Delete Search...
02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 06.06.1932
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1932-06-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19320606028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1932060602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1932060602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1932
- Monat1932-06
- Tag1932-06-06
- Monat1932-06
- Jahr1932
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
SMimral Lar» mit »er Anklagebank Die Aolsen eines FamiUenftrettes vradtmolckun» unanror Snrllnor SvNrlttlnItnag Berlin. 0. Juni. Bor der Strafkammer III X des Landgerichts Hl unter Borsttz von Lanbgerichtsbtrektor Ohnesorge begann heute vormittag der Prozeß gegen Geheimrat Prof. D r. Laro, dem im Zusammenhang mit dem bekannten Familtenstreit Pet scher —Caro ver suchter Betrug und Abgabe zweier falscher eidesstattlicher Versicherungen vorgewvrsen wird, wobei eS sich um bi« an gebliche Quittung Ignaz Petschekö Uber die von Caro seiner Tochter bet ihrer Verheiratung mit dem Sohne Petsche!» angeblich gezahlte Mitgift von 400 000 Mark dreht. Die Ver- teidigung Geheimrat CaroS liegt in den Händen der NechtS- anwälte Prof. Dr. AlVberg, Dr. D i x und Heine. Geheimrat Caro schildert zunächst seinen Werdegang, wie er sich als Sohn eines in Lodz lebenden deutschen Kauf manns, der wegen seiner staatlichen Zugehörigkeit in Polen kein Gewerbe betreiben durste, gänzlich mittellos von unten beranfgearbeitet habe, wie er auf dem Gebiete der Chemie besonders an der Lösung des Problems der Gewinnung des atmosphärischen Stickstoffs gearbeitet habe. Leine Erfindung, den atmosphärischen Stickstoff als Kallstickstoss zu verwenden, habe Dentschland von der Salpetcretnsuhr unabhängig gemacht und sei fiir die L a n d w i r t s ch a s t wie flir die M u n i t i o n S e r z e u g u n g gletchwichtig gewesen. Die deutschen Vorräte an Salpeter hätten im August 1914 höchste»» für drei Monate gereicht, und deshalb habe er, Caro, den Auftrag erhallen, sozusagen über Nacht die Schaffung riesiger Stickstoffwerk« in die Wege zu leite», ein Auftrag, der innerhalb von neun Monaten auSgMhrt worben sek. Auf Wunsch des Vorsitzenden äußert« sich bann Geheimrat Laro Uber seine Einkünfte, wobei er betonte, baß er setno damaligen Patente aus vaterländischen Gründen dem Reiche ohne «inen Pfennig zur Versagung gestellt habe. Er habe aber hohe Einnahmen aus seiner Tätigkeit bet den Stickstoff, werken, au» Tantiemen, ausländischen Lizenzen usw. gehabt. Er habe sein Vermögen nicht durch Spekulation ober Handel, sondern nur durch persönliche Arbeit erworben. Vorsitzender: Waren Eie in der Lage, in den Jahren 1018/10 400 000 Mark in bar als Mitgift zu geben? Geheimrat Caro: Mein Einkommen während de« Kriege» betrug etwa IX Million Mark. Leit Anfang 1917 sing ich an, mir Bargeld zu Hause zu behalten, «eil ich nach Vage der Dinge Unruhen und damit «ine Bedrohung der Bauten befürchte« mußte. An eine Inflation dachte damals noch kein Mensch. Ich habe in dieser Zeit etwa 700000 Mark tn bar, und zwar in Tausendmarkschetnen, abgehoben und zu Hause auf bewahrt. — Sehr scharf wandte sich bann Geheimrat Caro gegen die von der Familie Petsche! gegen ihn ausgestreuten Verdächtigungen und Herabsetzungen seiner wissenschaftlichen Bedeutung, wobei er sich auf da» Zeugnis bekannter deutscher und internationaler