle Tag, der nach heftigem Morgen- gewitter schwere Regengüsse gebracht. In Dampf und Dunst atmete die Erde nun deren Wasser aus. Zwei Kränze hielt Barbara in Händen, mit denen sie das Grab der Eltern schmücken wollte, ein Akt der Pietät, nicht der Liebe. Seltsam, da stand sie nun vor dem letzten Lager von Vater und Mutter und empfand nichts als vumpf-traurige Leere in ihrem Herzen, das so gern und so viel geschenkt — und dessen Gabe niemand begehrte, selbst die «eine Schwester nicht, die erst jetzt das Lieben lernte. , , Woz« lebt man eigentlich? Nur für den ewig gleichen raaeStrott.« Sine» ÄMKeu, Mr einen einzigen Men- icpen haben, ocm man etwas sein durfte, dem man mehr bedeutete als Arbeitskraft und Haushälterin! Immer nur hatte man ihre Dienste gefordert, um den Menschen mit seiner liebeshungrigen Seele kümmerte sich keiner. Ganz versunken in ihre bitteren Gedanken saß Barbara auf der kleinen weißen Bank, die zur Seite des Doppel- grabes aufgestellt war. Sehr still war es, als ersticke der sich verdichtende Nebel jeden Laut. Nur gedämpft klang das Geräusch des jenseits des Friedhofs vorüberbranden den Stadtverkehrs herüber. Da störte ein Laut die gespensterhafte Stille, der Bar bara aufhorchen ließ. Irgendwo ganz in der Nähe weinte ein Kind. Ob es gar allein hier war? Keine Stimme tröstete es — nur dieses schluchzende Magen, das der Lauschenden ins Herz schnitt. Sie erhob sich, ging suchend dem Klang nach, der von rechts zu kommen schien, und verhielt jäh den Schritt. Gerade vor ihr lag ein kleines Mädchen über einem frisch aufgeworfenen Grabe, kratzte mit beiden Händen die Erde auf, als wolle sie sich hineinwühlen in deren Schoßt Und zwischen dem Weinen immer der gleiche klagende Ruf; nun verstand ihn Barbara: „Mami!" Immer wilder, herzzerreißender dieses bittende: „Mami!" Barbaras Kehle zog sich würgend zusammen. Das arme, arme Dingelchen! Gewiß war es die Mutter, die da unten den letzten Schlaf hielt! Sie konnte erst vor wenigen Tagen beerdigt worden sein; die schönen Blumen kränze, die die kleinen Hände beiseite gestoßen, Ware« «och ziemlich frisch. Sacht beugte sich das Mädchen über die Seit« Gestalt: „Wen rufst du dem», Herzchen? Kam» ich dir helfen?" Ein verweintes Kindergeficht hob stch, sah sie an ans überfiießenden Augen, deren Lid« schon ganz rot und entzündet. „Meine Mami — ich «Bll M meiner Mami-k", stieß der kleine Mund zitternd hervor. „Sie habe« sie hier 'rein getan — ich will zu ihr!" Barbara kauerte sich neben das Kind, das etwa fünf Jahre zählen mochte, und strich zart über das schwarze Lockenköpschen. Ohne Hut und Mantel— gewiß heimlich sortgelanfenl „Dein Mütterlein ist ja gar nicht Per, mein Kleinchen, das haben die liehen Ezrglein schon in de« Himmel aeboltl" . .--—— —. Aber daS Kind schüttelte den Kopf und wollte wieder' zu graben anfangen. „Doch, sie liegt hier unten, ich Weitz es ganz genau", versicherte sie unter Schluchzen, „und der Papi Weitz es auch. Und der will sie doch auch wiederhaben — laß mich, ich muß sie doch holen! Ach, all die garstige, nasse Erde.. Da legte Barbara den Arm um die Schultern der Kleinen: „Ja, mein Liebes, ich weiß, ich verstehe schon — man hat dein liebes Mütterlein hier hereingelegt, damit die Engel sie auch gleich finden und holen können, denn von hier aus fliegt iede Menschenseele zum lieben Gott da droben." Das verweinte Gesichtchen hob sich wieder, unsicher ge worden. „Weißt du das auch ganz bestimmt?" Barbara nickte, lächelte. Und spürte dabei, wie ihr« Lippen zitterten. „Da ist das schwarze, böse Loch da unten leer-?* „Ja, das Loch ist leer. Nur die Hülle, weißt du, das Körperkleid, liegt noch darin, das braucht ja niemand mehr, nicht wahr? Gerade wie du dein altes abgetragenes Kleidchen wegwirfst, wenn die Eltern dir ein neues schenken", erklärte Barbara liebevoll. „Und Mami stiert nicht?" „Nein, Herzchen, deine Mami stiert gar ittcht, die ist jetzt ganz glücklich im Himmel." Die Kleine hatte von ihrer traurige« Wühlarbeit ab gelassen, hockte auf den Fersen und dachte angestrengt nach, die dunklen, tränenverquollenen Augen auf das gütige Frauengesicht geheftet. Aber jetzt begann der Keim Mund schon wieder zu zittern: „Wie kann sie denn glücklich sein, wen« Papi und ich so traurig sind? Und der Himmel ist ja so weit, weit weg..." Ein wildes Aufbäumen des schmächtigen Körper chens, das sich jäh aufschnellend wieder über das Grab ge- warfen. „Mami, Mami — komm doch, komm — Mami../ Barbara beugte sich herab, ergriff die leichte Kinder gestalt und hob sie sanft empor. Auch neben diesem Grab stand eine kleine Bank. Darauf setzte sie sich, das wim mernde Kind auf ihrem Schoß mit bettren Arme« zärtlich an ihr Herz haltend, das sich vor Mitleid schier -nscunmen- stampste. „Laß doch das leere Loch, mein Liebchen — sieh, dein« armen kleinen Hände sind schon ganz wund.* Behutsam entfernte st« die Erde von den roten Ftngerchen, trocknete mit ihrem Taschentuch die Träne«, die unter den geschloffenen Lidern immer wieder über das magere Kindergesichtchen rannen, und küßte es da«» zart. „Deine Mami ist so glückselig im Himmel, weil fte weiß, daß dein Papi und du ja auch hinkomme« dürfe«! Und abends, wenn die Sternlei« leuchte«, lacht st« dir zu, und wenn die Sonne scheint, streichelt sie dich, und wenn eine Blume recht süß duftet, dann ist das ihr Atem, der in dein Röslein schlüpft, und wenn es windig ist, dann zaust sie dich ganz lustig und derb an deine« Locke«, daß du lachen mußt, denn sie will ihr Kind glücklich sehen, wie fie selber ist. Und eines Tages seht ihr euch Wied« — «d da ist ein großes, herrliches goldenes Leuchten um euch und um uns und unseren armen, leidgequälteu Herz««, die endlich, endlich den Frieden finden..." Immer leiser hatte Barbara gesprochen. DaS SjM in ihren Armen lag still, beruhigt durch die sanft« StR»««, di« schöne, tröstliche Dinge sagte. Schlief es jetzt? Amt sichtig beugte Barbara sich herunter — wahrhaftig, ganz rühig und regelmäßig floß der Atem durch dl» wicht geöffneten Lippen. Die Tränen tvaren versüßt, «r a» den langen schwarzen Wimpern perlten die letzte« Zeuge« . des Schmerzes, der diesem armen Seelchen so gesetzt. Fortsetzung folgt.
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