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Dresdner neueste Nachrichten : 20.11.1935
- Erscheinungsdatum
- 1935-11-20
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193511207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19351120
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19351120
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1935
- Monat1935-11
- Tag1935-11-20
- Monat1935-11
- Jahr1935
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 20.11.1935
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Oer Leohaus-Prozeß in München Anklagerede des Staatsanwalts X München, IS. November Nm Montan, dem LS. Verhandlung»««» im Leo» baiioprozetz, hielt der Staatsanwalt die Anklagerede. Er wies u. a. daraus hin, datz die Besonderheit dieses Bailes darin liege, daß die erhebliche Summe von ciwa 8'2 Millionen Spargelder verwiri sch a s»e t worden sei, und dab drei Geistliche ans der Anklagebank Platz nehmen mutzten. Es seien die lleberreste eines überwundenen Systems und der unter ihm möglichen Lotterwirtschaft, der man in dem LcohanS-Skandal aus Schritt und Tritt benenne. In seiner Rede siihrte der Staatsanwalt u. a. ano: „Datz dieser Lcohaus-Konzcrn nicht nur wirt- schaitliche Probleme zu lösen versucht ha«, sondern im engsten Zusammenhang damit auch aktive poli. tische Bctätinnnn trieb, geht nanz klar aus einem Schreiben hervor, das der katholische Priester Waltcrbach unmittelbar vor den entscheidenden Wahlen im März 1933 an den Inhaber einer jüdischen Firma. ncrichtet hat zum Zwecke der Kapitalbeschas- jnnn sür das Lcohans. In dem Schreiben heißt es u. a.: Ich brauche Ihnen nicht barznlcnen, was es nerade in diesem Augenblick vor de» entschei. de »den Wahlen bedeuten würde, wenn «ine Zentrale ivie das LeohanS nicht dnrchhalten wiirdc. Geistliche, so fuhr der Staatsanwalt fort, die im ralar hinter Bankschaltern stehen, die die gewagtesten Finanztransaktionen durchsühren und dies noch dazu ans Kosten der von ihnen betreuten Herde, bringen damit den gesamten geistlichen Stand in schwersten Mitzkrcdit. All das Unglück, das die Wirtschaft im LeohanS über Tausende von Volksgenossen gebracht hat, läßt sich schwer in Worten ausbrttcken. Das Volkocmpfinden verlangt eine gerechte Sühne sür die Verbrechen. Aufgabe des Staates ist es, diese Pest beule der vergangenen Zeit auSzubrennen. Die nicht minder hohe Ausgabe, die armen betrogenen Sparer nach Möglichkeit vollkommen schadlos zu halten und das Vertrauen des Volkes zur kirch lichen Führung wieder hrrzu st eilen, da» ist die Aufgabe der gesamten Geistlichkeit." Der Staatsanwalt ging aus die einzelnen Punkte der An klage näher ein. Dresdner Neueste Nachrichten Mittwoch, 20. November WZh Zn Holland singt die Zeit Von unserm Sonderkorrespondenten Den Haag, tm November Tic Holländer sind kein sangessrcudigeS Volk „k'iiüin non oantnt" ist eine Feststellung schon anS dem Mittelalter. DaS Leben verläuft hier zu müh sam, auch zu eintönig, als datz die Menschen verlockt wäre», frank und frei ihre Arbeit, ihre Verrichtungen mit Gelang zu begleiten. Wenn die deutschen Hano- angcstcillcn, die seit dem Kriegsende vielfach in Hol land arbeiten, bei ihrer HäUdc Arbeit singen, nämlich nm sich die Mühsal zu versiitzen oder gar sic vergessen zn machen, so erregt das bet den holländischen Haus- siandoangchörigcn immer wieder