Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.03.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190203090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020309
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-09
- Monat1902-03
- Jahr1902
-
-
-
1714
-
1715
-
1716
-
1717
-
1718
-
1719
-
1720
-
1721
-
1722
-
1723
-
1724
-
1725
-
1726
-
1727
-
1728
-
1729
-
1730
-
1731
-
1732
-
1733
-
1734
-
1735
-
1736
-
1737
-
1738
-
1739
-
1740
-
1741
-
1742
-
1743
-
1744
-
1745
-
1746
-
1747
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.03.1902
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
lvezxg-.Prei- 1» der -«ptrxpeditton oder de» im Stadt- beztrk u»d den Bororten errichtete» Lu«, gaoestellen abgeholt: vierteljährlich 4.K0, — zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau» K.50. Durch di, Post bezog,» für trutschla»d ». Oesterreich: vterteliähck. «. Ma« atmmtrt ferner mit entsprechendem Pottaufschlag bet de» Posta»staÜe» i» der Dchweit, Italien. Belgien, Holland, Luxem- bura, DLnemarl, Schweden u»d Norwegen, R»ßlaud, de» Donaustaatrn, der Europäischen LüÄei, Ägypten. Mr alle übrige» Staate» ist der Beüig «r »»ter Kreuzbavd durch di« Expevmo» diese- Blattes möglich. Redartto» und Lrpediüo«: 2oh«»t-gaffe S. Fernsprecher 18S u»d SSL. FUi«tOvpedtti»x»«: Alfred Hah», «uchhandlg., Univerfitätsstr. S, L. Lösche, Lathari»e»str. 14, u. KöuigSpl. 7. HlUwi-Mikle in Lerlin: KSuiggrLtzerstraße LIS. Ferusprecher Amt VI Nr. S3S3. MpMer.TWMaü Anzeiger. AmtsVtatt des Königlichen Land- nnd Änrtsgenchles Leipzig, -es Mathes und NEzei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Nr. IN. Sonntag den 9. März 1902. Anzeige«-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile LS H. Reklamen unter dem Redacttonsstrich (4 gespalten) 75 H, vor de» Familtruuach. richten («gespalten) SV H. Tabellarischer und Hissernsatz entsprechend höher. — Bebührea für Älachweisungen und Offertenannahme L5 (excl. Porto). Extra-Vellage» (gefalzt), nur mit dec Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderuog 70.—. Ärmahmrschluß für Anzeigen: Ab end» Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgcbe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Aus der Woche. Der Reichstag hat wieder Debatte« über auswärtige Politik gehabt. Daß i« dieser Körperschaft die Reise des Priuzeu Heinrich bei ei»er für die Erwähnung passenden Gelegenheit »icht mit völligem Stillschweigen übergangen wurde, wird auch Der verstehen und billigen, der der Fahrt keine politische Bedeutung beizumessen vermag. Der süd afrikanische Krieg al- solcher hat hingegen in den Aunalen de- Reichstage- nicht- mehr zu suchen und e» ist eben so bezeichnend wie erfreulich, daß eS gerade die Socialdemokratie gewesen ist, die da- Thema hauptsächlich behandelte, also du Partei, der e- mit keiner Frage ernst ist und die ausschließlich nach Metall gräbt, da- — ihrer Meinung nach — für die Unterwühlung-agitation brauchbar ist. Die Herren Ledebour und Graduauer habe», weil sie damit diesem ihren einzigen Zwecke zu dienen glaubten, in der Boeren-Frage zur Abwechslung der Weltpomik da- Wort geredet, die sie soast nicht laut genug verdamme» können. Dieser Widerspruch ist ihnen von dem Grafe» Bülow in geschickter und erfolgreicher Weise ver gegenwärtigt worden. Auch wo derReich-kanzler auf da- socialdemokratische Ansinnen, die Hand in Ding« zu stecken, die Deutschland politisch mcht- angehen, in verallgemeiaender Weise die Grundsätze einer richtigen auswärtigen Politik entwickelte, hat er sich als besonnener Diplomat gezeigt. Graf v. Bülow ist ein Man» vom Handwerk und e- ist kein Grund vorhanden, einer Führung der auswärtigen Geschäfte, die von seinen