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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-07-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193207201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19320720
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19320720
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1932
- Monat1932-07
- Tag1932-07-20
- Monat1932-07
- Jahr1932
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1932
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Verpatzte Gelegenheit. Deutschland und Genf. Nun ist — viel zu wenig beachtet — die Liquidation oer mit ivenig Hossnungen aber viel Pathos vor einem halben Jahr begrüßten Abrüstungskonferenz erfolgt. Diese Liquidation ist in einer Weise vollzogen, wie es nie hätte geschehen dürfen, wenn das Schwergewicht der deutschen Politik in diesem Augenblick auf dem richtigen Schwer punkt der europäischen Politik gelegen hätte, wenn Köpfe und Kräfte nicht durch die erregenden, aber sinnlosen innerpolitischen Ereignisse in Anspruch genommen gewesen wären. Die Genfer Abrüstungskonferenz ist damit in zweier lei Sinn eine verpaßt» Gelegenheit geworden: für Europa und die Welt insofern, als kaum eines der entscheidenden Ziele der Abrüstungsidee erreicht wurde: für Deutschland insofern, als man nicht Gelegenheit nahm, laut und nach drücklich die Verantwortlichkeiten für dieses Scheitern einer der wichtigsten Konferenzen seit Kriegsende festzustellen. Denn die Konferenz ist gescheitert, wenn sie auch nur vertagt worden ist. Der Grad der Dürftigkeit der bis herigen Ergebnisse (die außerdem noch der Ratifizierung durch die betreffenden Regierungen harren): Begrenzung der Tanktonnage, Verbot der Gas-, chemischen- und Brand waffen, Schaffung eines ständigen Kontrollausschusses, wird erst erkennbar, wenn man diese Ergebnisse auch nur mit den Forderungen des seinerzeit von Deutschland abgelehn- tcn Konventionsentwurf-s vergleicht, gar nicht zu reden von den an Stelle dieses Entwurses von Deutschland er hobenen Abriistungsfvrderungen, die neben den nicht ganz so weitgehenden Vorschlägen des amerikanischen Präsi denten .Hoover einzig und allein ehrlich der Abrüstungs idee dienen wollen. Nach betrüblicher stellt sich dieser Ausgang des ersten Teils Fer Genfer Abrüstungskonferenz dar, wenn man be denkt, daß cs Deutschland in Gens erst in zweiter Linie auf die rein materiellen Komplexe der Abrüstung an kommen konnte; daß sowohl hinsichtlich der berechtigten Ansprüche Deutschlands, wie hinsichtlich einer ehrlichen und echten Grundlegung künftiger Abrüstnngsmaßnahmen ungleich viel wichtiger die grundsätzliche 'Anerkennung der uneingeschränkten Gleichberechtigung Deutschlands gewesen wäre. Dieser Gesichtspunkt, der im Interesse der natio nalen Geltung Deutschlands am vordringlichsten hätte ver fochten werden müssen, ist überhaupt nicht ernstlich zur Debatte gelangt. Allein man hat es andererseits auch ver paßt, im richtigen Augenblick die einzig mögliche und von den Vorgängern der gegenwärtigen Regierung vielfach praklamierte Konsequenz aus der Ablehnung der deutschen Ansprüche zu ziehen. Verpaßte Gelegenheit! Und „was man von der Minute ausgeschlagen, gibt keine Ewigkeit zurück. . Sie MlW »es MMMMSM. Wie wir hören, stand die Regierung vor der Frage, ob sie wieder ein Uniformverbot erlassen oder ob sie den Ausnahmezustand verkünden sollte. Bei reifer Ueber- legung ist sich die Negierung dahin schlüssig geworden, das Demonstrationsverbot, also das Verbot für geschlos sene Aufmärsche und freie Versammlungen unter freiem Himmel zu erlassen. Sie sagte sich mit Recht, daß die Zusammenstöße in der Hauptsache immer infolge oder als Folge von Aufmärschen, also Zusammenballungen vieler Menschen Vorkommen und daß weder die Uniform an sich die Schuld daran trüge, noch ein Versagen der Landes polizei festzustellen sei. Nun ist mit diesem Erlaß die