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Dresdner Journal : 12.11.1856
- Erscheinungsdatum
- 1856-11-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-185611129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18561112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18561112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1856
- Monat1856-11
- Tag1856-11-12
- Monat1856-11
- Jahr1856
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- Dresdner Journal : 12.11.1856
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endigt sein. Jeder Wahlbezirk wählt 20 Wahlmänner und diele wählen dann einen Abgeordneten -pm krodtaqr. Die Erdarbeiten am großen herzoglichen Park gehen sehr rasch vorwärts, auch ist der See, welcher am Fuße desselben angelegt werden wird, bereits abgesteckt und dir sämmtlichen, auf dem Terrain befindlich gewesenen Bäume sind gefällt und da« Holz weggeschafft. Frankfurt, 8. Novbr. Der bereits telegraphisch gemel dete, in der Sitzung vom 6. d. M. gefaßte einstimmige Be schluß der Bundesversammlung, auf den Antrag Preußens bezüglich Neuenburgs lautet: 1) Den in das Londoner Pro tokoll vom 24. Mai 1852 in Bezug auf die Verhältnisse deS FürstenthumS Neuenburg niedergelegten Grundsätzen beizutreten, und 2) an die deutschen Bundesregierungen, welche diplomatische Vertreter bei der schweizerischen Eidgenos senschaft beglaubigt haben, das Ansuchen zu stellen, die von der königlich preußischen Regierung verlangte Freilassung der in den Septembertagen verhafteten Neuenburger, unter Gel tendmachung der im Vortrage erwähnten politischen Er wägungen, durch ihre diplomatischen Agenten namens deS Deutschen Bundes brvorworten und die deSfallsigen Schritte der k. preußischen Regierung bei den eidgenössischen Behör den mit allem Nachdruck unterstützen zu lassen. tz Frankfurt, 10. November. Ein gestern in mehrer» tausend Exemplaren mit einem Localblatte verbreitetes Flug blatt, welches die Aufschrift führt: „Frankfurts dermalige Bürgervertretung" und von konservativer Seite auSgeht, be spricht daS zweite Hauptübel, an welchem Frankfurt leidet, seine mangelhafte Wahlordnung. Es beschränkt sich jedoch nicht darauf, dessen Mangel hervorzuheben, sondern geht zu positiven Verbesserung-Vorschlägen über, die wohl tieferer Einsicht keine Vorschrift geben, aber zeigen sollen, wie leicht eS wäre, eine Besserung der Zustände herbeizuführen. Be vor eS zu der Kritik der Wahlordnung schreitet, stellt es die Behauptung auf, die ganze städtische Verwaltung habe in ihrer letzten Grundlage von 1848 bis heute nicht auf der Wirklichkeit des Abstimmens, sondern auf einer Rechkssiction beruht, nämlich auf der Unterstellung, daß die nichtstimmen den Bürger daS Votum der Stimmenden genehm hielten. Unter Bezugnahme auf Art. 30 der Constitutionsergänzungs- acte und eine diesem Artikel durch den Senat selbst 1848 zu Theil gewordene Interpretation zieht eS die Rechtsgiltigkeit aller über Verfassungsänderungen seit 1848 stattgehabten allgemeinen Abstimmungen in Zweifel. Mit seinen Bemer kungen über die Mängel der Wahlordnung bietet es wohl nicht durchgängig Neues, denn die Erkenntniß derselben ist so alt, als die Wahlordnung selbst; allein einen so förm lichen, besonnenen, öffentlichen und wohlmeinenden Ausdruck hat diese Erkenntniß noch nicht