Dresdner neueste Nachrichten : 17.01.1934
- Erscheinungsdatum
- 1934-01-17
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193401170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19340117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19340117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1934
- Monat1934-01
- Tag1934-01-17
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- Dresdner neueste Nachrichten : 17.01.1934
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Schristleltung, Verlag und Hauptgeschäftsstelle: Dresden-A., Zerdlnandstraße 4 42 ?ahraana I VI!N»«I»IiIiiMM»II Nr. 13 Mittwoch, 17. Zanuar 1934 mit Handels- und Industrie-Leitung A-ii'LNrL r,oo n..m. — I» * posibezuq für den Mona, 2M R.-7A. einschließlich 46 R.-ps.p^ (ohne Zustellungsgebühr). Kreuzbandsendungen für die Woche 1,66 R.-M. Einzelnummer 10 R.-Pf., außerhalb Groß-DrezdenS 15R.-pf. Dresdner Neueste Nachrichten Tlnisiaennreile' Grundpreis für die 22 MW breite wm-Zeile — im Anzeigenteil 14 R.-Pf.i die 2S mm breite mm.Zeile lm Textteil toste! 1,16 R.-M. - Dio Äriefgebühr für 2uchstabenan;eigen beträgt Z6 R.-Pf. ausschl. Porto. - Für Einschaltung an bestimmten Tagen und Plätzen kann eine Gewähr nicht übernommen werden. Postadresse: Dresden-A.l. Postfach * Fernruf: Ortsverkehr Sammelnummer 21601. Fernverkehr 14194, 20024.27981-27983 * Telegr.: Neueste Dresden. Verllner Schriftleitung: Viktoriastr.la: Fernruf: Kurfürst 9361-9366 Postscheck: Dresden 2060 - Nichlvcrlangic Ein Übungen ohne Rückporto werden weder zurückgesandt noch aufbewahrt. - Zm Faste höherer Gewalt oder ÄelriebsstSrung haben unsre Äezieher leinen Anspruch auf Nachlieferung oder Erstaltung des entsprechenden Entgelts Krankreichs Vorfloß in der Saarfrage Voosevetis neue Währungspolitik - Oer sächsische Volksbildungsminister vr. Hartnacke vor den Berliner Studenten Der Genfer Versuchsballon Der Völkerbund bat in der vergangenen Wache seinen vierzehnten Geburtstag begangen. „Befun de re Feierlichkeiten sanden nicht statt", heisst cs in dem Bericht einer englischenZeitung. Dieser Verzicht ans ein GcbnrtStagsscst ist verständlich, denn allmählich bleibt in Genf nnr noch eine Art Rnmps- parlament übrig. Deutschland, Japan, Amerika und Russland gehören dem Genfer Bund nicht mehr an. lind Italien ist ein ausserordentlich kritisch und störrisch gewordenes Bnndcsmitglied, von dem man nicht weih, ob cd nicht eines Tages den gleichen Ent schluss ivic die vier andern Mächte fassen wird. So begann denn die gestrige Raissitznng in sehr ge drückter Stimmung. Sie dauerte nnr etwa zehn Minuten und hatte rein formalen Eharacter. Ans der Tagesordnung dieser Ratssitzung steht aber als Punkt Ni eine Diskussion über vorbereitende Massnahmen für die im Jahre Itztzä stattsindende B v l k e-a bst i m m u n g im Saargebiet, ein dieser Volksabstimmung wurde eine merkwürdige Erklärung des sranzösischen Delegierten Massigli zu Protokoll genommen. Diese Erklärung hat folgen den Wortlaut: „Ans Gründen, für die der Rat nicht verant wortlich in, bleibt der Sih des deutschen Delegier ten im Rat in diesem Augenblick leer. Da Dcntsch- laud noch siir zwei »fahre Mitglied -es Völker bundes und Mitglied des Völkerbnndsrates ist, sendet das Sekretariat regelmässig die Dokumente, . die den Rat betreffen, nach Berlin. Die deniiche Regierung in also darüber unterrichtet, dass diese Diskussion über die Vvllsabstimmung im Saar gebiet vor dem Rat stattfinden wird. Die fran zösische Regierung, in Berücksichtigung der Be deutung, die sie den späteren Erwägungen über diese Frage beimisst, hatte lebhaft gewünscht, da» die deutsche Regierung ihre Ausmcrlsamtcit aus drücklich aus die Tatsache gerichtet hätte, dass die Debatte über diesen Punkt während dieser Rats tagung stalisinden wird. Ans Gründen der Lona- lität und des