Dresdner Journal : 13.03.1855
- Erscheinungsdatum
- 1855-03-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-185503133
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18550313
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1855
- Monat1855-03
- Tag1855-03-13
- Monat1855-03
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- Dresdner Journal : 13.03.1855
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Interessen der kubanischen Eigenthümer nachtheiUg sei. Die Sorte» erklärten einstimmig ihre große Befriedigung über da» Angrhörte. — Später warfen die Sorte» einen Antrag auf Einkammersystem mit 115 gegen 101 Stimme ab. Es wird also einen Senat geben. ? London, 8. März. Wer Augen hat zu sehen, dem muß sich die Thalsache aufdringen, daß England, Regierung wie Volk, sicher nicht diejenige der kriegführenden Mächte ist, bei welcher ein bald abzuschließender Friede die größten Hindernisse finden würde, und daß ein solcher, wenn ,S die Gestaltung der Verhältnisse allein in seiner Hand hätte, auch in nicht ferner Zeit zu Stande kommen dürft,. Mög lich ist e«, daß ähnliche Strömungen der Stimmung auch in dem verbündeten Frankreich vorhanden sind: einen ganz unzweifelhaften und der Wahrnehmung sich geradezu auf dringenden Ausdruck haben dieselben indessen zeither nur in England gefunden. Es ist nicht das erste Mal, daß ich auf neue Symptome dieser Stimmung Hinweise, und wenn ich heute von Neuem dazu Anlaß habe, so bäucht mir, wird ,« auch nicht das letzte Mal sein; ja es ist höchst wahrscheinlich, daß die Symptome der gedachten Art sich mehren werden, und zwar nicht blos in arithmetischer Progression. Die Erfahrung der letzten 9 Monate lehrt uns, wie die Stimmung des Landes seil der Kriegserklä rung von einem keine Gegenrede gestattenden KriegsfanaliS- mu« herabcesunken ist zu dem einer beruhigter» Reflexion entspringenden Verlangen der Erlangung eines ehrenvollen Friedens, einem Verlangen, welches der Anhörung von sehr ausschließlichen Friedensreden bereits wieder Raum gegeben hat, ja der Gewährung des Beifalls sich nicht hat ent ziehen können. Stimmungen sind, bei Aciche ßbtrckcht«, moralische Barometer, wie eS die aus Quecksilber gefertigten im Gebiete der Physik sind. Die Stelle der wägbaren Atmosphäre vertritt bei ihnen das Gewicht der Thatsachen. Gleich dem Barometer täuschen sie nicht selten über da« Kommende, sind aber untrüglich, wenn es sich um das Gegenwärtige oder eben Dagewesene, um Abwägung der noch im Wirken begriffenen Thatsachen handelt. Da« eng lische Volk hat, wenn es den Frieden herbeisehnt, in Wahr heit seine volle Berechtigung zu diesem Wunsche, und wir brauchen nicht weit zu suchen, um die diese Stimmung erzeugenden Thatsachen zu finden. Die Hoffnung, daß der Krieg der Blüthe d,S Handels und der heimischen Industrie keinen Eintrag thun werde, hat sich als eine trügerische erwiesen: der Nerv von Englands Größe, eben diese In dustrie, leider mehr als man für gerathen hält, laut aus zusprechen. Die andere Erwartung, daß das großbritannische Reich, im Frieden mit der gesummten übrigen Welt, alle seine Kräfte gegen den russischen Riesen werde führen können, eine Erwartung, welche bei der Entscheidung für die Kriegführung nicht wenig ins Gewicht siel, beginnt sich ebenfalls als trügerisch zu erweisen. England wird seine Kräfte zersplittern müssen. Die Unordnungen in Australien gewinnen mehr und mehr den Charakter eines wirklichen Aufstandes, im Süden Afrikas haben die Kaffern, im Widerspruche mit Dem, was vorgestern noch versichert wurde, die Feindseligkeiten gegen die Capcolonie wirklich begonnen, die Cubasrage ist ganz danach angethan, zur ungelegensten Zeit eine Kraflanstrengung Englands zu er heischen, und