Negie rung keiner der drängenden Parteien uachgekomnicn. Dennoch aber wird der Erlaß auch in den Parteien sehr günstig beurteilt. Geschlossene Anmärsche sind sortab verboten. Die Wahlbewcgung wird sich seht mehr in ge schlossenen Räumen abspielen. Das ist für die Parteien, die keine Massen zu Demonstrationen ausbielen können, erwünscht, denn letzt tonnen sie nut dem gleichen Nach druck werben. Man begegnet der Ueberzengung, daß die Regicrungsniaßnahine völlig hinreiche, nm die Unsicherheit zu beheben und es zeigt sich denn auch, daß schon der erste Tag nach dem Erlaß bedeutend ruhiger verlausen ist. Wahrscheinlich sind neue Maßnahmen, obwohl die Regie rung, wie wir hören, vor ihnen nicht znriickschrecken würde, nicht mehr erforderlich. Man muß anerkennen, daß die Regierung alles vermieden hat, den ehrlichen Wahl kampf einzuschrünken und deshalb eine Parteinahme der Regierung nicht fcstgestcllt werden darf. Daraus ergibt sich aber auch, daß alle Gerüchte, die Regierung bezwecke Maßnahmen, um ihr eigenes Leben zu verlängern, halt los sind. Gerade jetzt hätte die Regierung mit dem gefor derten Ausnahmezustand die Möglichkeit, sich diktatorisch in den Sattel zu setzen. Sie hat das vermieden. Sie wilt die Wähler entscheiden lassen und wird, wie wir bereits berichteten, dem Ergebnis der Wahl ohne weiteres fol gen und zurücttreten, wenn sich eine entgegengesetzte Mehr- yeitsbildung einstellen sollte. Auch in Parlamentarischen Kreisen wird die Regierung jetzt bereits objektiver beurteilt und man beginnt die guten Absichten der Regierung anzuerkennen. Sie bewegt sich stets in den Grenzen der Verfassung, was sie jetzt wieder dadurch zum Ausdruck bringt, daß sie über die geplante Straferhöhung für Waffenbesitz und unbefugte Waffen benutzung zunächst mit den Ländern verhandeln will, um die Gerichtshohcit der Länder nicht zu verletzen. Wie die Länder sich zu diesen Straferhöhungen stellen werden, läßt sich noch nicht übersehen. Aus unterrichteter Quelle hören »vir aber, daß Preußen sich dem Gedanken einer Strafverschärfung nicht verschließt, wogegen es gegen die Todesstrafe sich entschieden wenden würde. Bemerkenswert ist, daß die Reichsregierung der Hal tung der preußischen Polizei unbedingte Anerkennung zollt. So habe sie in Altona den Beweis erbracht, daß sie sich für den Schutz der Demonstranten mit allem Nachdruck einsctzte. Die Reichsregterung weiß, wie schwer es ist, vor beugend zu wirken, da sich die Unruhen immer erst aus der Masse ergaben, die Massenkundgebungen aber der Regierungsverordnung entsprachen. Mit dem jetzigen Auf marsch- und Demonstrationsverbot ist der Polizei aller Länder wieder die Möglichkeit geboten, vorbeugend zu wirken. Im übrigen wird bekannt, daß die Regierung einmütig die neue Verordnung des Innenministers ge billigt hat. Setzt 18 Tote t« Altona Altona, 20. Juli. Von den Schwerverlehken der Unru hen am Sonntag ist gestern ein weiterer seinen Verletzungen erlegen, so daß sich die Zahl der Todesopfer auf insgesamt echzehn erhöht. Drei weitere Schwerverletzte schweben noch ln Lebensgefahr. iUIiiette cimgung in lieni. vkittsclilsna uasnWkNsliei. Genf. Die Vertreter Englands, Frankreichs, Italiens und der Vereinigten Staaten haben am Dienstag nachmit tag eine streng vertrauliche Sitzung abgehalten, an der Simon, Herriot, Nalbo, Gibso» und Norman Davis teil nahmen. Zum Schluß der Verhandlungen wurde auch Benesch hinzugczogen. Ueber das Ergebnis der Sitzung wurde von amerikanischer uud französischer Seite überein stimmend mitgeteilt, daß zwischen den vier Großmächten eine völlige Einigung über den Text der VertagungSent- schließung bis aus die Frage der Herabsetzung der schweren Geschütze erzielt worden sei. Die Streitfrage über das Ver bot des Rombenabwurses sei im französischen Sinne gere gelt worden. Der Text der endgültigen Vcrtagungscutschließung, die eine Zusammenfassung der verschiedenen Abrüstungs