I'uii-i>Iu.v, welche die Mitglieder des Rats ohne Zweckel billigen werden, wünscht die französische Regierung, dass die Ausmerliamkeit der deutschen Regierung aus diese» Punkt der Tagesordnung gelenk! wird und dass, da die Dis kussion über diesen Punkt Ai -er Tagesordnung erst in den letzten Tagen -er Tagung slatifindcn wird, -er deutschen Regierung, wenn sic cs wün schen sollte, in jedem Fall noch Zeit bleibt, sich hier vertreten zn lassen." Dieser Versuch, Deutschland zn den Gcnscr Laar- verhandlnngen znznziehen, entspringt selbstverständ lich nicht der Absicht, irgendwie die Saarfrage lonal lösen zn Helsen, sondern hat lediglich taktische Ziele. Einmal möchte man Deutschland, und sei cs auch nnr in einer Lpczialsragc, wieder nach Genf locken und so einen Präzedenzfall siir liinstigc Enlschei-nngen schaffen, ans der andern Seile aber Dentichland, wenn irgend möglich, die Schuld an einem unbefriedigenden Entschluss in der Voltsnbslimmnngssrage znichicben. WaS sollte Deutschland in Genf? Wenn ein siir die deutsche Saarbevöllernng nach teiliger Beschluss zustande käme, könnte ihn Deutsch land entweder durch Stimmenthaltung sanktionieren «— das kommt selbstverständlich nicht in Frage —, oder aber eS müsste dagegen stimmen, und dann könnten Frankreich und seine Trabanten im Rat erklären: ja, wir konnten ja keinen positiven Beschluss in der Saarsrage fassen, denn zu einem solchen Beschluss ge höre ja nach der Völterbnndssatznng Einstimmigkeit und diese Einslimmigkeil isk durch Deutschlands Rein verhindert worden, lind damit wäre die Möglichleit geschaffen, die Saarabnimmnng ans unbestimmte Zeit zu vertagen. Derartige Gcdankcngängc spielen ja so wieso in -er westeuropäischen Presse zur Zeit eine gewisse Rolle. Leider vor allem auch in England. Grosso Zeitungen stellten sich mit einem Male in den letzten Wochen ans -en Llandpnnkt, die Verhältnisse im Saargcbict seien doch gegenwärtig noch so wenig „stabil", die Ruhe sei so wenig gefestigt, dass man die Abstimmung über die Rückgliederung des Saar- gebicteS an Deutschland am besten noch einige Zeit hinansschöbe. Für den deutschen Beobachter war diese plötzliche ttiiisvrme Stellungnahme der englischen Zeitnngcn in einer siir Deutschland so wesentlichen Angelegenheit eigenartig und peinlich. Eigenartig deshalb, weil ge rade England bisher in der Saarsrage die Zurück haltung gezeigt hatte, die man auch in der Politik zu zeigen pflegt, wenn die Angelegenheit geklärt ist. Und über die Selbstverständlichkeit der Rückgliederung des Saargebiets an Deutschland bestand bei den massgeben den englischen Preisen bisher keinerlei Meinungsver schiedenheit. Nun sind ja selbstverständlich die englischen Zei- Das Saarland lehnt ab vxu. Saarbrücken, 16. Januar Die Saarbrücker Morgcnblätter lehne» die Ein ladung des Bölkerbnudsrates an Deutschland nach drücklich ab. Die „Saarbrücker Zeitung" schreibt: „Man soll in Gens nichi crivarien, dass die Bevölke rung in der Annahme des sranzösischen Vorschlages seilens -er Raismiiglieder schon einen Beweis siir die praktische Lonalikät des Völkerbundes in der Saarfrage sieht. Diesen Optimismus verbieten nns die Erfahrungen gerade der letzten Zeit. lins ist längst jedes Vertrauen znm Völkerbund zerstört, und wenn es wiederkehren soll, dann muss man uns zunächst beweisen, dass wir Grund dazu haben. Eine unverbindliche Einladung beweist nns nichts. Der einzige ent s ch eidend c B e w e i s wäre gerade dadurch zu führen, dass man in Genf ohne Teil nahme Dent'chlands die Beratungen so führt und solche Beschlüsse fasst, wie es Objektivität und Lvijali- tät verlangen. Tas allein wäre uns ein überzeugen der Beweis." T ie „S a a r b r ii ck e r Landcszeit u n g" schreib!: „So bedauerlich es auch an sich vom Stand- puntt des Saargebietes auch ist, „dass bei den auster ordentlich