Weißeritz-Zeitung : 27.06.1856

Wr. 50 Werßeritz-Zeitung. Berantivortlicher Rcdacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. 4» Freitag. Erscheint Dienstag« und Freitag«. Zu beziehen durch alle Postanstal- ten. Preis pro Quart. IVNgr. 27 Z«ni 1856. " 8 PK MM Zell«' SmchM ch und tu allen : ,Expedition« - : ^7 SNWMW«». Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. "' Zur Aufklärung über Serbien und die Auswanderung dahin. Unter dieser Ueberschrist bringt die Sächs. const. Zeit, ist Nr. 142 einen länger» Artikel des Herrn Hermann Breithaupt in Freiberg, früher» Stadtraths in Zwickau, der beabsichtigt, fürstlich serbische Staatsdienste zu nehmen, und sich deshalb im April und Mai d. I. dort umge sehen hat. Wenn wir uns in Folgendem gestatten, den genannten Artikel hier im Auszug wiederzugeben, so glauben wir nicht nur im Allgemeinen Etwas zur Aufklärung über Serbien bcizutragen, sondern auch besonders Auswande rungslustigen die praktischen Rathschläge des glaubwürdigen Berichterstatters nicht vorzuenthalten. Durch den Donaustrom und den sich darein ergießen den Savefluß (Sau), von Ungarn, Siebenbürgen und der Wallachei nach Mitternacht getrennt, ist Serbien nach den übrigen Gegenden von der Türkei völlig eingeschloffen. ES hat einen Ffächenraum von 7YV (D Meilen, also un gefähr die Größe des Königreichs Hannover. Nur m der Bodenbeschaffenheit weicht es von diesem durch die zahlreichen Gebirgszüge ab, die daö Land bedecken. Herr liche gut geschonte Eichenwaldungen befördern den Waffer- reichthum, der in vielen Bergströmen dem GewerbSmanne dienstbar wird. Der Metallschatz der Gebirge, vorzüglich an Kupfer und Silber, fordert zum Bergbau auf, der sich auch schon recht erfreulich zu entwickeln beginnt. Ueber die Landwirthschaft sagt Breithaupt: „Die Landwirthschaft steht noch auf einer niederen Stufe, obwohl das Land selbst keine Schwierigkeiten für einen rationellen Betrieb bietet. Das Thal der Marowa (eines durch die Mitte von Süden nach Norden gehenden Flusses) habe ich durchreist und dort einen Boden gefunden, wie ich mich nicht entsinnen kann, ihn jemals gesehen zu haben, wie er vielleicht nur in den üppigsten Niederungen des Misstsippi wieder ange- troffen werden mag. Vier bis acht Fuß mächtige, aus Schlammablagerungen und tausendjährigem Blätterfall entstandene, steinfreie, schwarze Erde ist noch zu ungezählten Tausenden von Aeckern nur mit Buchen- und Eichenholz bestanden und wartet nur der Axt und des Pfluges, um ohne Düngung für lange Jahre reiche Ernte zu geben." — Hinsichtlich der Gewerbe bleibt noch viel zu wünschen übrig, namentlich im Innern deS Landes, „die Dörfer bestehen noch aus «lenden Lehmhütten, nur Einzelne können schreiben und lesen, die Wege find nur theilweise chaus- flrt, viele Wagen werden ohne Anwendung eines LothcS Eisen gebaut, und ihre Näder find sich wälzende Vielecke, aber man ist zu der Einsicht gelangt, daß e» besser werden könne und müsse. In Belgrad, dem Aufenthaltsorte des Fürsten, (seit 1843 Alexander Karageorgewitfch) besteht ein Gymnasium, eine Universität, eine StaatSbnch- vrtzckerei mit Schriftgießerei, Schnellpresse, Lithographie, eine kostbare Bibliothek, eine Mtlitärschule, ein Lesemuseum mit dielen Zeitungen rc. JnDobschitten bei Belgrad ist eine Ackerbauschule. Der Telegraph sowie Posten nach allen Theilen des Landes fördern den Verkehr. Dellt Einsender (Breithaupt) ist allgemein versichert worden, daß das Serbien und das Belgrad vor 2S Jahren ins Vergleich mit den heutigen Zuständen etwa- Unglaublich^ sei. Jede Regierung, auch die beste, auch die serbisch», hat Feinde, und diese sagen, da» Alles sei Schimmer uwd Schein, ein glänzende» Aeußere mit faulem, hohlem Kern, allein es dürfte diesen Feinden schwer werden, den BeMs dieser Anschuldigung durchzuführen, wo da- Gegenlheik so klar uud deutlich in die Augen springt. DaS schließt obige Behauptung nicht auS, daß noch viel, sehr viel zu thun übrig bleibt. Und das Zurücksein ist keine Schände, wenn man nur vorwärts will und vorwärts geht." Von den Rathschlägen und sonstigen Bemerkungen für Solche, welche nach Serbien überzustedeln beabsichtigen, heben wir die wichtigsten heraus. - „Serbien ist et» Uanv, woym -vir» mit dem ge schäftlichen Auge blicken. Der Serbe ist zn der Ueber« zeugung gekommen, sein Land sei herrlich und größer Plüthe fähig, aber er selbst muß sich sagen, daß er allein nicht im Stande sei, die Schätze desselben zu heben. Frei» lich möchte er lieber den Reichthum des Lande» für sich und seine Nachkommen auSbeuten, als ihn den Eindring lingen überlassen. In Nationalhaß artet jedoch diese Br- sorgniß für das eigene HauS nicht auS. — Wer fortziehen will, ziehe fort, aber der Gewerbsmann möge sich zuerst prüfen, ob er tüchtig in seinem Fache und namentlich im Staude sei, auch ohne jene Hilfsmittel zu arbeiten. Welche er sich daheim beim Betriebe seines Geschäfts mit leichter Mühe verschaffen kann. Der halhfrrtigr Meister kömmt dort eben so wenig wie hier fort; der Unmäßige geht sicher dem kalten und Wechselfieber entgegen; aber de» Mäßigen, dem Tüchtigen, dem Thätigen eröstnen sich dort schöne Ausfichten. Es giebt keinen Vewer-rzwang, ah« auch keine Innungen; man zahlt weniger Steuern sS'/r Thlr. jährlich und 3 Proeent der auSgesührten Maaren); man erzielt einen bessern Tagclohn, muß aber freilich auch den Gehilfen entsprechend bezahlen; man kann Zinsen er» langen, welche hier als Wucher gelten; aber eben so hoh- muß man natürlich entrichten, wenn man selbst eine- Kg- pitals benöthigt ist. Holzarbeiter, Lohgerber, Schuhmacher finden vielleicht noch größer» Verdienst, aber keift Ngch ist als ungünstig zu bezeichnen." — Wrft» Lanbmrthi» sich nicht in dem oben erwähnten, überau- srnchthfttto, Thale dxr Marowa, sondern in ander« hügeligen Sa genden ansiedeln wollen, so haben str auch Hitz tst Mrft gesegneten Ländereien herrschenden Fieber nicht jUÄflrchtestr denn hier sind diese völlig oder fast unbekannt, aber ste müssen Geduld haben, da sie gute Veräthe, gute Arbeiter und gutes Vieh hier nicht finden, wohl aber rin schöne-,