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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.06.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-25
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120625019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912062501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912062501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-06
- Tag1912-06-25
- Monat1912-06
- Jahr1912
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Seite 2. Nr. SIS. los. Iahr-any. egte !N Braut in Betracht gekommen. Er hab« sein« Braut in einer außerordentlich verdammeniwerten Art und Weise veranlassen wollen, ihm behilflich -m sein, mit dem französischen Nachrichtenbureau in Verbindung zu kommen. In seinen Briefen zeigte sich eine große Verlogenheit, ihm sei einfach gar nicht» zu glau ben. Er habe endlich auch hier zugegeben da; er leine Braut getäuscht habe. In seinen Briesen legt er Wert darauf, daß die Dame «inen katholisch» Mann in ihm bekomme, obwohl er evangelisch sei. Er habe es ihr auch freigestellt, mit ihm nach Frank reich zu gehen, um dort zu leben. Sein ganzes Auf treten zeuge von einer sehr niedrigen Gesinnung, um so mehr, da er einen deutschen Soldaten zum Lan desverrat habe verleiten wollen. Das Motiv, aus denen er handelte, war lediglich schnöde Gewinnsucht. An seine Braut sei er immer und immer wieder heran getreten, um seinen Zweck zu erreichen, trotz deren striktester Weigerung. Der Arte- um Tripolis. Gegen eine Blockierung des Hafens von Smyrna ivendet sich in einer dringenden Ein. gäbe an die Mächte die Handelskammer von Smyrna, die sich in der Hauptsache aus englischen, deutschen, amerikanischen, französischen und österreichiscl>-ungarischen Kaufleuten zusammen- setzt. Die Handelskammer stellt, nach der „Franks. Zeitung", in der Eingabe fest, daß der gesamte Handel Smyrnas fast ausschließlich in euro päischen Händen ist und durch den Krieg bisher nur die neutralen Mächte gelitten hätten. Dem Wilajet Smyrna drohe eine gefährliche wirt- schaftliche Krise. Die Kredite, welä^e die Banken bisher gaben, seien empfindlich ringe- schränkt ivorden, und die Existenz Tausender von Menschen sei ernstlich gefährdet, falls die ita lienische Flotte den Hafen von Smyrna blockiere. Die Eingabe ersucht die Mächte, Schritte zu unternehmen, um Klarheit zu scl>affen. Die Handelskammer weist darauf hin, daß Smyrna in den nächsten drei Monaten eine Exportsaison habe und der Export an trockenen Früchten, Weinen, Feigen und Trauben gegen 40 Millionen Mark betrage. Ebenso hoch belaufe sich der Export von Getreide, Lei, Mineralien usw. Tie Angabe ist außer von dem englischen Sekretär der Kammer vom Ausschuß der Kaufmannschaft gezeichnet. Don diesen zwölf Unterschriften tragen sechs englische Namen. Ankunft der ausaewiesenen Italiener in Neapel. Neapel, 24. Juni. Am Sonntag ist der Panzer- kreuzer „Bettor Pisani", mit dem Herzog der Abruzzen an Bord, über Stampalia kom- mend, im Hafen von Neapel eingetroffen. Mit ihm kam der Transportdampfer „EllaS", der 600 auSgewiesene Italiener an Bord hatte, dar- unter 13 Irrsinnige, deren Landung viel Schwierig- ketten bereitete. Auch die italienischen Arbeiter, die bet dem Bau der Bagdadbahn beschäftigt waren, befanden sich auf dem Dampfer. lieber einen Nekoguoszierungsritt meldet die „Aqenzia Stefani" auS BuSceifa unterm 23. Juin: Heute morgen unternahm eine ESkadron Kavallerie eine Rekognoszierung östlich von Marabut — Sidi — BuSceifa mit dem Auftrage, die Telegraphen! «nie von bar Syrte nach Mescrate zu unterbrechen. Sie löste ihre Auf gabe vollständig, durchschnitt di« Linie an zwei Punkten und zerstörte sie auf eine große Strecke. Veftz,r-<hunq«n av», »1« Verteidigung der Dardanellen. Konstantinopel, 24. Juni. Blättermeldungen zu folge hatte der hier eingctroffene Kommandant Leipziger Tageblatt Morgenausgabe^—'— der Dardanellenflotte gestern mit dem Unterstaatssekretär im Marinemtnisterium Ru stem Pascha und dem Marinereformer Admiral LympuS Besprechungen über die Verteidi gung der Dardanellen. * Die nationalistischen Muffen gegen die riirkei. Konstantinopel, 24. Juni. Der über die russi schen Bewegungen oft gut untcrerrichtete „Jeune Turc" meldet aus Petersburg: Die russischen Nationali st en setzen mit allen Mitteln ihre Bestrebungen fort, eine aben- teuerliche Politik der Regierung legen die Türkei durchzusetzen. Sie nützen die angeblichen Vorbereitungen der Türkei am Bosporus und am Schwarzen Meer, sowie das türkische Vorgehen in Persien aus, um die Stimmung des Volkes zu beeinflussen. Es sei ihnen eine teilweise Um- st immuno schon gelungen. Dagegen ver- halten sich die offiziellen Kreise gegenüber diesen Tendenzen ablehnend. Das gleiche Blatt meldet in einer zuzeiten De- pesä>e, daß die russischen Verstärkungen, 20 000—30 000 Mann stark, nach der persisch, türkischen Grenze abgehen sollen. 20. öunücstsg Deutsther Gastwirte. Nürnberg, 24. Juni. Der Bund Deutscher Gastwirte, dessen Mitglieder über das ganze Deutsche Reich verbreitet sind, hält hier unter zahlreicher Beteiligung von Delegierten seinen 20. Bundestag ab, der mit einer Borstandsjitzung «ingeleitet wird. Der Versamm lung liegt der Bericht des ge!chästsführenden Vor standes vor, dem zu entnehmen ist, daß der Bund auch im Berichtsjahre an Mitgliederzahl zugenommen bat. — Den Vorsitz des Bundestages führt seit dem Ableben des Vorsitzenden Steyer Rudolf Kämpf (Leipzig). Zum Syndikus des Bundes wurde im vorigen Jahre Rechtsanwalt Hempel (Leipzig) gewählt. Der Geschäftsbericht kommt dann auf die Lage des Eastwirtsgewerbes zu sprechen, und es wird ausgeführt, daß das ehedem blühende Gastwirts gewerbe infolge ungünstiger Konjunktur und infolge einer verfehlten Steuerpolitik im Niedergang de griffen sei. Den Beweis hierfür liefern die zahl reichen Konkurse und Zwangsversteigerungen von Gastwirtschaften. Im allgemeinen gehe der selb' ständige Wirtestan'o rapid zurück, was rm Interesse eines gesunden Mittelstandes sehr zu beklagen sei. Dazu komm« dann noch, daß die vielen Pensionen, die Winlelausschanke, die Abstinenzbewegung n. a. dem Wirtgewerbe sehr erheblich Abbruch tun. Nicht unerwähnt sei zu lassen, daß auch das Publikum immer mehr Anforderungen in bezug auf Komfort in der Wirtschaft stelle, so daß sich dadurch die Ge schäftsunkosten bedeutend vermehren. — Mit der Ge nossenschaft Deutscher Tonsetzer schloß der Bund Deut scher Gastwirte nach dem Vorgang« des Deutschen Kastwirteverbandea einen Vertrag über die Auf führung von Musikstücken ab. — Sodann kommt der Geschäftsbericht auf dze politische Läge zu sprechen. Bei den Reichstagsrüahlen 1912 bäbe man gesehen, hast dje organisierten Gastwirte