Wissenschaftler, darunter des Geheimrat» Nernst, berief. Ignaz Petschek habe sich auch vor der Verlobung seines Sohnes sehr gründlich über ihn, Caro, informiert und damals seine Befriedigung Uber diese Heirat zum Ausdruck gebracht. SS sei absolut falsch, wenn die Gegenseite es so hinstelle, al» wenn er, Caro, damals gar nicht tn der Lage gewesen sei, eine solche Mitgift zu zahlen. lBci Schluß der Redaktion dauert die Verhandlung an) Die ersten Mahlkampstüven Berlin, o. Juni. Zu der besonders in der englischen Presse verbreiteten Meldung, daß der Reichspräsident non Hindenburg an seinem 8.1. Geburtstage am 2. Oktober dieses Jahres dem srnhcren Kronprinzen die Reichs- v c r w e s c r s ch a s t übertragen werde, wird an zuständiger Stelle erklärt, daß an allen diesen Gerüchten kein wahres Wort sei. — In der Preße ist ferner behauptet worden, daß der neue deuticße Reichskanzler». Papen vor einiger Zeit in Parts zugunsten eines deutsch-sran- zösischcn Bündnisses gegen die Sowjetunion ver handelt habe. Diese Behauptung ist, wie an zuständiger Stelle mitgetcilt wird, ebenfalls falsch. Unzutreffend sind auch die Behauptungen über di« Parteizugehörigkeit des RetchSvcrkelirSmintsterS, des Fret- herrn Eltz von Rübe nach. Der Minister stellt dielen Behauptungen gegenüber fest, daß er parteipolitisch in keiner Weise gebunden ist, und daß weiter die Angabe über die Parteizugehörigkeit seiner engsten Famtlienglieder unzutrcssend sind. Offenbar handelt eö sich dabei nm Personenverwechslungen. — Auch die Be hauptungen eines Berliner MontagSblatteS über die Be rufung des Staatssekretärs in der Reichskanzlei, Planck, sind unzulressend. Staatssekretär Planck hat nicht vor seiner Berufung den bisherigen Reichskanzler Dr. Brüning gefragt, ob er annchmen dürke und von Dr. Brüning den Bescheid erhalten, daß Planck aus ihn keine Rücksicht zu nehmen brauche, sonder» Staatssekretär Planck hat aus ausdrücklichen W unsch vo n Dr. Brüning sein neues Amt übernommen. Dietrich kan-t-ierl tvte-er in Da-en Karlsruhe, 0. Juni. Der erweiterte Landesvorstand der Deutschen StaatSpartet in Baden hielt am Sonntag in Karlsruhe eine Tagung ab. CS wurde beschlossen, selb ständig und unabhängig in den Wahlkampf zu gehen. Zum Spitzenkandidaten der staatsparteilichen Liste Badens wurde Reichsminister a. D. Dietrich einstimmig ernannt. Aörfinss Partei oesrünöet Magdeburg, 0. Juni. Der frühere Bundcssübrer des Reichsbanners und bisherige sozialdemokratische Abgeord nete Obcrpräsident z. D. Otto Hörstng hat heute die Grün dung der seit einiger Zeit von ihm geplanten „Soztal- republikanischen Partei Deutschlands" vor genommen. Litz der neuen Partei wird Berlin sein, als ihr Ziel wird angegeben: republikanische Konzentration, Ar beitsbeschaffung und WtrtschaftSbclebnng. Führer der Partei ist Hörsing, außer Ihm gehören dem Vorstand noch an Rechts anwalt Dr. Adolf Hamburger, Berlin, und der RetchS- jngendsührer deü Reichsbanners Arthur Pape. Die Farben der Partei sind Schwarz-Not-Gold. Zu Ihrem Organ wurde die Wvchcnzeitung .Neue Kampffront" bestimmt, die am Mittwoch, 8. Juni, zum erstenmal in Berlin erscheint. Vie BtgWnnMkr für den Aeimkedrer Sandmann Karlsruhe, g. Juni. Die mit Jahnen und Girlanden reich geschmückte Stadt Endingen am Kaiserstukl stand am Sonntag im Zeichen der vsfentltchen Begrüßungsfeier für den au» der französischen Kriegsgefangenschaft heimgekeürten Oökar