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Auerthal-Zeitung : 26.09.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-26
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189409267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18940926
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18940926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuerthal-Zeitung
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-26
- Monat1894-09
- Jahr1894
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 26.09.1894
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Dolttifchr Knndscha«. Deutschland. »Kaiser Wilhelm Kat am 22. d. von Swinemünde kommend, der Stadt Thorn einen kurzen Besuch abgestattet. Die Stadtver waltung kredenzte dem Monarchen einen Ehren trunk. »Der Reichskanzler Graf v. Caprivi wird für Dienstag aus Karlsbad wieder in Berlin zurückerwartet. »Der Gouverneur von Deutsch-Ost- afrika, Frhr. v. Schele, soll nach einer von der ,Voss. Ztg.' verzeichneten gerüchtweise« Meldung beabsichtigen, mit Beginn nächsten Jahres seiner Familie wegen seinen Posten zu verlassen. »Die Streichung des Schulschiffes „Leipzig" aus der Liste der Kriegsschiffe hat der Kaiser laut Veröffentlichung im ,Marine- Verordnungsblatt genehmigt. * Der Reichstag ist bekanntlich in seiner ver flossenen Tagung ziemlich »»glimpflich mit den Neuen Forderungen für die Marine umgegangcn. Die erste Rate für den Bau des Panzerschiffes zum Ersatz für „Preußen" (1 Mill. Man) wurde bewilligt, dagegen wurde die For derung eines gepanzerten Kreuzers als Admirals schiff in überseeischen Gewässern zum Ersatz für die „Leipzig" (1. Rate 1 Mill. Mk.) abgelehnt, ebenso ein Aviso „Falke" (1. Rate 1200 000 Mark). Wie jetzt verlautet, wird im nächsten Etat der Bau eines großen Kreuzers wiederum und daneben drei Kreuzer nach dem kleinen TypuS gefordert werden. Die Forderungen wur den damals mit geringen Mehrheiten aus finanziellen Gründen abgelehnt. Man wird wohl erwarten dürfen, daß jetzt eine günstigere Stim mung herrscht. Die großen überseeischen Inter essen Deutschlands erfordern mit jedem Jahre dringender eine ausreichende, aktionsbereite Flotte. »Ueber kommunale Wein steuern schreiben die ,Berl. Pol. Nachr.' offiziös: Wenn auch der Plan einer Reichsweinsteuer vorläufig ' aufgegeben sei, so werde doch von der Reichs regierung in der nächsten Reichstagssession der Versuch gemacht werden, die in der Reichsgesctz- .. aebung liegenden Hindernisse einer kommunalen Besteuerung des Weines zu beseitigen. »Zur Herbeiführung der wirksameren Be- aufsichtigung des Schiffs- und Flobverkehrs mit Rücksicht auf choleraverdächtige Per sonen hat der preuß. Arbeitsminister an geordnet, daß künftig auch die an den Wasser straßen beschäftigten Beamten der Wasserbau verwaltung (Schleusen- und Strommeister, Strand- und Kanalaufseher rc.) daran mitwirken sollen. Etwaige Wahrnehmungen, daß auf den Fahr zeugen choleraverdächtige Personen vorhanden sind, haben diese Beamten der Ortspolizcibehörde oder, wo Kontrollstationen errichtet sind, der nächsten Station sofort unter genauer Bezeichnung des Fahrzeuges und der verdächtigen Person an zuzeigen. »Ueber die Ausdehnung der deutschen - Kolonien und Schutzgebiete werden folgende Ängaben gemacht: Das (indessen noch nicht ab gegrenzte) Schutzgebiet Togo umfaßt 60 000 Quadmtkilometer, Kamerun 495 000, Südwest- Afrika 835 000, Deutsch-Ostafrika 995 000, das 'Kaiser Wilhclmsland m Neu-Guinea 181 500, Bismarck-Archipel 52 200, der nvrdöstliche Teil der Salomon - Inselgruppe 22 300, daS Schutz gebiet der Marschallinseln 400 