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Der sächsische Erzähler : 13.01.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-01-13
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192801131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19280113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19280113
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1928
- Monat1928-01
- Tag1928-01-13
- Monat1928-01
- Jahr1928
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 13.01.1928
- Autor
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«nS dem «erichtSsaal. Amtsgericht Bischofswerda. Wegen öffentlicher Beleivigung eines hiesigen Bahnbcamien Lurte der bereits 11 mal wegen anderen Delikten vorbestrafte 40- jährige Markthelfer Joh. Walter Flösse! aus Dresden vom Llinis- äericht Bischosswerda einen Strasbeschl über 10 Tage Gesängnis erhalten. Fl. hatte Einspruch erhoben, der gestern vormittag den tkinzelrichter beschäftigte. Am 15. August, einem Markttag, hatte der Angeklagte im Gepäckraum des hiesigen Bahnhofes einen Lade schaffner ohne Grund beschimpft. Der Beamte, der ihn mehrmals höflich zur Ruhe ermahnt hatte, sah sich auf Grund der weiteren Beleidigungen genötigt, Fl. mit zum Fahrdienstleiter zu nehmen. Auf dem Wege dorthin und auf dem Bahnsteig beleidigte Fl. den Beamten laut mit weiteren gröbsten Schimpsworten, so daß sogar die Reisenden auf dem Bahnsteig hieran Anstoß nahmen. In der Hauptverhandlung entschuldigte sich der Angeklagte mit Trunken heit. Er will außerdem von dem Beamten gereizt worden sein, was aber durch Zeugenaussage gänzlich widerlegt wurde. Das Urteil lautete auf 5 Tage Haft. Das Gericht sah 10 Tage Gefäng nis als zu hoch an, trotzdem mußte es in Anbetracht der flegelhaf ten Schimpfworte auf eine Haftstrafe zukommen. Der Reichsbahn wurde die Befugnis zugesprochen, die Verurteilung auf Kosten des Angeklagten zu veröffentlichen. Die Einbruchsdiebslähle in Schmölln, die, wie gemeldet, an- sangs Dezember in frecher Weise kurz hintereinander bei zwei Haus besitzern verübt wurden, beschäftigten gestern nachmittag das hiesige Amtsgericht. Der Täter mar in allen vier Fällen der ISjährige Maurer Walter Max Biebas aus Schmölln, der sich seit dem 13. Dezember v. Is. in Untersuchungshaft befindet. Er war in vollem Umfange geständig. Am 8. Dezember drang B. in das Haus des Steinarbeiters G. ein, nachdem er die Haustür mit dem Schlüssel, der an einer dem Angeklagten bekannten Stelle gelegt war, geöffnet hatte. Er suchte nach Geld. Als er dies nicht fand, begnügte er sich mit zwei Bratheringen. In den nächsten Tagen schlich sich der ju- «endliche Dieb in das Haus des Steinarbeiters Kl., wo der Haus schlüssel ebenfalls gelegt war, und stahl im Wohnraum aus einem Glasschrank 50 RM. Dieses Geld brachte B. in zwei Tagen in Dresden durch. Nach seiner Rückkehr stattete er Herrn Kl. einen 2. Diebesbesuch ab. Er erbeutete eine Damenarmbanduhr im Werte von 40 Mark und außerdem wieder 19 Mark aus demselben Glas- schrank, dessen Schlüssel wiederum steckte. Er fuhr mit dem Gelds nach Bautzen und verjubelte es in einigen Tagen. Die Uhr steckte er bei seiner Rückkehr in das Jackett eines Arbeiters, das in einer Baubude hing, so daß auch noch ein Unschuldiger in den Verdacht des Diebstahls kommen konnte. Drei Tage nach dem zweiten Dieb- stahl bei Kl. brach er bei diesem durch Hochhebcn der Hintertür nochmals ein, zertrümmerte Im Wohnraum die Scheibe des Glas schrankes und stahl die restlichen 15 RM., die er bei seinen ersten Raubzügen zurückgelassen hatte. Auch dieses Geld verpraßte er in kurzer Zeit. Der jugendliche Dieb leugnete zuerst in der Unter suchungshaft hartnäckig, bis