erhalten, wie in dem vorlie genden Flugblatte, und das ist sein Verdienst. Es verleiht den vielen Bürgern, welche die in ihm niedergelegten Ansichten hegen und theilen, eine greifbare Handhabe und dürfte somit wohl das Programm jenes Theiles der Bürgerschaft anbah nen, welcher, des Parteigetriebes müde, dahin strebt, alle wohlgesinnten Bürger um das Banner echten Bürgersinns zu vereinigen, um der Vaterstadt die einzig mögliche und so lide Grundlage einer gerechten Vertretung der Interessen Al ler wiederzugeben. Aus dem Erscheinen dieses Flugblattes geht hervor, daß die öffentlichen DiScussionm über die Ver- sassungsfrage mit den letzten Wahlen nicht aufgehört haben. Auch in der Lokalpresse werden sie fortgesetzt: im „VolkS- boten", dem Organe der Gothaer, im „Votksfreunde", dem Organe der Neubürgerlich-Liberalen. Letzterer nennt in seiner Weise die Thalsache, daß die .gothaer Mehrheit des WahlcollegiumS drei seiner Eandidaten seiner Fraktion in die gesetzgebende Versammlung gewählt habe, „einen puren blan ken Hohn, den Gegnern ins Gesicht geschleudert" und ver spricht den Thaten der dominirenden Minorität wie bisher zu folgen. Zwischen Fraktionen mit Grundsätzen sei eine Versöhnung möglich, so meint er, indem die eine für längere oder kürzere Zeit auf die Ausführung der ihrigen verzichtet; allein weder möglich noch wünschenswerth sei sie mit einer Fraktion, die keine Grundsätze habe, nur vom Vortheile zu- sammengehalten und von der Rücksicht auf denselben geleitet werde. Der „Volksbote" endlich hält sein seitheriges Pro gramm aufrecht. Obige Aeußerungen der andern Fraktionen beweisen jedenfalls, daß er sich irrt, wenn er aus dem Ergeb nisse der letzten Wahlen die Hoffnung schöpft, daß eine sich an seine Fraktion anlehnende kräftige „Mittelpartei" wesent lich weiter gediehen sei. — Ich theilte Ihnen bereits mit, daß nur vier Senatoren sich zum Uebertritte in die Gerichte gemeldet haben. Diese Thatsache wirkte selbst im Lager der Gothaer sehr enttäuschend. Man hatte auf mehr gerechnet. Von den in den letzten Jahren gewählten Senatoren hat sich keiner gemeldet, obwohl sich unter ihnen mehrere Juristen be finden. Die ältern seither den Gerichten vorstehenden Se- natoren (Schöff Gwinner und Reuß) haben sich gleichfalls nicht gemeldet, scheinen also keine Lust zu empfinden, bei den reorganisirten Gerichten zu fungiren. Paris, 9. Nov. Die österreichische Schraubenfregatte „Radetzki", welche seit dem 19. Oct. in Eherbourg vor Anker gelegen hat, ist in der Nacht vom 1. zum 2. Nov. von dort ausgelaufen. — Der „Nord" enthält ein sehr umfängliches Referat über die in der Nähe von Algier auf der Ebene von Mustapha am 27., 28. u. 29. v. M. stattgefundenen malerischen und glänzenden Pferderennen. Wir entnehmen diesem Berichte als besonders bemerkenswerth nur die Notiz, daß die in einer der fruchtbarsten Gegenden des französischen Afrikas und in der nächsten Nachbarschaft von Kabylien vor kurzem erst neugegründeten Ortschaften Rivet und Alma die Aufmerksamkeit der von überallher herbeigeströmten Eingebor- nen in hohem Grade auf sich zogen, und daß die Bewohner dieser beiden neuen Colonien für den nächsten Feldzug ge gen Kabylien im Falle der Noch ihren Beistand freiwillig und begeistert zugesichert haben. Man hofft immer noch, daß der Kaiser Algerien