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Dresdner neueste Nachrichten : 21.01.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-01-21
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193101218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19310121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19310121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1931
- Monat1931-01
- Tag1931-01-21
- Monat1931-01
- Jahr1931
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 21.01.1931
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Krnubandsenbvngen: Mir dl« Woche Lio 7i.-Dll Mn Handels - und Industrie - Heilung Einzelnummer - i-AM Redaktion, verlas und Kaupt-rschWstrlle: Dresden.«.,rerdlnaobstr.4 « Zernruf: für den Ortsverkehr Sammelitummer 24601. für den Zernvettehr liisi,20021,27S81-279SZ«relegr.: neueste Dresden * postschrst: Dresden 2066 Aschlverl-ngte Einsendungen oha« Rückporto »erden w«d«r -urückgesandt noch aufh«a>ahrt. - Im Falle höherer Sewal«, Lctriebssiörung ober Streik« haben unsre Sezieher keinen Anspruch auf Nachlieferung oder Erstattung de« entsprechenden Entgelt« SS Zavrgang Mittwoch, 21. Lanuar 1SS1 M.17 x Große Abrüstungsdebatte in Genf Vas (Lnde -er Zn-ien-Konferenz - Oer Reichsfinanzminister -ementieri aufs schärfste -ie Gerüchte über neue Kürzung -er Beamiengehälier Deutschland übt schärfste Kritik her. diesem ein lik'. London, SO. Januar >rnn»tnisto». sprach der in ein der italienisch« Außenminister Grandi. Er betonte, daß aus Grund drS Bölterbunbspaktes die Abrüstungsverpsltchtung sttr alle Völker gegeben sei. Die Sicherheit zahlreicher Nationen sei gegenwärtig gesährdet. Es sei unbedingt nötig, so rasch wie mög lich die Abrüstungskonferenz einznbcrufen. Grandi erwähnte die vielen Schwierigkeiten, die sich der Durchführung der internationalen Abrüstungskonfe renz entgegenstellten, nnd wies n. a. aus den gegen wärtigen Stand der französisch-italienischen Flotten- Verhandlungen hin, indem er betonte, das, darüber noch eine Verständigung erreicht werden müsse, nm der Abrüstungskonferenz den Erfolg zu bringen. Im Gegensatz z„ den deutlichen und stellenweise scharfen Darlegungen des Rcichsanßenministcrs l)r. EurlinS sprach Grandi auffallend zurückhaltend. Nach Grandi sprach das Wort. Die Aufmerksamkeit war tu Augenblick äußerst gespannt, und Briand folgte den in deutscher Sprache gehaltenen Ausführungen des vr. LurttuS mit gespanntem Interest«, vr. TurtiuS erklärte: „Wie wir in Deutschland den Konventtonö- «ntwurf selbst beurteilen, misten Sie alle. Seit -em Zusammentritt der Vorbereitenden Abrüstungskom» Mission mußten mir mit jedem Jahre immer mehr erkennen und darauf Hinweisen, daß der Weg. den die Kommission einschlug, sich ständig weiter von dem eigentlichen Ziel entfernte. Trotz unsrer Einwände wurde der Konventionsentwurf hinsichtlich der Land abrüstung Stück um Stück derjenigen wesentlichen Elemente beraubt, die zu einer wirklichen Abrüstung gehören würden. Das NüstungSschema, das jo ent- stand, läusthöchstenSaufdieStabilternng des heutigen Rüstungsstandes hinaus. Zum Teil würde eS sogar noch «ine Erhöhung dieses Nüstungsstandes erlauben. Die Kommission ist schließlich soweit gegangen, diesen, an sich völlig un- genügenden Entwurf auch noch von vornherein zu verbinden mit einer erneuten Festlegung de» uns vertragsmäßig auscrlegtcn EntwaffnungSstandes. So war «8 selbstverständlich, daß wir das Ergeb» niS -er Arbeiten ablehnt««. Die kommende Konferenz wird nur dann annehmbare Resultate zeitigen können^ wenn sie zunächst, ehe sie an die Einsetzung von Ziffern geht, die jetzt vorge