Quadratkilometer. In Togo haben sich niedergelassen 72 Europäer, darnntevM Deutsche, in Kamcrin 204 Europäer (128 Deutsche), in Südwestafrika 969 Europäer (614 Deutsche), ig. Deutsch - Ostafrika rund 750 Europäer (rund 500 Deutsche), im Schutzgebiet der Neu-Guinea-Kompanie 178 Europäer (99 Deutsche) und auf den Marschallinseln 67 Europäer (32 Deutsche). Frankreich. » Ein Redakteur des ,TempS' hat die auS Madagaskar heimkehrenden Offiziere und Soldaten über die Lage daselbst interviewt. Alle sind der. Meinung, daß die Regierung Wohl daran thue, energisch einzuschreiten, da der Ueber- mut der Howas immer mehr zunehme. Die Lage fei derartig gespannt, daß man sich von den Unterhandlungen dcS Spezialgekandten in diesem Augenblick nur wenig versprechen könne. Man glaubt zwar nicht an einen ernstlichen Wider stand der HowaS, doch sei ein Marsch nach dort außerordentlich schwierig, «eil keine Wege vor handen find. Die Expedition sei indes schon deshalb notwendig, weil die Bevölkerung von Madagaskar nicht an die Macht Frankreichs glaube. velgke«. »Der König von Belgien hat offen bar nicht Lust, dem Herzog vonOrleanS zu gestatten, daß dieser seine Rolle als orleanisti- scher Prätendent auf belgischem Boden spiele. Wie der ,Figaro' meldet, würde ein längerer Aufenthalt deS Herzogs von Orleans in Brüssel von der belgischen Regierung nicht gern gesehen werden. Das Pariser Blatt schreibt, der König Leopold wünsche, daß sein junger Verwandter, dem er übrigens sehr geneigt sei, nur sehr kurze Zeit in seiner Hauptstadt verweile und auf belgischem Boden sich nicht öffentlich als Prätendent gebärde. Holland. * Den Generalstaaten ist das Budget der Niederland für 1895 vorgelegt worden. Dasselbe ergibt ein Defizit von 8 Millionen Gulden, von denen 1 Million zu Lasten deS ordentlichen Budgets fällt. Zur Deckung der Kosten für eine bessere Bewaffnung der Armee und der Flotte, die mit einem auf 9'/, Millionen Gulden ge schätzten Aufwande in 4 Jahren durchgeführt werden soll, wird eine Anleihe erforderlich sein. Diese soll in Annuitäten von 640 000 Gulden amortisiert werden. Es wird eine Vorlage ein gebracht werden, um eine bessere Sicherung der Einfuhrzölle als Gegenwert der Anleihe zu er möglichen. Schweiz. * Am 25. d. wird in Bem die diplomatische Konferenz eröffnet werden, um die Frage der Bildung eines internationalen Verbandes für die Veröffentlichung von Staatsver trägen zu erörtern. 14 Regierungen haben sich zur Teilnahme bereit erklärt. Rußland. »Ueber den Gesundheitszustand des Zaren wird berichtet, daß derselbe die größte Vorsicht erheische. Außer dem Moskauer Professor Sacharjin dürfte schwerlich jemand Zu verlässiges über das Leiden sagen können, es handele sich aber jedenfalls um ein chronisches. Der überraschend schnell hereinbrechende Herbst vernichtet die Hoffnung der Aerzte auf einen günstigen Erfolg des mehrwöchigen Aufent haltes des Zaren im Jagdschloß Spala. Die bisherigen Nachrichten lauteten immer günstiger. »Den Sturz des mächtigen Ratgebers deS Zaren, des Oberprokurators Pobedo- noszew, verkünden die Zeitungen als bevor stehend, weil derselbe angeblich ungünstige Aeuße- mngen über den Zaren dem kaiserlichen Hofminister gegenüber gemacht haben soll. Vermutlich liegt hier die Verwechselung nut einem viel älteren Vorgänge vor. Pobedonoszew war Lehrer des gegenwärtigen Zaren, als er noch Großfürst war, und zwar noch zu Lebzeiten deS damaligen Thronfolgers, wo niemand in ihm den künftigen Beherrscher Rußlands sah. Damals hat Pobe- donoszew in einem Privatbrief sich ungünstig über die Begabung des Großfürsten ausgesprochen und dieser