beschlüsse enthält, ist noch in der Nacht zum Mittwoch den übrigen Abordnungen übermittelt worden. Tie vertrau lichen Besprechungen zwischen den Großmächten sollen heute Mittwoch vormittag fortgesetzt werden. Der Text der Ver- tagungScntschließuiig enthält keinen Hinweis aus die deutsche Gleichberechtigungssrage und lediglich die Klausel, daß die Einbringung von Anträgen den Mächten vorbehalten bleibt. Zn heute nachmittag ist der Hauptauoschuß der Konserenz cinberusen, dem dann der endgültige Tert der Vertagungs entschließung vorgclegt werden soll. In leitenden Konse- rcnzkreisen wird erklärt, die Verhandlungen im Hauptaus schuß würden unter allen Umständen noch im Laufe dieser Woche znm 'Abschluß gebracht, und die Konferenz werde so dann aus einige Monate vertagt werden. Die deutsche Abordnung ist trotz der bereits zweitägigen Anwesenheit Herriots in Gens in die Verhandlungen noch immer nicht eingeschaltet worden. Eine Besprechung zwi schen Herriot und Nndolny ist jedoch für heute Miltwoch vorgesehen. Die deutsche Abordnung ist durch die Einigung der vier anderen Großmächte vor die Tatsache eines endgül tigen Textes gestellt worden. Es bestätigt sich damit die Vermutung, daß die Großmächte jetzt so schnell wie möglich zu der Grundlage eines allgemeinen Abriistungsabkommens gelangen wollen, ohne daß hierin eine Anerkennung der deutschen Gleichberechtigung ausgenommen wird. Die fran zösische Taktik geht -immer stärker in der Richtung, auf der Grundlage der Ucbereinkunst der vier Großmächte in der nächsten Phase der Konferenz ein endgültiges Abrüstungs abkommen zustande zu bringen, um erst nach der Annahme dieses Abkommens die Gleichberechtigungssrage im negati ven Sinne zu erledigen und hierdurch die deutsche Regie rung in die Zwangslage der Verantwortung für den Ge samtausgang der Abrüstungskonferenz zu setzen. Die deutsche Abordnung hielt am Dienstag mehrfach in terne Besprechungen über die Stellungnahme zu der erwar teten Rertagungsentschließung ab. Die deutsche Abordnung steht jetzt vor der außerordentlich ernsten Frage, ob eine weitere Mitarbeit an der Konferenz überhaupt noch möglich ist. Es zeigt sich, daß die seit siins Monaten hinausgezö- gerte Inangriffnahme der Gleichberechtigungssrage sich jetzt in verhängnisvoller Weise answirkt. Tie Konferenz kann zu einer eindeutigen Stellungnahme zu der deutschen For derung aus Gleichberechtigung nur noch dann gezwungen werden, wenn die deutsche Regierung jetzt einen dahin gehenden Antrag beim Präsidium der Konferenz eiubringt. Ob ein derartiges Vorgehen von deutscher Seite ersolgt, steht aber noch nicht fest. Ter Haushaltsansschuß der Abrüstungskonferenz be faßte sich am Tienstag mit dem deutschen WehrhauShalt. An die deutsche Abordnung sind von verschiedenen anderen Abordnungen insgesamt Fragen über den deutschen Wchretat gestellt worden, die von der deutschen Abordnung in schriftlicher Form beantwortet worden sind. MM iles WWlMiW M ÜkS Mkwiklß. SS MM« Mmrl Wn Dl W Dl WWW. vdz. Berlin. Ter neue Reichskommissar für den freiwilligen Arbeitsdienst, Präsident Tr. Syrup, stellte sich am Dienstag der Presse vor. Er legte dabei nochmals kurz sein Aufgabengebiet dar. Er erklärte, daß der Arbeitsdienst jetzt nicht mehr ausschließlich eine Beschästigungsgelegcnheil für die arbeitslose Jugend sei, sondern daß er vielmehr künftig die jungen Deutschen allgemein zu gemeinsamer nutzbringender Arbeit für die Volksgemeinschaft zusammen- sassen wolle. Allein von den jungen Männern bis zum 23. Lebensjahre seien heute mehr als eine Million arbeits los. Deshalb müsse auch die arbeitslose Jugend nach wie vor besonders berücksichtigt werden. Eine weitere wesent liche Aenderung bestehe darin, daß künftig allgemein bei volkswirtschaftlich wertvollen Maßnahmen die Höchstdauer, für die der einzelne Arbeitssreiwillige gefördert werde« kann, von bisher 2ü Wochen aus kll Wochen ausgedehnt worden ist. Jin