wichtigen Beratungen in Gens die Reichs regierung nicht vertreten sein wird, so sehr sollten anderseits die übrigen Machte Verständnis aufbringen für die grundsätzliche Haltung Deutschlands. Hätte man dem deniichen Slandpnntt in der Abrüstungs frage mehr Rechnung getragen, als cs leider geschehen ist, so wäre die Sachlage heute eine andre. Dass sic nun io verfahren ist, daran sind schliesslich in erster Linie die Machte schuld, die Deutschland in der Ab- riistnngssrage znm Austritt aus dem Völkerbund gezwungen haben." Die nattonal'vzialistische „Saarsront" tritt siir Ablehnung der Einladung durch Deniich- land ein. SspsraWöN wieder am Werk l)XL. Saarbrücken, 16. Januar Fe näher die Behandlung der Saarfrage im Völkerbund heranrückt, nm so emsiger wird das Treiben der saarländisch-separatistischen und aniono- mistischcn ttreise. Während die deutsche Bevölkerung durch ihre Vertretung, die „Deutsche Front", ihren Willen in Gens knndgab, haben die Gegner des deutschen Gedankens allein drei Denkschriften verschiedener Gruppen nnd ti reise nach Genf gesandt, ohne auch nur den ge ringsten Bruchteil der Bevölkerung Himer sich zn haben. Besonders ausfallend ist die Tätigkeit des be kannten Separatisten nnd Führers der Sozialdcmv- lraten im Saargcbict, M a tz B r a n n. Wie die Saar deutsche Presse bereits mehrfach meldete, hat Brann in den letzten Wochen sowohl in Gens als in Paris und London Borstöste im Sinne des separatistischen Gedankens unternommen, lieber die Absicht der Marxisten und Separatisten konnte nach verschiedenen Aensternngen Brauns in Erfahrung gebracht werden, dass diese Ab sicht eine doppelte ist: einmal wollen sic in Gens er reichen, dass die Saarabstimmung, die nach dem Versailler Vertrag spätestens im Januar s!):!."> er folgen must, ans mehrere Fahre verschoben wird. Znm andern sollen verschiedene Mitglieder der Saarregicrung, die den Marxisten und Separatisten nicht aktiv genug gegen die deniiche Saarbevölternng Vorgehen, cntsernt werden. Au deren Stelle soll in erster Linie der marxistische Fnde und Rechtsanwalt 1)r. Lender ans Saarbrücken treten. Sender hat schon in mehreren marxistischen ttundgcbnngen, die bekanntlich im Gegensatz zu den deutschen Veranstal tungen von der Saarregicrung erlaubt sind, zum Ausdruck gebracht, wie er die saarländische F u st izvcrwaltnng gegen die deut s ch - gesinnte Bevölkerung anszn bauen ge denke. Es ist unglaublich, dass einige wenige Ver brecher ein Volk von 866 006 Menschen auch nnr im geringsten beeinflussen. Sind doch die meisten dieser Dunkelmänner, wie vor allem auch Matz Brann, nicht einmal geborene Saar länder nnd abstimmungsberechtigt. Es wäre allerhöchste Zeit, dass der Völkerbund das schändliche Treiben solcher Elemente unterbinden würde. lnugcu nicht identisch mit zuständigen Londoner poli tischen Stellen. Die peinliche Stellungnahme der eng lischen Zeitungen gegen die Lebelisinlerciicn -er dcnt- ichen Bevölkerung an der Saar bleibt aber bestehen. Wenn man nach -er Ursache siir diese Haltung sucht, wird mau wohl vor allem bedenkeu müssen, dass vor einiger Zett d e r b e r ii chtigt e M a r x i st c n s ii h - rcr im S a a r gebiet Ri a tz B r a u n n a ch L v n- dou ge sah re n war, und zwar offensichtlich nicht allein deshalb, weil er Sehnsucht nach dem Anblick des Towers verspürte. Matz Braun weiss nämlich ge nau, dass das Ende seines Regiments an der Saar in dem Augenblick gekommen ist, in -cm die Deutschen im Saargcbict ihr Bekenntnis znm Mutterland aus gesprochen haben. Er hat also ein grobes Interesse daran, diesen Moment so weit wie möglich hinans- znschiebc». Soweit ist die Sache verständlich: unklar ist aber, wie massgebende englische Zeitungen, die die Verhältnisse in Deutschland doch wirklich genau kennen, sich von Matz Brann bluffen lassen konnten. Weiter