Auf fassungen geleitet ist, daS Vertrauen zu versagen. Aber volle Be ruhigung vermag auch er nicht zu verbreiten, selbst dann nicht, wenn mau ihm Satz für Satz oder Wort für Wort zustimmt. Die auswärtige Politik liegt doch nickt ausschließlich in seinen Händen, nicht selte» werden ihr mehr oder weniger kräftige Wendungen von anderer Seite gegeben. Er „deckt" sie daun, auch wenn er bezweifeln muß, daß die Geschichte daS Geschehene und damit ihn, den Verantwortlichen, «decke»" werde. Dieser seiner Praxi- verdanken wir an der Spitz« — leider eben damit noch nicht am Fundament — der auswärtigen Angelegenheiten einen geschulten Man», der, wenn er nicht mehr mitthu» wollte, vielleicht wieder durch einen Dilettauteu ersetzt würde. Ein solcher geschulter Mann an dieser Stelle ist viel Werth, aber wie dieser Zustand kerne starken Garantie» gegen Actionen und Actiönchen gewährt, die nicht im deutschen «staatSiuterefse liegen, so hat die Entschlossenheit, unter allen Umständen Alle- zu «decken", auch ihre recht üblen Wirkungen, insbesondere auf die Gemüthsverfafsung des deutsche» Volkes. Graf Bülow hat dieser Tage auch die Nichtrückseuduug der Pekinger astronomischen Instrumente «gerechtfertigt" und zwar mit der diplomatisck schuldigen auf die Beherrscherin von China, die durch Rückgabe eines Geschenke- gekränkt worden Ware. Dies dem Reichstage zu sagen, ist denn doch ei« starke- Stück. Weiß doch Jeder mann, mit welchem Hohn der Verzicht auf die Wieder- Herausgabe von chinesischer Seite begründet worden ist. Der Reichskanzler hätte diesen „Bescheid", über den sich im AuSlande eme keineswegs sür uns schmeichelhafte Heiter keit erhoben hat, wirklich der deutschen Nation ersparen und, da er nicht- Andere- sage» konnte, was plausibler klang, in einem derart gelagerten Falle lieber ganz und gar schweigen sollen. Seiner Autorität werde damit nur geuützt habe». An ei» verwandte- — im Grunde dasselbe — Thema ist soeben von einem hochofficiösen Organ gerührt worden. Wenn die „Südd. ReichScorresp." bemerkt, daß der Kaiser seinem Ministerpräsidenten in denl wichtigsten Fragen der Zolltarifreform freie Hand lasse, so »st an dieser Ver sicherung da- Wichtigste und zugleich auch das allein DtScutirbare, daß der Zustand derart ist, daß man sie ab- zugebe» für nützlich, wenn nicht uothwendig hält. Ma« muß sich aber mit dem Hinweise begnügen. In da- Capitel schlägt auch «in Vorfall im Reichstage. Ohne daß e- vo« ihm oder dort von anderer Seite ausgesprochen wurde, gehört die Er innerung a» dieWerdezeit de- deutsch-österreichischen Handelsvertrages, die der Abg. Fürst Bismarck heraufbeschwor, zu den Gesichtspunkte», unter denen die Frage „Miuimalzölle oder nicht?" beantwortet sei» will. Fürst Bismarck sagte, die österreichischen Bevollmächtigten hätte« sich 18S0/S1 gewundert über di« große Bereit willigkeit zu Zugeständnissen, die sich auf deutscher Seite geltend gemacht; daß die Oesterreicher Instructionen gehabt hätte», die ihnen ei» weitere- Entgegenkommen gestattet haben würde», die deutschen Unterhändler aber hatten ihnen durch ihre Eist^ zum Abschluss« zu komme«, di« Mühe erspart. Da- ist die historische Wahrheit, die Wie Kürst ViSurarck übrigen- auch hervorhob, durch ihn nicht zum erste» Mal« bekannt gegeben worden ist. Die deutschen Bevollmächtigte» hatten «he« auch In structionen, und zwar Instructionen, die ihnen in den Häude« f-rmlich brannte». Sie wurden bedrängt und gegen die Wiederholung diese- Verfahren- sind Minimal zölle gut. Di« österreichischen Herren lassen in der „Neuen Frei« Presse" behaupten, so, wie Herbert ViSmarck die Sach« g«schild«rt, wäre «- nicht g«nws«>, insbesondere hätten sie kein Erstaunen über die deutsch« — Bereitwilligkeit