schlagenen Methoden durchgreifend revidiert. Sie wird sich ferner den ersten Grundsatz des Völkerbundes, nämlich dl« Gleichberechtigung seiner.Mit glieder, zu eigen machen müssen nnd nicht Sicher- he-it gegen Unsicherheit stellen dürfen. Gras Bernstorfs hat noch vor sechs Wochen in diesem Saal« für Deutschland paritätische Sicherheit verlangt. Ich billige und unterstreiche seine Erklärung ganz. Würde der Völkerbund diesen Grundsatz preiSgeben, würde er an seiner Ausgabe versagen» die darin be steht, durch Abrüstung allen seinen Mitgliedern Sicher heit zu verschaffen^ so würde er seine KriedenSaufgabe verfehlen, sei« eigenes Dasein erschüttern und sei» Trist««»» berechtig««g verlieren« Erfüllt er aber fei«« Abrüstung-Verpflichtung, so wer de« «dir die ersten sein,>das anzuerkennen. Niemandem kann mehr an wirdljHr Abrüstung gelegen sein, als -em deutschen Volk« »ach »em «eil Briand Er begann mit solgendcn pathetischen Worten: .ES ist einfach nickt möglich, daß di« Abrüstungs konferenz nicht gelingen sollte. Sie wird eine »etzc Etappe bilden, und dieser Etappe werden hoffent lich noch andre folgen. Man sollte aber nichts Ab solutes von dem Ergebnis -er ersten internationalen Abrüstungskonferenz verlangen. Diese Konferenz wird kein Wunder bringen, sie wirb hoffentlich nur dazu führen, -aß eine wesentliche RüftungS- cinschränlung zustande kommt und daß die Völker das Verlangen haben werden, auf diesem Wege weitrrzuarbelten." Sodann wandte sich Briand kritisch gegen Vri S«rtinS und kam aus die Arbeiten der Vorbereitenden Ab- rttstungskommtssion zu sprechen, die von vr. CurtiuS stark kritisiert wurde«. Briand erwiderte: „Diese Männer haben ausgezeichnet gearbeitet. Ich bin der Ansicht, daß man für ihre Tätigkeit nicht genug Lob aufbringcn kann. Sie haben alles getan, was unter den gegenwärtige» Umständen möglich war!" l?j Tann wandte sich Briand an Grandi und erklärte, daß zur Vorbereitung der Abrüstungskonferenz noch wichtiger Punkt zu behandeln sei: nämlich die Klärung des italienisch-französischen Meinungsgegensatzes. Briand sprach die Hoffnung aus. daß dieser Punkt noch vor Beginn der Abrüstungskonferenz eine befriedi gende Erklärung finden würde. Der französische Außenminister stimmte sodann ein Preislich aus Frankreichs Friedensliebe an. Frankreich lmbe die Milttärdienstpslicht verkürzt und die Höhe des stehen den Heeres herabgesetzt. ES sei unrichtig, zu behaupten, daß Frankreich irgendeine Vorherrschaft Uber andre Völker erstrebe. Im Gegenteil, Frankreich ersehne- nichts mehr, als dir Gleichberechtigung zwischen allen Völkern. In der letzten Zeit seien allerdings bedenklich« Kundgebnnge« in verschiebe»«« Ländern vorgekommen. Man habe Ruse des Hasses und Brutalität gehört. Dadurch sei beispielsweise Frankreich die Befürchtung erwacht, es könnte Krieg ansbrechen. Brtand meinte, daß diese Befürch tungen übertrieben gewesen seien, doch dürfe man nicht die Gefahr derartiger Kundgebungen unter schätzen. „Wir müssen mit gutem Glauben, Vertrauen und ohne Hintergedanken aus die Internationale Ab- rüstungSkonfercnz gehen. Wenn wir dies nicht tun, so werden wir nichts erreichen." Nach Brtanbs Rede ergriff -er polnisch« Außenminister Zalesli das Wort und gab folgende Erklärung ab: „Ich schließe mich den Darlegungen Hendersons und Briands voll inhaltlich an. Ich habe kein Bedürfnis zu wieder holen, baß Polen infolge seiner Geschichte und in an betracht seiner geographischen Lage dem Friedenstdeal sich zuwendet. Um bteS neuerdings zu beweisen, teile ich mit, baß wir die fakultative Schiedsklausel des Haager Internationalen SchtebShoseS ratifizieren