er auf Grund seiner Fingerabdrücke überführt werden konnte. Der Angeklagte wurde wegen 4 Dieb stählen, 1 schwerer, 2 einfache u. 1 versuchter, zu einer Gesamtstrafe von 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft wird an gerechnet. In der Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende, daß das Gericht nochmals mildernde Umstände zugebilligt hätte. Den Milderungsgrund sah das Gericht in der Jugend des Angeklagten, der diese Diebstähle, wie jetzt so manche junge Leute, in Vergnü- gungs- u. Genußsucht u. in grenzenlosem Leichtsinn begangen habe. Strafschärfend falle ins Gewicht, daß sich der Angeklagte durchaus nicht in Not befunden und Bekannte, wo er die Verhältnisse kannte, bestohlen habe. Neues aus aller Welt. Die abenteuerliche Laufbahn eines Taschendiebes. Aus Düsseldorf wird berichtet: Als ein wachsamer Bahnbeam- tcr an der Sperre des Düsseldorfer Hauptbahnhoses einen Taschen ¬ dieb bei der Arbeit absaßte, machte er «Inen guten Fang, denn es handelte sich um einen internationalen Taschendieb mit überaus abenteuerlicher Lausbahn, über dessen Werdegang die „Rhcinisch- Westsälische Zeitung" solgendes in Erfahrung brachte: Der Festge- nammene ist der 50jährige Russe Alexander Iwan Magdinoss. Er wohnte mit seiner Frau und zwei kleinen Töchtern in einen: hiesi gen Hotel, ohne im Besitze von Geldmitteln zu sein. Er spricht etwa sieben Sprachen und gab zu, in saft allen europäischen Hauptstädten sein Unwesen getrieben zu haben. Magdinoss war zunächst Fähnrich und Leutnant in der Zaren- Armee. Im Rausch stahl er im Kasino in Kiew einem Kameraden die Brieftasche nut 400 Rubeln aus der Manteltasche. Mit dem Gelds fuhr er 1908 nach Krakau und von dort nach Paris. Unter dem Namen Lubinow beging er Taschendicbstähle und wurde ver urteilt. Nach der Etrasverbllßung nach Metz abgeschoben, reiste er nach einem vergeblichen Versuch, sich nach Belgien einzuschmuggeln, nach Hamburg, wo er 1907 unter dem Namen Kamansky ebenfalls wegen Taschendiebstahls verurteilt wurde. Auf preußisches Gebiet abgeschoben, fuhr er nach Berlin, wo er wieder sechs Monate er hielt. Innerhalb dreier Tage mußte er nach seiner Entlassung das Reichsgebiet verlassen. Nach einer kurzen Gastrolle in Rußland tauchte Magdinoss in den Jahren 1908 bis 1909 nach einander in Prag, Wien, Zürich, Bern, Luzern, Rom, Florenz, Mailand, Neapel, Nizza und Bou- logne auf. In allen Städten lebte er von Taschendicbstählen und ver schwand, wenn ihm ein größerer Schlag gelungen war. 1910 wurde er in Berlin wieder erwischt und zu I^L Jahren Gefängnis verurteilt. Dann verheiratete er sich und kehrte nach Rußland zu rück. Auf Verwendung seines Vaters, eines Hauptmannes in der Znrenarmee, wurde der häufig Vorbestrafte wieder in Gnaden aus genommen und zum Gesängnisdirektor in Sebastopol gemacht. Es kam der Weltkrieg. Als Hauptmann in der Rennenkampf-Acmce wurde Mandinosf nach der Masurenschlacht gefangen genommen. Als Dolmetscher im Sennelager gelang es ihm, als Arbeiter verkleidet nach Holland zu entfliehen. Vom russischen Konsulat über England und Skandinavien nach Rußland zurücktransportiert, sand Magdinoss kurz vor der Revolu tion Anstellung als Hafenarbeiter. Nach dem Umsturz trat er in die Wrangel-Armee ein und kämpfte in der Krim bis zur Auflö- sung der weißen Armee. Mit seiner Truppe kam Magdinoss in französische Gefangenschaft. Die früheren Verbündeten ließen die Russen in Konstantinopel von farbigen Soldaten bema ch e n. Durch das amerikanische Rote Kreuz befreit und unterstützt, fuhr Magdinoss nach Rio de Janeiro, wo er ein Papiergeschäft gründete. Als er die brasilianische Staatsangehörigkeit erwerben wollte, wurde sein Vorleben