Brief wurde allerdings dem Zaren vor einigen Jahren in der Absicht in die Hände gespielt, den Sturz Pobedonoszews zu veran lassen. Es ist kaum anzunchmen, daß sich jetzt ähnliches ereignet haben sollte. »Wie man auS Warschau mitteilt, wird in militärischen Kreisen die Ernennung des General leutnants Bo dis ko zum Gchilfeu des Kom mandierenden der Truppen des Warschauer Militärbezirks eifrig besprochen. General BodiSko übernimmt das Kommando über die Kavallerie. Man will darin ein Anzeichen dafür erblicken, daß Graf Gurko, der be kanntlich aus der Kavallerie hervorgegangen ist, seinen militärischen Pflichten nicht mehr in vollem Umfange nachkommen kann. Bon anderer Seite wird jedoch betont, daß es die große Zahl der Kavallerietruppen im Grenzgebiete sei, was die Schaffung einer besonderen Kommando stelle für dieselben notwendig gemacht habe. Valkanstaate«. »Ueber eine bevorstehende serbische M ini st erkri st» find wiedenun Gerüchte auf- getaucht, die mit Bestimmtheit meldeten, daß da jetzige Ministerium besonder- dem Hckönig Milan unbequem gewogen sei. Offiziös werden nun allerdings diese Gerüchte für unbegründet erklärt, immerhin aber ist ein baldiger Ministerwechsel in Serbien nicht gerade unwahrscheinlich. Aste«. * Angesichts deS bisherigen für China so ungünstigen Verlaufs deS koreanischen Krieges scheint die chinesische Regierung schon sehr friedensbedürftig geworden zu sein. Nach einer Londoner Meldung hatte schon Sir Macatt- ney, der englische Berater bei der chinesischen Gesandtschaft, eine längere Konferenz im englischen Auswärtigen Amte. Man glaubt, daß China ernstlich dieFriedenSvermittelung Eng lands nachsuchen will. Englisches «rrd deutsche» Eise«. Seit einer Reihe von Jahren, schreiben die ,Times', haben die Verhältnisse des Eisenge- werbeS des Ber. Königreichs sehr ernstliche Be sorgnisse erregt, besonders im Hinblick auf die von wettbewcrbenden Ländern gemachten Fort schritte. Es ist jetzt etwas ganz Alltägliches, daß man in geschäftlichen Kreisen von unserem Eisengewerbe als von einem Fabrikattonszweige sprechen hört, der aufgehört hat, Fortschritte zu machen, und zu allmählichem Verfall verurteilt ist. Eine Prüfung der Ausfuhr-Ausweise für die letzten Jahre scheint diese Ansicht zu bekräftigen. Im Jahre 1883 betrug unsere Gesamtaus fuhr an Eisen und Stahl 4 043 000 Tonnen im Werte von 28 590 000 Pfd., während unsere entsprechende Ausfuhr im Jahre 1893 nur 2 911000 Tonnen im Gesamtwerte von 20 690 000 Pfd. erreichte. Die englischen Fabrikanten hatten sich in den letzten Jahren hauptsächlich über deu Erfolg der deutschen und belgischen Fabrikanten auf unseren heimischen und kolonialen Märkten zu beklagen. ES ist vielleicht nicht allgemein bekannt, daß mehr deutsches Eisen nach Großbritannien ein geführt wird, als nach irgend einem anderen Lande, mit Ausnahme der Schweiz, und in letzterem Falle war das Eisen wahrscheinlich zum großen Teil in Durchfuhr nach Italien und anderen Ländern, während es nach England kam, um dort zu bleiben. Im Jahre 1893 wurden nach Großbritannien 116 000 Tonnen deutsches Eisen und deutscher Stahl eingeführt und in die britischen Kolonien ungefähr 100 000 Tonnen. DaS ganze amerikanische Festland, mit Aus nahme von Kanada, nahm in dem genannten Jahre nicht mehr als halb soviel deutsches Eisen und deutschen Stahl als Großbritannien. ES ist ein offenes Geheimnis, daß wenig stens bei dem deutschen Wettbewerb ost Ver träge zu billigeren Sätzen als den wirklichen Herstellungskosten abgeschlossen werden. Während die Deutschen in ihren eigenen Märkten durch einen thatsächlich die Einfuhr