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Der sächsische Erzähler : 20.11.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-11-20
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-193311208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19331120
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19331120
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1933
- Monat1933-11
- Tag1933-11-20
- Monat1933-11
- Jahr1933
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 20.11.1933
- Autor
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' I 3 ZI ' Druck und Verlag von Friedrich May, T. m. b. H verantwortlich für die Schriftleitung Max Fiederer sämtlich in Bilcyofswerda. vornehmen Damen die schönsten Zimmer seines Hauses bereiten .. floh. Heute entsann sie sich jener bangen Stunde im Türkenzelt , der kursürstkchen Gondel auf dem Schloßteich von Moritzburg. , Kaum ein Jahr war verflossen seitdem. Und jene Schatten von Wien eintraf für - damals nahmen auch jetzt wieder Gestalt an und erfüllten das ' >. kleine Gastzimmer zum „Blauen Adler" in Halberstadt mit unge- heuerem Lärm: von Sachsen. Aus Wienso kalkuliert« Die Gräfin schlug im Entsetzen die Hände vor das Gesicht. Da Pflaster von Halberstadt. Wie einst blies der Postillon fein lusti ges Lied zu Ehren der fremden Stadt, zur Kurzweil auch der bei den Damen in feinem Waf, aus den Fenstern schauend, in Augenschein nahmen. Im Gasthof „Zum Blauen Adler" warteten schon die Quar tiere, bestellt für die Aebtissin von Quedlinburg, Prinzessin Anna Christiane Eberhardine, deren Liebe sie verraten. Und die drei gingen um den Tisch herum, wo die Astern stau» .. . . . - . . .. i .... Haar zu drücken. Und Philipp Christoph von Kö« nigsmarck rief, daß es schauerlich hohl klang: „Du hast mich belögen, Schwester. Du wolltest mich rächen und hast im Arme des Bühlen meiner vergessen. Ich fordere dich zur Rechenschaft. Gib Antwort mir!" Dann klagte Claes Horn, der Jugendgeliebte: „Du hast meinen Mund geküßt, Aurora. Du hast mir die Treue gebrochen im Arme des Buhlen. Ich fordere dich zur Re chenschaft, gib Antwort mir!" Die Kurfürstin sprach mit feierlichem Ernst, hochaufgerichtet, die Hände gefaltet über ihrem gesegneten Leib: „Du hast mich hintergangen, Schwester. Du wolltest Freun din mir sein und hast die Ehe gebrochen mit meinem Gatten. Ich fordere dich zur Rechenschaft, gib Antwort mir!" Lärm und Getöse schwollen an. Sammelten sich nicht auf der Straße draußen die Menschen und schrien aufgeregt durchein ander? Klang da nicht die Feuerglocke und heulte Sturm? Und Hörner ertönten, die Fanfaren des Gerichts. Wie Krallen legte es sich um Auroras Hals: sie sprang auf, taumelte an das Fenster, riß es auf. . Aber was war das? Da standen ja wirklich die Menschen und schrien durcheinander und warfen die Arme in die Luft und winkten einander zu mit Tüchern Und Fahnen. Mit Musik wurde ein Herold geleitet dem Stadthaus zu. Alles Volk jubelte, die Frauen warfen ihm Blumen nach, froh erregte Männer streichel ten die Schabracken seines Hengstes Jetzt hielt er an. Kaum hundert Schritt weit entfernt von ihrem Fenster. Er winkte mit der Hand, die Fanfaren gaben ein Zeichen, sie forderten Ruhe für den Herold. Gräfin Aurora, noch im Zweifel darüber, ob das, was sie schaute, wieder nur ein Spuk ihrer Gedanken oder Wahrheit und Wirklichkeit, raffte ihr Kleid zusammen und lehnte sich weit aus dem Fenster, um jedes Wort dieses seltsamen Botschafters zu ver nehmen. Und der Herold entfaltete ein Pergament