Daubmann. Etwa 12 000 bi» lSOOO Menschen nahmen an der Feier teil, an der sich der M i l i t ä r v e r e t n von Endingen, eine Abordnung des ehemaligen Infanterieregi ments 11, mit dem Daubmann in» Feld zog, viele Freunde und ehemalige Schulkameraden beteiligten. Daubmann war über den ihm zuteil gewordenen herzlichen Empfang tief erschüttert. Aus dem Marktplatz, wo sich die unüberseh bare Menschenmenge gesammelt hatte, begrüßten den Helm gekehrten der Bürgermeister von Endingen, ferner die Vcr- einöabordnungen und ein Vertreter der Hilfsstelle ehemali ger Kriegsgefangener. Ein Vertreter de» BreiSgauer KricgerbundeS überreichte Daubmann einen Briet mit einer Spende. Ta Oskar Taubmann nicht mehr länger in der Lage war, der Feier beizuwohnen, da er bis inS Innerste erschüttert war, mußte die Feier vorzeitig abgebrochen werden. Seine Absicht, einige DankcSworte für den herzlichen Empfang zu sagen, konnte er nicht anS- sührcn. Daubmann wird tn einigen Tagen in einem Sanatorium seiner engeren Heimat einen längeren Aufenthalt nehmen, um völlig zu gesunden. Autounglück von Retchsmartne Angehörigen Kiel, 0. Juni. Ein Lastkraftwagen der Kieler 1. Ma- trosenarttlleric-Abtellung, die sich zur Zett auf dem Truppen übungsplatz Mnnfte klager befindet, ist gestern abend ans der Straße Minden-Nienburg verunglückt. Dabei wurden von den 22 Mann zwei Mann so fort getötet. Zwei Mari nean gehörige wurden so schwer verletzt, daß mit ihrem Ableben stündlich gerechnet wirb. Sieben wettere wurden mehr oder minder schwer verletzt. Nach den bisherigen Fest stellungen soll der Führer plötzlich stark gebremst haben, wodurch der Wagen ins Rutschen kam und mit der Breit seite gegen einen Baum schlug. Die Verunglückte» gehören fämtlich der 1. Martne-A.-A. Kiel an. Oertliches un- Sächsisches Sommerfest -es VDA. Di«»mal hatten e» am Sonnabend di« Getreuen der. Männergruppe, der Jugenbavtetlung und des Schulgruppenverbandes Groß-DreSden im Verein für da» Deutschtum im Ausland nicht leicht. Al» da» Sommersest aus der Walbschlößchen-Terrasf« mit mancherlei liebevoll vorbereiteten Ueberraschungen und Belustigungen beginnen sollte, ging zwar wenig überraschend, aber noch weniger belustigend ein Gewitter mit starkem Platzregen nieder, der vielen Lust und Freude an der Teil- nahm« verdorben haben bürste. Und doch! Freunde läßt man auch in schlechten Zetten nicht im Stich! Go konnten sich bi« Gruppen de» VDA. schließlich doch zu guter Letzt über keinen schwachen Besuch beklagen, am Abend war die Tanz- släche «m Saal sogar oft genug überfüllt. . . Natürlich hatte der Regen manchen Plan für den Nach- mittag zunichte gemacht. Da» Lustballonwettflteaen und der Lamptonzug mußten anSfallen, dafür gab e» immer noch genug Liebhaber für den Schieß st and, das Kasper, theater und da» Karussell, die Nuhlig - Kapelle ließ ihre Weisen erklingen und als besondere Darbietungen hörte man unter Leitung von Studienassessor Enz mann zunächst von der VDA.-Singegruppe Volks- und Scharlirber. Volkstänze an» dem Böhmerwald folgten. Zum Schluß machte das „Mühlrad", da» die Burschen zu Boden setzte, viel Spaß. Schülerinnen der Staatlichen höheren MäbchenbildungSanstalt ließen Schattenspiele folgen, die viel Lustiges, Groteskes und von feiten der Darstellcrschaft auch sehr viel Gekonntes zeigten. Als e» dämmerte, versammelte sich der ganze VDA.