unmöglich machen den Tarif beschützt und somit instandgcsetzt sind, sich auf lohnende Preise im Heimatlande zu verlassen, finden sie, daß ihnen dienlich ist, ihre Werke soweit als möglich völlig zu beschäftigen und für den im Inlands nicht verbrauchten Rest außerhalb irgendwelche Preise zu nehmen, die sie erlangen können. Auf diese Weise haben die Deutschen fett vielen Jahren zwei Preisstaffeln gehabt, eine verhältnismäßig hohe für die ein heimischen Märkte und eine verhältnismäßig niedrige für die ausländischen Märkte. Uo« Uah und Fern. Bon» Nordostsee-Kanal. In den nächsten Tagen wird der Schiffsverkehr durch die neuen Holtenauer Schleusenwerke tn den Nordostsee- Kanal geleitet. Die Kreuzerkorvette „Prinzeß Wil helm" die auf Grund geraten war, ist am Freitag abend wieder flott gemacht woroen, ohne Schaden genommen zu haben. Der Kaiser war auf der Fahrt von Danzig nach Swinemünde vor Rönne an der Strandungsstelle eingetroffen, um die Abbringungsarbeiten zu besichtigen, und hat alsbald nach glücklicher Beendigung der Arbeiten die Fahrt fortgesetzt. DerBerfafser de-„Struwwelpeter", der Geheime SanitätSrat Dr. Heinrich Hoffmann, , der am Donnerstag infolge eine» Schlaganfall» gestorben ist, hat ein AVer von über 85 Jahren . erreicht. Er war am 13. Juni 1809 geboren, stand viele Jahre als Arzt der Frankfurter Irren anstalt im städtischen Dienst und erstellte sich großer persönlicher Beliebtheit. Außer dem „Struwwelpeter", dem verbreitetsten deutschen Buch, daS übrigens in fast alle europäischen Sprachen übersetzt worden, hat Heinrich Hoff mann noch andere Kinderbücher verfaßt: „König Nußknacker", „Im Himmel und auf der Erde", „Humoristische Studien" rc. «tu entsetzlicher UnglückSfall ereignete sich am 19. d. vormittags in der Kaulbachstraße m Dresden. Auf dem Hinterperron eines Pferdebahnwagens beugte sich ein Passagier zur Seite und geriet mit dem Kopfe zwischen den Straßenbahnwagen und einen demselben entgegen kommenden Möbelwagen so unglücklich, daß durch eine Quetschung des KopfeS sofort der Tod herbeigeführt wurde. Der Wachthund gestohlen. In der Nacht zum Montag wurde in der Zwirnfabrik von Gloger in Ziegenhals ein Embruchsdiebstahl verübt. Gestohlen wurden eine größere Summe Geldes, Kleider, Leinenzeug und — der getreue Phylax, dem die Ueberwachung der Fabrik anver traut worden war. Welche Rolle die Kmistbutter jetzt spielt, geht (nach einer Mitteilung vom Patent- und. technischen Büreau von Richard Lüders in Görlitz) aus der Berechnung eines englischen Statistikers hervor, der behauptet, in England allein sei der Kunstbutter-Verbrauch so groß, daß derselbe, wenn durch Naturbutter ersetzt, an 300 000 Kühe mehr erfordern würde. Die alte Domlinde z« Braunschweig, die ihrer Morschheit wegen sowieso gefällt werden sollte, ist am 19. d. bei völliger Windstille krachend zusammengestürzt. Nur ein kleiner Teil des hohlen Stammes zeigt die Stelle an, wo der Methusalem der Bäume gestanden. Die Holzteile der Linde waren so morsch, daß man sie zwischen den Fingern zerreiben konnte. Nach der Sage ist die Domlinde von Heinrich dem Löwen gepflanzt worden; jedenfalls war sie uralt, denn ihrer geschah schon als „der Linde" in Chroniken des frühesten Mittelalters Er wähnung. Aus Schneidemühl. Der Brunnentechniker Beyer aus Berlin beabsichtigt in Schneidemühl ein Wasserwerk anzulegen, das die ganze Stadt reichlich mit gutem Wasser versorgen soll. ES würden zwei artesische Brunnen, die auf einer Anhöhe außerhalb der Stadt anzulegen sind, zur Beschaffung deS Wasscrquantums genügen. Wenn die Stadt sich an dem Unternehmen nicht beteiligen wolle, sei