werden. Für Polen ist die Rüstung ein notwendiges Uebel. Wir begrüßen daher den Lurch die Bor- bereuende LbrüftungSkommissto» au-gearveiteten KonventtonSeNtwutf «nd al» den ersten Schritt auf dem Wege zur allgemeinen und progressive» Ab- rttstung." Nach Zaleskts Rede wurde die Ratssitzung beendet und auf morgeü vornüttag vertagt. lWeUev« »M«»« sieh« Sgft« N si. Genf, 20. Januar, 14 Uhr Heute vormittag hat der Völkerbundsrat die öffentliche Aussprache über die Ab- rllstungssrage begonnen. Ter erste Redner war der Vorsitzende des Rats, der engltfche Außenminister Henderson. Die Haltung -er englischen Negierung zur Ab- rllstungssragc hak sich bekanntlich im letzten Jahre völlig gewandelt. Henderson versuchte diese Wand- lnng durch einen großen Ansivand schönklingender und zu nichts verpflichtender Phrasen zu verhüllen. Er fagte u. a.: „Wir sind dazu verpflichtet, ans Grund des Völkerbunbspaktes die Abrüstung durchzuführen und es wär« ein Verbrechen gegen die ehrliche Gesinnung und den guten Glauben, wenn wir diesem seierlichen Versprechen nicht nachkommen würden. Diese- Ver- brechen wäre um so größer, als in der ganzen Welt Verarmung, Arbeitslosigkeit nnd wirtschaftliche Krisen herrschen. Jede Regierung befindet sich in Schwierig keiten, jedes Volk leidet. Man degreift sticht mehr, wie «S möglich ist, heute so gewaltige Militärbudget» zu unterhalten. Die Geschichte hat für diesen Zustand kein Vorbild. Es märe eine furchtbare Gefahr, wenn die Abrüstungskonferenz nicht zu einem Erfolge führen sollte. Dann kämen wir in eine Lage, wie sie vor 1914 herrschte: der Krieg würbe wieder vor der Tür stehen. England kennt keine militärischen Bünd nisse. Es ist der Freund der ganzen Welt und möchte die ganze Welt verbündet miteinander sehen im Dienst des Friedens. Wir alle sind Mitglieder dev Völker- bunbcs und verteidigen gemeinschaftlich di« Sache der Abrüstung. Wir alle sind Freunde und möchten die Abrüstung siegreich aus unfern Verhandlungen vorgehen sehen." Nach Henderson ergriff RelchSaußeiiministet- 0r. Üurtius Tic beiden Häuser des Parlaments treten heute in einer Atmosphäre großer innerpoltttfcher Span, nung zusammen. Zwei große Gesetzesvorlagen stehen in der kommenden Session zur Debatte, die beide heiß umstritten sind und zu schweren politischen Konflikten fuhren werden. Zunächst die Vorlage über die Heraufsetzung des S ch u l« n t la s su n g s - alters, die programmatische Fragen der Finan zierung konfessioneller Schulen anschneidet und über. Haupt in die stark religiös bestimmte Er»tehungs. frage ziemlich tief eingreist. Schon jetzt ist der Wider, stand gegen diese Vorlage so stark, daß man von einer möglichen Aufgabe des Entwurfs spricht. Noch wqtt schärfer sind die Gegensätze jedoch hinsichtlich der zweiten Vorlage, die der kommenden Session den Charakter verleihen wirb, nämlich des Gesetzentwurfs über die Rechte der Gewerkschaften. Es handelt sich darin großentetltz um «inen Widerruf der Einschränkungen, die das konservative Kabinett nach -cm Generalstreik von 1926 den Gewerkschaften auf erlegt hatte. Im bürgerlichen Lager gilt diese wohl absichtlich recht radikal formulierte Vorlage als «ine ausgesprochen sozialistische Partetmaßnahme, zu der die Mehrheit-Verhältnisse nach englischer Auffassung Macdonald nicht da- Recht geben. Die Konservativen werden zweifellos mit allen Mitteln gegen diese Vor. läge angehen. Die Liberalen, oder wenigstens ihre »Welle Führung, sind durch die Versprechen der Bahlresorm gebunden, die Regierung hinsichtlich der Gcwerlschaftsvorlage zu unterstützen. Wie wett Lloyd George hierin seine Partei in der Hand