- KreiS. der bis dahin durch «ine erkleckliche Zahl von Nach züglern immer größer geworden war, nach den Klängen der Muhlig-Kapell« im Saale zum Tanz. Auch hier gab es auf den Galerien und in den Nebenräumen mancherlei Ve- lusttgungen, wie einen Schießstand und ein Ballwcrsen, bei dem man allerhand Süßigkeiten gewinnen konnte. Zu guter Letzt endete die Veranstaltung doch mit dem Sonnenschein de» Erfolge» und dürfte für das Kipsdorscr Margarethe-Cronau-Hetm doch noch einen ganz schönen Reingewinn abgeworsen haben. Für Vorbereitungen und für gutes Zuendcbringen der Veranstaltung ist vor allem den Herren vom WcrbcauSschuß, so Dr. Ltebsch, Dr. Kuntzc und Stubtenrat Dr. Wohlrab, zu danken. —* Der Rechtsstreit um bas Mügltßwaffer «och nicht beendet. Wie uns der Verein für Wasserwirtschaft im Mltglitztale e. V. schreibt, unterliegt auch die neue Entscheidung der Dresdner KretShauptmannschast der An- f ech t u n g S k l a g e, die aller Voraussicht nach erhoben werden wird, und außerdem sei das wichtigste Ziel der An- licger, die Z w i t t e r st o ck - Ä. - G. zu jeder technisch mög- lichen Klärung zu verpflichten, durch die bindenden Richt linien de» OberverwaltungSgertchtS-Urteils gesichert. —* Der Kreozchor im Waldpark Weiße» Hirsch. Der große Erfolg, den die ersten Walbparkkonzerte beS Krcuz- choreS im vorigen Jahre erzielt hatten, machte der Städti- scheu Kurverwaltung eine Wiederholung zur Selbstverständ- lichkeit. Also sang der Kreuzchor unter Rudolf Mauers, berg er am Sonntagmittag, begnadet von herrlichstem Wetter, ein Programm von nicht weniger al» 18 Chören, das von einer wohl tanscnbköpstgen Zuhörerschar mit Be wunderung und Begeisterung ausgenommen wurde. Zwei geistliche Gesänge machten den Anfang, darunter da» köstliche „Geh' aus, mein Herz, und suche Freud'" tn der Vertonung von ManerSberger. Zwei alte Frühltngölieder au» dem 14. und 1ö. Jahrhundert folgten, und als GIpselung de» ersten Teile» Madrigale von Lechner und HaSler, die zum Kunstvollsten, aber auch Sonnigsten gestörten, das wir diesen Meistern der Renaissancemusik verdanken. Fürs Freie säst zu schade, wurden sie doch mit einer Andacht und Verstäud- nlSInntgkclt entgegengenommen, die hocherfrenltch war. War im ersten Telle vor allem das außerordentliche musikalische Können de» Chore» zu bewundern, so bezauberten tm zweiten di« Chöre von Mendelssohn, Fran», Loewe, Haupt- mann und Schubert durch eine Klangschönhett, einen Dust und eine Zartheit, die schlechthin einzig war. Wie aber die schlichten Volkslieder „Ein Strälißcsten am Hute" und „Alle Vögel sind schon da" einschlngcn, das muß man erlebt haben. Beschreiben läßt sich'S nicht. „Ade, du lieber Tannenwald" folgte als feinfühlige Zugabe. —* Bernnglückte Paddler. Auf der immer noch hoch gehenden Elbe ereigneten sich am Sonntag mehrere BootS- unsälle. Oberhalb Köntgstetn sielen zwei Insassen eines Riesaer Paddelboots ins Wasser. Während der eine sich durch Schwimmen reiten konnte, mußte der andere, der sich ans Boot fcstgeklammert hatte, von anderen Paddlern an Land gebracht werden. — Bei Pirna schlug ein Paddel boot In den Wellen eines Dampfers nm. Die beiden In- fassen fielen in» Wasser und konnten sich nur mit Mühe anS User retten. Kunst und Wissenschaft Mitteilungen -er Sächsischen Staattlheater Opernhaus Die bereits angckiindigte Ausführung von Gustav Mahlers 8. Sinfonie findet unter Leitung von Generalmusikdirektor Fritz Busch am 8 0. Juni statt. Flir den Chor wurden der