laut werden lassen. Natürlich l La ist auch schon oft vorgekommen, daß ei» Feldherr sich während d«r Schlacht sehr despeetirlich über die Fähigkeit und Zähigkeit seine- Gegner- -eäoßert, später aber in sein« Stegesbulletin der Umsicht «nd Hartnäckigkeit de- feindlichen Befehlshabers hohe- Lob gespendet hat. Dk»N je wackerer der Besiegt«, desto größer der Siegesruhm. So müssen die »«»erlich« «»Ssprüch, der Oesterreich«« angesehen w«de» >r»d di-halb hätte di« lana« Puhlieatio» d«S Wiener Blatte- überhaupt keinen Werth, wenn »icht eine feiner Autorität« den Anspruch getha» hätte: „Die wiederholte» Erhöh»»«,n der Getreidezöll« in Deutsch- la»d, di« de« Handelsvertrag voraugegange» sind, haße» n»S lveste»r«lch'U»gfir») eigentlich nicht geschadet." Also, die „zur Stärkung der Dreibund-- genossen" im Vertrag« bewirkte schwere Schädig«»- und Veesti»»«'« de, deutsche, -sndwimschsft Hst «icht ,i»»a »en hauptsächlichen Zweck erreicht, den man bei der Action deutscherseits auzustreben versichert hatte. DaS österreichische Geständniß ist werthvoll gegenüber unseren FreihavdelS-Excedentea, aber die Ausschreitungen nack der entgegengesetzten Seite werden sich mit ihm nicht recht fertigen lassen. Ja der Zollcommission des Reichstags geht die Arbeit jetzt etwas flinker von Statten, aber ge trödelt wird noch immer und der Schuldtragende ist der Präsident deS Bundes der Landwirthe. Nun geht die Commission gleichzeitig mit dem Plenum in die Oster ferien und bis dahin wird sich in keinem Falle viel vorwärts bringen lassen. Aber nach der Rückkehr — sie wird vor der deS GesammtreichStagS erfolgen — fängt die Sache an zu eilen. DaS Plenum wird nach dem Feste nicht mehr viel zu erledigen haben, an eine ersprießliche Arbeit in einer für sich allein tagenden Commission glauben wir nicht — dre Justizgesetze waren in der Sache und nach der Zusammensetzung der Commission doch eine sehr viel anders geartete Angelegenheit —, und so wird sich wohl nur dann etwas erreichen lasse», wenn der im Uebrigen beschäftigungslose, Reichstag aus der Commission Arbeitsstoff erhält. Um das zu ermöglichen, müßte aber da- in erster ComissionSlesung er ledigte Zollgesetz alsbald die zweite Lesung passiren, um berathuugSreif im Plenum zu werden. Die Extremen wollen freilich verzögern statt beschleunigen und nach dem Vorgänge de- bayerischen CentrumS in den Kammern von Berlin und Dresden gegen die Regierungen von Preußen und Sachsen Sturm lausen lassen. Was Sachse» anlangt, so können wir den Herren versickern, daß nach einer etwaigen Verhand lung und Beschlußfassung im Sinne des Unerreichbaren die Auffassung und die Stimmung in unserem Lande dieselbe geblieben sein werden, die sie vorher waren. Prinz Heinrich in Amerika. * Cambridge, 8. März. (Telegramm.) DaS Danktelegramm, Las Präsident Elliot an den deutschen Kaiser gerichtet hat, lautet in -er Uebersetzung: „Die Harvard-Universität dankt Eurer Majestät für Ihr Begeisterung weckendes Telegramm an den Prinzen Heinrich und für Ihre hochherzige Gabe. Mögen die Handlungen Eurer Majestät die beiden verwandten Völker einander immer näher bringen!" * New Aork, 8. März. Nach 11 Uhr Abends fuhr Prinz Heinrich vom University-Club nach -er Arionhalle, wo 400 ehemalige deutsche Stu denten einen Biercommers veranstaltet hatten. Karl Beck führte den Vorsitz und begrüßte den Prinzen bet seinem Eintreffen mit einer Ansprache. In seiner Er widerung führte der hohe Gast aus: „Sie sangen soeben „Deutschland, Deutschland über Alles", Sie alle tragen im Knopfloch das schwarz-wciß-rothc und das roth-weiß- blaue Band. Ich hoffe, daß der deutsche Idealismus, die deutsche Sprache, daS deutsche Lied, die deutschen Sitten und da- deutsche