in Ostindien droht Birma von Neuem den Besitz der ihm abgenommenen Provinz den britischen Truppen streitig zu machen, gerade jetzt, wo ganz Indien es weiß, baß alle nur irgend entbehrlichen Regimenter nach der Krim beordert worden sind. Ist es da England zu verdenken, wenn es für wünschenSwerth hält, mit dem Feinde sich abzusinden, der seine Bereitwilligkeit zum Friedensschlüsse bereit erklärt hat? wenn in seiner Presse sich Stimmen hören lassen, die laut den baldigen Abschluß eines Waffen stillstands fordern? Lassen Sie mich zum Belege, daß diese W-—M—> r. Stimmen allerdings bereits erhoben haben, und wie energisch si, es gethan haben, mit der Anführung einer Stell« schließen, welche die „Preß", bekanntlich daS Organ DiSrarli'S und seiner Partei, in ihrer Nummer vom 3. d. M. brachte, und die an Deutlichkeit und Nachdruck in der Thal nicht« zu wünschen übrig läßt. Sie lautet: „Es würde ver brecherisch sein, die Feindseligkeiten nur einen Augenblick über den Zeitpunkt hinaus fortzusetzen, wo die Friedens bedingungen ihrem Wesen nach sestgestellt sein werden. Wir glauben, daß die russische Regierung jetzt jeden Vor schlag zu einer Einstellung der Feindseligkeiten mit Eifer aufnehmen werde; und die Verbündeten sind zu hochherzig, al« daß sie wünschen sollten, von der Bestürzung Vortheil zu ziehen, welche der Tod des Kaisers in Sebastopol Hervor rufen muß. Da die Bevollmächtigten der europäischen Mächte auf dem Punkt, stehen, zusammenzutreten, so nehmen wir an, daß diese ganze Frage in ihren Händen zu lassen ist, und daß kein Hinderniß dem unverzüglichen Abschlüsse eines Waffenstillstandes im Wege stehen könne, der weiteres Blutvergießen ersparen und von der ganzen civilisirten Welt mit Freuden ausgenommen werden wird." London, 9. März. (K. A.) Unter Vorsitz von George Wilson fand am 6. d. M. zu Manchester ein Meeting der FriedcnS-Freunde statt. Hauptredner war Bright, welcher wiederum seine alte Behauptung aufstellte, daß bas eng lische Volk und das Parlament bisher über die Kriegsfrage verblendet gewesen seien. Doch glaube er nicht zu irren, wenn er die Ansicht ausspreche, daß die Stimmung im Lande einen friedlicher» Charakter angenommen habe. Wenn es Lord Palmerston jetzt gelinge, einen Friedensvertrag zu Stande zu brinßM, so würden kekie zehn vnterhastbmßk- glieder gegen ein solches Erqebniß Opposition machen. Soll ten Lord Palmerston oder Lord John Russell sich von ihren ersten Vorschlägen zu entfernen suchen, neue Schwierigkeiten erheben, zwecklose Zögerungen herbeiführen, dder im Vereine mit dem Kaiser der Franzosen weitergehende Forderungen, als die bisherigen, stellen, so sei er entschlossen, gegen elfid so schädliche, antinationale und schlechte Regierung mit allen Kräften Opposition zu macken. — Ein Meeting anderer Art fand vorgestern unter Vorsitz des Herzog« von Cam bridge statt. Dec Verein zur Unterstützung der Soldaten- Witwen und Waisen hielt nämlich gestern seine erste Jahres versammlung. Aus den Angaben deS Vorsitzenden und des Secretärs der Gesellschaft geht hervor, daß bis jetzt im Ganzen für die Vereinszwecke die Summe von 104,835 Pf. St. gezeichnet worden ist. Davon sind 35,000 Pf. St. bereits verausgabt. — Die Commission, welche die Lage des Krim-Heeres zu untersuchen hat, vernahm gestern Ge neral Benlinck und Or. Vaux, Wundarzt an Bord des Dampfers „Harbinger", als Zeugen. — Vorläufig über nimmt Generalmajor I. Pocke Scarlett, an Stelle des Earl von Lucan, den Befehl über die englische Reiterei auf der Krim. Der Befehl über die schwere Cavaleriebrigade ist dem Obersten Hodge übertragen worden. — 10. März. Der „Köln. Ztg." wird telegraphirt: Im Oberhause erklärte gestern der Earl v. Granville als Antwort auf eine Interpellation des Earl von Derby, Lord John Russell sei mit Friedenshoffnungen nach Wien ab gereist. Wenn es ihm unglücklicherweise nicht gelingen sollte, eine friedliche Lösung herbnzuführen, so werde er so fort nach England zurückkehren. Glücke es ihm jedoch, den Frieden anzubahnen, so werde er spätestens um Ostern nack Feststellung der allgemeinen Friedensgrundlagen zurückkehren und die Erledigung der Detailfragcn Andern überlassen. Der Ton Lord Granville'« war nicht gerade geeignet, be sondere Friedenserwartungen zu erwecken.—Im Unterhaus, zeigte Lord Palmerston an, mehrere freiwillige Jägercorps ! hätten der Regierung ihre Dienste angeboten, doch sei dieses t Anerbieten als kostspielig und nutzlos abgelehnt worden. - St. Petersburg» Dem „T. C. B." wird ausKönigS - berg vom 10. März telegraphirt: Das so eben hier ein getroffene „Journal de St. Petersbourg" enthält zwei Tages befehle an daS Heer, datirt vom 3. März. Durch den ersten derselben beklagt der Kaiser Alexander II. den Tod des Kaisers Nikolaus. Die letzten Worte deS verewigten Kaisers seien Worte deS Dankes an das Heer gewesen, dessen Lage zu verbessern stets beabsichtigt werde. Dec gute Geist, der im Heere herrsche, möge bleiben. Der zweite Tagesbefehl giebt des verewigten Kaisers Nikolaus eigene Uniform an die Garde, die CadettencorpS und Gre nadiere, und befiehlt den Namenszug deS Kaisers beizube- halten bei allen Compagnien und Escadronen, so lange noch Jemand aus der Armeeliste vom 2. März lebt. Ein Gleiche- soll auch bei den Generalen stattfinden. Kaiser Alexander >1- wird der Chef aller derjenigen Truppen sein, bei denen eS Kaiser Nikolaus gewesen; der Thronfolger wird zum Ataman sämmtlicher Kosakenregimenter ernannt. Generaladjutant Graf Rüdiger wurde zum Commandeur des Garde-Grenadier- corpS und die Generalleutnants Jurjewitsck und Sinowjeff zu Generaladjutanten ernannt. — Ein Befehl des Ober- polizeimeisters vom 5. März giebt jede Andachtsverrichtung am Sarge des verewigten Kaisers im Winterpalaste frei. — Das „Journal de St. Petersbourg" vom 5. März bringt die befohlene Trauerordnung. Aus der Krim bringt die „Milit. Ztg." direkt, Be richte, die bis zum 25. Februar reichen. Die französische Feldarmee hat ihren Winterlagerplatz bereit« verlassen und ihre Zelte näher dem Tschernajaflusse am Rande der schiefen Fläche aufgeschlagen, welche mit guten Erdwerken befestigt <ß. Die Lagerplätze der 5., 4. und 3. Division werden durch beinahe täglich eintreffende VerstärkungStruppcn und durch jene Armeetheile bezogen, welche das BelagerungS- rorp« bilden. Den rechten Flügel der französischen Armee, verstärkt durch tste neu antzckoflnNe^eü Gülden, befehligt der General Bosquet, die linke Flanke der General Pelissier, die Vorpoffen der Alliirten stehen an dem Rande, von welchem ein Theil des Jnkermanthales überschaut wird; diesem Corps gegenüber ist auf einer höher als das Plateau gelegenen Anhöhe eine Kosakenbatterie errichtet, welche nach der Schlacht von Inkerman verlassen, am 21. Februar aber von den Russen zu einer ziemlich festen Redoute impro- > visirt worden. Sie war das Object de« Angriffe« der Franzosen, eben so wie zwei andere russische Werke, welche zum Schutze des durch die 6. Division belagerten Thurmes Malakoff gleichsam improoiffrt wurden. Auch die andern Anhöhen am rechten Ufer des Tschernajaflusse« und die Berge, über welche die Straße von Baläklava in das i Baidarthal führt, sind von den Russen befestigt und beseht; letztere haben dieselbe Stellung wieder eingenommen, welche sie nach der Schlacht bei Inkerman verlassen hatten. Es liegen über die seit dem 18. Februar vor Sebastopol und im Tschernajathale staltgehabten Gefechte amtliche Bulletins vor, laut denen sich