Dresdner Lehrergesangverein mit seinem Fraucnchor, der Sinsoniechor und die Dresdner Liedertafel, für die Knabenstimmen der Kreuzchor ge wonnen. Solisten: Erna Berger, Angela Kolniak, Maria Eebotari, Helene Jung, Marta Fuchs, Rudolf Dtttrich, Pans Schössler, Kurt Böhme. In der Staatsoper sind mit Wirkung vom 6. Juni d. I. ab die Preise kür 1. Parkett und 1. Rang, teilweise auch für den 2. Rang, nochmals herabgesetzt worden. Der teuerste Platz kostet künftig 7M RM. bei gewöhnlichen Preisen und 0 RM. bei erhöhten Preisen, für Inhaber von Gutschein-IZwölser-iHesten 0,20 RM. Für die Mittellogen des ü. Ranges sind neuerdings auch Gulschein-sZwölfer sHeste etngeiührt worden. Schauspielhaus Ta Adolf Ziegler durch eine Fußverletzung einige Tage am Spiele» behindert ist, hat tm „Richter von Zalamea" von Ealderon sDienStag, den 7. Junis An recht N» Wolfgang Nnser die Rolle des „Nebollebo". in Fuldas „Karriere" <am Mittwoch, dem 8. Juni, An recht N) Wolfgang Engels die Rolle des „Ramon Estrada" Übernommen. Beginn beider Vorstellungen 8 Uhr. Morgenfeier -er Srchefterfchule Uranssührung einer Goethe-Oper im Schauspielhaus Mehrfach schon hat die Orchester- und Opernschnle der Staatökapelle unbekannte oder weniger bekannte Bühnen werke gebracht und durch solche Ausführungen mit ihrem eigentlichen Zweck — begabten Schülern die Möglichkeit zum Auftreten zu geben — einen weiteren Zweck verbunden: dem Publikum ältere oder neuere Ovcrchen vorzustellen, die sonst selten oder gar nicht zu hören sind. StaegemannS Regie und KntzschbachS musikalische Leitung haben auch nun wieder eine Ausführung zustande gebracht, die strecken weise Le» Charakter einer Schülerausführung ganz ver gehen ließ. Man gab am Sonntagvormittag im Rahmen einer Morgenfeier Goethes Einakter „D te Geschwistc r", vertont von Ernst MeyerolberSleben. Der bekannte Dresdner Künstler hat es unternommen, Goethe» Einakter unverändert in Musik zu sehen, und zwar Wort für Wort: er hat den ganzen Text streng durch komponiert «mit der einzigen — geschickt behandelten — Ausnahme: der Bries wird einfach gelesen!. Alle» bewegt sich also tn fortlaufendem Gesang skeine Ouvertüre und auch nur kurze Zwischenspiele!. Doch diese Treue gegen den Text — der Inhalt, die Liebe der Geschwister, die nicht wirklich Geschwister sind und darum ihre Liebe endlich tn Helles Glück verwandeln können, kann wohl al» bekannt vorausgesetzt werden — bringt Nachteil« mit sich: und nicht umsonst haben die alten Opernkompontsten so mit der Bearbeitung der Dichtwerke gerungen, um der Musik den nötigen Raum zu schaffen. Hier nämlich kommt, um eben den unveränderten Text zu bewältigen, eine etwas un natürlich fixe Behendigkeit in den Ablauf, als hätten die Darsteller es eilig, auch ja ihr ganzes Pensum abznsingen. Und das macht eS einerseits dem Hörer schwer, den Tert zu verstehen, anderseits widerstrebt cs etwas dem Charakter von Goethes Sprache. Gewiß, eS sind leidenschaftliche Höhe punkte da, aber sollten sich die nicht auch tn der Musik stärker ausbreiten? Sehen wir nun von diesen Nachteilen ab, so bleibt doch Gute» zu sagen. Vor allem: da» Werk hat Stil, einen durchgängigen Stil, der, wie sich ja ans Vor gesagtem ergibt, tn einer gewissen Lockerheit und Lebendig keit besteht. Die inneren Fortschreitungen der Handlung sind mit lebhaftem Sinn für SttmmungSwerte ersaßt, und die eigentümliche Raschheit de» Verlaus» hat also auch ihre Vorteile: eS bleibt alles tn Fluß, man bleibt gefesselt. Der Stoff ist mit Geschick behandelt, das Dramatische gut her- auSgehoben, eigentlich über da» Maß hinan», da» Goethe gegeben hat. Die Orchesterbegleitung untermalt die Emp findungen, bringt ost hübsche, melodische Wendungen, auch ohne ins Sentimentale abzugleiten. Sonst ist für hervor tretende Melodie wenig Platz: das gleichmäßig belebte Tempo der Diktion verbietet da». Hier scheint ein Einfluß der modernen „Kurzoper" vorzultegen, obwohl tm übrigen die Musik die herkömmlichen Bahnen nicht verläßt und leicht tn di« Obren geht. Als besonder» gelungen erscheint die Stelle, wo sich Wilhelm Charlotte« erinnert, ober auch die plötzliche Unterbrechung der schwärmerischen Worte Wilhelm» durch bi« Ruie de» Knaben. Die Darsteller boten sehr hübsche Leistungen Elsrtede Böhme sang und spielte die Marianne locker und lebhaft. Rudolf Großmann z«igte sich recht vertieft in feine Rolle, nur baß er den Wilhelm oft allzu weich darstellte. Fritz Zehrer charakterisierte gut den Fabrtce, sein Tenor, bei Steigerungen leicht etwa» grell, hat in der Mittelstärke einen angenehmen Klang. Die Kostiime und die Szenerie de» Zimmer» waren einfach und unaufdringlich Im Stil der Zelt. Da auch da» Orchester unter KntzschbachS Führung fließend musizierte, ergab sich ein voller Erfolg fiir alle Be teiligten: auch der Komponist mußte sich mehrmals aus der Bühne zeigen. — tt — Lustiger Ausklang tn Lauchstä-t „Der Triumph der Empfindsamkeit" Die dritte und letzte Gruppe der diesjährigen Festspiel« tm Goethetheater zu Lauchstädt brachte Goethes „T rtuinph der Empfindsamkeit" tn einer Anfsührung beS Augsburger Stadttheaters. Diese „dramatische Grille", wie Goethe lein Lustspiel nennt, stammt an» seiner ersten Weimarer Zeit. Es ist eine übermütige Groteske, mit der Goethe eine schwere innere LcbenSkrise endgültig abschltcßt. Er hatte die Wertherzcit überwunden, aber die Zett der Empfindsamkeit, deren stärkster dichterischer Aus druck der Wertster war, spukte noch immer nach, in der Literatur wie im Leben, rznd nicht zum wenigsten im Weimartschen Kreise. Diese» Wcrthersicber will Goethe heilen: er gebraucht dazu die Waffen des Scherze», der Ironie und der Satire, womit er der späteren romantischen Dichtung vorgegrifsen hat. Bon schwärmerischer Empsind- samkeit ist er zur wahren, echte» ersten Empfindung vor gedrungen. In seinem Prinzen Oronaro zeichnet er ein« Karikatur de« empfindsame» Jüngling», der sem Glück tn einer künstlichen Natur findet und die Vollkommenheit de« Weibe» tn einer augebcteieu Puppe erblickt. Diese Puppe ist auögcstopft mit all den Büchern, die damals Mode waren und Lesern und Leserinnen Tränenstrvme entlockten: dem „Stgwart", der „Neuen Oekoise" und vor allem auch den „Leiden de» jungen Werther". Wie man den „Triumph der Empfindsamkeit" heute spiele» muß, damit die mehr als 1K0 Jahre alte Pvfse nicht antigutert erscheint, zeigte die Aufführung des Augsburger Stadilhcater» in Lauchstädt. Intendant Erich Paust hatte die Aufführung mit blühendem Leben erfüllt und tstr ein beschwingte» Tempo gegeben. Mannigfach« technisch« Probleme sind auf der kleinen Büstne mit Geschick gelöst worden: so war e» köstlich, wie im Saale de» Schloße» die künstliche „Reis-natur" de» Prinzen, Nasenbänke, Wasserfall, Gesang der Vögel, Mondschein nach und nach enthüllt
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview