D ie Bemühungen, Aktaufnahmen bildmäßig zu gestalten, schlagen in der Regel fehl, weil das Wesen der künstlerischen Aktdarstellung zunächst in der Pose oder der Schönheit der Modelle gesucht wird. Gewiß kann ein schöner menschlicher Körper viel zum Gelingen einer künstlerischen Aktdarstellung bei tragen. Für die Darstellung selbst ist jedoch die Wiedergabe der Bewegung, das Widerspiel von Linie, Fläche und Plastik, die Verteilung von Licht und Schatten im Raum und an der Figur u. a. m. weit ausschlaggebender. Abgesehen davon, daß der Mensch in seinen äußeren Proportionen selten vollkommen ist, liegen bekanntlich in der photographischen Wiedergabe selbst mit ihrer Verfälschung der Tonwerte, der über- oder untertriebenen Perspektive, der beschränkten Schärfenzone, derart viele Mängel, daß mit wenigen Ausnahmen photographische Aktbilder von wahrhaft Kunstverständigen als Arbeiten von künstlerischem Wert abgelehnt und nur als Photographien betrachtet werden, die mehr erotische als künstlerische Zwecke verfolgen, es sei denn, daß sie sportlichen oder wissen schaftlichen Zwecken dienen oder als Studienmaterial für den Künstler gedacht sind. In diesen Fällen sind es Aktphotographien, nichts weiter. Die Scheidung zwischen einer wahrhaft künstlerischen Akt darstellung und dem photographischen Aktbild, das mehr oder weniger klare Ziele verfolgt, muß einmal gemacht werden, da unter dem Deckmantel der Kunst sich allerlei photographische Aktwerke im Handel breit- macben, die mehr den Sinn für Pornographien als Sinn für die Schönheit des menschlichen Körpers und seine Beziehungen zur Natur wecken. Welche Anfor derungen muß also eine bildmäßige, photographische Aktdarstellung erfüllen? Diese Frage ist oft gestellt worden und läßt sich allgemein nur dahin be antworten, daß das Aktbild so zu gestalten ist, daß es einen Gedanken oder eine Idee in Form und Bewegung so sichtbar zum Ausdruck bringt, daß es die Phantasie des Betrachtenden mitschwingen läßt. Nicht das Konkrete oder Zeitliche des photographischen Aktbildes, sondern die Idee in ihrer ewigen, formalen und rhythmischen Gestaltung soll uns fesseln und beschwingen. Das kann natürlich nur geschehen, wenn die Idee des Bildes durch Hervorheben des Wesentlichen und Charakteristischen unterZurückdrängung alles Nebensächlichen betont wird. Verkleinerte Wiedergabe aus dem hervorragend schönen und grundlegend neuartigen Werk: KÜNSTLERISCHE AKT AUFNAHMEN / VON FRANZ FIEDLER Einführung von Karl Weiß — 24 Kupfertiefdrücke, Mappe etwa RM. 13,50 Llnion Deutsche Verlagsgesellschaft Zweigniederlassung Berlin SW 19