beide Theile den Sieg zuschreiben. Die Privatberichte sind nicht geeignet, hierüber nähere Auf klärung zu geben. Nur so viel erhellt aus der neuesten Orclre «le bataille beider Theile, daß die Russen fortfahren, mit ihrer Defensive den positiven Zweck zu verbinden, Bala- l klava zu bedrohen. Es verlautet ferner, daß sich die Alliirten > anschicken, die Russen aus dem Baidarlhal« zu vertreiben. In Jalta, Alupka und Baidar stehen nicht — wie irrlhüm- Irch behauptet wirrde — 40,000, sondern nur 5000 Mann unter dem Befehle deS Generals Wagner; die Truppenlheile unter Liprandi haben seil 14 Tagen drei forcirte Recognos- cirungen über die Tsckernaja ausgeführt, ohne durch die Alliirten hieran gehindert worden zu sein. Ihre kaiserl. Hobeiten die Großfürsten Michael und Nikolaus waren den 21. Februar aus Sebastopol zu Simferopol einqetroffen - und hatten sich nach Besichtigung der dortigen Spitäler des Falle mehr Glück grhabt als Verstand. Nachdem wir beim Fürsten, der sich über Fersen so alterirt hak, daß er di« verhängnißvollr Mappe noch nicht einmal dffnete, schon da« unglückliche Wcib de« Entehren al« Bittende sehen, kommt auch Marwitz. Er hat in des Grafen Körper irgendwo eine Kugel untergebracht und übernimmt jetzt die schwierige Rolle, durch eine warme und lange Auseinandersetzung, bei welcher er auch die 20,000 Thlr. überglebk, des Fürsten Verzeih ung für Fersen zu erflehen. Da es der Dichter wünscht, so gelingt ihm diese unmögliche Mission und im Fürsten bringt die Gutherzig keit den klaren Menschenverstand zum Schweigen. Ja Marwitz über reicht dem Letzter» sogar Dorn'« Tagebuch, das er dem Verwundeten entwendet haben Muß. Hieraus soll der Regent Alles ersehen. Kann es nun wohl in dieser Sache, deren Faulheit jeder gesunde Instinkt fühlt, noch nütze«, wenn auf dem Pergament diese« stvlisirten Stiu delwitz etwa zu lesen ist: „Gestern mit Hilf« Beethoven s die Hand der schönen Fersen geküßt, — göttlich! Ein capitiler Gimpel die ser Gatte. Muß mir noch gelingen, ihn zu prellen, — ein schöner Tag das auf Ehre!" und wa« dergleichen Ergüsse mehr sind? Je doch kein Wort mehr von diesen schalen Molivitungai. Fersen tiiit «in und bringt un« auf andere Gedanken, indem dieser Ritter von d-r traurigen Gestalt jetzt einmal eine jämmerliche spielt. Er kommt als reuig flehender Sünder, von den Gchicksaksschlägen, da« heißt von seinen eigenen Angriffen auf sein bessere« TrilHt, die ohne alle tiefer menschlichen und poetischen Berechtigungen find, dotterweich geschla gen. Weil er eine Strafe wünscht, entläßt ihn der Fürst huldvoll und begnadigend. Der Zerknirschte ruft, nun solle ein neues Leben beginnen, und froh, daß man ihm seine F,gu nicht entwendet hat, wird er sich wahrscheinlich mit ihr auf eine Güdseeiasrl zurtckziehrn, wo es nur schüchtern« Fischottern, weiße Kaninchen und Paradiesvö gel giebt, aber kein« Menschen und bei Leibe kein Geld, denn sonst würde Fersen vorgeblich „aus Liebe zu seiner Frau" einen neuen un reellen Schwindel anfangen. Doch zu End« mit dieser trostlosen Geschichte. „Vorüber, ihr Schäflein, vorüber, dem Schäfer wird gar zu weh!" Von Dorn geht Nachricht eilt, daß er wieder gesundet. Marianne verlobt sich mit Marwitz und bKsen Shremnann kennen gelernt zu haben, freut sich der Fürst. Fersen'« Schwiegervater giebt «r dir Mappe und die ser erfährt nicht, daß daran» die wieder hinringelegte Summe genom men war- Die« ist Fersen « Ehrenrettung und der Dichter läßt ihn damit zufrieden sein. Brummt und summt denn sein Gewissen nicht? Doch: „Wo man singt, da laß Dich ruhig nirdrr," sagt« riaft Belzr- bud. und setzte sich in einen Bienenschwarm. — E« ging einmal ein lustiger Wanderer aus Reisen und bei der heißen Sonne wurde ihm seine