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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.04.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-04
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120404025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912040402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912040402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-04
- Tag1912-04-04
- Monat1912-04
- Jahr1912
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Seite 2 Lr. 17< los. Irchr-srr-. Dt, v«iG»»rf»hDßtz« «« Ll»»H«»tz«ch Netz«» geft«U durch »in« Ausruf« bekannt geben, daß di« Bergwerk« für all« Arbeiter, di« di« Arbeit t«-1 wird« aufn«hm«n a»oll«n, »ff«« ftSudau. Dt« tnr Vergarbeiterverband »rganifierten Arbeiter fchtib ten diesem öffentlichen Au»ruf«r einen Mann nach, der nun seinerseit» mit «tnem außerordentlichen Stimmaufwand alle Streikenden aufforderte, von dem Angebot der Bergwerkobrsttzer keinen Ge brauch zu machen. Es fanden sich dann auch ganze drei Bergarbeiter auf den Aufruf der Bergwerks besitzer hin bereit, die Arbeit aufzunehmen. Al« dies« au« dem Schacht wieder herauskamen, warteten 8000 Streikende auf sie, um sie durchzuprügeln. Die Leute wurden von der Polizei in Schutz genommen, erklärten jedoch, daß sie nicht wieder ein- fahren würden. Scknvere Streikausschreitungea in Schottland. London, 4. April lP.-C.-Tel.) In Glencroig in der Grcmchast Fis« tam es gestern morgen zu schweren Unruhen zwischen Streikenden und Arbeitswilligen, die von den Ausständigen auf dein Weg« zur Arbeit angegriffen wurden. Es entspann sich ein förmlicher Kampf. Als eine Polizei- abteilung von bl) Mann auf dem Platze erschien, wurde sie von den Streikenden mit Steinwiirfen und Revolverfchiissen empfangen. Amt- schweren Mühen erst konnte die Polizei die Strafen von den Angreifern säubern. Die Lage in der Ort schaft ist erreg:. Es werden weitere Polizei, truppen Verstärkungen nach LIrncroig zu sammengezogen werden. Kein Kohlenmangel in Ruhland. Aus Petersburg wird gemeldet: Eine ministerielle Kommission stellt« mit Ver- tretern der interessierten industriellen Branchen fest, dah die K o h l e n o o r r ä t e genügen, um di« Bedürfnisse des Staates und d«r Privatindustric b i s zum Mai zu decken. Falls nicht bis dahin im englischen Kohlenrevier wieder normale Verhältnisse herrschen, wurde die Notwendigkeit anerkannt, Petersburg mit russischer und schlesischer Kohle zu versorgen. Es wurde ferner festgcstellt, dah es den russischen Eisenbahnen möglich ist, die not wendigen Kohlentransporte zu bewältigen. Deutsches Seich. Leipzig, 4. April. * Wieder ein Spionageprozeh. Vor dem ver einigten zweiten und dritten Strafsenat des Reichs gerichts findet am 27. April Verhandlung gegen den Schlosser Gustav Wolf aus Köln statt, der wegen versuchten Verrats militärischer Geheimnisse angeklagt ist. * Neubesetzung der höheren Kommandostellen im Heere. Die für dielen und den nächsten Monat zu erwartende Neubesetzung einer Anzahl von weiteren höheren Führerstellen wird u. a. betreffen die 2. Di vision in Insterburg, die 10. 