Mittelpunkt des Arbeitsdienstes solle und müsse die ernsthafte Arbeit stehen. Alle Erfahrungen zeig ten, daß die Jugend selbst nach praktischer Betätigung ihrer anfgespeicherten Kräfte verlange. Darüber hinaus solle der Arbeitsdienst mithelsen an der körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Gesundung. Tie Freizeit sei durch sport liche Betätigung, durch geistige Weiterentwicklung und Klä rung der Ideenwelt geeignet auszunutze». Entscheidend für das Gelingen dieser hochgesteckten Ziele sei die Lösung der Fithrersrage. Die Jugend wolle keine Vorgesetzten, sondern Menschen mit natürlicher Ftthrerbegabnng. Tie Herausbildung solcher Führertnpen betrachte er als seine besondere Ausgabe. Für die Wirtschaft sei von besonderer Bedeutung die Bestimmung, daß auch künftig nur zusätz liche Arbeit in Frage komme. Ter Arbeitsdienst dürfe nicht zu einer Verringerung der Arbeitsmöglichkeite« be freien Arbeitsmarkteö führen. Insbesondere sei es ausge schlossen, große Projekte, wie den Straßenbau in Teutsch- land, mit dem freiwilligen Arbeitsdienst zu machen. Zu den Kosten des Straßenbaues würde der Arbeitsdienst nur die Unterhaltung der Arbeitskräfte beitragen können, wo mit aber erst 15 bis 20 Prozent der Kosten gedeckt wären. Beim Straßenbau liege die Ausgabe des Arbeitsdienstes darin, Torftvege, Wege zu den Feldern, Verbindungen zwi schen Doriern uftv. zu schatten, wo nicht viel Material, sondern hauptsächlich Arbeit in Frage komme. Tie finan ziellen Mittel — zur Zeit 55 Millionen Mark — sollen nun mehr in einer Hand zusammengesaßt werden. Ter Betrag werde ermöglichen, bei einer Förderung bis zu 2 Mark je Kops und Arbeitstag etwa 80 Millionen Tagewerke im freiwilligen Arbeitsdienst auszuftihren. Tamit würden bis zn Beginn des neuen Haushaltsjahres durchschnittlich 200 NW Arbeitsdienstwillige beschäftigt werden können. Ta am l. Juli die Zahl der Arbeilsdienstwilligen etwa 70 000 betrug, könne durch die neuen Mittel eine wesentliche Steigerung erreicht werden. Bei der praktischen Ausführung will sich der Reichs kommissar vor allem aus die verantwortungsvolle Mit arbeit aller bisher im freiwilligen Arbeitsdienst erfolgreich tätig gewesenen Verbände stützen. Mit ihnen zusammen will er auch auf Grund der Erfahrungen der letzten Mo nate den weiteren Ausbau des Arbeitsdienstes prüfen, um dann der Reichsregierung das gewünschte Gutachten dar über zu erstatten, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einführung einer Arbeitsdienstpslicht in Deutschland geboten ist. UeiiMer SIMM« U lWriMM. vdz. Berlin. Im Preußischen Staatsrat entspann sich am Dienstag abend eine umfangreiche politische Aus sprache, zu der die Beratung des sozialdemokratischen An trags, der eine Wiedcreinsührung des Uniformvcrbots ver langt, Anlaß gab. Inzwischen hatte auch das Zentrnm einen Antrag eingebracht, der die Staatsrcgierung ersucht, mit allen Mitteln für die Wiederherstellung geordneter Zu stände zu sorgen und in diesem Sinne auch auf die Reichs regierung einzuwirken. Insbesondere wird cs als dringend notwendig bezeichnet, daß über die Beschränkung der De monstrationsfreiheit hinaus das Unisormverbot wieder ein geführt und gegen jeden ungesetzlichen Waffen- u. Spreng- stofsbesitz mit unnachsichtlicher Strenge vorgegangen wird. Ebenso hatten die Kommunisten Anträge auf Demonstra- tions- nnd Unisormsrciheit für die Arbeiterschaft einge bracht. Die Aussprache über diese Anträge gestaltete sich außer ordentlich erregt. Den sozialdemokratischen Antrag be gründete Dr. Meerseld (Kölns, der in äußerst scharfen Ausdrücken heftige Angriffe gegen die Nationalsozialisten richtete. 