Verwunderung. Wao sie selber nicht tun, das haben die Holländer ihren Kirchtürmen übertragen: den» ohne Gesang, ohne Mnsik und Wohlklang kann der Mensch nun ein mal nicht leben. Sie haben in den Kirchtürmen, den Nalhanotürmen, den Relsricden Glockenspiele ansge- hängi. die nun innerhalb der niederländischen Land schaft die Wvhlklangvcrtcilcr sind. Für gewöhnlich tont eS viertelstündlich, aber eS gibt Türme, wo anch die Hälfte der Viertelstunde durch Glockenmnsik be- kaiiiitacgeben wird. Nun ist der Gang der Zeiger ans dem Zifferblatt mit dieser Mnsik znsammcngc- koppelt, und io kommt cs, datz sich in den Niederlanden o»s 60l.c>Lkse -»-s-e oen mecrenun.i-e der »lang der Stunden musikalisch verlautbart. Tic Zeit singt. TaS Beängstigende, was im Tahinrinncn und dem Nicwicderkchren der Zeit beschlossen liegt, wird aus diese Weise überdeckt und beinahe aufgehoben. Ter Mensch, dem Stnndenschlag lauschend, cmpsängt zu diesem ein kleines Lied, einen Slrautz von Wohlklang alo tröstende Zugabe. * Go ivar in der Mitte des siebzehnten Jahrhun dert.-, als die Türme in den Niederlanden von Fries land bis nach Dünkirchen mit Glockenspielen ans- aestaiiei wurden. Auch vorher gab eS uatiirlich schon Glocken. Aber diese wurden mit einem Seil in schwingende Bewegung gebracht, bis der Klöppel an schlug. Beim Glockenspiel dagegen sind die Glocke» ien und »»beweglich aiifgehängt. Ter Klang wird ihnen nicht durch einen Klöppel entlockt: sie haben gar keinen. Tie Nolle des Klöppels wird hier von Hämmern übernommen, die, sei eS von innen, sei es von nutzen, aus den Glockenmantel ausschlagen. Tie Hammer sind wieder mit Drähten verbunden, die ihrerseits zu der Vctriebsstellc lausen. Hier wird au den Drähten gezupft und dadurch das Hümmer wert in Bewegung gesetzt. Die Betricbsstelle ist entweder eine mit Liistcn stachelig besetzte Walze, die sich dreht und beim Drehen mit den Stiften an den Drähten rcitzt lZnliubcrglockenspiels oder eine Klavicrtastatur. Im ersten Falle handelt eS sich um eine mechanisch arbeitende Betricbsstelle, denn die Walze dreht sich wie bei einer Spieluhr, wenn sic ausgczogcn wird, von selbst. Im zweiten Falle wird die antreibende Krait durch den Menschen geliefert, durch einen Musiker, der die Tastatur und die darunter ange brachten Pedale mit Fingern und Füßen bearbeitet. Tie Tastatur nmsatzt zumeist drei Oktave»'. Tie Pedale stehen mit den größten, alsv den tiefen Batz- glocken in Verbindung. Um ihnen Töne zu entlocken, ist ein besonders kräftiger Anschlag nötig. Die Musik, die aller Viertelstunden oder in noch kleineren rcgelmätzigcn Abständen aufklingt, wirb durch die mechanische Anschlagweise hervorgebracht. ES sind Kirchenlieder, Bolksgesänge, Stücke aus klassischen Musikstücken. Aller Vierteljahre werben die Lieder durch neue ersetzt. DaS geschieht in der Weise, datz man den Stiften ans der Walz« neue Plätze gibt. Deshalb sind die Walzen mit Löchern versehen. Bei einigen Walzen geht ihre Zahl bis in die Fünszigtanscnd. An ihren neuen Plätzen bringen natürlich die Stifte neue Weise» hervor. * Glockenspiel dnrch Menschenhand erfolgt an den Markttagen dcS bctrcsfcnden OrteS und an den hohen kirchlichen nnd vaterländischen Festtagen. Tau» ersteigt der Organist — er hat gewöhnlich den Dienst an der Orgel zn versehen und geht antzcrdem in der Stadt andern musikpädagogischen Pflichten nach — -en