aufgedeckt. Er mußte Brasilien ver lassen. Nach Holland abgeschaben, reiste er bald nach Italien weiter und wurde darauf in Mailand wieder als Taschendieb verurteilt. Nach Serbien abgeschoben, reiste er nach Budapest, wo er sich als bald das Gesängnis von innen ansah. Dasselbe passierte ihm in Prag. Er wurde dann nach seiner Wiederverheiratung mit einer Russin von Stadt zu Stadt weitergeschoben. In Aachen, Dortmund und Essen wurde er erwischt und wieder als Taschendieb verurteilt, zwischendurch auch einmal in Brüssel. Nach Verbüßung einer wei teren Strafe fand er Im Juli 1927 als Ziegeleiarbeiter Stellung, stahl das Reisegeld nach Schweden und wurde nach Kurland abgeschoben. In Reval, Riga und Kowno verübte er Diebstähle, fuhr dann mit seiner Familie, die ihn stets begleitete, nach Rotterdam, um sich nach Montevideo einzuschiffen. Da seine Papiere nicht in Ordnung waren, wurde ihm die Fahrkarte verweigert. Weitere Diebessahr- ten führten ihn nach Luxemburg, Stuttgart, Konstanz, Zürich, Bern, Nizza (13 000 Franken Beute), Monte Carlo (2000 Franken), San Remo, Mailand, Verona, Wien, Salzburg, Karlsruhe, Trier, Köln, bis er endlich in Düsseldorf feslgenommen werden konnte. Die Gerichtsverhandlung war kurz. Neben Mag- dinosf, einem interessant aussehenden Fünfziger mit kurzem Schnurrbart, Glatze und goldener Brille saß seine Frau, die wegen Paßvergehen, angeklagt «ar, auf der UMa«tza»t. v«k tz« An klagebank spielten die beiden Kinder, dunkelhaarig» Mädche« von lins und zwei Jahren. DI« Tragik berührte st« nicht, ihn»« schmeck ten die Butterbrot« aus dem Obdachlosen-Asyl, wo ne imt-chree Mutter untergebracht sind, ausgezeichnet. Magdinoss, der aeständt- ist und seine Notlage und die Polizei für alle, verantwortlich mach- te, wurde zu einem Jahre Zuchthaus verurteilt. Sein« Frau er hielt eine Haststrase wegen Paßoergehen». — Schwere Ausschreitungen aus eiuem Fußballplatz. Auf dem Sportplatz des Fußballklubs Olympia in Lanwert- helm (Hessen) kam es am Sonntag nach einem Fußballspiel gegen Biblis zu wüsten Ausschreitungen. Der F. C. Biblis hatte schon ein sieben Mann starkes Polizeiaufgebot aus den Sportplatz gebeten, weil er einen Racheakt für einen Zwi schenfall vor zwei Jahren befürchtete. Der Spielverlauf war. normal. Nach dem Spiel kam es unter den Zuschauern zu einem Streit. Sowohl die Bibliser Mannschaft al» auch die wenigen Zuschauer von Biblis wurden verprügelt. Die Po lizei war machtlos. Die Bibliser Spieler und Zuschauer, die teilweise erhebliche Verletzungen davontrugen, werden bei der Staatsanwaltschaft Strafantrag stellen. — Falsche Kriminalbeamte al» Räuber. Mittwoch vor mittag kurz nach 11 Uhr wurde im Hause Birkenstaße 31 in Moabit, in dem im vergangenen Monat der hundertste Ge burtstags einer Berlinerin gefeiert worhen war, ein schwerer Raubüberfall verübt. Zwei Männer, die als falsche Krimi nalbeamte sich Einlaß in die Wohnung der Berwaltersfrau Gilsout verschafft hatten, schlugen die ahnungslose Frau nieder, würgten sie am Halse, knebelten sie und raubten au» dem Wäscheschrank die einkassierten Mietsgelder in Höhe von 700 Mark entkommen. Erst eine halbe Stunde später wurden Hausbewohner auf das Wimmern der Frau auf merksam und alarmierten die Polizei. Das Raubdezernat hat seine Emittelungen ausgenommen. — Eine vom Schicksal schwer betroffene Witwe. Bon schweren Schicksalsschlägen wurde die Witwe Schwabe in Horche bei Züllichau betroffen. Nachdem im Weltkriege ihre beiden ältesten Söhne gefallen sind, verunglückte ihr Mann vor einigen Jahren im Walde beim Langholzfahren so schwer, daß er seinen Verletzungen erlag. Nunmehr hat «in ähnlicher Unfall an derselben Stelle der Witwe die