ist in ausländischen Zeitungen wieder ein mal der Wunsch laut geworden, man möge neutrale Truppen ins Laargc biet legen, um die Ruhe ansrcchtzucrhalte». Deutschland wendet sich gegen alle Versuche, ausländische Truppen an die Saar zn legen. Deutschland verlangt nichts als die selbstver ständliche Neutralität der Regiernngskoittinission bei der bevorstehenden Abstimmung. Dazu gehört aber, dass die Regierttiigslommission die bisherige Praxis ansgibt, die darin bestand, dass nationalsozialistische Vcriammlnnge» verboten, marxistisclx aber erlaubt wurden. Dentichland verlangt s reic Abstimmung und die selbstverständliche geheime Durchführung der Abstimmung. Die Wahllisten müssen von einer Stelle ausgestellt werden, zu der a uchdi e deut s ch eBevölkcru u g V e r t r a u e u haben kann. Das kann man leider von der Regie- rnngskvmmissivn in der gegenwärtigen Zusammen setzung nicht behaupten, insbesondere nicht von dem Departement für Inneres, in dem Emigranten und Franzosen die Mehrheit bilden. DaS Ziel Deutschlands ist eine srcic und unbeeinflusste Abstimmung -er Be völkerung im Saargcbict, wie dies auch im Friedensverlrag vorgesehen wurde. Infolgedessen bedarf eS Deutschlands Anwesenheit in Gens zur Fassung eines lvnalen Beschlusses durchaus nicht. Das Recht ist sonnenklar ans deutscher Seite. Tie Ent- scheiünncr muss, wenn Recht Recht bleiben soll, hundert prozentig zu Deutschlands Gluckten ansfallen, auch ohne unsre Mitwirkung in einer Atmosphäre, die »ns ans den bekannten Gründen nicht znsagt. „Oer friedlich« Echassiall" „Popolo p'Zfalia" ironisiert Frankreichs Schrei nach Sicherheit VX6. Mailand, 16. Januar. (Durch Funksprnch.j Der „Popolo d'Italia" bcschäscigt sich in einem offen bar von höchster Seite inspirierten Leitartikel mit Ausführungen der sranzösischen Zeitschrift „Hebdv- mainc" über die „bedrohte Sicherheit" Frankreichs. Der „Popolo d'Italia" zitiert wörtlich die .«lagen der sranzösischen Zeitschrift über „die unzu reichende Bewaffnung, die mangelnden .« r icg s m i t t e l, die veraltete Fliegerei, die unzureichenden S c c st r e i t k r ä s t e" und endigt mit der Feststellung der „Hebdomaine", dass Deutschland in furchtbarer Bereitschaft sich an schicke, über den „friedlichen Lchasstall" herznsallen. Das italienische Blatt schreibt dazn mit beissender Ironie: „Ja, es ist wahrhaftig ein wirklicher Angriff, der sich vorbereitet znm Schaden des gänzlich wehr losen, bescheidensten nnd arglosesten Volkes Europas. Hannibal steht vor den Toren mit einem Mnsterheer, mit den modernsten nnd mörderischsten Waffen, die man sich vorstellen kann. Leine chemischen Industrien sind die mächtigsten der Welt, von seiner Lnslwafse ganz zn schweigen. Wie wird ihnen Frankreich wider stehen? Mit wehrlosen Lchäslein? Mit armen Regern? Mit jenen kleinen Flugzenglein, die nicht mehr als eine Tonne Bomben tragen können?" Der „Popolo d'Italia" schliesst lakonisch: „Die prak tischen A n s s ch n eidc r d c r G a s e v g ne sind in de r T a t n o ch n i ch t a n s g e st v rb c n, sie nehmen den Karneval vorweg." Französische Kolonie Von krieclp. ^VilN. 6rnk v. Keller Kolonialland in Mitteleuropa? Man schüttelt den .klopft man lächelt. Aber nein, dieses Wort ist alles andre als ein Scherz, cs 'ist bitterer Ernst. An der Grenze zwischen Frankreich nnd Deutsch land liegt ein kleines Ländchen, kaum so gross wie eine sächsische «reishauptinannschast, ein Ländchen von eigen artigem, fast möchte man sagen von bizarrem Reiz. Tenn überall sind seine dichten ticsgrünen Eichen wälder, die unabsehbar eine santte Hügellandschast be decken, mit dunklen schmutzigen Flecken besät. kohlen- grnben, eine dicht neben der andern. Kohle ist der Reichtum dieses Landes. Ununterbrochen surren die Förderscheiben, ununterbrochen fliesst ein Strom dcö schwarzen Goldes vom