Turm nnd gibt eine Stunde lang und länger ei» Glockcnkonzcrt. Sein Platz ist dabei die Glockenstubc unterhalb des Gestühls, wo die Glocken aiifgehängt sind. In Holland sieht man es häufig, dab die Glocken nicht in ihrem eigenen Glockenraum, sondern an der Außenseite des Turms, wie ein Kranz um diesen herum, angebracht sind. Tie Glocken sind auf diese Weise wohl ein bauliches Schmuckstück: jedoch wird hierdurch ihre eigentlich musikalische Ausgabe beein trächtigt. Denn außen und kreisförmig ausgehängt können die Glocken kein rechtes Zusammenspiel ent wickeln: die Töne zerstreuen sich: sic werden vom Winde je nach der Windrichtung entführt, in der sie angebracht sind. Anders bei den innerhalb der Kup pel ausgehängten Glocken. Hier kann der Organist die Glockcntöne zu wirklichen Akkorden binden und die Akkorde als einzige dröhnende Klangmasse in den Naum hinaus entsenden. Aus diesem Grunde sind in letzter Zeit tn Belgien sowohl wie in Flandern die Spicltiirme zum Teil umgcbaut und die Glocken in das Innere hincingcnommcn worden. Dies ist vor altem ans Betreiben von Jes Dcnijn geschehen, des anerkannt besten Glöckners fKlokkcnistj, den die Glockcuspielknnst besitzt. Jes Dcnijn ist in Mccheln auf -em dortigen St - NombaldS-Turm tätig. Gr hat seine Kunst und seinen Posten von seinem Vater übernommen, -er an der gleichen Stelle Organist war. Hier hat Dcnijn die Nesormen sür die viclsach vergessene oder in Gering achtung geratene Kunst des Glockenspiels auSgc- arbcitct, hier hat er auch die erste Lehranstalt sür das Glöcknersach ins Leben gerufen. Die Schüler werden außer in der Kenntnis ihres Instruments auch in -essen Geschichte unterrichtet. Sic müssen auch um die Kunst -eS Glockengusses Bescheid wisse». » Tie schönsten Glockenspiele der Niederlande stam- men von de» Brüder» Hemont, zwei a»S Lothringen gebürtigen Glockengießern. Sie waren in der Mitte des 17. Jahrhunderts die mcistgesnchie» Lieferanten sür Glockenspiele. Die Kunst geriet jahrelang in Ver gessenheit. Erst kurz vor dem Weltkriege ist sic neu ausgenommen worden. Heute ist cs eine englische Gießcrwerkstälte, die die besten Glockenspiele liefert, übrigens zumeist für Auftraggeber Amerikas: Privatleute und Gemeinden machen sich eine Ehre daraus, in den Türmen Glockenspiele auszustellen. In New-)ork war eS der Multimillionär Nvckescller, der hier zum Gedächtnis an seine Mutter «in Glocken spiel stiftete fPark Avenue Baptist Chnrchf. ES gilt als das größte der Welt: es besteht aus 53 Glocken: die schwerste wiegt WM Kilogramm nnd hat eine Durchschnittsweite von L,48 Meter. Alle Glocken zu sammen haben ein Gewicht von 45 450 Kilogramm. Freilich kommt dieses New Parker Glockenspiel mit seiner Musik wenig zur Geltung. Man fuhrt das darauf zurück, daß der Schall rund herum auf Hochhäuser stößt, die dem Schall den Weg versperren, bzw. ihn zurückwersen. Zur vollen Entfaltung der Glockenmnsik gehört nun einmal ein freier, möglichst ebener Umkreis. Und eben der findet sich in den weiten NicdernngSslächcn der Niederlande. Hier im grenzenlosen Raume kann sich daö andre Grenzenlose, die Zeit, klanglich auSlebcn. Hier kann sie singen, hier kann Gesang vernommen und im Menschlichen bewegt werden. Denn um den Gesang der Zeit zu vernehmen, muß man selber Zeit haben. Diese aber hat man auch heute noch in Holland mehr denn anderswo. tt. Bankraub in