und verkiin- dete mit weithin schallender Stimme, daß dem Lande Kursachsen ein Prinz und Nachfolger geschenkt sei, dessen Name lauten solle, wie der seines Vaters, Friedrich August. Und der Herold schloß: „Es lebe Ihre Durchlaucht, die gnädigste Frau Kurfürstin Christiane Eberhardine von Sachsen!" „Sie lebe — sie lebe!" schwoll es an zum tosenden Gebraus und hallte von allen Häusern wider. „Sie lebe — sie lebe!" ... .... , Gräfin Aurora aber stand wie erstarrt. Cs schien ihr, als Endlich stand sie in ihrem Zimmer, allein. Wie kalt es hier siele langsam ein schwarzer Vorhang über alles, was bisher ge- --- - -- wesen, schnitt sie allein ab von aller Anteilnahme, sie, die Ver ¬ räterin und Verstoßene. Hoch vor allen Menschen stand da nur die Kurfürstin, die ungeliebte Frau, die dem Lande den Erben ge schenkt. Stand auf einmal im Mittelpunkt allen Jubels und aller Verehrung. „Sie lebe — sie lebe!" Aurora von Königsmarck stöhnte. Sie mußte ihr Kindlein schon verbergen im Mutterleib, und wenn sie es geboren unter tausend Schmerzen, so durfte sie sich nicht zu ihm bekennen. Der Mann aber, der es ihr geschenkt, der sie geliebt und dem sie ver traut, der sie ausgezeichnet vor allen Frauen, dem sie Liebste und Magd, Kamerad und Freundin gewesen, er hatte sich von ihr ab gewandt, gleichgültig auch um das Kind, das sie erwartete. Sie, die Maitresse en titre lag vergessen im einsamen Gastzimmer zu Halberstadt, mußte betteln gehen um die Gnade der Aebtissin von Quedlinburg, ihre allerletzte Hoffnung. (Fortsetzung folgt.) war. Aurora schloß das Fenster. Dann fiel ihr Auge auf die Blumen, auf blaue und rote, violette und weiße Astern. Da sie vor einem Jahr Blumen gesehen, waren es noch Rosen, rote Rosen in verschwenderischer Pracht gewesen. Kristall und Rosxn und Gold und Silber, wohin sie blickte, seidene Polster, schwellende Teppiche, wohin ihr Fuß trat. Und willige ergebene Augen all überall. Und verschwunden war das mit einemmal. „Im Türkenkrieg", sprach Aurora laut vor sich hin und lachte kurz und bitter auf dabei. Wer in dieser Stunde die schöne Gräfin Aurora von Königs marck gesehen hatte, der wäre erschrocken vor ihrem Anblick. Mut losigkeit ohnegleichen lag auf ihrem Gesicht, scharfe Falten um- schlossen ihren kleinen Mund, glanzlos starrten die Augen, matt und müde, so müde hingen ihre Hände herab. Ihr Leib jedoch, aus der quälenden Enge des Kleides gelockert, zeigte nun deut lich sichtbar alle Merkmale der werdenden Mutter, die Aurora sonst so ängstlich und geschickt zu verbergen wußte. Keine Uhr tickte in dem bescheidenen Zimmer des Gasthofes, nichts lebte hier mehr als die neue Sorge um «ine dunkle Zukunft. Eine Schauspielerin war Aurora von Königsmark geworden, in Sorge beflissen um die Aebtissin von Quedlinburg, die sie zux " ' ' i- Kuadjutorin des reichsfreien Damenstistes ernennen sollte. Eine zur Kurzweil auch der bei- arme Bettlerin, die schöne Aurora, im Ohr noch den Klang halb >gen, die neugierig nach rechts und links vergessener Liebesworte, die traurige Erinnerung an jene Zeit im end, Straßen, Häuser und Menschen Herzen, da sie die mächtige Freundin war eines hochmächtigen .. .. . . Gebieters, . ..... . Und wiederum fiel, die Einsamkeit sie an. Eine Cinsamkeih , —„ —. die ihr nicht Frieden schenkte, o nein, eine Einsamkeit, die groß Dorothea von Sachsen-Weimar und ein Fräulein Aurora, Gräfin und drohend über sie kam, die mit tausend Zungen raunte und von Königsmarck. Versteht sich, daß der Herr Wirt den beiden anklagte, die ihr Bilder vorgaukelte, vor denen die Gräfin sonst keß. . Vor den Butzenscheiben wehten lustige, kleine Gardinen, und da gar gestern abend noch eine Extrapost aus Wien eintvaf für die Gräfin, so mußten auch allenthalben frische Blumen ausge stellt werden. Denn in Wien wohnte der Kaiser, dazu der Kur fürst Friedrich August " " ' der kluge Wirt — aus Wien konnte nur Gutes kommen. Und eine standen sie wieher,' ihre Hauptankläger, der verspottete Claes Horn, leibhaftige Prinzessin in Begleitung einer Gräfin schneiten ihm der tote Bruder, blutend aus der Meuchelwunde, die Kurfürstin auch nicht alle Tage als Gäste in den „Blauen Adler". Christiane Eberhardine, deren Liebe sie verraten. Zudem war das mit den Blumen gar nicht so einfach gewesen. Und die drei gingen um den Tisch herum, wo die Astern stau- Denn Mitte Oktober, da blühten nur noch Astern. . Und Astern den, nahmen die weißen und wanden einen Totenkranz, ihn sind Totenblumen und bedeuten nichts Gutes, wie man sagt. So Aurora ins Haar zu drucken. Und Philipp Christoph von Kö« ließ der Wirt wenigstens recht bunte heraussuchen, die schnieichel- ten mit ihren blauen, roten und violetten und weißen Farben auf Tisch und Kommode herum und schienen betteln zu wollen um ein wenig Frohfein. Der Wirt, der mit seinem ganzen Personal am Hoftor zuni Willkomm ausgestellt stand, fand sich auf das angenehmste über rascht. Er hatte zwei alte vornehme Betschwestern erwartet, die schon die Augen niederschlagen wurden, wenn sie nur einen rech ten Mannskerl in ihrer Nähe vermuteten. Wohl trug die ältere der beiden Damen ein hochgeschlossenes Kleid, das den weißen Hals nur freigab für eine dreifach geschlungene güldene Kette und eine zierlich gestreifte, blühweiße Spitzenkrause, aus der das kleine Köpfchen mit der auffallend spitzen Nase wie ein kaum flügges Bögelchen schaute. Aber die jüngere! Heiliger Sebastian, Schutzpatron des vor nehmsten Gasthof zu Halberstadt! Eine schönere und stolzere Frau hast du gewiß noch niemals betreut zur stillen Nacht im „Blauen Adler" Die trug zwar keine Kette um den Hals und keine Spitzenkrause. Die erschien schmucklos und dennoch auf fallend allein in der Pracht ihrer üppigen Schönheit. Der Wirt und sein ganzes Ingesinde knickste vor Bewunderung und Ehrer bietung, daß es aussah, als sollten die Damen über ihre Rücken in das Haus hineinspazieren. „Gnädige Frau Mutter wünschen gewißlich ein wenig zu lie gen nach den Strapazen der Reise. Herr Wirt, das ruhigste Zim mer für Ihre Durchlaucht, die Frau Prinzessin." „Dank, liebste Gräfin. Sie machen einer alten Frau das Reisen leicht und beinahe zum Vergnügen. Aber auch Sie bedür fen dringend der Erholung." Ein feines Rot färbte die Stirn der Gräfin, und ein rascher, forschender Blick streifte das ehrwürdige Matronenantlitz der ver ehrten Aebtissin. Doch Prinzessin Anna Dorothea — so glaubte Aurora von Königsmarck — schien ohne jeden Nebengedanken lediglich der Meinung zu sein, daß die Gräfin, ermüdet von den Anstrengungen der Fahrt, wirklich der Ruhe bedürfe, wie die alte Dame selbst. Mißtraute Aurora ihrem Spiegel schon so seh?, daß eine leicht hingesprochene Aeußerung sie in Verwirrung und Ängst brin gen konnte? Dabei wußte sie selbst am besten, wie furchtbar die Reisestra pazen in ihrem jetzigen Zustand ihr zugesetzt. Aber es ging uni ihre ganze Zukunft. Und so straffte sie auch nun wieder ihren schönen Körper und schritt aufrecht und sicher wie eine Königin daher, die Aebtissin am Arme führend.
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