letzte Stütze, ihren 23jährigen Sohn geraubt. Der junge Mann war am Sonnabend an derselben Stelle, an der vor Jahren sein Vater verunglückte, beim Langholzfahren beschäftigt. Die Winde, mit der das Holz auf den Wagen gehoben wiü», fiel um und traf den jungen Mann so unglücklich, daß.er einen Schädelbruch erlitt. Im Krankenhaus ist er der schwe ren Verletzung erlegen, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. — Heldentat eines Dreizehnjährigen. Wie wir aus Ried im Innkreis erfahren, hat sich dort in der Neujahrs nacht folgendes ereignet: Die in einem abseits liegeichen Hause in der Gemeinde Gurten (Gerichtsbezirk Ried im Innkreis) wohnhaften Besitzerseheleute Stichelberger ver brachten die Neujahrsnacht außer Hause. Im Anwesen be fanden sich die fünf Kinder des Ehepaares ohne Aufsicht. Gegen Mitternacht erwachte das fünfjährige Mädchen und zündete ein Streichholz an. Das Kind kam dem Leinenzeug mit dem Zündholz zu nahe und in wenigen Augenblicken stand das Bett in Flammen. Auf die Hilferufe des Kindes hin erwachte dessen dreizehnjähriger Bruder Franz, der in einer anstoßenden Kammer schlief. Der Bursche rettete sein Schwesterchen aus dem lichterloh brennenden Bett« und Sarrasani und die Jugend. Von M. v. Freytag-Loringhoven. Wie unter den Jahreszeiten der Frühling mit seinem Werden die schönste ist, so ist auch im Menschenleben Jung sein das höchste Gut. Aber dieses Jungsein kann durchs ganze Leben gehen. Es beginnt mit dem kleinen Kinde, das zuerst mit Bewußtsein etwas Erfreuliches empfindet und etwas Lockendes genießt, uird es endet mit dem junggeblie benen Herzen, das unter graugewordenem Haar leidenschaft licher Bewunderung und froher Anteilnahme fähig geblie ben ' ..! man sich überzeugen, wie weit ausgedehnte Alters klassen die Fähigkeit des Jungseins besitzen, so braucht man nur einer Sarrasani-Vorstellung beizuwohnen. Hier leuchtet aus Tausenden von Augen allabendlich das Ergriffensein vom Märchenzaubcr, der die Jugend lockt und benimmt. Un ter diesem Zauber steht jung und alt. Die Alten denken zu- rück an ihre glücklichen Kindcrjahre, in denen das erste pri- mitive Zirkusunternchmen sie berauschte, und an den Zir- kuszauber, der ihnen lebenslang Lockungen bot und die idealste Verkörperung in der Sarrasani-Schau fand. Die Jun gen trinken in durstigen Zügen den Reiz eines Wunderlan des, wie es ihnen Märchen und Geschichten beschrieben haben, und wie es hier vor Augen erleben. Das ist die große Bedeutung der Sarrasani-Schau für die Jugend, daß sie steht, was sie bisher nur träumte, daß sie empfindet, was Altertums- und Völkerkunde in ihr wach rufen sollte, und was ihr hier das lebendige Leben vorführt: disziplinierte Mutentfaltung, zu vollkommensten Leistungen ausgebildete Todesverachtung. — Vor jedem Artisten steht bei den kühnen Leistungen in der Luft und in: Sande, bei der Beherrschung und Vorführung wilder Tiere dauernd der Tod, den er verlacht im Bewußtsein eines Höchstmaßes von Können, das fleißige Arbeit und berufliche Leidenschaft ihm gegeben. Dieses durch Unermüdlichkeit in der Ausbildung des eigenen Körpers oder in der Geduld bei der Dressur von Tiere» erreichte künstlerische Ueber-dcn-Dingcn-stehen ist es. l was man der Jugend nie genug vor Augen führen kann, I und war im Zirkus Sarrasani durch kulturell bildende Aus- l schnitte aus dem Schönen und Charakteristischen aller Län der, durch körperliche Höchstleistungen und durch grandiose Tierdressuren in wundervoller Ausgeglichenheit eines ab wechslungsreichen Programms geschieht. Das ist nicht uwhr nur der Zirkus mit seinen Freuden, das ist Bildung: Anspornung zur Tatenlust im Anschauen kühnster Wagestücke der Vertreter ferner, fremder Nationen. Gleichzeitig ist der Umgang mit Tieren, das tapfere An packen in gefährlichsten Situationen und die liebevolle Be- Handlung bei freudig geleisteten Vorführungen vorbildlich für die Tierliebe und die Art des Umgangs mit Tieren. — Kein Stoff ist so weich zum Einprägen von in: Lauf des Le- bens sich verhärtenden Eindrücken, wie das Gehirn, das Herz von Kindern und jungen Menschen. Kein Buch, kein stilles Studium in der Lernzelle des Ein- zelnen, oder im Zuhörcn der Schule, keine alten Märchen- und Sagenwcrkc, keine trocken vorgetragenen Naturgeschichts- stunden können auch nur im entferntesten die Unmittelbarkeit, die Tiefe der Eindrücke, die die Jugend einem Besuch der Sar- rasani-Schau entnimmt, geben. Der Traum von fremden Menschen, Ländern und Tie ren, der jedes junge Mcnschenhirn beseelt, findet hier Er- füllung. Die durstige Sehnsucht nach dem Ungeheuerlichen findet ihre Beruhigung im Anschauen, und es ließe sich für Lehrer und Schulen das mündliche und schriftliche Erzähler talent in der Jugend im Anschluß an das Gesehene wecken und pflegen. — Wie schlecht, wie langweilig, wie ungewandt erzählen die meisten Erwachsenen! Und wie leicht ließe sich nach solchem Abcndgang durchs Wunderland abgeklärtes Wie- vergeben schon in jungen Jahren bis zur Fertigkeit ent wickeln. Es ist etwas ganz anderes, die Sagen von alten Helden aus den Geschichtsbüchern in mündlicher Ncde wie- derzugebcn, — oder das gestern mit brennenden Augen voll Staunen Geschaute, das mit innerstem Frieden, mit jauchzen der Freude und jubelndem Gemeßen Erlebte zu schildern. »Wenn das Herz voll ist, geht der Mund über." Das mag Natur sein. Die Kunst der Bildung kann daraus das gec klärte, anregende, andere mit fortreißende Erzählen schafft» Auch dazu, zu dieser in der modernen Zeit noch immer vkes zu wenig gepflegten Kunst der Rhetorik kann das Sarrasanis Unternehmen anspornen. — > Wie gut, wie klar mußten alle Völker des Altertums evt zählen können, daß sich ihre Sagen so deutlich von Mund zw Mund vererbten, lange ehe die Möglichkeit zu schriftlichem^ klarem Feschalten vorlag. — Die Liebe zu den Tieren, dk« durch sämtliche Vorführer so deutlich verkörpert wird, da« die gewaltigsten Geschöpfe, die Elefanten, ihrem Herrn s« gern folgen, erreicht bei der bewundernden Jugend das Ein^ gehen auf die sie umgebende Tierwelt in Liebe und Der-! stehen. Die Tierschutzvereine in den Städten, durch die Sar-« rasant seine Wunder führte, wissen davon ein Lied zu sin gen, wie sehr seine Tierliebe die Jugend solcher Städte be-j eindruckte. '! So ist diese unvergleichliche Schau bildend, fördernd ur^ zugleich erfreuend. Auch Freude gehört zu der Bildung des Herzens. Die ärmsten Kinder können sich an Sarrasani-Dav- bietungcn erfreuen. Bitterkeit und Gram, daß sie beiseite- stehen müssen, kann hier nicht aufkommen, — und so schafA der Geuuß des Abends, aus der Freude des Moments, Freu digkeit für die graue Arbeit des grauen Alltags. Dem mit Staunen im Zirkus Gesehenen schließt sich in ähnlicher Weise zur Weckung edelster Eigenschaften, von MulI Tatkraft, Willensstärke, Umsicht und Geistesgegenwart, di« reiche Ltteratur der kleinen Sarrasani-Hefte au, die ebenfalls» für junge und alte Kinder, die noch die naive Freude anH spannenden Erzählungen besitzen, einen Reichtum an Neuem) und Interessantem in gefälliger Form, in Tier- und Länder^ Hinsicht Bildendem, bieten. I So bedeutet der Name Sarrasani für die Well der Iu-g gcud nicht nur etwas Anregendes, Anspornendes, sondern epi bedeutet, was in heutiger Zeit so selten ist, für alle junge»! Herzen liebende Bewunderung. - - . , /
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