'in Posen, die 15. in Köln, di« 18. in Flensburg, die 27. (2. Königl. Württemb.) in Ulm, die 35. in Grau be nz. Der Kommandeur der 1. Garde-Division, iheneralleutlrant v. Below, soll für den zum Armee- Inspelteur bestimmten General d. Inf. v. Bülow kommandierender des III. (b r a nd« n b u r g i- Leipziger LsgetUstt. scheu) Nrm««korp, werdm. Gen«rat ».Bü low soll, an Stelle des Eeneral-Fvldmarschall« v. Bock u. Polach, die Dritte Arme«-Jnsp«k- tton in Hannover, General v. Eichhorn, d«r tom- nvandrerend« Genenrl des XVIH. Armeekorps in Frankfurt a. Main, di« im Herbst neu zu errichtend« Siebent« Armee-Inspektion erhalten. * Al« künftiger Gouverneur von Samoa wird jetzt, wie die „Tägl. Rdsch" meldet, in eingeweihten Kreisen der Gouverneur von Togo Dr. Brückner, dessen Gesundheitszustand dem ungünstigen Klima Togos nicht gewachsen ist, genannt. Dr. Brückner wünscht schon seit einiger Zeit, von Togo fortzu kommen, und Hal sein« Familie, die das Klima in Togo gleichfalls nicht vertragen kann, schon nach Europa vorausgefchickl. * Der Sommer-Kougreh der Deutschen Landwirt- schaftv-Geskllschaft. Wie der „Im." mitgeteilt wird, findet der Coinmerkongreft der Deutschen Landwirt- schasts-Gesellschaft vom 10.-13. Juni d. I. in Bad Harzburg statt. Die Tag« vom 10.—12. Juni sind den Verhandlungen Vorbehalten, während der 13. als Tag für Ausflüge in Ansicht genommen ist. * Löhnungssteigerung und Schnapsverbot. Der dem Bundesrat unterbreitet« Entwurf der Wehroor- läge sieht — wie die „Mil.-pol. Korrespondenz" meldet — die Erhöhung der Mannscbastslöhnung auf 30 Pfennige erst für den 1. April 1913, also mit Beginn des nächsten neuen fiskalischen Jahres, vor. Bon verschiedenen Parteien des Reichstags ist in Verbindung mit dieser Aufbesserung der Mann schaftsbezüge das Hineinbringen einer gesetz lichen Bestimmung in die Vorlage geplant, vie das völlige Verbot des Genüsse «von Schnaps und Likören in den Kantinen verlangt. Nur der Bier- und Wrinausschank soll zukünftig dort erlaubt sein. Die Heeres verwaltung steht solchen Wünschen des Parla ments anscheinend durchaus wohl wollend gegenüber. Es bestehen über den Schnapsverkauf in den Mannschaftskantincn in verschiedenen Armee korps bereits heute so stark einschränkende Bestim mungen, dnsz sie einem Verbot fast gleich kommen. Sogar in den östlichen Korps, wo noch verhält- nismiiftig viel konzentrierter Alkohol, besonders in Form von Grog, von den Soldaten genossen wird, ist der Verlauf non genau und cngbegrcnzt vorgeschricbe- nen Schnapssorten nur für die Zeit nach dem Vor- mittagsdicnst gestattet. * Eine Neuorganisation der Parteiverhältnisse ist in Mecklenburg aev»ant. Der liberale Wahl verein beider Mecklenburg, den» annähernd IllO Orls- wahlvcreine angeschlossen sind, bcrust eine außer ordentliche Delegiertenversanimlung auf den Sonntag nach Ostern nach Schwerin ein. Auf de: Tages ordnung stehen Programm- und Satzungsänderungen des Landeswahlvereins. * Französisches Urteil über die deutsch« Polizei. Der ., M a t i n " bringt folgendes Urteil über die Polizei zu Deutschland, oa, er ohne redaktionell« Be merkung der „Pariser Zeitung" entnommen hat: „Die starke moralische Ueoerlcgenheit der deutschen Polizei beruht auf ihrer gänzlichen Unabhängigkeit von dem, was man die öffentliche Meinung nennt. Der Deutsä-e Polizist zittert nicht beständig vor den Folgen einer zu schweren Maßregel; er fürchtet nicht jederzeit. Mißgriffe zu begehen, und man weift ja, — Mißgriffe sind nirgendwo schwerer verineidlich als gerade bei" der Polizei. Er weift sich durch seinen Vorgesetzten gedeckt, selbst wenn er Fehler macht. Und die Vorgesetzten wissen, doch polizeilich« Fehler sich nur auf kosten der .Kraft und Wirksamkeit polizeilicher Maftregeln vermeiden lassen." * Neu« Titel -ei de» Neich»«ts«abvh»e». Wie der „Inf " mitgeteilt wird, sind