Bafel Selbstmord des Täters — Früherer Banküberfall aufgeklärt? X Basel, 19. November Am Montagmittag wurde auf den Kassierer der Basler Bank in Basel ein Raubüberfall verübt. Als die Kasse für die Mittagspause geschlossen werden sollte, trat ein Unbekannter «in, der eine kleinere fran zösische Noto wechseln wollte. Unmittelbar darauf feuerte er drei Schüsse aus den Kassierer ab, der schwer vorletzt zusammcnbrach. Dann sprang der Räuber zum Kassenfchrank, ritz «in Bündel Banknoten im Werte von 42W M. an sich und flüchtete. Fußgänger, die die Schüsse gehört halten, nahmen sofort die Ver folgung ans. Als -er Täter in einer Seitenstraße ein geholt wurde, tötete er sich durch «inen Schuh in den Kopf. Es handelt sich um einen gewissen Gaston Hey- mann, der am Montag früh aus Straßburg zugereist war und SS bis 4V Jahre alt ist. Man vermutet, daß Heymann auch derjenige ist, der vor einigen Jahre» am Zentralbahnhofs-platz in Basel unter gleichen Umständen «inen Banküberfall verübte, wobei der Kassierer das Leben lassen mutzte. Dieser Uebersall koniite bis jetzt nicht aufgeklärt werden. Taifun über -en Philippinen . - * Manila, 19. November Ueber die philippinische Nordtnsel Luzon raste heute mit furchtbarer Gewalt ein Taifun, der im nörd lichen Jnselteil grob« Verwüstungen anrichtete. Nach den vorliegenden Nachrichten sind zwei Menschen ge tötet worden, doch befürchtet man, daß nach Wieder herstellung der mit vielen Gegenden jetzt unter brochenen Nachrichtenvermittlung der Tod von einer weit gröberen Anzahl Menschen bekanntgegeben wird. Der Kaiser von Mandschukuo im Man-ver Tie mandschurischen Truppen führten kürzlich grob« Manöver durch. Zum Schlub nahm Kaiser Kang-teh die Parade seiner Truppen ab. Prozeß um die Ermordung pierackis X Warschau, 19. November Vor dem Warschauer Bezirksgericht begann am Montag der Prozeß gegen zwölf der staatsfeindlichen ukrainischen nationalen Geheimorganisation an gehörende ukrainische Studenten, die angeklagt sind, den Anschlag gegen den polnischen Innenminister Pie racki im Juni 1934 mit vorbereitet bzw. dem Mörder zur Flucht verhalfen zu haben. Man rechnet mit einer Prozetzdauer von vier Wochen. Schon zu Beginn des Prozesses trugen die An geklagten eine herausfordernde Haltung zur Schau. Alle Angeklagten antwortete» nur in ukrainischer Sprache und lehnten eS ab, polnisch zn sprechen. Der GcrichtSvorsitzcndc hatte mehrfach das herausfor dernde Verhalten einzelner Angeklagter zu rügen. Die Anklageschrift, die 110 Druckseiten umfaßt, ent hält eine eingehende Schilderung des Ausbaues und der Tätigkeit der geheimen ukrainischen nationa listischen Organisation. Zehn neue Flugplätze in der Tschechoslowakei X Prag, 19. November Der neue Haushalt des tschechoslowakischen Arbcitsministcriums sicht eine wesentliche Erhöhung der für das Flugwesen bcrcitgestelltcn Summen vor. Es besteht die Absicht, eine Reihe neuer Flug plätze anzulegen, sür die bereits die Grundstücke ge pachtet worden sind, und zwar in Sillein, Tabor, Stra- konitz, Mährisch-Trübau, Kroman, Altsohl, Goldmora- witza, Detwa, Ehnst und SlatinSkc Dol». Außerdem weist der Haushalt eine Erhöhung der UnterstützungS- beträgt für die tschechoslowakische Fluggesellschaft um drei Millionen Kronen auf. mit Rücksicht aus die Ent führung -eS ganzjährigen Flugdienstes aus derStreck« Prag — Leipzig — Essen — Mülheim—Rotterdam-- Amsterdam. ES handelt sich hierbei um den Ausbau des tschechoslowakischen Teiles der Flugstrecke Prag-- Moskau. Maffenopfer einer Drotvergistung tleber 4000 Menschen erkrankt X Madrid, 19. November i Aus Mnrcia und Eartagena wird berichtet, -atz seil einigen Tagen zahlreiche Fälle von Brot vergiftungen sestgestellt worden sind. Bis jetzt sind über 4000 Personen erkrankt. Zwei von ihnen sind gestorben, und ein Arbeiter verlor infolge der durch die Vergiftung hervorgerusencn Schmerzen de» Verstand und beging Selbstmord. Die Vergiftung«« erschcinungen ähneln denen von Grubenarbeitern, Die unbemittelten Bcvölkerungöschichten, in denen dce Brotverbrauch besonders grob ist, sind am schlimmsten in Mitleidenschaft gezogen morden. In einzelnen Dörfern sind bis zn hundert Familien erkrankt. Der spanische Ärbcitsminister, der nach Bckanntwcrden dec Massenvergistnngen die Provinz Murcia besuchte, veranlaßte die sofortige Entsendung von Aerzten, Krankenpflegern und Medikamenten. Da auch bci einem großen Teil des Viehes VergiftungSerschei- nnngen ausgetreten sind, ist ein vorläufiges Schlacht verbot erlassen worden. Das Gericht hat bereits um fangreiche Untersuchungen angcstellt. Als ver« dächtig wurde ein Müller verhaftet, -cr angeblich drei Waggons mit 30 000 Kilogramm Baryt erde empfangen und diese mit dem sür die Bäcker in der Provinz bestimmten Mehl vermengt haben soll. Mclc in Titelschicksale von Büchern * Berlin, in« November Manchem Buchhändler, der auf eine langjährige Tätigkeit zurttckblickt, könnte leicht einen Band Erinne rungen zusammenstcllen, der mit lustigen, zumeist un freiwillig komischen Begebenheiten im Verkehr mit der Kundschaft bis an den Rand gefüllt ist. Gerade unter den Bücherfreunden und -käusern gibt c» eigenartige Käuze. Eine besondere Gattung sind die Nichtwissen den und Ahnungslosen, denen bci Ausrichtung ihrer Kauswiinsche bisweilen die seltsamsten Verwechslungen und Titelentstellungen unterlaufen. In einer Buch handlung wurde, wie Rudolf Kadach in Wester- mannS Monatsheften mitteilt, in den Katalogen lange vergeblich nach einem Buch „Gretes Leben im Garten der I l m" gesucht, bis sich schließlich her- auSstclltc, datz „Goethes Leben im Garten an der Ilm" gemeint war. Ein andrer Käufer, wahrscheinlich ein Bewohner der schönen Stadt Leipzig, die bekanntlich an der Gose liegt, bestellte „Goselieder", wollte in Wirklichkeit aber eine Sammlung von Minne- und Kosclicdern haben. Auch der Wunsch nach der „Peter silie" von Kleist war nicht ohne weiteres zu erfüllen. ES konnte aber bald ermittelt werden, daß es sich um das Schauspiel „Penthesilea" handelte. Schwieriger war eö schon, den Titel „DaS Eüde des Armbandes" richtig in „Untergang des Abend landes" zu übersehen. An Stelle der „Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann wurde einmal „DaS Exerzieren des Teufels" verlangt. — Besonders die Namen der Verfasser werden ost arg verstümmelt. In einem Fall verbarg sich hinter Kurze-Bub der Dichter Kotzebue. Claude-Tilclier wurde in Klotz Tillje um gewandelt und der Philosoph Chamberlain in Semper lein. Kutzwurm entpuppie sich als Gleichen-Rutzwurm und Schoppen als Chopin. Mit Martha Link und Metterling war der Verfasser des „Lebens der Bir nen", Maurice Maeterlinck, gemeint. „Van ZantenS glückliche Insel" des kürzlich verstorbenen LauribS Bruun wurde als „Buches von Zahnstein glückliche Insel" verlangt. Aus „Dr. Sertürner, der Entdecker des Morphiums", entstand „Die Jrrtümner der Ent decker des Morphiums". Das Dorf der unverheirateten Eheleute * Madrid, im November Das kleine Fischerdorf B 0 u z a S in der spanischen Provinz Cali eia ist plötzlich in den Mittelpunkt des Tagesgespräches gerückt. Bisher wutzter. viel« Spanier kaum, wo ts gelegen war. Aber jetzt sprechen sie von ihm, als -fei eS ein berühmter Fremdenort. Dabei hat sich in Bouzas nicht» Welterschütterndes begeben. Die Fischer haben Werktag um Werktag 6ie >VcIt treulich ihre Arbeit getan und an den Sonntagen ge ruht, sie haben friedlich ihre tzamilienfestlichkeitcn «feiert und ahnten nicht, was für eine Unheilmolke sich indes über ihren Häupten zusammenballte. Als nämlich eines Tages ein Fischer, der mit seiner Frau in die Stadt gezogen war und dort seinen Lebens unterhalt verdiente, an das Bürgermeisteramt von Bouzas schrieb und um seinen Trauschein bat, da fand man das Heiratsregister nicht mehr vor. Man durch stöberte das Bürgermeisteramt vom Keller bis zum Dachboden: nichts war zu finden. So vertröstete man den jungen Fischer und setzte mit einiger Unruhe die Suche fort, bis man schließlich zugcben mutzte, sein« Eheschließung lasse sich durch kein amtliches Papier beweisen. Ein betrügerischer Standesbeamter Hotts die Gebühren unterschlagen und die Trauscheine ver brannt. So befinden sich alle Neuvermählten der letzten Jahre in derselben Lage wie der junge Fischer: ihr« Papiere sind vernichtet, und niemand kann beweisen, ob die Trauungen rechtsgültig vollzogen worben sind. In der Hauptstadt zerbricht man sich den Kopf darüber, wie den Leuten von Bouzas zu Helsen sei, ohne datz man gegen eine der wichtigsten Gesetzesbestimmungen verstößt. Die Fischer von Bouzas haben jedenfalls er klärt, datz sie sich alle als rechlmätzig verhelratet fühlen, nnd datz keine Macht der Welt sie vom Gegenteil über zeugen kann. Aber was sagt der Amtsschimmel dazu? Der weinende Boxer * London, im November Bei einem Boxabend in Bristol erlebten die über raschten Zuschauer, datz einer der Boxer in Tränen auSbrach und auf den sicheren Sieg verzichtete, weil er zu grobes Mitleid mit seinem weit unterlegenen Gegner empfand. Dieser weichherzige Boxer war der Halbschwergewichtler Tony Arpino, ein in Eng land lebender Italiener. Er hatte mit dem englischen Boxer Pat Buckley zu kämpfen. Der Italiener erwies sich von Anfang an als haushoch überlegen und brachte dann auch seinen Gegner wiederholt zu Boden. In der letzten Runde schien baS Ende Buckleys gekommen. Bon mehreren wuchtigen Haken getroffen, ging er in die Knie. AIS er sich bei „Neun" mühsam wieder er hob und jedermann glaubte, jetzt wird die Entschei dung fallen, brach Arpino in Tränen aus. Er warf sich in die Selle und gab dem Ringrichter zu ver stehen, daß er nicht mehr weiterzukämpfen wünsche. Daraufhin mutzte der Sieg dem Unterlegenen zu gesprochen werden. Das Publikum aber raste vor Be geisterung und trug den Italiener auf den Schultern in seine Umkleidekabine. Denn eS sah sein Verhalten als das an, was «S in Wirklichkeit wohl auch war, nämlich als die Geste eine» echten SportSmanneS. vpöl l» 4 L1680.- °,.Mtskpksiss pksisssnilung M äuiomobll-Vsckcmk Wscciscsü. 12 / / Islskon 40S4S, 4074S II«-
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