hat, bleibt abzuwarten. ZwetfelloSrechnetdieRegi«. rung bereits mit der Möglichkeit, daß ein Teil der Liberalen sie dennoch im entscheidenden Augenblick verläß' und -aß es dann -um Stur- kommt. Es ist Macdonald zweifellos angenehmer, über eine radikal sozialistische Maßnahme zu Fall zu kommen, al» 'im gewöhnliches Verlauf der politischen Geschäft«, bei denen sich kein« Gelegenheit bietet, an die Massen zu appellieren. Jedenfalls muß mit der Möglichkeit ge. rechnet werben, daß im Laufe der nächsten bret Monat« «ine Parlamenttzauslösung und Neuwahlen ftattsinlen. parlamentsbeginn in England Matdonald vor schweren Kämpfen Telegramm unsre» Korrespondenten vr. LurttuS: „Ohne Abrüstung verliert der VStterbund seine Lustenzberechttgung Telegramm unsres nach Genf en t sa n d ten Son der k o rre spo n d en ten Appell an Gandhi Telegramm unsres Korrespondenten RI»'. London, 20. Januar Mit einem dreimaligen „Hipp-Htpp^urra" auf dün König und unter den Klängen einer Militär- lapelle ging gestern die Londoner Indien- konfcrenz zu Ende. Die Konferenz ist theo. retisch nur vertagt worden und wird in zahlreichen Ausschüssen teils in London, teils in Indien selbst weiterbestehen. Macdonald gab gestern noch eine lange programmatische Erklärung ab, in -er er die Arbeiten der Konserenz zusammensaßte und sich im Namen der Regierung verpflichtete, für «in selbständiges Dominion Indien einzu- treten, das von Indern regiert wird. Macdonald machte darauf aufmerksam, daß die beide» Haupt- icistinigcn der Konferenz, nämlich die Einigung über -ie allindische Föderation und über die Verantwort lichkeit der Zcntralregierung gegenüber dem Zentral- Parlament, bereits große Wendepunkte i» der Ge» schichie Indiens -arstellen. Er schloß sich dann dem Appell des VizeköntgS an Gandhi un- den Na. Iwnaikongreß an, indem er tn unbestimmten Worten «ine Amu« st t« für den Fall-«» Abbruch» der Boykottoampägne in Aussicht stellte. Die meisten Konferenzteilnehmer sind bereit» gestern abgereilt, doch finden in Liesen Tagen noch zahlreiche Abschiedsfestlichkeiten statt. Sowohl für die indischen Delegierten al» auch für die englisch« Re- gierung beginnt jetzt der Kampf mit der öffentlichen Meinung in beiden Län- dern nm Lio Durchführung der Grundsätze der neuen Indischen Verfassung. Bon dem AuSgang dieses Kampfes wird mehr abhängen als von deip Ergebnis ter Konferenz selbst. Prohibition Von keil« Saiten Die Jazzband beginnt einen Tango. Tas Saxo phon führt die Melodie, schwermütig, sinnlich, beinahe wie Gesang eines Menschen. Bon den jungen Leuten, die am Ncbentisch Platz genommen habe», wiegen sich drei oder vier Paare im sanst nnd zögernd hingleiicn- dcn Rhythmus. Das Mädchen, das scheinbar so lieb reich ihr Haupt ans die Schulter des Nachbars gebettet hatte, erhebt sich nut ihm. Beide wollen tanzen. Ja, prost Tango! Tas junge Mädchen kann nicht auf seine» Beinen stehen. 'Sic ist total betrunken. Tau- mclnü tastet sie nach dem Sessel, will sich nicdcrlaisen. Der junge Mann muß ihre» armen Leib halten und steuern: sonst würde sic zu Bode» sinken. Die andern zeigen heitere, sogar zärtliche Teilnahme, eilen aber scelenvergnügt wieder zum Tanz, so ost die Musik rüst. Und die Musik rutt ohne Panse. Indessen wird dein snngcn Mädchen wehr und mehr übel. Es blickt starr und gläsern aus kaum geöffneten Lider». Trotz der Schminke merkt inan, daß die Kleine ganz grün anssicht, daß ihre Naic spitz geworden ist, und daß schwarze Schatte» die tief eingesunkenen Angenhöhleu decken. Sie glich einer Sterbenden, wüßten nicht alle, daß cs diesmal keineswegs der Tod und das Mädchen ist, sondern das Mädchen