jetzt bet der Verwaltung der Reichseisenbcchnen folgende n«cu« Titel «md Aendernirgen von Amtsbezeichnung^ eingeführt war- den: Statt „Materialienverwaüber 1. Masse" „Oder- Materialienvorsteher": statt „Schirrmeister" „Ran- giermeister",- statt „LVetcheitsteller 1. Klaffe" „Unter- insistenten"; statt „Stellwekksweichensteller" „Wei chensteller 1. Klaffe"; statt „Schirrmiimrer" „Rangier führer". Suslanü. Oesterreich-Ungarn. * Nach der gestrigen Rede de« Ministerpräsidenten Grasen Khuen-Hedervary versammelte sich, wie der „N. Fr. Pr." ans Pest gemeldet wird, in den Cou loirs der Kammer eine Gruppe von Abgeordneten, denen der Ministerpräsident erklärte, es sei ganz selbstverständlich, daß das Hausaufgelön würde, wenn es nicht arbeitsfähig wäre. Er hätte die Betrauung nickt übernommen, wenn er nicht ent schloss«» wäre, zu dem äußersten Mittel zu greisen. Wenn die Ordnung in: Parlament nicht wiederherge stellt wird, «rklärte der Ministerpräsident, werden wir binnen einem Monat die Auflösung des Reichstages erleben. Italien. * Die künftigen italienischen Handelsverträge. Der ..Tcmps" lägt sich aus Rom nrelden, daft die italienische Regierung vorbereitende Studien zum Abschluß neuer Handesvcrträge mit Frankreich, Oesterreich-Ungarn, Deutschland und anderen Staaten begonnen habe. Angeblich soll eine Tendenz zum äußersten Protektionismus in diesen Verträgen geltend gemacht werden. Türkei. * Die Wahlen haben bis jetzt'rin für das jung- türkische Komitee günstiges Resultat ergeben. Etwa 15 bereits gewählte Abgeordnete ge hören sämtlich t<m Komitee an. * Der ehemaUge montenegrinische Minister Jo- vanovitsch, der aus dem Gefängnis in Cetinje ent wichen ist, in mit nenn Genossen in Konstantinopel eingctrofsen. * Umtriebe des mazedonisch-bulgarischen Ko mitees. Die Konstantinopeler Hafcnpolizci beschlag nahmte in einer Barke zwei große Pakete Tyna- m i t und neun Bomicen, die gestern auf einem grie chischen Schiffe ans Warna hier eingetroffen waren. Die beiden Insassen brr Barke, der Bulgare Simon Ivan off, ein russischer Untertan, und der armenische Anarchist kirtor, ein bulgarischer Sraats- angehöriger, wurden verhaftet. Sie hatten die Sprengstoffe auf ein anderes Schiff transportieren wollen, mit dem sie dann offenbar nach Stambul gebracht werden sollten. Die Untersuchung soll er geben haben, daft die Sprengstoffe von dem Maze donisch-Bulgarischen Komitee abgeschickt waren. Di« Polizei fahndet nach Mitschuldigen der beiden Verhafteten in Konstantinopel. El,nns. * Peking im Belagerungszustand. Yuanschikai hat infolge der bedrohlichen Lage in Peking seine ganze Familie mittels Spezialzngs nach Tientsin bringen lassen. In Peking soll v o ll k o in m e n e A n a r ch i« herrschen, di« Stadr befindet sich im Belagerung», zustand. Der Verkehr stockt vollkommen, alle Läden sind geschlossen. Donnerstag, < LlprN 1912. 77^— Maroktm. * Di« Gkckr«g«»g »»ter tzr» Stimme» i» der Gegend »«» Sesru hat sich noch nicht gelegt. Die Füyver der Stämme dürften sich hinnen kurzem über etwaig« n«u« Angriffe verständigen. Unter gewissen Stämmen ist das Gerücht verbreitet, Mul«y Hafid sei französischer Ge- fangener in Fez. Dies Gerücht gibt der Er« regung neue Nahrung. Allgemeine LufttahrzeugsussteNung Berlin. (Eigener Bericht.) II. Die sächsischen Aussteller. -t Berlin, 3. April. Sachsen ist auf der „Ala" zwar nur durch sechs Aussteller vertreten, doch die geringe Zahl wird durch die Güte des Gebotenen wettgemacht und rechtfertigt