Denken ein Bindeglied zwischen dem theuren Vaterland und den Bereinigten Staaten sein werden." Um Mitternacht kehrte der Prinz in das Wal- dorf-Aftoria-Hotel zurück. Der Krieg in Südafrika. Ein Gewährsmann -er „Truth" giebt folgendes Bild voa der Lage des Krieges: Zwischen den Boeren und den englischen Soldaten be stehen die besten Beziehungen, und erstere haben gar keine Antipathie gegen die Engländer als Nation. Beide Haffen Lord Milner und hegen wenig Liebe zu Chamberlain, weil sie glauben, daß diese dem Friedensschlüsse im Wege ständen, und Beide hegen die größte Verachtung gegen die südafrikanischen Colonial-Truppen, die sie als un- ütSciplinirte, rohe Söldncrhaufen ohne besondere Tapfer keit, aber mit Neigung zur Plünderung betrachten. Die ersten Australier, welche nach Südafrika kamen, waren gutes Material, eS waren meist sogenannte Buschmänner. Die australischen Kontingente, welche seitdem angekommcn sind, bestanden aus heruntergekommenen Personen. Die Neuseeländer und auch die Kanadier gaben sehr gute Sol- baten ab, aber man glaubt, daß die Zahl der aventcucrisch veranlagten Leute aus diesen Ländern jetzt erschöpft ist und ihr bisheriges Niveau sich nicht halten läßt. Die Boeren haben viel Zuwachs aus der Capcolonte erhalten, und die Holländer dort machen au- ihrer Sympathie für die Boeren kein Geheimntß, und sie verschweigen auch nicht, Laß sie sich ihnen anschließen wollen, wenn der Krieg noch viel länger dauert. Beinahe die Hälfte der Blockhäuser ist von Koffern bemannt, die 3 Schilling 0 Pence pro Laa erhalten. Diese Linien von Blockhäusern sind eine Hilfe für unS, aber -a- Land ist so groß, daß sie die Be endigung deS Kriege- wahrscheinlich nicht herbetführen werden. Die Boeren befolgen die Tactik, ihre Eomman- do- in kleine Theile auszulösen und dann an einem be stimmten Punete wieder zusammen zu stoßen, und das macht «» beinah« unmöglich, ihren Widerstand in wirk- samer Weise zir brechen. Diejenigen Boeren, welche auf unserer (englischer) Sette gegen ihre Landsleute kämpfen, werden allgemein »erwünscht. Di« metsten von ihnen sind berett, jede In- forwation über unsere Bewegungen, dte sie besitzen, an den Feind zu verkaufen, und -t« Boeren haben auch so viele Anhänger in unserer Ltvilverwaltung, daß sie weiften- über jed«n Operation-plan vorher unterrichtet find. . . . Lord Kttcherzer ist nicht gerade populär, aber «mn vertraut ihm «nd achtet ihn, »eil er keinen Unter- schied der Person kennt und mit dem CultuS der Ofstcirre aub der feinen Gesellschaft, der so sehr im Schwünge war, als Lord Roberts das Oberkommando führte, aufgeräumt hat. Kitchener gilt jedoch mehrfür «i»«n Administrator, «lS für eine« Feldherrn. Die Armee war sehr gegen die Hinrichtung von ScheeperS, und viele Offictere waren der Ansicht, er fei völlig berechtigt gewesen, unsere schwarzen Spione z« tödten, zvenn er sie fing. Man glaubt« daß Lord Kitchener selbst Schcepers retten wollte, aber nicht im Stande dazu war. Noch stärkeres Empfinden herrscht gegen die Hinrichtung von Kruitzinger. Der Gewährsmann des „Truth" glaubt, daß der Krieg fast unbestimmte Zeit dauern könne, und er sagt, daß dies die Ansicht der meisten englischen im Felde befind lichen Officierc sei. Die Boeren haben genügend Gewehre und Munition nnd anscheinend keinen Mangel an Nah rungsmitteln. Fast die gesammte Bevölkerung steht im Geheimen, wenn nicht offen, auf ihrer Seite. Die Eng länder können eine bestimmte Gegend so lange halten, wie sie sic gewaltsam vccupircn, aber nicht länger. Nach An sicht der Boeren waren die besten englischen Generäle Buller, French und Lyttleton. Sie halten Delarey für -en besten von ihren Generälen. Uebcr die Telegramme der