besuchen werde, und hat für diesen Fall schon ein glänzendes Programm entworfen. — Nach dem „Journal du Havre" beabsichtigt man in Frankreich in der Einrichtung der Telegraphen sowohl, als im Dienstpersonal große Aendcrungen vorzunehmen. Das System Morse's (der kürzlich seiner Verdienste halber zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden ist), nach welchem die Depeschen durch Percussion auf Papierstreifen punktirt wer den und demzufolge eine legale Spur zurücklassen, hat ver schiedene Vorzüge vor den in den Ateliers von Breguet ge fertigten französischen Telegraphen. PariS, 10. Nov. (K. Z.) Der heutige „Moniteur" be richtet die gestern Abend erfolgte Ankunft des Kaisers und der Kaiserin in St. Cloud, und bemerkt dabei, daß die Ma jestäten überall lebhaft begrüßt wurden. (Henf, 5. Nov. (A. Z.) Das Diebsgesindel, welches seit einigen Monaten im Canton Genf sein freches Wesen treibt, begnügt sich nicht mehr mit Einbrüchen, sondern seit einigen Tagen hören wir auch von nächtlichen Ueberfällen auf offe ner Straße. So wurde kürzlich ein Fremder auf dem Pont- des-BergueS mitten in der Stadt, vorgestern ein bejahrter Herr in der Vorstadt Plainpalais, ein anderer Greis in dem benachbarten, mit Genf durch eine fortlaufende Reihe von Landhäusern und Gärten verbundenen Städtchen Carouge angefallen und ihres Geldes, Uhren, Ueberröcke u. s. w. be raubt. Auch die Straße von hier nach Lausanne soll manche Unsicherheit bieten. Es ist unbegreiflich, daß diesem nächt lichen Unwesen nicht gesteuert werden kann. — Unter den Eisenbahnarbeitern im hiesigen Canton kamen am Montage einige Ruhestörungen vor, wurden jedoch alsbald unterdrückt. — Infolge der Theuerung herrscht in unfern Gegenden eine gewisse Aufregung. Doch hofft man, daß die günstigen Ver hältnisse, unter welchen die Wintersaat stattfand, die zuneh menden Zufuhren, besonders über Marseille, das milde Wet ter u. s. w. nicht ohne Einfluß auf unsre Märkte bleiben werden. In Savoyen ist die Kastanien- und Buchweizen- ernte sehr reichlich ausgefallen. Wir erinnern uns nicht, je mals Maronen yon ä(*licher Art gesehen zu haben. Von der snvoptscbon Grenze, 6. Nov. (A. Z.) Für die jenigen Leser, welche Nizza genauer kennen, dürften folgende Mittheilungen der (halbamtlichen) „Gazzette de Savoie" von Interesse sein: „Die Kaiserin von Rußland bewohnt den ersten Stock des Hauses Avigdor. Ihr Appartement besteht aus einem Salon, Boudoir, Schlafzimmer, Ankleidezimmer, einer Blumenqalerie zum Spazierengehen und zwei Zimmern für ihre Kammerfrauen. Das Schlafzimmer ist ganz in Blau, der Lieblingsfarbe der Kaiserin, möblirt und tapezirt. Sie wird allein und zwar in ihrem Boudoir speisen. Im obern Stock werden ihre Ehren- und Hofdamen wohnen, im Rez- de-Chaussö, die Chefs ihres Hauses und in dem anstoßenden Locale ihr Arzt, Chirurqus, Apotheker, Almosenier u. s. w. In dem benachbarten Hause Guiglia werden die Grafen Meyendorff und Schuwaloff mit ihrer Suite, Ceremonien- meistern, Kammerherren u. s. w. wohnen, in dem Hause Lavit der russische Gesandte Graf Stackelberg; 12 Kosaken werden als Domestiken den Dienst thun. Am Thore der Villa wird eine Compagnie Infanterie mit Fahne stationiren, an allen Eingängen ein Carabinier, ein anderer wird die Wache unter den Fenstern des Zimmers der Kaiserin thun. Ihr Gefolge zählt im Ganzen 200 Personen." — Man ver sichert, daß General LüderS einige Zeit in Italien, wahr scheinlich in Piemont, zubringen wird. Von anderer Seite erfährt man, daß General Totkeben in Vevey am Genfersee Winterquartier genommen hat. — Es wird versichert, daß die sardinische Regierung neuerdings ganz im Stillen einige „allzu feurige" italienische Flüchtlinge ausgewiesen, beziehungs weise auf ihre Kosten nach England spedirt hat. London, 8. November. (N.-Z.) Von Manchester hatte Palmerston auf erfolgte Einladung gestern einen Abstecher nach Liverpool gemacht und empfing dort auf dem Stadl hause mehrer, BewillkommnungS- und Glückwunschadressen. In seiner Antwort stattete er dem Liverpooler Handelsstand für die im Krieg bewiesene Uneigennützigkeit den Dank deS Vaterlandes ab und prieS die unschätzbaren Dienste, die Eng lands Handelsmarine — „unfern Armeen — ich spreche sowohl von der französischen wie von der englischen Armee, da wir bei der Gelegenheit eins waren —" (Beifall) geleistet hat, in sehr schmeichelhaften Ausdrücken. „Gentlemen!" rief rr, „Ihre Flotten sind größer als die früherer König reiche. Es giebt kein Meer, daS Ihre Schiffe nicht befah ren rc." — AlS der Premier darauf am Arm seiner Ge mahlin auf dem Bakcon erschien, grüßte ihn die Menge mit lauten Cheers; und bei einer Fahrt auf der Mersey salutir- ten ihn die Batterien und viele Kauffahrer mit Kanonen donner. Gestern morgen begab sich Lord Palmerston auf die Rückreise nach London. London, 9. November. Dem „Nord" wird gemeldet, daß die englische Regierung dem Fürsten Carini, neapolita nischen Gesandten beim Hofe von St. JameS, seine Pässe habe zustellen lassen. — Ebenso theilt dasselbe Blatt den wörtlichen Inhalt zweier Dokumente, welche dem Londoner Protokolle vom 24. Mai 1852 folgen und dasselbe ergänzen, mit, von welchen wir, da daS erste dieser Aktenstücke nur ein Begleitschreiben ist, den Wortlaut des zweiten hier zu geben nicht verfehlen wollen. „Protokoll Nr. 2 über eine im aus wärtigen Amte am 24. Mai 1852 stattqefundene Conferenz. Gegenwärtig: Die Bevollmächtigten Oesterreichs, Frankreichs, Großbritanniens, Preußens und Rußlands. Der Gesandte von Preußen verlangt, daß seine an den HauptstaatSsecretär Ihrer britischen Majestät unterm 15. Mai gerichtete Note, sowie die derselben angeschlossene Denkschrift zu den Acten der Conferenz genommen werden. Er fügt hinzu, daß der König, sein Herr, den Verbündeten seine Dankbarkeit bezeug, für die Aufnahme, welche seinem Anerbieten zu Theil geworden sei, und daß Se. Majestät, im vollen Vertrauen auf die Er gebnisse ihrer vereinten Bemühungen, ihn beauftragt habe, freiwillig zu erklären, daß Allerhöchstdieselbe während der Dauer der Verhandlungen keine andere Maßregel ergreifen werde, um sich wieder zu ihrem Rechte zu verhelfen. Ge zeichnet: Kübeck. A. Walewski. Malmesbury. Bunsen. Brunnow." Altona, 8. November. (H. C ) Sicher,» Vernehmen nach wird mit dem nächsten Frühjahre durch die schon in an dern Zweigen längst bekannte rühmenswerthe Thätigkeit eines unsrer Mitbürger, des Herrn H. W. Lange, eine regelmäßige Dampfschifffahrt zwischen Kiel und St. Petersburg ins Le ben treten. Es sind bereits Vorbereitungen zu dem sofort beginnenden Bau von zwei Schraubendampfschiffen in Glas gow getroffen worden und die Direktion der Altona-Kieler Eisenbabn-Gesellschaft, welche bei dem Zustandekommen einer solchen Unternehmung so wesentlich interesskrt ist, hat dem Unternehmen alle Erleichterungen zuqesaqt, welch, dieses pa triotische und für die Verbindung von Hamburg-Altona mit der russischen Metropole so wichtig, Unternehmen in hohem Grade verdient. Auch ist nicht zu bezweifeln, daß die kaiserl. russische Regierung, welche bekanntlich jetzt alle Verbindungen Rußlands mit dem Ausland, in so anerkennenswerther Weise befördert, diesem Unternehmen jegliche Unterstützung zu Theil werden laste. AuS Konstantinopel sind Nachrichten vom 30. Oct. in Marseille eingetroffen. Die in Bombay gebildete englische Erpedition sollte bereits Ende October nach dem persischen Meerbusen in See gehen und durch den Jman von Mas kat, Verstärkungen an Mannschaft und Munition erhalten. — Am 1. Nov. sollte der Sultan mit dem Hosenbandorden feierlich bekleidet werden; Lord Redcliffe traf die glänzendsten Vorbereitungen zu diesem festlichen Tage. — Zum Geschwa der des Admirals Lyons waren daS Linienschiff „Creev" und die Corvette „Desperate" vor Konstantinopel einqetroffen; das Linienschiff „St. Jean-d'Acre" wurde erwartet. — Es hieß in Konstantinopel, der jetzige Kaimakan der Walachei sollte abberufen und der Fürst von Samos, Ghika, mit die sem Posten betraut werden. Dresden) versichert, welche auf die Einladung dazu ihre Zusage ertheilt hat. Theater. Berlin. Am 10. d. M hat auf der Frikdrich- Wilhelmstädiischen Bühne Herr Emil Devrient sein Gastspiel mit den „Memoiren deS Teufels" begonnen. ES folgen „RubenS in Madrid" (worin Fräulein Löhn auS Dresden die Ellena als Gast giebi), „Der Majorats,rbe", „Am Clavier", „Lorbeerbaum und Bettelstab" rc. G Ueber daS jetzige Pariser Leben schreibt A. Villemet in der „Jndep.": „Wir leben in einer LuruSkrisr, in einer Gesell schaft, die sich in einem unsinnigen Streben nach hohen Dingen aimüht. Niemand will scheinen, wa- er ist, sondern Jeder, waS er nicht ist. Wir sehen eine allgemeine Klaffenveränderung vor unS, indem I Hermann auf den Zehen geht, um größer zu sein, und eine höhere Sprosse der socialen Leiter erklimmt, wenn rr sich auf derselben auch noch so unbehaglich fühlt. Dieser Ehr geiz und seine Beweggründe liegen im menschlichen Herzen , aber in der letzten Zeit haben anscheinend geringfügige Ursachen diese Tendenz bis zum Wahnsinn entwickelt. Die Frauentoiletten bergen verstohlen in ihrer Seide und Gaze, ihren Spitzen, Vo lant-u.s.w. eine sociale Revolution. DaS Gleichgewicht aller HauShaltungSbudgetS ist auf lange Zeit gestört. DaS die Sitten widerspiegelnd, Theater verräth schon den Fehler der Zeit. In diesen Tagen gab man im „Gymnase" eine kleine satyrische Komödie: „D.e geräuschvollen Toiletten". ES tritt darin eine Dame von Welt auf, welche durch zwanzig Meter mit Spitzen besetzter Seide dir Kaffe ihres ManneS leer« und dadurch zu dem Resultate gelangt, daß ein Lovelace de- BSbä-Club- sie für eine Emporkömmling««, deS TrotioirS hält. Im „Ambigu" wird seit vier Wochen mit einem gewissen Erfolg ein gut auSgeführteS Drama gegeben, welches uns die „Pariser Armen" zeigt. ES handelt sich darin nicht mehr um daS Elend, welches auf den Brücken die Orgel dreht oder die Geige kratzt, sondern um da- Elend im schwarzen Frack. Dies Elend ist heutzutage überall unter der verführerischen Umhüllung eine- nachgemachien LuruS. Vor acht Jahren gingen die vornehmen Leute in der Blouse. Die Mode ist jetzt vorbei und bekanntlich liebt diese Gottheit die Gegensätze. Heute geht man gestickt, verbrämt und mit Dia manten besetzt, wie eine Gesandtendose. Diejenigen, welche 1840 sich als die „Arbeiter deS Gedankens" proclamirten, führen jetzt (jedoch ohne Garantie der Regierung) Kronen auf ihren Visiten karten. Die Männer geben den Damen an Thorheit nichts nach. DaS Spiel, die Tänzerinnen, die kleinen lururiösen Appartement-, die elegante Verschleuderung gehören heutzutage zu dem Tone, der allgemein von den Männern angenommen ist. Die Einen bringen ihr Vermögen durch, die Andern daS Anderer dazu. Daher die vielen Katastrophen, derer zu geschweige«,, welche nicht an daS Tageslicht kommen. Die „Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" (Berlin, D. Reimer), die sich durch reichen Inhalt und kurz zusammen gedrängte Behandlung deS Stoffes auszeichnet, bringt im dritten Hefte der neuen Folge eine Fortsetzung von Andree'- Notizen über Kalifornien. Die Zahl der dortigen Quarzminen zur Gold gewinnung beträgt jetzt zwischen 300 uud 400. Die Goldausbeute selbst wird auf 400 Millionen Dollar- von 1848 bi- Mitte 1856 berechnet, und Alle- deute« auf fortwährende Zunahme derselben. — Unter den MiSkellen ist der Bericht eines chinesischen Ge lehrten über die Liu-Kiu-Inseln besonder- bemerken-werth. Dieser Kenner von Lackarbeiten schreibt unter Andern,: „In Lackirer- und Tischlerarbeiten sind die Liu-Kiuaner sehr er fahren; Tassen, Kasten, Kruken und Theetöpfe fertigen sie mit großer Geschicklichkeit an. Auch machen sie Kästchen zur Auf bewahrung von Kleinodien. Der Firniß, dessen sie sich bedienen, ist von rother und schwarzer Farbe und so glänzend wie Spiegel- glaS. Etwas AehnlicheS giebt eS in Ost-Asien nirgend-. Doch sind auf der ganzen Insel nur zehn bis zwanzig Familien, welche solche Arbeiten liefern, die deshalb selten sind . . ." O Aus dem Munke eine- noch lebenden Schauspielers, der mit Ludwig Devrient (geb. 1784, gest. 1832) zu gleicher Zeit auftrat, wird folgende charakteristische Anekdote berichte», welche für dir eigenthümlich dämonische Begabung deS großen Künst ler- von Neuem Zeugniß ablegen dürfte. Im „Hamlet" gab L. Devrient die Rolle des Geiste» ; der Arbeiter, welcher die Ver senkung zu bewachen hatte, wurde von der schmerzlichen Stimme deS Schauspielers so ergriffen und von Furcht erfüllt, daß er dem Regisseur erklärte: er könne eS da unten vor Angst nicht auShalten, ein wirkliche- Gespenst müsse neben Devrient so kläglich rusen. Der Mann ließ sich nur schwer bewegen, seinen Posten zu behalten, und jedeSuial, wenn Devrient an- der Ver senkung sprach, standen ihm die Haare zu Berge. * Der moderne Drang zu theatralischen Leistungen, die Eitelkeit, als Sänger und Schauspieler wenigstens dilettantisch und im Bereich erclusiver Gesellschaft zu agiren, verbreitet fich immer mehr. In London hat sich ein „dramatischer National klub" zu liebhaberischer PrivatauSführung von Werken britischer Autoren gebildet; in Pari« bört man von Opernvorstellungen, die unter Leitung deS Fürsten Joseph PoniatowSki sogar öffent lich gegeben werden sollen.
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