drtngeno eine eigene ^StaNoevverttetung verlangen. Es könnten daher weder Regierung noch Parlamente noch länger die Errichtung von Gastwirtskammern hinaus schieben. Wenn man nun regierungsseitig der An sicht sei, daß die kleinen Eastwirtsbetriebe in den Handwerks- und Gewerbekammern ihre eigentliche Vertretung hätten, während die Großbetriebe Fach ausschüße bei den Handelskammern anstreben sollen, sei der Bund der Deutschen Gastwirt« der Ansicht, daß derartige Zerreißung der Vertretung eines Stan des nicht angängig sei. Der Bundestag wird sich mit wichtigen Standes- fragen sowie mit der Frage der Abhaltung eines all gemeinen Eastwirtekongresses 1913 in Berlin beschäf tigen. Sok- unä perlonslnschrichten. Der Kaiser verlieh dem Generalmajor Hilde- mann, Chef der Generalinspektion des Zngenieur- und Pionierkorps und lxr Festungen, den Kronen orden zweiter Klass«. Deutsches Kelch. Die Neuregel'ing der Sonntagsruhe im Handels gewerbe. Leipzig, 24. Juni. Der Arbeitsausschuß nationaler Arbeiter- und Gehilfen- Organisationen zu Leipzig hat an das Reichsamt des Innern eine Eingabe gerichtet zu dem Gesetzentwurf über di« Neuregelung der Sonntags ruhe im Handelsgemerbe. Danach hält dieser Aus schuß die Einführung einer völligen Sonntagsruhe durch Reichsgesetz sowohl für Kontore als auch für offene Verkaufsstellen führ sehr wohl durchführbar und weist es entschieden zurück, daß die Forderung einer sonntäglichen Verkaufszeit vielfach mit einem Kaufbedürfniv der Arbeiierschaft begründet werde. Gerade die Arbeiterschaft besitze soziale Einsicht und Erziehung genug, um das Recht auf den freien Sonntag auch den Handlungsgehilfen zuzuerkennen. Lediglich kür Fleischereien. Bäckereien, Konditoreien, den Verkauf von Milch, Eis und frischen Blumen wäre eine Ausnahme zuzulassen, doch dürfe die für den Verkauf freigegebene Zeit zwei ungeteilte Stun den vor 12 Uhr mittags nicht überschreiten. Diese Eingabe bat d«r Ausschuß auch an die Leipziger Handelskammer gesandt und darauf hinge- wiesen, daß die nationale Arbeiter- und Gehilfen schaft die weitestgehende Sonntagsruhe auch im Han delsgewerbe fordert. * Die Einzelheiten de» neuen Aushebung-verfahren». Berlin, 24. Juni. Bei dem neuen Aushebungs verfahren, das probeweise eingeführt wird, tritt für die Beurteilung der Tauglichkeit eine Einteilung in unbedingt Taugliche, „Taugliche I" genannt, und „Taugliche II" ein. In die letztere Kategorie kommen die Leute, die mit kleinen, ihre Verwendung für den Dienst mit der Waffe nicht hindernden Feh lern behaftet sind. Die Tauglichen l werden sämt lich eingestellt, die Tauglichen II nur insoweit, als die Tauglichen I den Bedarf nicht völlig decken. Be steht Ueberfluß an Tauglichen 1 in einem Jahre, so sollen diese Ueberzähligen auf der Liste der Taug lichen l des folgenden Jahres erscheinen. Die Losung soll vollkommen sortfallen, wodurch vermieden wird, daß unbedingt Taugliche und Abkömmliche sich frei losen Soviel weiter verlautet, sollen der die Muste rung und Aushebung vereinigenden Kommission zwei Aerzte statt eines beigegeben werden. Ein französischer Hetzarttkel gegetr Deutschland. ' Paris, 24. Juni. „Echo d« Ptzcis" »bringt heute «inen Leitartikel unter der lleberschrist: „Warum Deutschland gegenwärtig den Frieden wünscht." — Das Blatt versucht in dem angeblich auf Grund von Informationen seines Berliner Korrespondenten ge schriebenen Artikel nachzuweisen, daß Deutschland gegen Frankreich Hetze und einen neuen Krieg mit vlenstss, 2S. Juni 1912. Frankreich beginnen möcht«; e» werden ab«r ver» schiedene Gründe angegeben, die es Deutschland zur zeit unmöglich machen, einen Krieg mit Frankreich zu führen. E» heißt u. a. in dem Artikel: E» ist wahr, Deutschland hat weder sein« Kampfvorbereitungen noch gewisse andere Angelegenheiten geregelt, um Krieg führen zu können, und au» diesem Grunde hat e» ein lebhaftes Interesse daran, daß der Friede zur zeit aufrechterhalten bleibt. Deutschland will natür lich den Krieg nur dann beginnen, wenn es sicher ist, den Sieg erringen zu können. Inzwischen peinigt uns Deutschland beständig mit seinen Reklamationen betreffs Marokkos, da «s weiß, daß das letztere unser wundester Punkt ist, und e» rechnet damit, daß wir gezwungen sind, größere Truppenmassen nach Marokko zu dirigieren. Weiter kommt das Blatt in dem Ar tikel auf die Vorbereitungen selbst zu sprechen, die Deutschland treffe, um sich mit Frankreich erfolgreich schlagen zu können, und zwar werden in dieser Hin- sicht angeführt: 1) die Schaffung eines außerordent lich großen Heeres, dessen Massen die französischen Streitkräfte erdrücken müsse: 2) eine starke Flotte mit einer ausreichenden Anzahl von Dreadnoughts, um der französischen Seemacht in überlegener Form ent- gegentrcten und das Volk aushungern zu können; 3) den Bau eines Kanals von Kiel nach der Nord see, um es der baltischen Flotte zu ermöglichen, schnell genug an Ort und Stelle zu sein; 4) einen genügend auf- gesüllten Kriea^ichatz, um im Falle des Krieges eine Finanzkrisis mit einiger Sicherheit vermeiden zu rönnen. — Diese vier Punkte werden von dem Är- tikelschreiber dann im einzelnen durchgesprochen, und er kommt zu dem Schlüsse, daß Deutschland etwa 1918 so weit sein dürfte, um alle diese Forderungen er füllen zu können. — Wäre die Tendenz des Artikels nicht so ernst, man müßte Uber die Phantasie des Schreibers lachen. Freiherr v. Marschall bei König Georg. London, 24. Juni. Der deutsche Botschafter Frei herr Marschall v. Bieberstein wurde heute vom König in Audienz empfangen und überreicht« ihm sein Be glaubigungsschreiben. Begleitet vom Zeremonien meister begaben sich die Herren der Botschaft zum Buckinghampalast. Sir Edward Grey stellte dem König den Botschafter vor, worauf Freiherr Mar schall o. Bieberstein dem Könige die Herren der Bot schaft vorstellte. Der König trug Uniform und preußische Orden. Auch die Herren der Botschaft waren in Uniform erschienen. Nach der formellen Audienz wurde Freiherr Marschall v. Bieberstein noch in Privataudi en z vom König emp. fangen. Der russische Botschafterposten in Berlin. * Petersburg, 24. Juni. Falls der russische Bot- schafter in London, Herr v. Benckendorff, das „Agroment" für den Posten in Berlin erhält, woran hier niemand zweifelt, soll Iswolki die Londoner Botschaft erhalten uird Herr o. Giers von Wien nach Paris gehen. Herr v. Benckendorff ist einer der ältesten russischen Diplomaten. Er wollte aus Alters rücksichten schon vor Jahren seinen Abschied nehmen und entschloß sich nur schwer einige Jahr« länger zu bleiben. Ein russischer Spion? O. Berlin, 24. Juni. Der in Berlin verhaftete russische Hauptmann Küste witsch wurde am Montag zum erstenmal einem Verhör vor dem Unter suchungsrichter unterworfen. Er leugnet jede Schuld und will durchaus keine Spionage getrieben haben. Er macht darauf aufmerksam, daß er ganz offiziell nach Berlin abkommandiert sei und sich bei allen in Betracht kommenden Behörden nicht nur auf der russischen Botschaft und beim russischen Militär attache, sondern auch im deutschen Auswärtigen Amt und im preußischen Kriegsministerium gemeldet bzw. seinen Besuch gemacht habe. Dem Berliner russischen Buntes Lammerlsub. o" J«tzt steht das grüne Sommergewand der Natur in höchster Schönheit und überall, wohin der Blick sich wendet, wird er durch da» üppige, frische, grüne Laub erfreut. „Das grün« Laub" — dies« Vorstellung ist uns völlig selbstverständlich und ge läufig; und doch ist da« Laub gar nicht immer grün. Fragt man einen Naturfreund nach Laub, das nicht grün ist, so wird er zunächst an di« graue Farbe der Strandpflanzen denken oder di« roten Ringe in den schildförmigen Blättern des Geraniums anführen, und mit diesem zweiten Beispiele ist er auf der rich tigen spur. Bedenkt man, daß di« farbenprächtigen Blüten mit all ihren Teilen aus nichts anderem be stehen, als aus umgowandelten Blättern, so erscheint es einem gar nicht mehr so sonderbar, daß es auch Blätter geben soll, di« nicht grün sind, denn was für Farbenlunststück« die Pflanzen aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff n ihren Blüten zustande bringen, ist jedem geläufig. Str Nay Lancester, der bekannte naturwissenschaftliche Mit arbeiter des „Daily Telegraph", veröffentlicht hierüber einen anziehenden Aufsatz. Zu den be kanntesten, nicht grünen Blättern zählt er die Bougainvillea, eine Schlingpflanze der Mtttelmeer- lqnder mit Deckblättern, die purpur- bi» karmoisin- farbig sind. Begonien und Kalädien haben mehr farbige Blätter. Di« Grundfarb« ist grün, aber rot- und purpurgesärbt sind die Adern der Blätter. Die gärtnerische Kunst hat die Kaladien (aus Südamerika eingeführte Pflanze) so umgewandelt, daß dunkel- purpurfarbene Streifen parallel den Blattaoern ent standen sind, so daß die Blätter samtartig wirken. Manche sind so verändert, daß di« Blätter überhaupt kein eigentliche» Blattgrün mehr enthalten; allen falls findet sich dies noch in einzelnen grünen Tüpfeln auf einer sonst weißen Fläche, die ein kar- morsinfarbenes Geäder enthält. Die Farbstoffabrik, die die Pflanz« darstellt, liefert zuweilen die Farb stoffe ebenso reichhaltig, wie der Chemiker sie in Form von Anilinfarben au» dem Kohlenteer ge winnt. Manchmal kann di, Pflanze da» allerdings nicht allein. E, gibt einige Farbstoffe, die tierisch, pflanzlichen Ursprung, sind. Di« Koschenille gehört dahin, denn die KoschenilleLau» stellt ihren be kannten roten Farbstoff au» dem Saft« her, den st« aus einer Kaktusart entnimmt, und ebenso ist e» mit der Kermes-Gchildlaus, die ihren früher vtöl ver- wandten roten Farbstoff au» dem Saft« von Eichen, blättern hersteltt. Bei manchen Blättern entstehen bunt« Farben dadurch, daß da» Blattgrün ver schwindet und nur di« anderen Farbstoffe sichtbar werden, da« gellbe Karotin und da» Lantyothyll. Zuweilen tritt «in« solche Entfärbung al» Krank- heitverscheinung auf, es gibt äb«r auch Blätter, di« immer bei d«r gesunden Pflanze gelb oder gar gold gelb gefärbt sind. Einige Arten von Euonymo, enthalten z. B. einen goldenen Farbstoff an Stell« de« Chlorophyll», da, Phyllofuxin, so dah st« leuchtend goldgelb au^ehen. Wieder andere Blätter enthalten von vornherein gar kein Blattgrün, und einig« der Pflanzen, di« sich durch dies« merkwürdige Eigenschaft au»zeichnen, haben auch Stengel, dir nicht grün gefärbt find. M«ift«n, find «» Schmarotzer pflanzen, wie etwa Kleefeidr, Flachsfeld« und der entsprechende Schmarotzer des Heidekrautes. Einig« Pflanzen unserer heutigen Pflanzenwelt sind noch in dem Uebergangszustande zwischen Pflanzen mit blattgrünhaltigen Blättern und solchen ohne diesen Farbstoff. Hierfür als Beispiel nennt Sir Ran Lancester die englische Weihnachtsvslanze, die Mistel. Ihre lederartigen, blaugrünen Blätter enthalten wenig Chlorophyll, und die Pflanze, ein Schmarotzer, ist bekanntlich, was die Ernährung angeht, von ihren Wirtpflanzen abhängig. Theater. Ein mehrabendliches Gastspiel der bekannten Ibsen- und Hebbeldarstellertn Adele Tors vom Hamburger Deutschen Schauspiel Haufe veranlaßte gestern zu sommerlicher Zeit eine beachtenswerte Aufführung der „Judith" im Neuen Theater und bot Gelegenheit, eine in ihrer Art seltene Künst lerin kennen zu lernen. In den 90er Jahren ging am Kölner Stadttheater der Stern von Adele Dore- Milan auf, sie wurde eine berühmte Maada, und man rühmte ihre große und ergreifende Tiefe des Spiels, ihre bewundernswerten reichen geistigen Mit tel, den Gehalt einer klassiscl^en ober modernen Dichtung zu durchdringen und an ihrem Teile in edler Form wiederzugeben. Adele Dors ist als Judith von einer Klarheit und Folgerichtigkeit der Auffassung dieser gottesfürchtigen und dabei echt weiblichen Ebräcrin, das; — sann pbrass — Hebbel seine Freude an ihr gehabt hätte. Sie spielt im zweiten Akte ganz bas Jungfrau gebliebene, früh verwitwete, fühlende Weib, das sich, durchaus dem Hebbelschcn Mystizismus dieser unnützen Bor- fabel folgend, zu einer großen Aufgabe von ihrem Gotte auserlesen wähnt und, das hohe Ziel vor Augen, den schwächlichen Freier von fick stößt. In den Voiksszenen am Fuße der Stadtmauer Bethuliens tritt ihr Wollen nicht klar genug ins Licht. Aber angesichts des völkermordenden Holofernes kämpft sie bann gewandt mit allen Waffen weibischer Tücke, den grimme» Feldhauptmann NebukadnezarS in seinen ^ckpvächen zu beschlcicl>eir. Wie eine schil lernde Schlange umstrickt sie ihn mit glatten Worten und leichten Tränen, eine Tigerkatze, die den gut mütigen Leun bclistet. Hier aber fängt sich auch bas Weid in eigenen Netzen; da- ausgeklügelte Spiel Hebbels mit seinen allzu spitzen Verzahnungen gefährlicher Philosophisterei und unangebrachter Mystik setzt ein, das Weib in Judith unterliegt dem Manne, dem gewaltigen Helden Holofernes. Ec bezwingt sie an Leib und Seele, und eS ist nicht die ebräische Mäcl)erin mehr, die auSzog, einen BaalS- Hauptmann Holofernes zu morden, daS Weib Judith enthauptet den Mann Holofernes, der ihre Ehre vernichtete. Gan» diese Hebbelsche unhistorisch« Judith spielte Abele Dors mit sicher einsühlender Kunst, mit einer bewundernswerten Realistik im Aussinben und Diedergeben feinster psychologischer Verästelungen und zeigt sich würdig der großen Vorgängerinnen, einer Klara Ziegler, Charlotte Wolter, Rosa Poppe, weit entfernt freilich von jener in ihrer Einfachheit so wahren Giuditta Giacco- mettiS einer Adele Rtftori. Diese große italienisch« Tragödin mit ihrer fast instoriscb treuen Auffassung der Judith hätte gestern hem löwengesäugten Holofernes Bruno-D e c a r l i s am ehesten entsprocl)en. Jener Kraftmensch Hebbels, in dem frlber ein gut Stück hebhel steckt, ist ein Undina von einem Bramarbas bombastischer Wut und Philosophen in KrisgSkleibern. Er macht auS seinem Kopf eine Spindel und zwirnt vom Hirn knäuel Faden um Faden ab. Aber er ist wohl mehr wilder, wüster Gewaltmensch, größenwahnsinnig und zynisch, ein unheimlicher Gesell. Matkowsky herr lichen Gedenkens spielte ihn unheimlich, aber doch malerisch, einen Helden von Riesenkraft, zu dem auch eine Judith in Liebe entbrennen muß. Decarli ist ganz und gar nicht das Ungeheuer, aus dessen Munde jedes Wort ein reißendes Tier ist. Er hält sich an das selbstcharakterifierende Wort seines Hel den, reißt den heutigen Holofernes lustig in Stücke und gibt ihn dem Holofernes von morgen zu essen. Gewiß ist er im (Äbaren ganz Asiate, aber durch dvei Akte sitzt, liegt und räkelt sich dieser Holo herum wie ein alter, grämlicher Lowe, dem die Zähne ausgebrochen sind und mit dem man kaum nock die kleinen Kinder fürchten machen kann. Ein gutmütiger, grober Holofernes. Darüber verschiebt fick freilich das ganze Bild, Judiths Spiel steht zuviel in der Lust, und viele Stellen, der ganze erste Akt, streifen hart die Grenze des Lächerlichen. Der geschmähte, letztlich vielbenannte Nestroy behält hier recht, den Holofernes in seiner köstlichen Pa- rodie sagen zu lassen: „Jetzt möcht' ich einmal wissen, wer stärker ist: ich oder ich!" Und auf die Herren Hauptleute und das ganze Gefolge des Holofernes paßt trefflich das Wort aus Nestroyö Chor: „Weil er uns sonst uiederhaut, preisen wir ihn alle laut." Aeußerlich gar finster auSschauend, ist mir Decarlis Nua angelegter Holofernes "nur grämlich und humo ristisch, wo er grimmig, zynisch sein soll. Darum entflammt auch der Rausch seiner Begierde nach Judith nicht von den rechten Feuern gespeist, und man schüttelt bedeutend den Kopf über daS schöne Weib, das sich an so einem ältlichen Bären verliert. Mehr Löwe! Die Darstellung bewegte sich trotz einiger Neu- besetzungen, unter denen Ella Lorrant als Mirza fick vorteilhaft entführte, in den alten Bahnen und zeigte zu wenig von der düster» Nacht, in der, wie der Hebbclphilosoph Emil Kuh verlangt, Fackeln aufleuchten, den Umkreis der DunkellMen gespenstisch erhellend. Frau Dors begleitete lebhafter, stellen weise herzlicher Beifall aus ihrem schwersten Wege, und vor der Schwelle der Schande und des Mordes wurde ihr als JobanniSgruß eine prächtige Blumen- spende in daS Zelt deS Holofernes gereicht. 8est«uinr>u:g. Schauspielhau». Im Schauspielhaus vermittelte uns gestern aoend etnGastspieldesDresdner Hoftheater» di, persönliche Bekanntschaft mit strinddergs Kammerspiel „Wetterleuchte n". Man wird e» der Leitung des Theaters in der Sopkienstraße Dank wissen, daß sie diese» Ensemble- Gastspiel der Dr«»dner besorgte, denn neben dem Interesse, das Strindbergs Stück selbst beansprucht, war e» ein Genuß, auf dieser Bühne endlich wieder einmal wirkliche Schauspielkunst in den weiblichen Rollen zu erleben und zu sehen. Dank vielleicht auch dann, wenn sich die Damen der Hartmannschen Bühn« au» dem Spiel der Dresdner Künstlerinnen Alice Verden und Hermine Körner etwa», sei e« auch noch so wenig, entnehmen und ihnen etwas ab gucken. Gelegentlich der Uraufführung in Dresden brach ten wir in unserer Nummer 235 vom 20. Mai ja eine genau« Inhaltsangabe und kritische Würdigung die se» in seinen Charakterschilderungen, in seinen fein- gsschliffenen Sophismen und Aphorismen glänzend durchaearbeiteten, echt Strindberyschen Theaterstücks. Die Aufführung gestern im Leipziger Schauspielhaus war genau die gleiche, mit den Dresdner Kräften waren die Rollen genau so besetzt, selbst Dekorationen, Regie, alles war das gleiche wie in Dresden. So kann es heute nur unsere Aufgabe sein, das wunder volle Spiel der Hauptdarsteller zu würdigen und der prachtvollen Regie des Herrn Holz unseren Resvekt zu vermelden. Die Bühnenbilder waren von leoen- diaster Plastik und von prächtiger Stimmung. Wirk lich unübertrefflich bis in dre kleinsten Nuancen des eigenartigen Charakters des „Herrn" war Lothar Mehnert, in Leipzig noch immer sehr verehrt. Seiner Leistung gleichwertig möchte ich das sein- abgewoaene, äußerst subtil« Spiel von Fräu lein Verden in der schweren Rolle der Luise bezeichnen. Unnachahmlich zart angedeutet brachte sie die Gefühle dieses stillen, ttefempfinden- den Mädchens in ihrem stummen Spiel zum Ausdruck und griff uns damit ans Herz, ebenso wie uns Fräu lein Körner im stummen Spiel der Verzweiflung, der Angst, des Entsetzens restlos packte und ergriff, weniger durch die dramatisch bewegten Schreie nach dem Kind in der aufregenden Szene des Wieder sehens mit dem einstigen Gatten. Dieses laute Wesen hatte etwas Theatralisches, und „Wetterleuchten" verträgt auch nicht ein Fünkchen Theatralik, muß restlos natürlich, lebendig, realistisch in gutem Sinne gespielt werden. Zwei wundervolle L«istungen in der Durchbildung und Nuancierung waren auch der Konditor Starck des Herrn Alfred Meyer und die Les Konsuls des Herrn Wahlberg. Das Haus — es war leider nicht allzu gut besucht, und dem durch Operetten verdorbenen Leip ziger Publikum sei dafür «in Tadel erteilt, abgesehen davon, daß jeder Fehlende wirklich etwas versäumt hat — das Haus überschüttete nach jedem Akt und besonders am Schluß die Darsteller mit herzlichstem, wohlverdientem Beifall, ünd ebenso die Regie des Herrn Holz, aus der sich die Herren in der So» phienstraße auch recht viel entnehmen möchten! v. 8. Kunst unü Wissenschaft. * Ein Journalist geadelt. Gestern wurde bekanntgemacht, daß der König Georg von England dem Journalisten Twarv Tya» Took den Adelstitel verliehen habe. Sir Edward Tvas Cooks Name befand sich nicht auf der an de» König» Geburtstag veröffentlichten Ehrenliste, weil er damals nicht rm Lande weilte. Er hat sich al» Chefredakteur verschiedener Blätter, wie der «Pall Mall Gazette", der „Westminster Gazette" und der „Daily New»", einen Ruf erworben und auch einige Bücher geschrieben, von denen das bekannteste „Recht und Unrecht im Transvaal-Kriege" ist. * Die Enthüllung eine» Nousseau-Denkmal» in Ermenonville bei Paris leitete gestern die Zwei- hundert»Jahrfeier der Geburt Jean Jacqne» Rousseau» ein. Der Bürgermeister de» Orte», in dem Rousseau geboren ist. Prinr LSon Radziwill, machte dem Kultusminister Berard und den überau» zahlreich erschienenen Pariser Kunstfreunden die Honneurs. Eine Musterausführung de» Roussean- schen Krieg»! piele» „Der Dorfpropyet" beschloß die Feier.
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