den Nuf unseres Vaterlandes als Industriestaat rn jeder Weise. In der Mittelhalle finden wir den Zweidecker der Deutschen Flugzeugwerke in Linde ntHal bei Leipzig. Die rührige Firma bringt mit diesem von Bruno Büchner konstruierten Flugzeug eine neue Bauart auf den Markt, die all gemeine Bewunderung erregt. Auf den ersten Blick ist zu erkennen, daft es sich um ein militärisch brauch- bares Flugzeug handelt. Durch eine sinnreiche Ver spannung mit starken Srahlkabcln sind alle Zwischen, streben, die sonst bei Zweideckern Anwendung finden, wegqelassen. Die Flügel können mit wenigen Hand griffen leicht an den Rumpf zurückgeschlagen werden, so daß das Flugzeug auf jeder Landstraße oder auch auf der Eisenbahn fortgebracht werden kann. Der Numvf besteht aus einem Holzboot, dessen Linien so gehalten sind, daß die Luft überall leicht ab streichen kann. Der vorn gelagerte Argusmotor sowie Kühler und Benzinbehälter sind vollständig eingekapselt. Die Schraube befindet sich vorn, so daß bei deren Beschädigung irgendwelche Teile des Flugzeuges nicht zerstört werben können. Höhcn- und veitensteuer sind wie die Verwindungskiappen in großen Abmessungen gehalten. Dadurch wird das Flugzeug außerordentlich leicht steuerbar und sturm sicher. Die Tragdcckcn haben ein festes Holzgerippe und sind Vförmig gestellt. Das Fahrgestell besteht aus Stahlrohr, ist äußerst stark und breit und ruht auf vier mit Aluminiumblech verkleidten Rädern, die nach allen Richtungen federn. Alle Metallteile sind durch denkriegsschiffarbenenAnstrichgegenRosr geschützt. Die Spannweite der oberen Tragdecken betrügt 15 w, das Gesamtgewicht des Flugzeuges 511 Kx. Mit seinem glatten Rumpfe gleicht ber Doppeldecker einem riesen haften fliegenden Fische, der seine starren Flossen zum Fluge spannt. — Der Nachbarstand sorgt für die Seele solcher fliegenden Ungetüme, dort zeigt die Firma A. Horch L Eie., Motorwagenwerke Zwickau, unter dem Namen „Novusmotor" einen deutschen Kreiselmotor, der bereits am Eröffnungstage den Prinzen Heinrich von Preußen so interessierte, daß er über eine Viertelstunde am Stande dieser sächsischen Firma weilte. Von den bekannten französischen Mo toren dieser Banart unterscheidet sich dieser deutsche vor allen Dingen dadurch, daß alle Ventile mechanisch gesteuert sind und so selbst bei hoher Umdrehungs zahl eine genügende Zvlinderfülluna mit Gasgemisch gewährleistet wird. Der Motor ist vollständig in Ehromnickelstahl ausgeführt, die Lagerungen find Kugellager. Die durch Patent geschützte neuartige Ventilsteuernng sieht die gruppenweise Steuerung von je drei Ventilen, und zwar je drei Ansauge- und Auspuffventilen durch einen gemeinsamen Nocken Marie-Msgüsien. ö) Secnovelle von Graf Hans Bernstorff. (Nachdruck vrrvolrn.) „Das ist recht!" lobte Frau Heydcbringk. „Ich hoffe. Sie werden Ihre Freundschaft zu meinem Mann auch auf Mutter und Tochter übertragen. Herr Kapitänlentnant!" „Selbstverständlich!" beeilte sich dieser zu erwidern und reichte der Dame den Arni, um sie in den Speisesaal hinunter zu führen, während Marie Magdalen hinterher schlenderte nnd dabei mit heimlichem Wohlgefallen die hünenhafte Gc- statt des deutschen c>eeoffizierS musterte. „An Bord unk im Auslande ist man ja auch nicht so schwerfällig mit dem Anknüpfen von Be kanntschaften wie in unserem lieben alten Deutsch land", plauderte Fran Heydcbringk weiter. ' „Wenn ich denke, wie ich meinen Nfann vor zwanzig Jahren kennen lernte, da« tvar auch auf einem Dampfer! Mr hatten uns nie vorher im Leben gesehen und stieczen Koch als glückliche« Brautpaar in Sydney an Land. ES war, was man so sagt, Liebe auf den ersten Blick!" Diese« Thema wurde dann beim Frühstück weiter zwischen Ken beiden erörtert, und Karl Fel« erzählte mehrere Beispiele twn Kameraden, denen es ähnlich ergangen war. Vergeben« aber versuchte er, Marie-Magdalen in da« Gespräch zu ziehen. Sie hörte scheinbar gar nicht zu und antwortete schließlich auf eine direkte Frage: „Wie denken Sic darüber, Fräulein Magda'?" nur kurz: „Davon verstehe ich nickt«!" Hamit stand sie auf und ging hinaus. »Ist Fräulein'Magda nervös?" fragte Karl Fels rhrc Mutter. - „So sieht sie eigentlich nicht auS!" „Gott sei Dank, nein!" entgegnete Frau Heydcbringk lachend. „Magda ist im Gegenteil kerngesund und vollständig deutsch! Wenn sie auch natürlich fertig englisch spricht, betrachtet sie doch das Deutsche als ihre Muttersprache, denn weder mein Mann :wck ich haben uns jemals herabgelassen, unser Deutschtum zu verleugnen und englische Sprache und Sitten anzunchmen. Vorüber haben Sie beide sich denn heute morgen schon gezankt, wie Magda saczt?" Karl Fels, der seinen Platz gewechselt und Marie-MagdalenS Stuhl eingenommen hatte, er zählte der Mutter von dem Gespräch. „Da sehen Sie das echt deutsche Blut!" rief Fran Hcvdebringk. „Trotz aller Lcbhaftig- ^ir und Tatkraft, die in Marie Magdalen steck!, kann sie bisweilen stundenlang sitzen und vor sich hinträumen. Ruft man sie dann pn, so twacht sie ein Paar Auaen, al- wenn sie aus einer ganz anderen Welt zurückkäme. Wer auf alle fragen antwortet sle nur „Laß doch! Ich weiß nicht, wo »ch war!" «nb es Ist nicht» au» khr herauszubekommen." Sinnend sah Aart Fel« vor sich hin, und wie ec sich die Gestalt, das Gesicht und die blauen Augen vergegenwärtigte, stieg leise dec Wunsch in ihm auf, selbst einmal eine solche Frage an ka» junge Mäkchen tzu richten., Wann da« ge schehen sollte, wnssle er nicht. Mer am Meere?-- strand mußte es sein, wo er mit Marie-Magdalen allein war. Unwillkürlich flogen seine Gedanken dem Schiff, das sie beide trug, weit voran«! Drunten im Siidcn, an der Küste Australiens, blieben sie haften, nnd zum Greifen deutlich sah er den OrtIwr sich! Eine Klippe ragte weit hinan« in dir See, die in unablässigem Schäumen und Rau schen daran brandete. Ein schmaler Sandstraud zog sich rechts hin in weitgeschwungenem Bogen, umrahmt von dunkelgrünem Wald! Auf dein schmalen Sandstreifen aber kam ekU Paar heran geschritten! Er nnd sie! Und auf dcr Klippe nahmen sie Platz, dicht aneinander geschmiegt und da —! Er fuhr zusammen nnd sah sich um! Eine Hand hatte sich auf seinen Arm ge- gelegt und Fran Heydebringks Stimme schlug an fein Ohr: „Was ist Ihnen denn, Herr Kapitän leutnant? Ick habe Sie schon dreimal derselbe gefragt, ohne daß Sie antworten!" „Verzeihung, gnädige Frau!" murmelte er verwirrt. „Ich dachte —" „Ja, Sie sahen auS, als ob Sie eine Vision hatten!" rief Fran Heydcbringk lachend. „Sind sie auch solch deutscher Träumer? Das paßt doch eigentlich nicht für einen Seeoffizier!" Anstatt zu antworten, erhob sich Karl FclS und fragte: „Wollen wir hinausgehen?" Er mußte Marie-Magdalen sprechen, ob sie ähnliche« gedacht hatte! Ta vorn, ganz vorn am Bug bemerkte er eine schlanke, hockanfgerichtete Gestalt, welche, die Hände leickt ans die Reeling stützend, wie traumverloren mit weitgeösfneten Augen in die Ferne blickte. Ganz sachte trat er neben sie und rief ihren Namen: „Fräulein Magda!" Langsam wandte Marie-Magdalen ihm da» Gesicht zu und sah ihn an! Ein seltsamer Schim mer weltvergessener Abgeschiedenheit lag in den blauen Augen. „Fräulein Magda!" begann Karl Fels von neuem. „Wo waren Cie eben?" „Ick?" Es sckien, al« ob da« innge Midchen fick erst besinnen nnd zurückfinden mußte, nm die Frage beantworten zu können. „Ich saß auf der Klippe!" fuhr Marie-Magdalen fort, und das klang so einfach nnd natürlich, al- ob e- auf der ganzen Erde nur eine einzige Klippe gäbe, wo sie hätte sitzen können. „Sie auch?" stieß Karl Fel« hervor, den e- bei der Antwort siedendhciß überlies! „Auch? Ich war ganz allein dort!" sprach Marie-Magdalen langsam weiter. „Mer das Meer rauschte „ES kommt! Es kommt!" und ich war namenlos glücklich!" Sie strich mit der Hand über Stirn und Augen, als ob sie dort ein Bild verwischen wollte, lachte dann plötzlich hell auf und rief: „Ach, ich hab' lviedcr mal geträumt und — gehofft, Ivie schon so oft in meinem Leben! Mer wo kommen Sie denn plötzlich her?" „Ich sucheSie seit mindestens einer Stunde!" entgegnete Karl Fels. „Oder vielmehr, ichiwvllte eigentlich Kapitän Hansen fragen, ivie läklgi» wir I in Southampton bleiben. Da sah ich Sie hier vorn stehen nnd — und — nun habe ich Sie in Ihrem Traum gestört!" „Darum brauchen Sie sich weiter keine Sorge zu machen!" versetzte Marie-Magdalen. „Das passiert mir zu Hause auch oft! Dann kommt plötzlich ein Diener und ruft mich zum Essen, oder es ist Besuch da oder sonst irgend lvas Langweiliges, und ich muß nach Hause. Nur mein „Darling" stört mich nie, und wenn ich stundenlang auf der Klippe sitze. Dann rupft er sich GraS nnd Blätter ab und sieht sich höchstens mal nach wir um, ob ich noch da bin! Wo ist Mama?" unterbrach sie sich plötzlich. Karl Fels gab ihr Auskunft und Marie- Magdalen ging achteraus. Nach kurzem Aufenthalt tu Southampton setzte der Dampfer seine Reise fort. Als Karl Fels das Promenadendeck wieder betrat und sich nach seinen Reisegefährtinnen umsah, bemerkte er sie zu seinem Mißbehagen in lebhaftem Ge spräch mit zwei Herren und hörte schon von wei- tem Marie-Magdalens Helles Lachen. Die beiden Herren, unverkennbar Vater und Sohn, schienen sehr bekannt mit den Damen zu sein und letztere große Freude über das Wiedersehen zu empfin den; denn die englisch geführte Unterhaltung stockte auch nicht einen Augenblick. Ter See offizier blieb in einiger Entfernung von der Gruppe stehen, weil er durchaus keine Lust ver spürte, möglicherweise al- Störenfried betrachtet zu werden, wenn er hinzutrat, aber innerlich ärgerte es ihn, daß noch andere Menschen an Bord waren, welche Marie-Magdalen kannten, und mißmutig starrte er über Bord. „Bon jour, monsieur le cavitaine!" ries eine Helle Stimme neben ihm, und als er sich um wandte, blickte er in ein Paar blitzende braune Augen, die aus einer pikanten Gesichtchen zu ihm aussahen. Krause Locken umgaben die hohe, etwas schmale Stirn, und unter einem kecken Stumpfnäschen schimmerten zwei Reihen blen dend weißer Zähne zwischen vollen roten frischen Lippen hervor. Tie zierliche Gestalt entsprach vollkommen dein charakteristischen Köpfchen, und wenn Karl Fels sich im ganzen auch wenig ans Frauenschönheit verstand, so sah er doch mit einem einzigen Blick, daß da ein allerliebstes Persönchen vor ihm stand. Höflich lüftete er seine Mütze des Kaiserlichen Jachtklubs, deren Mzeichen wohl die junge Dame zu ihrem Irr tum veranlaßt halte, und entgegnete: „Parvon, Mademoiselle, je ne suis paS le capitaine!" Im nächsten Augenblick ärgerte er sich aber, daß er al- deutscher Seeoffizier aus eiuenr deut schen Dampfer französisch gesprochen halte und setzte auf deutsch hinzu: „Ter Kapitän ist vorn. Wünschen Sie etwas von ihm? Mein Name ist Fel-, Kapitänleutnant Fels!" „Ah Pardon!" mischte sich ein älterer Herr, welcher dicht neben der jungen Tarne stand, nun ein und stellte sich seinerseits vor: „Doktor Tnvinant! Meine Tockter Margot! Wir glaubten, in Ihnen den Kapitän zu sehen, und meine Tochter wollte fragen, wann wir in Amerika ankommen."' „DvMterSiÄg abend »der Freitag früh !" ent gegnete Fels nach kurzer Ueberlegunp. „Na türlich kommt es auf da« Wetter an!" Durch eine abermalige Lüftung seiner Mütze ivollte er bedeuten, daß er daS Gespräch für beendet halte, aber so rasch kam er nicht los, da Fräulein Margot ihn ganz ungeniert fragte, weshalb er denn ein Abzeichen an der Mütze trage, wenn er nicht Kapitän sei, und was dasselbe bedeute. DaS drollig klingende gebrochene Deutsch der jungen Mädchen- machte Karl Fels Spaß, und so gab er ihr bereitwillig Auskunft. „Ah, votre empcreur! C'est le seul Homme du monde!" rief Fräulein Margot, als Fels den Kaiser erwähnte. „Schade, daß er nicht unser Kaiser ist, dann wäre ma Patrie sehr groß!" „Ja, daS möchtet Ihr wohl!" dachte Fels. „Wir aber sind sehr stolz, daß er unser Kai ser ist!" „Kennen Die ma belle France? Waren Die in Paris?" fuhr die junge Dame fort, und als Fels verneinte, rief sie erstaunt: „O, Sie kennen eS nicht? ES »st die allerschönste Stadt du monde!" Und dann erzählte sie mit einem wah ren Schwall von Worten, immer deutsch und französisch durcheinander sprechend, von Paris, nach jeden: Satz ein fragendes „compriS!" ein werfend. Mit höflicher Aufmerksamkeit hörte der so Unterhaltene zu, war aber froh, als das Signal zum Essen erklang. Er verabschiedete sich mit kurzer Verbeugung, um nun doch im letzten Mo ment zu den Damen Heydcbringk zu gehen und die Mutter hinunterzuführen. Doch es war schon zu spät! Sie schritten eben heiter plaudernd und lachend mit ihren neuen Bekannten die Treppe hinab und schienen seine Anwesenheit völlig vergessen zu haben. In ihm selbst unbegreiflicher, höchst schlechter Laune ging er wenige Schritte hinter ihnen her und begab sich an seinen Platz. Seine Hoffnung, daß die fremden Herren möglichst weitab sitzen würden und er Marie-Magdalen nebst ihrer Mut ter wieder für sich haben könnte, wurde aber schmählich enttäuscht, denn nach kurzer Verhand lung mit dem Obcrsteward räumten deren bis herige Nachbarn ihre Plätze, welche darauf von den beiden Engländern eingenommen wurden. Und zur Vermehrung seines Unbehagens erhielt Fräulein Margor Tnvinant den Platz an seiner linken Seite, was aber dec jungen Dame selbst ein ausgcsvrochene? Vergnügen zu bereiten schien. Wenigstens betrachtete sie ihren riesigen, blond bärtigen Nachbar mir unverhohlenem Wohlgefal len und zog ihn sofort wieder ins Gespräch! Tic Verbeugung, welche Karl Fels beim Platznehmen den Damen Heydcbringk gemacht hatte, war von jenen nur kurz und, wie ihm druckte, auffallend kühl mit kurzem Kopfnicken erwidert worden, nnd mit stillem Ingrimm sah und hörte er, wie ausgelassen beiter und freund lich sich Marie-Magoalen mit dem -jüngeren Herrn unterhielt, ohne nur ein einziges Mal zu ihm selbst herüberzuschen. - lFortsetzung, in der. MörgentpjHgar«.)
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