und der Cocktail. Wo ly den Vereinigte» Staaten iH diesen Anblick zuerst erlebte, bleibt ja egal. Jedenfalls: das erstemal bin ich furchtbar erschrocken. War auch über di« Ge- führten -er jungen Person entsetzt. Niemand benahm sich, als sei ein Unglück geschehen. Alle halten bloß das nette Bedauern, das man einer geringfügigen Störung erweist. Das Mädchen wurde vän ihrem Begleiter und einem zweiten Herrn hinaus zum Auto getragen. Erledigt! TaS war sie wirklich, so schlapp zilsainmengesackt wie sie in den Armen ihrer Helfer hing. Die übrigen tanzten weiter. Während der fol genden Monate habe ich solche Austritte einig« Male mit angesehen. Erschrocken bin ich nicht mehr, denn ich wußte nun Bescheid. Aber danekßd war ich entsetzt, obwohl, nein! eben weil ich nun Bescheid wußte. Als Europäer gerät man ja Leim Anblick eines Betrunkenen nicht gleich außer sich. Allerdings, ich habe von jeher den heftigsten Abscheu vor Besoffenen empfunden. Doch man gewöhnt sich, in solchen Fälle» einfach wegzublicken. In England gibt es, oder gab's mindestens früher, betrunkene Frauen. Armselige, niedrige, längst schon reizlose Geswöpfe, unrettbar dem Alkohol verfallen. Ans Verzweiflung ost. Aus Armut, was ja dasselbe sein kann. Und bezechte Straßen- dirncn gibt es überall auf -er Welt. Aber junge Mädchen, anständige junge Mädchen, -te sich für fesch, für fidel, für modern halten, weust sie sich dem Trunk ergeben und wen» sie sich durch Whisky oder Brandy oder sonst einen Fusel tn solch schimpflichem Zustand befinden, bas übersteigt europäische Begriffe. Schon vor Jahren ist in amerikanischen Theaterstücken und Romanen die Gestalt des beschwipsten, des voll berauschten sungen Mädchens aufgetaucht. Immer waren eS Mädchen aus „guten" Familien. Ich er- innere mich, ivelch einen starken Widerwillen und welch ungläubiges Staunen Liese Gestalt mir erregte. Jetzt freilich lernte ich dt« lebendigen Modelle solcher Darstellungen kennen. Ein gänzlich neuer Tsvp der Wirklichkeit und der Literatur. Eine abstoßende Er- scheinung im Alltag, im Buch wie ans der Bühne. Eine absurde Figur, gegen die man sich sträubt und die man zugleich bemitleidet. Man möchte diesen verirrten Kindern wieder den rechten Weg weisen. Sie müssen gerettet werden, denn sie sind unschuldig. Sie wissen nicht, was sie tun. Ja, sie ahnen nicht «in- mal, was man ihnen angetan hat. Sicherlich, sie können weder durch Antialkohol, verein« noch durch Sittenprediger bekehrt, noch weniger durch gesetzlich« Verbote, am wenigsten durch Strafdrohungen bewahrt werden. Das einzige Mittel wäre, den Alkoholgenuß wieder vollständig freizu geben. Die Prohibition hat neben vielen andern trüb- seligen und tragischen Folgen das trunksüchtig« junge Mädchen als Li« am meisten groteske Folge gezeitigt. Dabei sind Lies« Mädchen eigentlich gar nicht trunk- süchtig. Sie rutschen nur tn di« häßliche Gewohnheit, Cocktail» und Whisky zu kippen, unüberlegt hinein, einfach, weil alle Welt wie toll danach ist und weil cs als schick gilt, die verbotene GchnapSflasche bei sich zu tragen oder tn den übelsten sponlr eusv-Kneipen zu hocken und Kusel -u saufen. Wer nach de» Bereinigten Staaten kommt, ober wer «ineu Amerikaner In Europa trifft, gerät leicht in den irrigen Glauben, di« meisten Bewohner Amerika» seien Trunkenbolde. Aber st« sind nur Opfer der Prohibition. Sie »reifen eln»ig deshalb zum Schnapsglas, zur Bouteill« Wein oder zum vterkrug, weil da» gesetzlich verpönt« Dinge sind, und weil LI« „Selbstachtung'' jeden von ihnen dazu Evr-ert, für sichechenso, vrie für andr« den
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