Tasche mit Gepäck sehr lässig. Da holte er einen Handelsmann rin und klagte diesem: Freund, Ihr habt rin ehrliche« Gesicht und möchtet doch auch gern Etwa« gewinnen. Seht, ich bin durch einen Zufall vom Geld« entblößt, doch wie wir in die nächste Stadl kommen, so bin ich sogleich wieder bei Kasse. Leihet mir daher einen Thalrr und bamit ich Euch sicher bin, s« neh met hier mein Gepäck al« Bürgschaft. Der Gebetene ging Harmes ein und al« er die Last keuchend bi« unter da« Stadrttzör geschleppt hatte, gab ihm der Ander« d«N Ltzaler zurück und nahm da« Gepäck »irdrr. Wa» hab« ich nun g««oan«n? Ihr habt di« Müh« gewon nen, mein FeMlseti tzetratzrh zu haben, gutcr Freund. Der Getäuschte i konnte nicke« macker» iznd zog trübselig seine Straße fürbaß. I» chißchd H»st« befindet sich bei diesem Stücke das Publicum, nur mit der Abweichung, daß es seine Auslage, wir sich von selbst versteht, nicht wieder erhält. Es trägt die ganze Mühe, die Ein- ! drücke von „Ideal und Wclt" bi« zum Ende in sich aufzunehmcn, vergeblich, denn es gewinnt weder eine klare sittliche Idee, noch einen - poetischen Genuß und eine tüchtige Eharaktrrzeichnung dabei. Nicht einmal eine stoffliche Unterhaltung, was doch das Allergeringste wäir. i Ich habe im Vorhergehenden den Inhalt so genau mitgelheilt, al« cs mir nach einmaligem Hören möglich war und der Leser wird daran« ersehcn, da- dies durch rin unaufhörliche« Kommen und Gehen zer rissene Drama keinen künstlerischen Bau und ein unerfreuliche« Mi- sdr« zum Thcma hat. Marwitz muß sich mir tcm guten Willen, immcr etwa« thun zu wollen, obfinden, und al« er endlich wirkt, fehlt ihm der würdige Gegenstand, daran seine Kraft zu eerwcknbel». Fersen s Weib spielt die qualvoll passive Rolle einer unschuldigen Dulten». Er selbst ist ein Staatsmann ohne Verstand, ein Olhcllo ohne That- kraft, rin Hamlet ohne Gedanken. Er soll unserm Anthril, unserm Mitleid empfohlen sein, und thut doch immer lcdiglick etwas Unver nünftiges, oder gar Ehrenrühriges. Daß er sich von einem kleinen Gesandten, Baron von Mcven, nicht noch durch dessen Bckcchung mit 20,000 Thlr. beschmuzen läßt, ist nur seine Schuldigkeit, die ich nicht mit erzählt habe, da diese Episode eigentlich nicht zum Stück gehört- Nirgend« in diesem Schauspiel ist eine ruhige Seelcnentwickelunq, rin erschütternder Monolog. Denn Dorn und Wildungen, dieser junge und alle Jünger ter Miserabilität, sind an sich nicht besonder« interessant und nur Werkzeug, welche« der Autor benutzte. Der Schwiegervater, Gras von Soltau spielt so zu sagen gar keine Roll«. Woran soll man nun eigentlich Anlhcil nehmen? Ich weiß nur Eins, wa« unfern Antheil verdient und lMHfab» gen muß. Es ist das aufrichtige frische Talent Grieprnkerl'S, dem e« erfreulicher Ernst ist, seine individuelle Begabung poetisch duich- zugestalten. Und weil dirses Talent den öffentlichen Anthril so offen, j so rückhaltlo« für sich in Anspruch nimmt, ja weil es endlich rin« gesunde, unverzierte und »echt sentimentale Ntztbrrrscheunistg iss. so wär« et eine Geringschätzung grgen diese rhrelltßekffst Klan, ihe ^kr Fehler «ine« vorübergehenden irrtümlichen Produkte» nicht eben so offen und ,-ckhalNk« zu enthüllen. Nur Schwächlinge werden dadurch dcrourogirt, veckriechet, sich in dir abgelegten Häute der Em pfindlichkeit, au» denen resolut« Sa»aclkäten »»liUnmud h«r«usgesvtz- ren sind. Grltprnkerl zählt zu den letztern, fki» hfivoäfschch Tragen- spiel „Robrtpierrr" gehört zu den roncisen, grdaltvollern Arbeiten her neuern Literatur. E« muß ihm klar werden, daß von „Ideal ! und Welt" nickt da« Mindeste zu retten ist. Dean bei mancher ange. nehmen Lebendigkeit des ungekünstelten Dialog», und bei einigen kecken Ideen un» trefflichen Wendungen