Zcitungscorrcspondcnten, welche nach England mel den, daß Boeren sich ergeben wollten, wird in Süd afrika gelacht, denn wenn ein Boer gefangen genommen wird, sucht er seine Gedanken zu verbergen. Die Frauen sind den Engländern noch feindlicher, als die Männer, und ein junger Mann, der nicht kämpfen will, würde von ihnen wie ein Hund behandelt werden. Nach der letzten, am 6. März veröffentlichten amtlichen Verlustliste betragen die Verluste -er Engländer bis jetzt 89196. Davon sind tvdt 994 Officierc und 19 429 Manu. Deutsches Reich. Berlin, 8. März. (Braunschweigisches Welfen- thum und Berliner Freisinn.) Die braunschweigische Regierung hat bekanntlich auf den Antrag der braunschweigi schen Welfen, der EmgangSformel für Gesetze die Wendung „9m Namen Sr. kgl. Hoheit deS Herzogs Ernst August" hin zuzufügen, in ihrer ablehnenden Antwort mit vollem Rechte den Nachweis geführt, daß Jemand, der nicht Bundesfürst ist, auch nicht Landesherr in einem deutschen Bundesstaate sein kann. Bezeichnender Weise wird der Siandpunct der braunschweigischen Regierung vom „Berl. Tage blatte" angegriffen. Das genannte Organ der freisinnigen Vereinigung, das mit dem braunschweigischen Welfenthum schon wieder holt kokettirte, hat gegen die Thronbesteigung des Herzogs Ernst August von Cumberland in Braunschweig nichts ein zuwenden, weil dieser die Reichsverfafsung anerkenne. Als ob die Anerkennung der NeichSverfassunz durch einen Präten denten, der sich nach wie vor weigert, seine Ansprüche auf die preußische Provinz Hannover aufzugeben, eine reale Be deutung hätte! Wenn das „Berl. Tagebl." außerdem für die Thronfolge des Prinzen Georg Wilhelm von Cumberland in Braunschweig geltend macht, er habe gegen Deutschland oder Preußen nie etwas unter nommen, so übersieht das freisinnige Blatt, daß die Haltung des Prinzen in Sachen Hannovers von der seines Vaters bisher nicht abgewichen ist, daß mithin der Prinz thatsächlich eine preußenfeindliche Stellung einnimmt. In welcher Form daS „Berl. Tagebl." seine welfischen Sym pathien sonst noch zu erkennen giebt, kann hier unerwähnt bleiben. Die Frage aber, aus welchen Gründen ein frei sinniges Blatt mit einer gewissen Ostentativ» dem braun schweigischen Welfenthum beispriugt, verdient doch aufgeworfen zu werden. Bei der Antwort hierauf wird man sich durch die Anführung von Rechtsgründen nicht von dem Verdacht abbringen lassen, daß ein Theil des Freisinns bei dieser Gelegenheit versuchen möchte, durch Sympathien für daS Welfentbum der freisinnigen Partei im Herzoathum Braunschweig etwas auf die Beine zu Helsen. Noch im Jahre 1890 im Besitze der Reichstags mandate in den Wahlkreisen Helmstedt und Holzminden, bat der Freisinn seitdem reißend an Anhängern verloren. Bei den Wahlen von 1898 wurden weder im Wahlkreise Braun schweig noch im Wahlkreise Holzminden freisinnige Stimmen abgegeben, obwohl bei den allgemeinen Wahlen des JahreS 1893 in Braunschweig 9759, in Holzminden 2041 Stimmen gezählt waren; im Wahlkreise Helmstedt aber sank die frei sinnige Stimmenzahl von 4006 im Jahre 1893 auf 760 im Jahre 1898. Angesichts dieser Zahlen ist, wie gesagt, der Verdacht »icht abzuweisen, daß gewisse freisinnige Politiker ihre Parreisuppe an dem Feuer welfischer Sympathien kochen wollen. Berlin, 8. März. (Eine anarchistische Hetzerei.) Da-Anarchistenblatt „NeueSLeben" sucht in einem langen Hetzartikel nachzuweisrn, daß in der Zeit der wirthschaftlichen Krist- Gesangniß, Hunger und Selbstmord den „Lebensinhalt" de- arbeitslosen Proletarier- au-machev. Mit welchen Mitteln in diesem Hetzartikel gearbeitet wird, geht unter Anderem au- der Behauptung hervor, in den Großstädten sei die Zunahme der Sterbefälle in Zeiten der wirthschaft- llchen Krisis der deutlichste Gradmesser sür die Degeneration des Volke-. Die Ausstreuung, al- ser die Zunahme der Sterblichkeit untrennbar mit dem Nachlassen der Wirth- schaftlicheu Conjunctur verbunden, wird aber gerade durch die in Berlin statistisch frstgrstellten Verhältnisse widerlegt. Selbst da» socialdemokratische Centralorgan, da- wahrlich Mühe genug aufwandte, die Folgen der wtrth- schaftlichrn Krisis so schwarz wie möglich zu schildern, hat in dieser Beziehung unumwunden der Wahrheit die Ehre gegeben. Deu« am 27. Februar d. I. schrieb der „Vorwärts" wörtlich: „Di« Sterblichkeit hält sich in Berlin in diesem Winter er freulicherweise auf einer verhältnißmäßig geringen Höhe. Bisher ist dl« Zahl der Sterbefälle nur selte« in einer Woche über 600 hinauSgegangen.... Im Winter 1900/1901 war die Sterblichkeit meist über 600 Fälle in der Woche hinaus- gegangen, mehrfach sogar über 700 und in der vierten Januarwoche war sie bis auf 750 gestiegen. Im Winter 18SV/IS00 war sogar die 800 einige Mal überschritten... Der Rückgang der Sterblichkeit in dem laufenden Winter ist ,u einem guten Tbril darauf zurückzufübren, daß diejenigen Krankheiten, deren Entwickelung durch Erkältungen begünstigt wird, i» de» letzten Monate» ein« verhältnißmäßig geringe Verbreitung gefunden habe«, während sie in den vorber- gehendrn Wintern »ine recht bedeutende Zahl von Opfern gefordert hatten". — Dieser Widerlegung der anarchistischen Hetzerei durch den „Vorwärts" braucht nur zweierlei hinzu gefügt zu werden. DaS eine davon ist der Hinweis, daß der Winter die Zeit der schlimmsten Arbeitslosigkeit ist, das zweite die Betonung der Thatsache, daß die viel stärkere Sterblichkeit im Winter 1899/1900 noch iu die Zeit der wirthschaftlichen Hochconjunctur gefallen ist. Hj Berlin, 8. März. (Aus der preußischen 1l n t c r r i ch t s v c r w a l t u u g. j Unter den Maß nahmen, welche die preußische Unterrichtsverwaltung in der jüngsten Zeit getroffen hat, sind mehrere von allge meinem Interesse. Was zunächst die höheren Le h r - anstalten anbelangt, so hat der Eultusminister den Be stimmungen über die A b g a n g s z e u g n i s s e u. A. fol genden Zusatz gegeben: „Bei einer etwaigen Einschränkung des Prädieates „Gut", „Tadellos" u. a. für das sitt liche Verhalten sind allgemeine Ausdrücke, wie „fast", „im Ganzen" u. a. — wenigstens in den Abgangs zeugnissen von Primanern — nicht anzuwendcn, son dern Zusätze zu machen, die durch Hinweis auf bestimmte Thatsachen einen sicheren Anhalt für die Beurtheilung des Schülers bieten." — Die Einführung des g r i e ch i s ch e n Lesebuchs, wie es Professor Ulrich v. Wilamo» witz-Möllendorf ausgcarbeitet hat, ist den Proviu- zial-Schulcollcgien freigegeben worden. Doch muß in jedem einzelnen Falle geprüft werden, ob der griechische Unterricht an dxm betreffenden Gymnasium in deu Hän den von Lehrern liegt, die nach ihrer Eigenart und wissen schaftlichen Tüchtigkeit eine zweckmäßige Verwendung dieses neuen Lehrmittels gewährleisten. Wo das neue Lesebuch in Gebrauch kommt, ist es zulässig, die schriftlichen Hebungen im Uebersetzcn aus dem Deutschen in das Griechische zu Giknsten von Uebersetzungen aus dem Lese buche ins Deutsche zu beschränken. — Nachdem in den größeren Städten Einrichtungen für hauswirth- schaftlichen Unterricht in rascher Folge ins Leben getreten sind, erschien es dem Eultusminister noth- wendig, durch Erlaß einer Prüfungsordnung für Lehrerinnen der Hauswirthschafts- künde die an die Lehrerinnen zu stellenden Anforde rungen festzusetzcn. Die Prüfung besteht aus einem prak tischen und einem theoretischen Theile. In der praktischen Prüfung haben die Bewerberinnen eine Lehrprobe mit Mädchen abzuhalten