er bereit, die Anlage auf seine eigenen Kosten bauen zu lassen, event. durch eine Aktiengesellschaft. In der Stadtverordneten versammlung wurde beschlossen, die Angelegen heit durch eme Kommission vorberaten zu lassen. Ein großer Granitblock im Gewichte von etwa 12 000 Kilo wurde unlängst bei Trave münde aus dem Fahrwasser der Trave durch die Baggerschiffe entfernt nnd nach Lübeck trans portiert. Dort wurde der Steinkoloß mittels des 100 Tons-Krahns aus dem Wasser gehoben und auf die Quaimauer gelegt. Das Steinungetüm findet viele Bewunderer. Durch unvorsichtiges Umgehen mit Platzpatronen hat sich kürzlich in Elbing ein Soldat eine arge Verletzung zugezogen. Der selbe hatte vom Manöverfeld eine geladene Infanterie-Platzpatrone mitgebracht, diese in Gegenwatt anderer Personen in der Werkstätte seines Ouattierwittes, eines Schmiedemeisters, in einen Schraubstock gespannt und mittels eines spitzen Eisens zur Explosion gebracht. Die Ladung ging dem Soldaten in das Gesicht und hat ihn nicht nur erheblich verbrannt, sondern ihm auch die Backe aufgeriffen. Uebel ist es einem harmlose« Berliner Geschäftsmann ergangen, der in Insterburg bei Verwandten zu Besuch weilte. Als er hoch zu Roß die Nachbarschaft durchstreifte, wurde er Der lote Leutnant. ky (Fortsetzung.) „Adam!" flüsterte es endlich leise, und die Thür des Mägdeflügels wurde furchtsam ein wenig geöffnet. „Adamken, ich komm' nich, ich fürcht mi vor dat Gespinnstel" „Dat iS jo nich hier!" protestierte Adam ver blüfft und warf verwunderte Btjcke umher wie einer, der garnicht begreifen kann, wie man sich . vor etwas fürchten könne, waS noch nicht da ist. ' „Aber wenn't kömmt, Adam!" sagte Guste hinter der Thür. t „Denn süll't sin Weg geh'n, da geiht mi i nischt an!" meinte Adam, welcher seinem vor- ! gestreckten Kopf und seinen die Thürspalten musternden Augen nach zu urteilen, wett mehr den Korb im Sinn hatte, der in Auaustens Händen sichtbar wurde und einen erklecklichen Geruch von Biktualien auSströmte, als das Gespenst, daS nun einmal noch nicht da war und übrigens weit weniger Raum in AdamS bescheidenem Begriffs vermögen fand als der sichtbare Korb mit seinem vermutlich sehr realen und greifbaren Inhalt. Auguste schien von der unbewußten Kourage ihres Liebhabers ein wenig ermutigt zu sein, denn sie trat schüchtern auS der Thür hervor und cutt Adam zu. Ein herzhafter Kuß be lohnte sie, daS heißt einer, den nicht er ihr, sondern ste ihm gab. „Erbsen mit Sauerkohl von heut' Mittag l" Mette ste zärtlich. „Dein > Leibessen, mein Jungk" Adam gab das breiteste Grinse» -um besten, das er zu leisten vermochte und wollte eben mit beiden Händen in den Korb hinein greifen, um den verlockend darin vom bleichen Mondlicht funkelnden Napf hcrauszunehmen, als plötzlich Guste, die den Korb noch nicht von ihrem Arm losgelassen hatte, mit dem Auf schrei: „O Jott, da kommt wat!" entsetzt in die Thür zurückhuschte und diese hinter sich ver schloß, den Korb in der Hast des Momentes mit sich nehmend. Adam starrte ihr mit wett aufgerissenen Augen entsetzt nach — entsetzt nicht über das „wat kömmt", sondern über daS, was gegangen war, nämlich Sauerkraut und Erbsen! „Ver- dammtigter Racker!" prustete er und meinte da mit beileibe nicht seine Auguste, der er nach stierte, sondem das unbekannte Etwas, daS ihn gestört hatte und dem er vorläufig nur sein Ohr zuwendete, da er seine entrüsteten Augen immer noch auf Güstens Thür geheftet hielt. Hätte er dieselben seitwärS nach dem dunklen Ende des Ganges gesichtet, so würde er ge sehen haben, wie dort im fahlen Mondlicht, daS schwach durch einige trübe, kleine Scheiben hereinfiel, drei Gestalten aufgetaucht waren, von denen zwei sich, wie eS schien, sehr eng an einander hielten und merkwürdig schmatzten, bei Güstens leisem Schrei aber alle drn schnell aus einanderfuhren, ihrer zwei hastig nach seitwärts verschwanden und die dritte, eine lange, weiße, faltenreich umwallte Gestalt mit oben etwas Blutrotem statt deS KopfeS erschrocken einen Schritt zurückprallte und sich emsig noch viel mehr in daS weiße GrabeSgewand hüllte, als sie zuvor darin eingehüllt war. Adam hatte sich endlich überzeugt, daß das Entsetzliche nicht bloße Täuschung seiner er hitzten Phantasie, sondern grausige Wirklichkeit sei, daß nämlich Guste mitsamt Erbsen und Sauerkaut verschwunden sei und nicht wieder- komme und wendete nun langsam und verblüfft sein breites Gesicht dem Korndor zu, von wo er das verdächtige Geräusch vernommen hatte und wo er jetzt die weiße Gestalt im bleichen Mond licht vor sich stehen sah. „DunnerSschock, de Düwel I" brummte er er schrocken und lehnte sich verdutzt an die Wand, um abzuwarten, was nun kommen werde. „De Düwel!" Hätte Adam Grieneisen ein so scharfes Gehör besessen, wie man eS eigentlich von keinem Menschen verlangen kann, so würde er gehört haben, wie daS Gespenst ganz leise vor sich hinzischte: „Ich muß den verdammten Kerl graulich zu machen suchen, sonst komm ich nicht an ihm vorbei und werde entdeckt!" Zu gleich heulte das Gespenst leise vor sich hm: .Huuh! Huuuh! Huh!" als ob eS Leib schmerzen habe und schwebte langsam, feierlich, ja man hätte fast vermeinen können: zögernd auf Adam zu. „A — dam — Grien — ei — sen!" wim merte eS mit hohler Grabesstimme, „geh hinweg, ich bin ein Gespenst, ein böser, böser Geist!" „Verflixt! Unser Sen Pastor seggt awwer, dat gisst keen' Gcspinster!" wandte Adam ver blüfft ein und retirierte langsam und langsam und halb unschlüssig vor dem Gespenst zurück, daS ihm mit feierlichen, aber etwas langgenom menen Schritten nachschwebte und offenbar gern an ihm vorbeizuwollen schien. „Mach' sott, Adam, oder ich raube Deine Seele und fahre mit ihr zur Verdammnis!" sagte daS Gespenst hohl und streckte seinen langen, weißen Arm nach Adam aus. „Verflixt, un nn Hess ick den Hunnpietsch nich hier!" brüllte Adam laut auf in einer Mischung von Zorn und Angst, welche allmählich anfingen, ihm daS bißchen Kopf zu benehmen, über daS er zu verfügen hatte. DaS Gespenst schien sich daS zu nutze machen zu wollen. Sichtlich zusammengeschrcckt bei dem plötzlichen lauten Ausbruch von Adams Stentor stimme, schwebte der Geist, der es jetzt plötzlich sehr eilig zu haben schien, energisch auf Adam zu, streckte den einen Arm mit dem weißen Ge wand nach ihm aus, als wolle es ihn damit um schlingen, und sagte hohl: „Fliehe oder komme mit mir zur ewigen —" „Au!" brüllte Adam in höchster Angst. „VerdammigteS Gespinnst, loß mi sinn!" und, vollkommen kopflos, instinktiv nur an das denkend, wovon er in solchen Fällen der Not den wirk samsten Gebrauch zu machen gewohnt war, hotte Adam mit dem einen Arm und der daran be findlichen flachen Hand weit auS, schwang beide» wie einen fliegenden Dreschflegel durch die Lust und ließ eS im nächsten Moment dermaßen wuchtig nach der Gegend hinsauseu, in welcher daS Gespenst mutmaßlich seinen Kopf habm mußte, wenn eS ihn nicht nach zeitweiliger Geister mode unterm Arm trug, daß er dem armen GrabeSbewohner wahrscheinlich den spröden Toten schädel zertrümmert haben würde, wenn sich der Geist nicht so hastig nach vornüber niedergeduckt hätte, daß die nervige Hand ohne zu treffen
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