Erdinneren an das Tageslicht, in den Tälern rauchen Schlote, pochen Hammerwerke, glühen die feurigen Schlangen der Walzwerke. Und über alles breitet sich der scharse bittere Geruch der Hochöfen. Ein schönes Land, ein reiches Land! Man sollte meinen, dass der Reichtum des Landes in einem Wohl stand seiner Bewohner zum Ausdruck kommt. Tenn die Menschen, die hier wohnen, sind fleissig nnd nüch tern: in den grossen Städten findet der Fremde aus fallend wenig Vcrgnügnngslokale, nnr viele Sport plätze liegen an den grünen Hängen, die Erholung der Menschen ist ihr Wald. Sonst aber herrscht Armut, bittere Armut. Eine Armut, die so weit geht, dass die Bewohner dieses Koblcnlandes in kalten Wintern nicht einmal ihre Wohnungen genügend wärmen können, eine Armut, die io weit gellt, dass die Bergleute der Grnbendörser ans den kellern ihrer Häuser Schächte in die Tiefe graben, nm zu der siir den eigenen Bedarf nötigen Kohle zu gelangen, die hier nur wenige Meter tief liegt. Zn schweren Gefängnisstrafen werden die jenigen verurteilt, die bei diesem Abbau auf eigene Faust ertappt werden. Sehr ost aber können die Schul digen nicht mehr bestraft werden. Denn diese Selbst hilfe ist nicht ungefährlich, nnd ost kommt ein solcher Fall nnr dadurch zur Kenntnis der Behörden, -ast ein Rotschacht zusammenbricht und den Bergmann begräbt. Täglich rollen endlose lange Kohlenziigc aus dem Ländchen heraus über die Grenze. Die Kohle, die hier gefördert wird, gehört ja nicht dem Lande selbst, sie ge hört einem s r c mdcn St a a t. Und die Menschen, die hier arbeiten, arbeiten nicht für sich, sie arbeiten für ein fremdes Volk. Sie arbeiten unter fremden Beamten, unter fremden Ingenieuren, sic arbeiten siir einen Hungerlohn. Sie müssen arbeiten, denn der Hunger treibt sic, wie vor hundert Jahren die Hetzpeitsche den Sklaven trieb. Sie haben keine Regierung, die sic schützt. H icrl> cr r s ch c n s r cmde Machthaber, die von dem Staate einge setzt sind, der dies Ländchen auSpliindcrt. Es gibt keine Volksvertretung, die die Interessen des Landes und seiner Menschen vertreten könnte. Tics alles klingt siir europäische Verhältnisse so unwahr scheinlich, klingt wie ein Märchen, aber cs ist Wahr heit: Wir befinden nnS im Saargebiet ! * Es wird in diesen Wochen — und vermutlich in den nächsten Monaien noch mehr — bei nns sehr viel über das Saargcbict geredet nnd geschrieben. Aber die wenigsten Menschen können sich ein zusammenhängen des Bild von der dortigen Lage machen. Das Taargeviet wird von einer fiinsköpfigcn Ne- gicrnngskvinmission verwaltet. Diese wird vom Völ kerbund eingesetzt und ist nur diesem gegenüber verantwortlich. Zwar gibt cs im Saargcbict einen „L a n d e s r a t". Dieser besitzt aber nnr beratende Stimme und cs steht ihm kein Einspruchsrecht gegen irgendwelche Massnahmen der NcgierungSkvmmission zn. Damit ist ihm jede Aktionsfähigkeit genommen. Dieser Nechtoznstand, das, ein Land von einer frem den Kommission verwaltet wird, ohne dass es selbst das Recht oder die Möglichkeit hat, in irgendeiner Form die Gestaltung seines Lebens mitznbestimmcn, ist in der Geschichte der zivilisierten Welt einzig nnd lässt sich lediglich mit der Verwaltung eines Kolonial- staatcS vergleichen. Die Negicriingskouimission — obgleich sic durch aus nicht nnr aus Franzosen besteht — übt seit Jahren ihr Amt in einer Art ans, die sie zn Hand langern der Franzosen herabwürdigt. Um ihre Ein stellung und ihre Handlungsweise zu schildern, genügt cs, an eine ihrer letzten Massnahmen zu erinnern. Um die kommende Abstimmung und die vorhergehende Zeit der Wahlpropaganda zu „sichern", hat die RcgicrnngSkvmmissivn die luxemburgische Regierung ersucht, luxemburgische Polizei als Abstimmungs- polizei in das Saargcbict abzukommandieren. Die
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