glelchk r< bock nur einem mißlnnqe- nen Bau, in dem brauchbar« Steine »er»«nN find. S« reiht sich drn vielen vergeblichen Studien an, di« dG vierer n»r Grit Erfah rungen bezahlen und die so manch« Airacstn bn»E>cn stlüfstn, um die sptbd« Gunst der Bühn« zu gewinnest. Griepenkerl wird nicht erlahmen, sich zu einer neu«» Arbeit zu ran«eickxir«n, und s«tez« geistig«» wirres wird«» ihm gestatten, brffrr al« hier den Hauptbedingungen eine« Drama« Rechnung zu tragen. ! Ich habe in Bezug auf das Vorstehende dabei besonders im Sinne eine weittragende allgemcin menschliche Grundidee als Thema; eine nickt blos naturwahre, sondern auch kunstwahre und daher logisch offen dalicgendc Zeichnung der Charaktere; rin immer fortreißendcs Pathos, das entweder in dem Gefühls- und Gedankenleben der In dividuen selbst liegt, oder sich wie ein geistiger Windstrcm, wie eine unsichtbare elektrische Atmosphäre in der Action des Stückes offen bart, oder endlich sowohl in diesem leidenschaftlichen Gang der dramatischen Bcrhält»»sse, Eonflictr und Steigerungen als in dem Tcmpcramcnt der Personen selbst zu suchen ist. Schließlich erwähne > ich noch eine zweifellose Exposition und eine vollkoncknene Durch sichtigkeit der dramatischen Architektur. Ein Kunstproduct gleiche Hinein buschigen Gestrüppe, in dem dir Sperling« zwitscher», son dern einem lebenestarken Keim, der vor unser» Augen zu einem ein heitlichen, organischen Baum schön und plastisch emporwächst und ims dessen Wipfel der Adler der befreiten Idee sich gen Himmel schwingt. Die Darstellung war im Ganzen vorzüglich. Herr Heese spielte den Fürsten sehr liebenswürdig und angenehm und Frau Baver-Bürck und Herr Emil Devrient waren als Fersen'« Gattin und Major Marwitz rrirrndet und entzückender, alS es eigent lich ihr« Rockcn gestottcn. Die sublim einfach« Innerlichkeit deS Spiels, mit welcher jene Künstlerin die Duldung und ftine weibliche Klugheit repräsentiere, welche der Verfasser in Agne« zu zrigen wünscht, war eben so bewunderungswürdig, als di« frische, männ liche Kraft und die ganz lebenswahre Noblesse des Aufschwunges, durch dir Herr Emil Devrient, unterstützt von dem »ollen Zauber seir.r« Organs, seinen Helden vrrrdeltr. Hin lebhafter Beifall wurde Briden gezollt. Schr wirkuntztvoll erschien die trefflich« Maske und charakteri stisch« Auffassung Herr» Luanter'S kn sälnem Ritter vom Roullet, Ödrist Wildungen. — Herr Walther stellte den Grafen Dorn dar. Leider finde ich, daß dieser sonst fleißige Künstler fast alle Rollen gleich spielt; freilich entspringt auch daraus für ihn der Vortheil, daß er sie olle gleich gut spielt. — Di« Herre» Wtag er unb ^orth mußten sich ein Genüge thun in den beiden kleinen Partien dlt Minister« von Soltau und Barons von Meven. Ferien muß jedem Künstler eine oualvcllr und unbefriedigende Aufgabe sein, da er rin interesselose« Moluekengedjide ist, eine Auster, bei der dir Schale vergessen wurde. Herrn Bürde siel diese Mission zu, und wir wacker sich der Künstler auch bestrebt«, si« aufrecht zu hatten, so waren doch ia seiner Halt»»» ein grwiffcr Adel und feinerer Schwung, den er gewiß noch erreichen kann, zu »««rm'sfia. Fräulein Hintz entwickelt« in der Mariann« eine »rovinziele berlimsche Süßig keit, dir d«, M«gra angrelft. Di« Künstlerin «nß fermer bebrnkr», daß e« ein Widerspruch ist, naiv und sentimental zugleich zn sein: Naivetät ist bet Gegensatz bee fatschen Skiilliiirnz. ttni ffch nicht chr Begriffen zu »crwirren, maa sie sich unter jener mir kinstttch «>»«» sangeae Gesundheit de« Gemüth«, untre tiei«e nnr stbestrrEt, ststän, gene Krankheit der schmachtenden Seel« »erstellen. Da« Stück mißfiel dem dosten Hanse. Pst üw,
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