00 Tote seien seit der Aushebung des Uniform verbots in Deutschland zu zählen und 1125 Verwundete. Auch das neue Demonstrationsverbot werde die politischen Exzesse nicht unterbinden, solange die Unisormsrciheit weiter bestehe. Die Arbeitermassen würden znr Offensive übergehen nnd, wenn nötig, an den Schändern des deutschen Namens das Strafgericht vollziehen. — Reichsinnenmini ster Freiherr von Gayl, der als Mitglied des Staatsrats an den Verhandlungen tcilnahm, hatte vor der Rede den Saal verlassen. — Dann sprach ein Vertreter der Kommu nisten und als nächster Redner der nationalsozialistische Vertreter Sprenger, der in erregten Ausführungen die Angriffe des sozialdemokratischen Redners zurückwics, die eine Summe von politischem Sadismus bedeuteten, wie man ihn selten erlebt habe. Sozialdemokraten, Kommuni sten und Zentrnm seien verantwortlich für die heutigen Zu stände. Nach dem 31. Juli werde über die Verbrechen dieser Parteien Gericht gehalten werden. — Präsident Dr. Ade nauer bemerkte, die Ausführungen der drei Vorredner hätten so starke Verstöße gegen die Orbnungsbestimmungen des Staatsrats enthalten, daß er die Redner sämtlich zur Ordnung rufe. Im übrigen habe sich gezeigt, daß die Ord- nungSbcstimmuugen verschärft werden müssen. — Schilling (Ztr.) erklärte, die Nationalsozialisten hätten nicht bas Recht, über Recht und Sitte ein Urteil zu fällen, solange sich in ihren Reihen Zuchthäusler und Verbrecher befänden. Sic trügen ein groß Teil Schuld an der politischen Ver wilderung in Deutschland. — Dr. Jarres (ArbeitSgcmein- Ichaft erklärte, Freiherr von Gaul lehne es ab, tm Preußi schen Staatsrat Ausführungen zu machen, die als amtlich« Stellungnahme gewertet werden könnten. Er gab dann eine Erklärung ab, in der als Ursache der blutige» Zu sammenstöße ein planmäßiges kommunistisches Vorgehen bezeichnet wird, gegen das mit allen Mitteln eingeschritten werden müsse. Von der Reichsregierung werden weitere Maßnahmen erwartet. — Brauer-Altona (Toz.) erklärte, die Reichsregierung müsse alle Mittel einsetzen, um dem Kamps der Parteien wieder eine geistige Basis zu geben. In der Abstimmung wurde der Antrag des ZeutrumS mit den Stimmen des Zentrums und der Sozialdemokraten angenommen, nachdem die Sozialdemokraten ihren eigenen Antrag zurückgezogen hatten. Tie kommunistischen Au- träge wurden abgelehnt. WMg Wkl W Mm. Eme Wahlrede in Köln a. Rb. )(Köln. Der Führer der DNBP.. Dr. Hilgenberg, hielt gestern hier in einer Wahlversammlung in der Messe halle eior Ansprache, in der er u. a seine Pläne einer Berwaltungsresorm entwickelte und di« Forderung nach einem erblichen Kaisertnm aufstellte. Durch deu Stur» BrüniuqS, so führte er aus, sei Deutschland einen großen Schritt vorwärts gekommen. Für dir jetzig» Regierung seien di« Deutschnationalen nicht ver- antwortlich. Mit dem Ergebnis von Lausanne seieu sie nicht einverstanden gewesen, denn dir Frag« der deutsche» Webrhoheit dürfte nicht wieder fallen aelasse» werden, sobald man sie aufgeworfen habe; auch hätte man deutsche Zahlungen in einem Augenblick nicht anbieten dürfen, in dem Deutschland unter dem Druck seiner wirtschaftliche» Schulden Zeiten größter Gefahren durchmach«. Erneu» stellte Hugenbera seine Forderung nach einem ReichS- kommtssar für Preußen auf. Dann ging der Redner aus die Frage einer Koalition zwischen Zentrum und National, sozialifte« rin uud erklärte, in der letzten Zeit arbeiteten die Nationalsozialisten so stark mit dem Begriff de« Parla mentarismus, daß es dem bange »u Mut« würde, der Sr» fahruugen gesammelt habe. Dr. Hugenberg wandt« sich erneut in überaus scharfen Worten legen den Borwurf, di« Dentschnationalen hätten ihre positive Mitarbeit dem Staate verweigert. Zum Echluh seiner Rede ging Dr. Hugenberg noch einmal auf eine Koalition zwischen Zentrum und Nationalsozialisten ein uud erklärte, daß in einem solchen Falle daS Ende der «ationalsoria» liftischen Partei da sein wiirde. Das sei nicht nur ein« Sorge dec Nationalsozialisten, sondern auch die Sorge dr> Deutschnationalrn, die ja gemeinsam mit den National» soiialistr» ei, «atinnale» Deutschland anfbanrn wollten
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