und einige praktische Arbeiten an verschiedenen Gebieten der Hauswirthschaft auszuftthrrrr. In der theoretischen Prüfung haben die Bewerberinnen innerhalb längstens vier Stunden schriftlich durch die Be antwortung entsprechender Fragen darzuthun, daß sie vom Unterrichten so viel verstehen, wie zur Ertheilung eines befriedigenden hauswirthschaftlichen Unterrichts erfor derlich ist, nnd daß sie die hinreichende allgemeine Bildung besitzen. Während diese schriftliche Prüfung nur von den Bewerberinnen abgelegt werden muß, die noch nicht als Lehrerinnen geprüft sind, müssen sich der mündlichen Prüfung alle Bewerberinnen unterziehen. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf das ganze Gebiet des haus- wirthschaftlichcn Unterrichts, insbesondere auf seine er ziehliche und wirthschaftliche Bedeutung. — Die Vor schrift, daß einem im Disciplinarwegc entlassenen, demnächst wieder angestellten Lehrer die vor seiner Entlassung liegende Eivildienstzeit bei nachfolgender Pcnsionirung als pensivnsfähige Dienst zeit anzurechnen ist, soll auch auf diejenigen Lehrer und Leh rerinnen an öffentlichen Volks- und Mittelschulen Anwen dung finden, die wieder angestcllt werden, nachdem sie ihr Amt in Folge eines st r a f g e r i ch t l i ch e n Urtheils ver loren haben. O Berlin, 8. März. (Tel.) Der Kaiser kehrte gestern am frühen Nachmittag aus Potsdam hierher zu rück, verweilte gestern Abend beim Staatsministcr von Podbielski und hörte dort einen Vortrag über Kar- toffclvcrwerthung. — Heute Vormittag wohnte der Kaiser Reitbesichtigungen bei den hiesigen Cavallcrie-Regi- mentern bei und nahm das Frühstück beim Ofsicierscorps des 2. Garde-Ulanen-Regiments ein. D Berlin, 8. März. (Telegramm.) Ter Bnndesrath überwies in seiner heutigen Sitzung den Antrag Hessens, betreffend den Entwurf des Gesetzes wegen Entschädigung von Personen, die unver schuldet Strafe oder Untersuchungshaft er litten haben, den zuständigen Ausschüßen. Uebcr die Resolution des Reichstags zum Etat über den Reichs- i n v a li d e n f o n d s für 1902 und dte Resolution des Reichstags, betreffend die Uebcrtragung eines Postens für das Bcklcidungsamt (154 000 ^) vom Etat für die Expedition nach Ostasicn (Capitel 15, Titel 1) auf den Militäretat, wurde Beschluß gefaßt. Ferner wurde be schloßen, daß das Gesetz wegen Feststellung des zweiten Nachtrags zum Rei chshauShalts- ctats für 1901 zur kaiserlichen Vollziehung vorgelcgt werde. Dem Anträge des vierten Ausschusses zur Vor lage, betreffend den Entwurf von Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb von Steinbrüchcn und Stctnhauercien (Steinmctzbctricbcn), wurde die Zustim mung crthetlt. O Berli», 8. März. (Tclegram m.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 6. März 1902, betreffend dte Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Glashütte«, GlaSschleiferetcn, Glasbeizercien, sowie Sandbläsereien. — Der „Reichsanzeigcr" veröffentlicht ferner eine Bekannt machung des Reichskanzlers vom 5. März 1902, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugend lichen Arbeitern in Nshzuckerfabrike«, Zuckerrafftnertcu und Melasseentzuckerungsanstalten. D verlt», 8. März. (Telegramm.) Die „Ber liner Lorrespondenz" schreibt: Bon einigen Preßorgancn wurde dte Erklärung de» Staatssekretär» de» Innern, Gras PssabsW-k», in der gestrigen Sitzung der Zolltariseommission über den Tabakz»! dahin auSgelegt, al» ob sie zu einer Beunruhigung wegen einer späteren hühern Belastung der Tabakinduftrte Anlaß gehe. Diese Deutung trifft in keiner Weise zu. Dte gesammte Darlegung des Staatssekretär» bewegte sich au»schlteßltch in -er Richtung auf eine Bekämpfung
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode